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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2017

Neubau Hort Oberlößnitz

Anerkennung

Preisgeld: 4.000 EUR

NHzwo - projects Noack I Hartmann I Helbig Architekt und Ingenieure PartGmbB

Architektur

Landschaftsarchitektur Frase

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Herleitung_Der Entwurf betrachtet den Hort als Inbegriff eines geschützten Gartens, als Lebensraum des Kindes, der in starkem Bezug mit der Natur steht. Das für die Planung des Hortneubaus für 250 Kinder vorgegebene Grundstück mit einer bestehenden Grundschule befindet sich am Schnittpunkt zwischen Stadt- und Landschaftsraum und ist Ausgangspunkt der Kulturlandschaft des Weinbergs.

Städtebau_Die räumlich funktionale Gesamtidee des Entwurfs steht im Zusammenhang mit den vorhandenen Raumbezügen der straßenbegleitenden Bebauung und der natürlichen Höhenentwicklung des Hangs zum Weinberg. Die Anordnung entlang der Straße schafft eine Beziehung zwischen dem Hortgebäude, der bestehenden Grundschule und dem anzunehmenden neuen Standort für den Neubau einer Turnhalle. Das achsial ausgerichtete Ensemble dieser Gebäude gliedert das Grundstück und lässt Zwischenräume entstehen. Er greift die städtebauliche Thematik der fortlaufenden Straßenbebauung auf und führt die Gebäudekante fort.

Kubatur und Typologie_Der Entwurf begreift die Kompaktheit des Gebäudes und der Freiflächen als Grundgedanken und Voraussetzung für ein ökologisches Konzept. Als Reaktion auf die städtebaulichen Rahmenbedingungen und die geforderte Zuordnung im Raumprogramm entwickelt sich ein klarer, rechteckiger Baukörper. Dieser führt die Gebäudekanten des Schulgebäudes fort und nimmt die Gebäudetiefe von 8.50 m teilweise auf. Es entsteht ein neues gestalterisches Gefüge aus Bestand und Neubau. Der neue Baukörper funktioniert als Einheit und setzt sich aus zwei in verschiedene Richtungen orientierten Geschossen zusammen. Dadurch kann die Form, sowohl städtebaulich als auch architektonisch sehr differenziert auf die verschiedenen Seiten gestalterisch und funktional reagieren. Der kubische Baukörper öffnet sich einladend zum südlichen Vorplatz und zum westlichen Forum durch verglaste Einschnitte in der Fassade im Erdgeschoss. Im Obergeschoss orientiert sich die verglaste Fläche zum nördlich liegenden Naturraum und zieht diesen durch den Dachgarten in den Baukörper. Die Gebäudeform leitet sich ebenso aus der Höhenentwicklung des Geländes ab. Der Körper schmiegt sich an den Hang und hält dadurch die wichtigen Blickachsen zum Weinberg und zur Wachschen Villa frei. Der zweigeschossige Neubau nutzt das Gefälle des vorhandenen Geländes so, dass der Außenraum vom Obergeschoss aus barrierefrei erschlossen wird.

Grundriss_Der Hauptzugang formuliert sich in einer verglasten Fuge und führt in einen großzügigen Eingangsbereich. Vom Empfang fällt der Blick in das dahinterliegende Atrium, welches den Mittelpunkt des Gebäudes darstellt. Umlaufende Erschließungsflure als Orte mit Aufenthaltsqualität für Treff- und Begegnungspunkte bieten Platz für die Garderobe und schirmen den inneren Kern von den außenliegenden funktionalen Bereichen ab. Das Atrium als zentraler Ort schafft einen Raum für das Kinderrestaurant und steht in Verbindung mit den Küchenbereichen. Die Belichtung erfolgt durch bullaugenförmige Oberlichter. Der Raum kann, je nach Bedarf, durch mobile Faltschiebeelemente in kleinere Bereiche separiert und außerhalb der Esszeiten als Hausaufgabenraum genutzt werden. Eine Erweiterung ist durch den zuschaltbaren Mehrzweckraum möglich und fließt durch große Öffnungen in der Fassade in den Freiraum. Durch die Mobilität der einzelnen Bereiche und die Nutzung der Verkehrsfläche als Kommunikationszone ist eine Reduzierung der geforderten Gesamtfläche möglich. Die innere Organisation erfolgt durch das Zusammenspiel sinnvoller, räumlicher Bezüge, die mithilfe einer übersichtlichen Gliederung eine klare Orientierung schaffen. Diese vielseitig nutzbare Raumkomposition, durch die mögliche Vernetzung einzelner Bereiche und die mit Funktionen versehenen Verkehrsflächen gestaltet ein Durchfließen aller Räume und einen fortwährenden Sichtbezug zur Natur. Die Themenräume im Erdgeschoss ermöglichen ein Einsehen vom Flur aus und finden einen Zugang in den Außenbereich. Die funktionalen Bereiche befinden sich im nordöstlichen Gebäudeteil und haben eine interne Erschließung, die direkt an den Außenraum für die Anlieferung grenzt. Die Zufahrt erfolgt im östlichen Bereich des Grundstücks, dort befindet sich auch die geplante Entsorgung und ein Zugang zur Wäscherei. Dieser Bereich kann schnell angefahren werden ohne den schulischen Ablauf zu stören. Für die vertikale Erschließung befindet sich ein Treppenhaus unmittelbar am Eingangsbereich. Es ist ein behindertengerechter Personenaufzug vorgesehen. Die Nähe der Sanitäranlagen zum Treppenhaus ermöglicht eine Erreichbarkeit durch kurze Wege. Für eine konzentrierte und effektive innere Anordnung wurde die Fläche an die Personen- und Schülerzahl angepasst und ermöglicht eine Einsparung. Das Prinzip der durch Garderoben genutzten Flure und der durchfließenden Räume setzt sich im Obergeschoss fort. Die Räume werden gefasst und strukturiert durch funktionale Möbelstücke, die Sitzgelegenheiten oder Stauraum bieten, und lassen sich untereinander verbinden. Der westliche Riegel wird durch kreative und bewegte Aktionen bespielt, die ruhigen Räume und der Personalbereich befinden sich im östlichen Riegel. Von Kindern flexibel genutzte Bereiche sind grundsätzlich natürlich belichtet und belüftet. Zugänge zur Dachterrasse ermöglichen nutzungsübergreifende Aktivitäten zum Freiraum.

Fassade_Das Gebäude präsentiert sich mit einer Schaufassade zur Straße und behält durch die unterteilte Gebäudekubatur die kleinteilige Gliederung der Villenstruktur bei. Eine Pfosten-Riegel-Fassade im Bereich des Foyers setzt den Eingangsbereich von dem monolithischen Baukörper ab. Eine weitere Thematik der Fassade orientiert sich an der Gestaltungssatzung der Stadt Radebeul und nimmt hinsichtlich der Villenbebauung das stehende Fensterformat auf und wird durch eine Rahmung zu einem horizontalen Band gefasst. Das dadurch erreichte Verhältnis von Wandfläche und Öffnungen findet sich im Inneren durch die geforderte Belichtung für die jeweiligen Bereiche wieder. Die hellen, zurückhaltenden Farben der Klinkerfassade fügen sich in den Naturraum ein. Außenliegende, vertikale Raffstores gewährleisten den Sonnenschutz. Das Gebäude wird in konventioneller Bauweise mit einer vorgehängten Klinkerfassade ausgeführt und entspricht den technischen Ansprüchen gemäß Brandschutz und Wärmeschutz.

Außenraum_Die Tradition und Topografie des Ortes beschreibt sich durch den Weinberg, die Villa und den Park. Der Bestand und die neue Nutzung werden als Freiraum für die Kinder bewusst miteinander verbunden. Der Grundgedanke „Kurze Wege – kompaktes Gelände“ sorgt für einen engen räumlich funktionalen Bezug zwischen den Innenräumen und den erforderlichen Freiflächen. Die Ortstypik des Weinbaus wird aufgegriffen und in einer Staffelung von verschiedenen Terrassen umgesetzt. Die alters- und funktionsgerechte Ausführung ist attraktiv für die Nutzer und gleichzeitig sensibel im Umgang mit dem Ort. Die Ausstattung der einzelnen Freiräume beginnt für die höchste Nutzungsintensität an den Gebäuden intensiv und wird mit zunehmendem Abstand extensiver. Somit erreicht der Entwurf funktionell und ökologisch eine Nachhaltigkeit für einen effektiven Wartungs- und Pflegeaufwand trotz hohem Nutzungsdruck. Alle Spiel- und Aufenthaltsbereiche im Gelände sind kreuzungsfrei von motorisiertem Verkehr und barrierefrei erreichbar.

Gestaltung_Südlich der Bebauung erhält der Freiraum eine klare, orthogonale Formensprache. Nördlich davon ist der Freiraum polygonal bzw. landschaftlich gestaltet und dem Motiv von Weinbergterrassen angelehnt. Ausgehend vom Straßenraum formulieren sich drei differenzierbare Ebenen.

Im Straßenraum – Ankommen_Durch Einrücken des Schulgeländes wird der Straßenraum großzügig aufgeweitet und bietet mit dem breiten Gehweg einen einladenden Raum zum Ankommen mit dem Bus, dem PKW oder zu Fuß. Das Eintreten erfolgt über die klassische zweiläufige Freitreppe als Hauptzugang für Hort und Schule hinauf zum „Forum“ ins Schul- und Hortgelände.

Terrasse 1 – Die Intensive, das „Forum“_Ein „Forum“ zwischen Schule und Hort bildet den kompakten Kern des Freiraumes zum Eintreffen und Verteilen, Sitzen und Verweilen, ebenso wie für das Pausenspiel im achsialen Spannungsfeld zwischen Hauptzugang und „Theatrum“, dem räumlichen Endpunkt und Festplatz mit aufsteigendem Blickfeld zu Villa und Weinberg. Südlich der Schule ist besonnungsbedingt der Projekt- und Schaugarten angelegt.

Terrasse 2 –Die Aktive - der „Spielpark“_Spiel-, Sport- und Bewegungsangebote sowohl für kurzzeitiges Pausenspiel als auch für die Hortnutzung befinden sich im aktiven Bereich. Die Ausstattung liegt außerhalb des „Weinbergfensters“, um die Blickachse frei zu halten. Ausdauernutzungen wie Experimentier- und Bauplatz befinden sich im unmittelbaren Kontakt zur in den Freiraum einfließenden, ebenfalls nutzbaren Dachterrasse des Hortgebäudes. Der „Spielpark“ bildet die aktive Verbindungsebene zwischen Intensiv- und Extensivzone im Gelände und den „Drehpunkt“ der inneren Geländeerschließung und wird bewusst durch eine optische Blickmarke gekennzeichnet.

Terrasse 3 – Die Extensive – der „Waldpark“_Ein waldartiger Extensivbereich für Naturerlebnis und Forschung, Rückzug und Ruhe erhält eine sparsame Wegeerschließung und Sitzmöglichkeiten. Der dichtere Baumbestand nördlich der Schule wird als Spielwald gestaltet. Eine lichtungsartige Spielwiese im Blickfeld der Villa hält die spätere Option für eine historisch bezogene Gartengestaltung offen. Das Territorium westlich der Villenzufahrt im Wettbewerbsgebiet wird für die aktuelle Wettbewerbsaufgabe nicht benötigt.
Bepflanzung und Ökologie_Kurze Baumreihen kleinkroniger Laubbäume oberhalb der Grundstücksmauer markieren den Schul-Hort-Standort im Straßenraum und öffnen das Blickfenster zur sonnigen Mitte des „Forums“. Zwei kleine Baumblöcke schaffen hier wiederum lichte Schattenpunkte über den Spiel- und Sitzbereichen. Der Waldbereich bleibt naturbelassen, wertvolle Altbäume im „Waldpark“ werden vom Wildwuchs freigestellt und durch standortgerechte Bäume sinnvoll ergänzt, im Bereich der Spielwiese eher in den Randbereichen oder als Einzelgruppen.

Erschließung und Einfriedung_Der fußläufige zentrale Hauptzugang ist die Freitreppe am Augustusweg. Radfahrer kommen über die separate Zufahrt am Wanderweg aufs Gelände. Die Lieferzufahrt für Hort bzw. Schule ist der Wanderweg bzw. die Zufahrt zum Kinderheim. Eine Kreuzung des Fußverkehrs mit dem motorisierten Verkehr wird damit klar vermieden. Das gesamte Innengelände ist barrierefrei erreichbar. Die Sicherheit der Kinder und des Grundstücks wird auch durch die allseitige Einfriedung des Geländes zum Augustusweg, zum Wanderweg, zur Waldparknordseite und zur Ostseite der Kinderheimzufahrt gewährleistet. Diese Zufahrt wurde zugunsten der optimalen Flächennutzung des Geländes nach Norden ausgerundet.

Materialien_ Die Flächen der Intensivbereiche erhalten robuste Pflaster und – Plattenbeläge. Flächenbeläge wie die erforderlichen Stützmauern sind in warmen, hellen Farbtönen in Anlehnung an die Tradition der Weinbergterrassen gehalten und werden von einer Ausstattung durch Holzmaterialien dominiert.

Fazit_Der Schulkomplex fügt sich als Ensemble mit der Natur an diesem historischen Ort ein. Der äußerlichen Strenge des Gebäudes mit seiner quadratischen Grundform und der strukturierten Fassadengestaltung steht eine Flexibilität im Inneren gegenüber. Ein fortwährender Bezug zwischen Gebäude und Freiraum ist gegeben - der Innenraum wird zum Außenraum. Der Grundgedanke von Kompaktheit wird durch die konzentrierte Anordnung der Funktionen umgesetzt – Innen, wie Außen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf nimmt die städtebauliche Situation durch Aufnahme der Bauflucht des vorhandenen Schulgebäudes auf und schafft einen als Pausenhof nutzbaren Zwischenraum. Problematisch ist allerdings trotz der geschaffenen Sichtachse zur Wachschen Villa, die streng geometrische Anordnung von Bäumen im Zwischenraum, die diesem Bereich eine Bedeutung geben, die er nicht hat und die im Widerspruch zur englischen Gartengestaltung der vorhandenen Parkanlage steht.
Auch der nicht diskriminierungsfreie Hauptzugang über den Augustusweg ist kritisch zu bewerten. Gut gelöst ist hingegen die geschaffene ungehinderte Verbindung zum Freibereich über das U-förmige Obergeschoss des Hortneubaus. Die Architektur ist klar strukturiert und fokussiert auf den Eingangsbereich. Allerdings wird der Bezug zur umgebenen ortstypischen Bebauung schmerzlich vermisst.

Das Raumprogramm wurde leider nur unvollständig erfüllt. Dadurch müsste das Gebäude größer gebaut werden, was jedoch unproblematisch realisiert werden könnte ohne den planerischen Grundgedanken aufgeben zu müssen.

Zu kritisierten sind im Detail der ungünstige Zugang zur Werkstatt, Theaterraum und Hausmeisterbereich (Hygiene/Schmutzbereich) sowie die ungünstige Trennung von Küche und Spülküche. Auch die natürliche Belüftung von Speiseraum und Küche ist nicht gegeben, dem Hausmeisterraum fehlt Tageslicht.

Toiletten sind nicht in allen Bereichen vorhanden und Garderobenräume fehlen im Erd- und Obergeschoss.

Günstig ist der zentrale PKW-Stellplatznachweis auf einer Fläche am westlichen Erschließungsweg für Schule und Hort.

Der Entwurf ist aufgrund seiner Kennwerte äußerst wirtschaftlich, was jedoch aus nicht nachgewiesener Programmfläche von rd. 140m² resultiert.