modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Einladungswettbewerb | 05/2017

Bahnstadt Heidelberg - Baufelder B1 und B2

Blick aus der Bahnhofshalle über den südlichen Vorplatz

Blick aus der Bahnhofshalle über den südlichen Vorplatz

Anerkennung

Preisgeld: 3.000 EUR

ap88 Architekten Partnerschaft mbB Bellm / Löffel / Lubs / Trager Freie Architekten BDA

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

BHM Planungsgesellschaft mbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitgedanken

Idee
Der Bahnhof bildet mit seinen beiden Vorplätzen Nord/alt und Süd/neu eine städtebauliche, architektonische aber vor allem auch funktional-strukturelle Einheit. Dies ist Grundthema sowohl der stadträumlich-architektonischen Gestaltung als auch der Dramaturgie der räumlichen Abfolge aus der Perspektive des hier ankommenden oder Heidelberg verlassenden Reisenden.
Das Entree und damit die Visitenkarte der Stadt ist momentan die lichtdurchflutete Bahnhofshalle am Ende des Bahnsteigs. Der in den Stoßzeiten dichte Strom von zum Ausgang eilenden Menschen entspannt sich hier. Der Neuankömmling kann innehalten und sich orientieren.
Ebenso kann der, der sich auf den Weg zum Zug macht, in Ruhe die Abfahrtstafel studieren, bevor er sich vom Strom der zum Zug Eilenden mitreißen lässt.
Dies Thema wird auf der Südseite aufgenommen und modern interpretiert.
Getragen wird dieser Grundgedanke auch durch die Verwendung von hellem, beigem Naturstein für Fassaden und Platzbelag, der sich sowohl beim bestehenden Bahnhofsgebäude als auch bei der geplanten neuen Gestaltung des Willy-Brandt-Platzes wiederfindet.

Sädtebauliche Struktur
Die städtebauliche Struktur wird orthogonal parallel zu den Bahngleisen entwickelt. Die Flucht der Max-Jarecki-Straße wird mit der östlichen Platzbebauung und der Südfassade des Hochhauses aufgenommen und fortgeführt.
Der Bahnhofplatz wird im Osten wie im Westen von 5-geschossigen Gebäuderiegeln mit 2-geschossigen Arkaden flankiert, die mit ihren gastronomische Nutzungen den Platz beleben und urbanes Leben initiieren.
Den nördlichen Abschluss bilden die gläserne Bahnhofshalle und das 12-geschossige Kongresshotel.
Ein den westlichen mit dem östlich gelegenen Max-Planck-Ring verbindender Fußweg teilt die Baufelder in 2 ähnlich große Hälften. Es entstehen gut proportionierte Innenhöfe, die den anliegenden Nutzungen ruhige private Außenräume von hoher Aufenthaltsqualität bieten.

Die Bahnhofshalle
Die gläserne Bahnhofshalle markiert einerseits einen transparenten räumlichen Abschluss des Bahnhofplatzes, andererseits lenkt sie den ankommenden Reisenden ganz einfach und selbstverständlich vom Bahnsteig auf den Bahnhofsplatz und weiter Richtung Kongresszentrum. Die Transparenz der Glasfassade gestattet Blickbeziehungen und Orientierung.
Es entsteht eine großzügige Willkommensgeste.
Eine Sonnenschutzverglasung in Kombination mit Lüftungsklappen im Sockel und im Dach sichern ein angenehmes Raumklima im Sommer wie im Winter.

Der Bahnhofsplatz
Großformatige Pflasterplatten geben dem Bahnhofsplatz einen urbanen, steinernen Charakter. Grüne Intarsien in Form von Pflanzbeeten strukturieren die großzügige Fläche, beinhalten Sitzgelegenheiten und schaffen Aufenthaltsqualität.
Westlich markiert eine Sitzstufe die Platzkante. Diese findet sich auch im Osten und Norden wieder. Zusammen formen sie ein Platzpodest aus und stärken die Ränder des Platzes.
Entlang der östlichen Platzfläche wird dieser Effekt mittels skulpturalen, locker angeordneten Sonnenschutzelementen verstärkt. Sie markieren die Außenflächen der Gastronomie und werden in der Dämmerung atmosphärisch beleuchtet. Südlich des Hotels entsteht eine repräsentative Außenterrasse, die im Westen in eine geschützte Outdoor-Lounge übergeht. Treppen mit integrierten Pflanzbeeten bilden östlich und westlich der Bahnhofshalle den Übergang zum tieferliegenden Busbahnhof.

Differenzierte Bürowelten
Zwei Höfe und die Fußwegeverbindung von Ost nach West strukturieren den östlichen Bürokomplex. Im Erdgeschoss sind Gewerbeeinheiten geplant, die vom Czernyring und vom Fußweg erschlossen sind. Die unterschiedlichen Gebäudetiefen lassen unterschiedliche moderne Bürotypologien in den Obergschossen zu.
Die geschickt angeordneten Erschließungskerne erlauben die Bildung verschiedenster unterschiedlicher Büroeinheiten. Große, mehrere tausend Quadratmeter große Einheiten lassen sich genauso darstellen, wie Kleinsteinheiten.

Differenzierte Höfe
Der südlich gelegene, nicht zugängliche Hof erhält eine streifenförmige, repräsentative Stauden- bzw. Gehölzpflanzung. Der mittlere Zugangsbereich nimmt das in den Höfen vorherrschende Streifenthema in Form einer mit unterschiedlichen Formaten gepflasterten Belagsfläche auf. Die Intarsien des Platzes spiegeln sich hier als Pflanzbeete wieder. Eine Treppe mit integrierten Sitzstufen überwindet den Höhenunterschied zum östlichen Max-Planck-Ring.
Der nördliche Hof öffnet sich zum großen Bahnhofsplatz hin. Auch er greift das Streifenthema in Form von Pflanzflächen und zusätzlichen Fahrradstellplätze auf. Die organisch geformten Sitzpodeste laden zum Verweilen ein.

Urbanes Wohnen
Ähnlich wie beim Bürokomplex bilden sich durch den von West nach Ost verlaufenden Fußweg Höfe, die den Wohngebäuden zugeordnet sind. Abgeschirmt vom Lärm durch die Bahn durch die Randbebauung im Norden und die bewusst geschlossene Bebauung entlang des Czernyrings entsteht eine ruhige, grüne Oase im urbanen Kontext.
Sämtliche Wohnungen sind mit ihren Wohnräumen nach Süden oder Westen orientiert.

Urbane kollektive Gärten
Im westlichen Wohnquartier wird das Belagsmuster der östlich gelegenen Bürohöfe bzw. -zugänge erneut aufgegriffen. Die Form der Intarsien findet sich hier in Sitzpodesten und Spielflächen mit Kleinspielgeräten wieder. Sie dienen als Treff- und Rückzugsort für die Bewohner des Quartiers. Vor den Gebäudezugängen entstehen Pflanzbeete, die die Distanz zu den Wohnungen wahren und eine einladenden Vorzone ausbilden.
Auf den Südseiten der mittig angeordneten Wohngebäude sind kleine Gärten, die mit Eibehecken umfriedet sind, vorgesehen. Eine Treppenanlage mit Rampe ermöglicht den barrierefreien Zugang zum Wohnquartier aus Richtung Westen.

Erschließung
Die PKW werden in einer 950 Fahrzeuge fassenden, 2-geschossigen Tiefgarage untergebracht. Der Gebäudeteil entlang des nördlichen Max-Planck-Rings ist eingeschossig. Hier befinden sich LKW-Andienung, Fahrradtiefgarage, Müllräume sowie Bahnhofsaffine Gewerbenutzungen.
Die Radfahrer, die die Fahrradtiefgarage anfahren, werden über eine offene, großzügige, spiralförmige Rampe nahe dem Czernyring abgefangen, damit sie nicht den Bahnhofsplatz queren und dessen Aufenthaltsqualität beeinträchtigen.
Fußgänger können die Arkaden nutzen, um vom Bahnhof trockenen Fußes zum Kongresszentrum oder zur Straßenbahn zu gelangen. Großzügige Freitreppen verbinden das Platzniveau mit dem tiefer liegenden Max-Planck-Ring im Osten, Westen und Norden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen einen klar und gut dimensionierten Bahnhofsvorplatz mit einem eigenständigen Bahnhofsgebäude als Anfangspunkt zum südlichen Teil des Querbahnsteigs vor. So kontrovers einerseits dieses Einzelbauwerk in der Jury diskutiert wird, so maßstäblich und raumbildend wird es anderseits beurteilt. Eine höhere Dichte an Funktionen wäre für die Geste hilfreich, zumal die Gelenkfunktion durch die verschiedenen Gebäudefugen mit Treppenabgängen zum Max-Plank-Ring geschwächt wird.

Die Kolonnade der flankierenden Kanten fasst den Platz gut, die gewählten untergeordneten Durchgänge von Ost nach West werden nicht überbetont. Dennoch ist die Geste der großen seitlichen Freitreppen überdimensioniert.

Die zentrale Platzfläche hat mit dem Fahrradloop' ins UG zwar eine originelle Antwort auf die Abwicklung der einfahrenden Fahrradfahrer, jedoch werden die lochartige Wirkung und die Einschränkung der Mutlifunktionalität des öffentlichen Platzes bemängelt.

Die Organisation des Hotels in zwei getrennten Baukörpern wird betrieblich kritisch gesehen, das ovale Verbindungsbauwerk kann dies nicht heilen. Die Nord-Süd-Ausrichtung der in den westlichen Hof gezwängten Wohnungen wird als Qualitätsverlust wahrgenommen.

Die charmante Atmosphäre und die Anmutung des Blicks aus dem neuen Bahnhofsbauwerk bestechen wie auch Duktus und Stringenz seiner Gestaltung. Die ansonsten zweidimensional gestalteten Fassaden erhalten dagegen zu wenig Aufmerksamkeit und vermögen die Jury nicht zu überzeugen.

Die 720 Radabstellplätze im 1. Untergeschoss werden direkt über den südlichen Platzrand mit einer spindelförmigen Rampe erreicht. Lage und Funktion sind gut und entsprechen der Erschließungsanbindung für Radfahrer zum Czernyring.

Die Weiterführung im 1. Untergeschoss ist kritisch, da die Radfahrer durch die Stellplätze der PKW geführt werden, bevor der eigentliche Bereich der Abstellanlage erreicht wird. Die Lage der Abstellanlage nahe dem Bahnhofszugang wird positiv gewertet. Es bleibt unklar, welches Niveau/welches Untergeschoss an den bahnparallelen Max-Planck-Ring anbindet.

Im Ganzen stellt die Arbeit einen interessanten Beitrag zur Diskussion über die städtebauliche Raumbildung für den zentralen Platz des neuen Quartiers dar, sie kann jedoch die funktionalen und gestalterischen Kritikpunkte nicht gänzlich verdrängen.
Blick aus der Bahnhofshalle über den südlichen Vorplatz

Blick aus der Bahnhofshalle über den südlichen Vorplatz

Grundriss M. 1:500

Grundriss M. 1:500

Grundriss M. 1:200

Grundriss M. 1:200

Fassadenansichten

Fassadenansichten