modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Offener Wettbewerb | 04/2017

Stadteingang Slüterstraße

2. Preis / Auftrag

gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner

Architektur

capattistaubach urbane landschaften

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Pressemitteilung I 16.10.2017

Ein neues Petritor für Rostock
gmp mit Neubau an geschichtsträchtigem Ort beauftragt


In Rostock wird der „Stadteingang Slüterstraße“ nach einem Entwurf der Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp) neu entstehen. Nachdem im gleichnamigen, offenen internationalen Wettbewerb zunächst drei Beiträge ausgezeichnet und zur weiteren Bearbeitung empfohlen worden waren, wurde gmp jetzt offiziell beauftragt. Der Entwurf überzeugte mit einer ganzheitlich entwickelten Gesamtkubatur, die selbstverständlich an die Bestandsbebauung anschließt und sich in die Bauflucht der historischen Stadtmauer einfügt. Anerkennung fand darüber hinaus, neben der zeichenhaften Torarchitektur, insbesondere die sinnfällige funktionale Aufteilung der Wohn-, Büro- und Ausstellungsräume.

Die mittelalterliche Stadtbefestigung Rostocks ist bis heute ein elementarer Teil der Hansestadt und ihrer Identität. Nachdem viele der ehemals über zwanzig Stadttore im Zuge der Entfestung der Stadt abgetragen worden waren, setzte ein Umdenken ein, sodass die erhaltenen Anlagen im 20. Jahrhundert restauriert und zum Teil sogar rekonstruiert wurden. Dessen ungeachtet wurden 1960 mit der Ruine des kriegszerstörten Petritores die Relikte des ältesten Stadteingang der Rostocker Altstadt über Nacht gesprengt – ein Verlust, der bereits früh zu Diskussionen um einen Wiederaufbau führte. In dem 2016 ausgelobten Wettbewerb waren nun Anforderungen gestellt, die eine unkritische Rekonstruktion des alten Tores grundsätzlich ausschlossen. Jedoch galt es, sich an der Kubatur des Ursprungsbaus zu orientieren.

Der Entwurf für den Neubau greift den spezifischen Charakter der historischen Rostocker Stadttore als schlichte und weitgehend schmucklose Backsteinblöcke auf. Geplant ist, die gesamte Bebauung in rotem Backstein zu errichten. Wie beim alten Tor wird dabei die große Bandbreite der Gestaltungsmöglichkeiten des Materials bis ins Detail ausgeschöpft, indem sich der einheitliche Klinkerverband partiell öffnet. Gezielte Ein- und Ausblicke und eine detailreiche Nahansicht können so mit der beabsichtigten geschlossenen monolithischen Fernwirkung verbunden werden. Die Durchfahrt des Tores nimmt das geforderte Durchfahrtsprofil auf, Fußgänger werden beidseitig am Tor vorbeigeführt.

Als Nutzung sind Büro- sowie Ausstellungs- und Veranstaltungsräume im Torgebäude und dem anschließenden Bauteil vorgesehen. Im 2. Obergeschoss erlaubt eine offene Raumfolge mit integrierter Außenterrasse die flexible Nutzung für Ausstellungen oder Seminare und eröffnet den Blick auf das Stadtpanorama von der Unterwarnow über Holzhalbinsel, Brückeninsel und Petrischanze bis zur Turmspitze der Petrikirche. Ergänzt wird das Raumprogramm durch Wohnnutzung auf eigener Parzelle im Westen des Grundstücks.

Der Stadteingang Slüterstraße an der exponierten Nordostecke des historischen Stadtkerns stellt so ohne oberflächliche Nostalgie eine bewusst vielfältige und mehrdeutige Architektur dar, die an die Tradition des Ortes anknüpft und dessen wechselhafte Geschichte fortschreibt.


Entwurf Volkwin Marg und Hubert Nienhoff mit Kristian Spencker
Projektleitung Kristian Spencker
Mitarbeiter Katja Godejohann, Davide Rosa
Bauherr KOE Rostock — Kommunale Objektbewirtschaftung und -entwicklung der Hansestadt Rostock
BGF 1.706,00 m²

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf fasst die Aufgabe als Ensemble auf und arbeitet diese mit hohem skulpturalen Anspruch durch.

Das Petritor bildet als klarer, stark abstrahierter und reduzierter Baukörper einen dominanten Stadteingang, wird aber gleichzeitig durch die ergänzenden Bebauungen nach Norden städtebaulich in Weiterführung der Stadtmauer eingebunden.

Diese Gebäudestrukturen für Wohnen und Büronutzung sind in den Bauvolumina und Fassaden sehr differenziert als Klinkerfassaden entwickelt und spiegeln die unterschiedlichen Nutzungen und Themen im Detail wider.

Sowohl die Aufnahme der Geschichte mit der Charakteristik des Petritores in moderner Interpretation als auch die Ruhe und Geschlossenheit des Gesamtensembles schließen diese Baulücke städtebaulich und architektonisch angemessen. Gleichzeitig wird die Freianlagensituation vor dem Petritor neu strukturiert und mit einem terrassierten Vorplatz eine wichtige Verbindung zu den Stadterweiterungen des Petriviertels, der Holzhalbinsel und des Stadthafens hergestellt.

Die drei Nutzungsbereiche der Aufgabenstellung werden in separaten Baukörpern strukturiert: Das Tor mit Veranstaltungsräumen ist sowohl über die Hauptbüronutzung als auch zusätzlich separat erschlossen, die Büronutzung ermöglicht eine Doppelnutzung im Bereich Beratungsraum und Dachterrassennutzung und das Wohnhaus ist als separates Stadthaus mit zwei Wohnungen ausgebildet.

Überarbeitungen sind sowohl in den Bereichen Brandschutz und Abstandsflächen als auch bei der Durchbildung der Tiefgarage erforderlich.

Die doppelte Erschließung der Veranstaltungsräume im Tor ist aus Kostengründen zu hinterfragen.