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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2017

Sanierung Rathaus

Perspektive - Blick von Nordwesten

Perspektive - Blick von Nordwesten

Anerkennung

Preisgeld: 2.000 EUR

Winkelmüller Architekten GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Das Rathaus in Schöppingen ist durch 70er Jahre Architektur geprägt. Ist dieses Erscheinungsbild noch angemessen? Wie sieht die Architektur für eine zukunftsorientierte, moderne und zugleich ortsgebundene Verwaltung aus und wie lässt sich dieses Gebäude unter Berücksichtigung energetischer, wirtschaftlicher, sozialer und funktionaler Aspekte modernisieren?

Der Baukörper mit insgesamt drei Geschossen – davon zwei überirdisch – wird dominiert von dem Ratssaal, der sich in Richtung Norden zur Eingangssituation hin orientiert. Der Kubus ist gegenüber dem restlichen Gebäude deutlich ablesbar und mit einem großen Fenster versehen, das durch vertikale Betonrippen gegliedert wird. Das Erdgeschossniveau ist leicht erhöht, was die Frage nach einer barrierefreien Erschließung sowohl außen als auch innen aufwirft. Die heutige Fassade ist einerseits stark sanierungsbedürftig, andererseits ist auch die inzwischen altmodisch anmutende Gestaltung zu hinterfragen.
Die Herausforderung liegt darin, den Baukörper einerseits zusammenzuführen, das Ankommen attraktiver zu gestalten und gleichzeitig die Ideale von energetischer und sozialer Nachhaltigkeit zu repräsentieren.

Der Anbau

Die erforderlichen, neuen Sanitäranlagen werden in einem Anbau dem Bestand angegliedert. Durch die Positionierung auf der Südseite – die Rückseite des Gebäudes – in der Nähe des neuen Aufzugs und der bestehenden Treppenanlage kann der Höhenunterschied zwischen Erdgeschoss- und Straßenniveau intelligent überwunden werden. Neue Erschließungskerne sind nicht notwendig, die vorhandene Haupterschließung kann zwischen den Höhenunterschieden vermitteln und so eine barrierefreie Erschließung sowohl vom Parkplatz aus als auch durch den Aufzug im Inneren gewährleisten.

Der Neubau schiebt sich leicht hinter dem bestehenden Rathaus hervor und bietet so trotz der rückseitigen Lage eine gute Orientierungsmöglichkeit, während die Adressbildung von der Hauptfassade Richtung Norden übernommen wird.
Die Auslagerung der Sanitärfunktionen ermöglicht eine von den Öffnungszeiten des Rathauses unabhängige, öffentliche Nutzung der Toiletten.

Die innere Struktur

Die grundsätzliche Organisation des Bestandes wird beibehalten.
Vorhandene Sanitäranlagen werden zurückgebaut und durch Büronutzungen ersetzt. Ein innenliegender Flur mit je einem Erschließungskern an jedem Ende erschließt zweihüftig die Büroräume und Sitzungssäle im Obergeschoss.

Da die momentane Eingangssituation auffallend eng und wenig einladend ist, wird das Foyer mit dem darin angesiedelten Bürgerbüro in einen zusammenhängenden Großraum überführt. Die Sichtachse zur Haupterschließung mit Aufzug und Durchgang zum Anbau sichert trotzdem eine gute Orientierbarkeit.
Das Foyer ist das zentrale Aushängeschild der Schöppinger Verwaltung. Besucher, Bürger und Interessierte kommen hier an, orientieren sich hier und behalten das Foyer als ersten Eindruck im Gedächtnis. Zukünftig sollen hier – neben der amtlichen Nutzung als Bürgerbüro – auch Ausstellungen und Empfänge realisiert werden. Vor diesen Anforderungen soll der Raum als repräsentativer, atmosphärischer Raum erlebbar gemacht werden. Es gilt, im Spannungsfeld von Datenschutz, Blickachsen und Belichtung eine Lösung zu finden, die alle Ansätze vereint und klar ausformuliert, gleichzeitig aber flexibel genug ist, um zukünftigen Anforderungen gerecht werden zu können.

Das Möbel

Da das Foyer gleichzeitig auch das Bürgerbüro beinhaltet, muss die Möblierung sowohl Datenschutz, als auch eine angenehme Arbeitsatmosphäre gewährleisten.

Die neue großräumliche Struktur wird durch winkelförmige Möbel zoniert, die jeweils ein erhöhtes Element für den Sichtschutz besitzen und die zugleich Ausstellungsfläche und Infopoint sind. Für besondere Anlässe lässt sich der Tresen in das Möbel einklappen und verschwindet so komplett und aktiviert den Raum für größere Menschenansammlungen.

Konstruktion und Materialien / Nachhaltigkeit

Auf Grundlage der vorliegenden Konstruktionspläne ist davon auszugehen, dass das Bestandsgebäude aus einer tragenden Massivkonstruktion aus Stahlbetondecken und tragenden Wandscheiben besteht.
Die Fassade aus Stahlbetonfertigteilen ist sowohl aus konstruktiven als auch aus energetischen Gründen stark sanierungsbedürftig.
Um dem dringenden Sanierungsbedarf gerecht zu werden, wird die Fassade aus Massivbauteilen komplett demontiert. Die eigenständig tragende Konstruktion aus Geschossdecken und Wänden wird mit einem Fassadensystem bekleidet, welches sowohl energetisch als auch gestalterisch den Ansprüchen des Rathauses in der Gemeinde Schöppingen gerecht wird. Durch das Vorhängen der Konstruktion werden Wärmebrücken aufgrund von statisch erforderlichen Durchdringungen vermieden.
Eine Holzrahmenbauweise als prefabrizierte Tafelelemente gewährleistet die energetische Ertüchtigung im Rahmen der geforderten EnEV 2016. Aufgrund der Vorfertigung der Elemente kann auch die Montagezeit auf ein Minimum reduziert werden.
Während der Gemeindesaal - aufgrund der Anzahl der bei besonderen Anlässen zu erwartenden Menschenmengen – mechanisch klimatisiert wird, wird auf eine Klimatisierung in den südlichen Büros komplett verzichtet. Außenliegender und individuell regelbarer Sonnenschutz in Form von Raffstores vermeidet weitestgehend den solaren Energieeintrag in die Büroräume. Da die Erhitzung des in den Sommermonaten hierdurch nur gering begegnet werden kann, wird auf den Büros der Südseite eine unabhängige Oberlichtöffnung zur Nachtauskühlung vorgesehen.
Die Bedachung wird als extensives Gründach ausgeführt, wodurch eine Regenretentionsfläche entsteht und eine Aufheizung der Dachfläche in den Sommermonaten vermieden wird.

Die Fassade wird aus einem regenerativem Rohstoff errichtet, was zuzüglich zu der energetisch optimierten Wärmeversorgung durch die benachbarte Hackschnitzelheizung einen positiven Beitrag zur energetischen Gesamtbilanz bildet.

Durch eine Lamellenstruktur, die den Holztafelelementen vorgeblendet ist, erhält das Gebäude ein charakteristisches Erscheinungsbild, wie es einem Rathaus als Sonderbau angemessen ist. Die vertikale Lamellenstruktur erzeugt eine gewisse Auflösung des Gebäudevolumens und erzeugt somit eine Dynamik, die für die vielschichtigen und progressiven Inhalte der Gemeinde Schöppingen stehen. Eine Gemeinde im Spannungsverhältnis zwischen dörflicher Region und Künstlerheimat, zwischen Tradition und Innovation. Eine Gemeinde, die sich im Aufbruch befindet und nicht im Stillstand verharrt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit stellt im Kontext der Wettbewerbsarbeiten einen eigenständigen und originären Ansatz dar.

Städtebau / Baukörper

Durch den Anbau entsteht eine städtebauliche Zonierung, Vor- und Rückseite Rathaus sind klarer definiert. Diese Geste, wenngleich ein wenig zaghaft ausformuliert, wird begrüßt.
Die Verhüllung des bestehenden Baukörpers mittels einer Holzlamellenfassade ist ein gelungener Beitrag zum Thema, wie bewahre ich das alte Rathaus (möglicherweise nur als Erinnerung) und entwickle eine heutige / künftige Gestaltung, die das Gestern nicht leugnet. Auch stellt die Fassade einen inhaltlichen Bezug zu Themen der Regionale 2016 und des Künstlerdorfes her.
Die monolithische Anmutung des Bauwerkes wird kontrovers diskutiert, wenngleich die Reaktion auf Fensteröffnungen durch Rastersprünge / Aufweitungen als gute Möglichkeit gesehen wird, die Fassade zu rhythmisieren. Ebenfalls kritisch erörtert wurden die Unterhaltungskosten für die Fassade.

Innere Organisation

Der offene Servicebereich als bürgernahe Eingangs- / Empfangssituation bietet die Möglichkeit einer vielfältigen, je nach Nutzungsschwerpunkt / Tageszeit wechselnden „Bespielung", die über die geforderten Servicefunktionen hinausgeht. Dieses offene, fließende Raumkonzept wurde auch kritisch hinterfragt. Auch bleibt die Frage, ob die vorgeschlagenen Gestaltungselemente / Möbel die Kraft haben, den Raum in Sinne seines Potentials sinnvoll zu gliedern.
Der Vorbereich des Sitzungssaals im Obergeschoß ist räumlich unterdefiniert und zu eng. Der WC-Anbau wirft im EG die Frage nach einer räumlichen Trennung von öffentlicher und interner Toilettenanlage auf.

Baustruktur / Kosten

Der Erhalt des Gebäudevolumens und seines konstruktiven Systems sowie die modulare Fassadengestaltung in Verbindung mit der konstruktiven Trennung des Anbaus lassen, ungeachtet der derzeit unbekannten Sanierungsprobleme und der TGA - Fragestellungen, im Vergleich der Wettbewerbsarbeiten, günstige Baukosten erwarten. Das Konzept der niederschwelligen Kühlungs- und Lüftungstechnik stützt diese Erwartung. Auch ermöglicht die im Entwurf ablesbare Grundhaltung ein Nachsteuern im Sinne des fixen Budgets.

Fazit

Ein interessanter Beitrag, der leider hinter den durch das vielversprechende Fassadenkonzept geweckten Erwartungen zurückbleibt.
Lageplan

Lageplan

Möblierung Bürgerbüro: Grundrisskonfiguration

Möblierung Bürgerbüro: Grundrisskonfiguration

Möblierung Bürgerbüro: Beratung/Ausstellung

Möblierung Bürgerbüro: Beratung/Ausstellung

Fassadenkonstruktion

Fassadenkonstruktion

Schnitt & Ansichten

Schnitt & Ansichten

Perspektive - Blick von Nordosten

Perspektive - Blick von Nordosten