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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2007

Brückenschlag Mondorfer Fähre

1. Preis

RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten

Landschafts- / Umweltplanung

Erläuterungstext

: brückenschlag mondorfer fähre

Mondorf übersetzen

Wie viele Zeichen braucht der Rhein? Der Entwurf negiert die Suche nach einer zeichenhaften, weit sichtbaren Markierung der beiden Fährköpfe. Er sieht nicht in der Setzung einer weithin sichtbaren Brückenschlagssymbolik die Steigerung für die Motivation des Übersetzens, sondern nur in der Steigerung der Erlebnisqualität des Übersetzens und der Attraktivitätssteigerung des jeweils gegenüberliegenden Ufers.

Inszeniert wird nicht die visuelle Verbindung zweier Ufer, sondern das Übersetzen über den Rhein an sich. Die Annäherung ans andere Ufer wird durch das bewusste Erfahren von \'Kunst in der Fläche\', eine Anamorphose beim An- und Abfahren von Mondorf zum Erlebnis.
Für den ersten Blick für den Übersetzer wahllos verteilte Flächen werden an einem Punkt der Überfahrt zum Bild, zum Motiv, hier zum Fisch. Das Bild, das alles verbindet: Mondorf, Rhein, Museum.

Die Gestaltung des Mondorfer Rheinparks fügt die Nutzungseinheiten an einem Punkt zusammen, den Rheinterrassen. Diese bilden die geneigte Plattform für Biergarten, Kiosk, Kirmes und Beach. Des Weiteren dient die flottenförmige Rheinterrasse nicht nur als Parknukleus, als Wegverteiler, sondern auch als flussseitiges Entree Mondorfs. Die vielfältigen Nutzungen werden klar geordnet und den Flächen zugewiesen. Die neue Bootsanlegestelle wird z. B. südlich der Rheinterrassen angeordnet mit Abstellmöglichkeiten für die Bootsanhänger.
Diese Konzentration baulicher Intensität liegt am Rand eines ansonsten sehr reduzierten Uferparks, dessen Ausstrahlung in seiner Offenheit, Klarheit und den Weitblicken liegt. Ein Uferparkrundweg vernetzt die Siedlung mit dem Flussraum, dem Erlebnisweg Rheinschiene und dem Grünen C. Ein zurückhaltender Freiraum – nicht nur bei Hochwasser.

Das Gestaltungsprinzip der geringen Interventionen und der Nutzungskonzentration ist auch Grundlage des Entwurfs für die Graurheindorfer Rheinpartie. Hier entsteht an der Fährenzufahrt ein Aufenthaltsbereich mit Kiosk, WC und angrenzender Bushaltestelle. Neben diesem Fährkopf ist der Abschnitt des Erlebnisweges Rheinschiene jeweils etwa 100 m rechts und links davon die Hauptintervention auf dieser Rheinseite. In den Asphaltweg eingeschnittene Fragmente, in Form- und Materialkongruenz der fraktalen Flächen der Anamorphose-Installation in Mondorf, erwecken die Aufmerksamkeit des schnellen und auf den Weg blickenden Radfahrers und Fußgängers. Mit der Bündelung des Grünen C Links und dem Erlebnisweg Rheinschiene erfolgt eine gewollte Verdichtung, die zur Verlangsamung und zur erhöhter Aufmerksamkeit führt. Mit der Annäherung an den Fähranleger nimmt die Dichte der Fragmente im Belag zu - der Blick hebt sich, man hält an. Eine subtile Zeichensetzung, als Begrüßung und Verabschiedung vom Fähranleger Graurheindorf, deren Affinität zum anderen Ufer sich erst nach dem Rückübersetzen dem Betrachter konkret erschließt.

:flotte regionale
Das Präsentationsjahr für Mondorf ist geprägt durch das Bild eines Fischerdorfes am Rhein mit seinen angelandeten Booten. 57 blau-rote stilisierte Kunststoffboote adäquat der Anzahl der Regionale 2010 Kommunen bilden die :flotte regionale. Sie leuchten in der Nacht und bilden Sitz- und Picknickinseln am Tage. 57 Schiffs-Taufen und entsprechende Feste mit den Kommunen bilden den feierlichen Rahmen. Am Ende des Jahres kehrt jedes Boot in den Hafen seiner Namensgeberin zurück – ein Boot für jede Kommune.


Kunst in der Fläche

Anamorphose [gr.: aná = gemäß, entsprechend umstellen; morphe = Gestalt, Form]
Umgestaltung oder gesetzmäßig verzerrte Darstellung. Sie offenbart eine deutbare Gestalt erst nach der Entzerrung, durch Sichtwinkelveränderungen (z.B. Betrachten von der Seite) oder Benutzung eines geometrischen Spiegelkörpers oder einer Prismenoptik. Anamorphosen verdeutlichen die Möglichkeit der Perspektive, unser Sehvermögen zu trügen. Die *Zentralperspektive täuscht Raum auf der Bildebene vor.

Die Anamorphose ist als optisches Phänomen schon seit der Renaissance bekannt. Bei der Beschäftigung mit der Zentralperspektive entdeckte Leonardo die Möglichkeit der Darstellung, die sich vom Unter- oder Hintergrund löst. Eine zunächst kaum erkennbare Darstellung wird erst von einem bestimmten Standpunkt aus sichtbar. Bekannte zeitgenössische Künstler, die sich in ihrem Werk mit Anamorphosen befasst haben, sind Jan Dibbets und Markus Raetz (siehe auch Beispiele auf dem Plan).

In der Anamorphose wird ein Gegenstand verzerrt, er wird deformiert. Die Umwandlung geschieht dabei nach bestimmten Regeln: Kein willkürliches, wildes Zerdehnen, sondern kontrollierte Perspektivenverschiebung.

Die am Mondorfer Ufer in die Fläche gelegte anamorphotische Form stellt einen stilisierten Fisch dar. Auf eine weitere Abstrahierung wird bewusst verzichtet, diese ergibt sich in der Verzerrung. Dem Besucher des Mondorfer Ufers erschließt sich zunächst nicht die Form des Fisches, er nimmt lediglich ein Feld mit lang gestreckten Dreieck- und Rautenformen wahr. Erst im Übersetzen über den Rhein wird die Form des Fisches erkennbar, sie gleitet während der Fahrt langsam in die Wahrnehmbarkeit, um im weiteren Verlauf wieder zu zerfließen.
Mit dem künstlerischen Beitrag wird die Überfahrt - das Übersetzen - zum Ereignis, nur diese bietet die Möglichkeit, das Bild des Fisches zu erkennen, damit wird das \"Kunsterlebnis\" zum zentralen Ereignis und somit der \"Brückenschlag\" vollzogen.

Das Motiv des Fisches thematisiert u. a. die intensiven Bemühungen der Wiederansiedlung des Lachses und anderer Wanderfischarten im Rhein und seinen Nebenflüssen \"Wanderfischprogramm NRW\". Sie nimmt aber auch Bezug auf die Historie des Ortes Mondorf, wo im 19. Jahrhundert die Rheinfischerei einen wichtigen \"Broterwerb\" darstellte, siehe auch Fischereimuseum.

Die Formensprache des Objektes am Mondorfer Ufers wird auf der anderen Rheinseite aufgenommen. Als Intarsien anderer Materialität erscheinen Rauten- und Trapezformen im Radweg. Je näher man zur Fähre kommt, desto dichter wird Abfolge der Fragmente.