modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Studienauftrag | 05/2017

Waldacker, Baufeld A1

ZITRONENFALTER

Engere Wahl

Stücheli Architekten

Architektur

Nipkow Landschaftsarchitektur BSLA SIA

Landschaftsarchitektur

Mobimo Management AG

Investor*in

Erläuterungstext

Das Areal Waldacker im Westen der Stadt St. Gallen wird durch weitläufige Grünflächen, geschützte Kulturobjekte und eine bestehende Wohnüberbauung geprägt. Mit einer Grossform aus zwei klammerförmigen, dem Geländeverlauf folgenden Baukörpern bleibt der Landschaftsraum bewahrt und wird ein durchlässiger Hofraum geschaffen. Der Zutritt erfolgt über einen der Zufahrtsstrasse zugewandten Platz im Süden. Im Norden geht der Hofraum nahtlos in die Landschaft über. Durch die Krümmung und die versetzte Anordnung der Baukörper bietet sich jeder Wohnung ein grosszügiger Ausblick nach Westen. Die gestaffelte Anordnung der Grundrisse bricht die Grossform auf, signalisiert die einzelnen Hauseingänge und schafft mehrseitig orientierte Wohnungen. Die Wohnräume gehen fliessend, teilweise über die gesamte Gebäudetiefe von Ost nach West ineinander über. Korridore erübrigen sich. Die zentrale Positionierung der Küche erlaubt eine freie Anordnung des Wohn- und Essbereichs. Da nur die Aussenwände und Kerne tragend sind, lassen sich die Innenwände flexibel verschieben oder entfernen. Der vorgeschlagene Wohnungsmix ist unterschiedlich auf die beiden Baukörper verteilt und lässt sich durch die Aufteilung der Maisonette-Wohnungen im westlichen Gebäudes bei Bedarf anpassen. Das Erscheinungsbild der Bauten wird durch die Brüstungsbänder aus dunkelblau gestrichenen Holzrosten geprägt, welche die gestaffelten Häuser zur raumfassenden Grossform vereinen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliche Gesamtlösung / Konzeptidee
Entlang der natürlichen Topgrafie werden zwei gegeneinander konkav abgeknickt gekrümmte längliche Baukörper gesetzt. Diese spannen dabei einen attraktiven innenliegenden Raum auf, der gleichzeitig an beiden Enden selbstverständlich in den natürlich belassenen Umgebungsraum der Freiflächen übergeht. Wie zwei «natürlich gebogene Äste» (Zitat Verfasser) liegen die Gebäude auf den Höhenkurven und lassen die Landschaft durch den neu geschaffenen Ort hindurchfliessen. Dadurch entstehen ein fliessender Kontrast zu den geschützten Punktbauten (Kapelle und Tröckneturm) und ein Dialog zur bestehenden Wohnüberbauung. Der Zugang zum Areal erfolgt ganz selbstverständlich an einem zentralen Ankunftsort im Süden. Von dort erschliessen sich alle Wohnungen ab dem gemeinsamen grosszügig aufgespannten inneren Landschaftsraum, aus dem frei mäandernd die Hauszugänge erreichbar sind. Die Tiefgarageneinfahrt erfolgt abgesetzt im westlichen Gebäude.

Architektonisch-gestalterische Qualität des Projektvorschlages
Die geknickte und gestaffelte Ausführung der Bauten markiert die Eingänge und schafft Orientierung und gleichzeitig auch Identität. Ein Grossteil der Wohnungen profitiert vom Blick in die Landschaft und hat gleichzeitig Anteil am gemeinsamen inneren Zwischenraum. Die Länge der Bauten wird gefasst von horizontalen Brüstungsbändern und durchgängigen Fassaden im Attikageschoss. Die vorfabrizierten geschosshohen Holzelemente der Fassaden sind aus blau gestrichenen Holzrosten mit warmtonig eloxierten Blechen für Fenstergewände und Brüstungen. Grosszügige Verglasungen mit teilweise niederen Brüstungen geben Aussicht und Grosszügigkeit im Ausblick wieder.

Funktionalität / Wohnqualität
Alle Wohnungen profitieren von der Aussicht nach Westen. Einzelne Wohnungen sind dreiseitig orientiert. Teilweise sind die Wohnungen von Osten nach Westen «durchgesteckt» organisiert, und durch die tragenden Kerne und Aussenfassaden lassen sich die inneren Wände flexibel verschieben oder weglassen. Die zentral in der Wohnung gelegene Küche erlaubt es, individuell Wohn- und Essbereich festzulegen resp. auszutauschen. Dies ergibt selbstverständliche Durchblicke in der Diagonalen durch die Loggien in die Umgebung und fliessende Räume ohne lange Korridore. Der Wohnungsmix ist variabel und auch in den beiden Baukörpern unterschiedlich verteilt. Wohnungsgrössen und deren Lage sind sehr variabel im Angebot und im westlichen Baukörper noch durch Kleinwohnungen flexibilisierbar. Loggien, Balkone mit unterschiedlichen Ausblicken und auch die individuelle Ausgestaltung der Erdgeschossvorzonen versprechen eine hohe Wohnqualität bei adäquater baulicher Dichte. Die Besonnung einzelner Loggien ist während den Wintermonaten nachteilhaft.

Freiräumlich-landschaftlicher Anspruch
Der Versuch, in einer weiten Landschaft durch die präzise Setzung der Baukörper einen speziellen und neuen spezifischen Ort zu schaffen, gelingt. Die angemessene Massstäblichkeit und die Orientierung der Gebäude zueinander prägen einen durchlässigen, gut nutzbaren inneren Grünraum. Es entsteht eine Abfolge von drei Räumen mit unterschiedlichem Charakter (Ankunftsort - innerere Raum - offene Landschaft). Alle Wohneinheiten werden ab dem inneren, verkehrsfreien Platz erschlossen. Die Privatsphäre in den Erdgeschosswohnungen wird durch Vorzonen zwischen dem belebten inneren Platz und den Fassaden geschaffen. Eine Wegverbindung vom inneren Raum in Richtung Kapelle wird vermisst. Die Materialisierung und Bepflanzung ist dezent und nicht ortsfremd.

Wirtschaftlichkeit des Überbauungsvorschlages
Eine eingeschossige Unterniveaugarage, leicht versetzt ins Gelände gefügt, erschliesst alle Treppenhäuser direkt und schafft eine schiefe Ebene für den Innenbereich, der gut bepflanzt werden kann. Das gute Angebot an flexiblen Wohneinheiten (Mix) liegt leicht über dem Dur - schnitt der Projekte und verspricht eine gute Rentabilität. Leichte Anpassungen der baurechtlichen Fragen (grosser Gebäudeabstand, Notzufahrt, Technikräume etc.) sind in der weiteren Planung lösbar.

Fazit
Es liegt ein über alle Kriterien stimmiger und gut durchdachter Vorschlag vor. Es werden keine Experimente für neuere Wohnformen angeboten, dafür ein solider Vorschlag, konsequent und schlüssig in der topografisch, städtebaulichen Setzung, der architektonischen Gestaltung und im Einklang mit den Freiräumen.