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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2017

Neubau Erlebniszentrum Biodiversität „artenoah Rehau“

Konzept und Lageplan

Konzept und Lageplan

1. Preis

Preisgeld: 26.000 EUR

Miralles Tagliabue EMBT

Architektur, Landschaftsarchitektur

Bollinger+Grohmann

Bauingenieurwesen, Energieplanung

Erläuterungstext

Benedetta Tagliabue EMBT
Projektleitung: Stefan Geenen
Team: Nil Corominas, Riccardo Radica, Fabrizio Tanchis, Gabriele Rotelli
Tragwerk: Bollinger + Grohmann


Erläuterungsbericht

Inmitten einer Sequenz von Mittelgebirgslandschaften entsteht das Zentrum für Biodiversität ArteNoah, ein Gebäude mit Modellcharakter für die gesamte Region.
Die Landschaft ist geprägt von dichten Wäldern, kleinteiligen Siedlungen, Ackerbau und Weideland.
Wir haben beobachtet, wie Vögel von der Gruppenintelligenz gesteuert sich in dieser Landschaft zum Schwarm sammeln und das Hochplateau überfliegen.
Die Linien des Vogel-Schwarms, fotografiert von Lothar Schiffler projektieren wir auf das Ackerland des Wagnerbergs und zeichnen sie in unserem Konzept nach.
Aus diesen Linien entsteht ein Gesamtkonzept von Gebäude und Freianlagen, beginnend mit der Zuwegung vom Parkplatz zum Gebäude, die Freianlagen und die Struktur des neuen Zentrums für Biodiveristät selbst. Mit diesen Linien erreichen wir eine maximale Einbindung in die landschaftliche Umgebung.
Zugang und Museumsrundgang:
Den Hügel emporsteigend empfängt uns das Restaurant mit seiner fränkischen Küche und bietet von seiner Aussenterrasse den Blick ins Fichtelgebirge. Der Weg führt uns weiter zum Foyer des Gebäudes mit Empfangs – und Servicebereichen. Von hier aus führt uns eine Brücke durch ein Kaleidoskop in die Welt der Biodiversität.
Zunächst gelangen wir in den Bereich der Wechselausstellung und von dort gelangen wir in die Themenbereiche Ökonomie mit Tresor und Börse, zum grossen Garten, und zu den Bereichen Habitat mit Immobilienagentur und Kinderstube, zu den Bereichen Gesundheit und Wohlbefinden mit dem Schönheitssalon, Hospital und Laufsteg und zum Bereich Nahrungsmittel mit der Kartoffel-Installation, Markt und den Esszimmern.
Esszimmer, Kino und Seminarbereiche können vom Museumsbetrieb abgekoppelt und getrennt bespielt werden.


Ausstellungskonzept:
Das Ausstellungskonzept von TRIAD Berlin wird in unserem Konzept übernommen.
Die grossen Hallen bieten eine grosse Flexibilität, und unterschiedliche Lichtverhältnisse, um die Ausstellung zu inszenieren. Die Hallen werden von den Linien der Dächern überflogen und inszenieren die Linien des Entwurfsansatzes.
Das Kaleidoskop bietet den Auftakt der Ausstellung und führt uns in den grossen Raum der Wechselausstellung, der sich nach Süden öffnet und mit einem Blick ins Freie die Ausstellungsbereiche von Innen und Aussen in Verbindung setzt.
Der Hauptachse des Gebäudes folgend gelangen wir in den grossen Garten oder in die grosse Halle mit den unterschiedlichen Ausstellungsthemen.
Raumbegleitend finden wir ein Rückgrat aus Lehm, das neben dem thermischen Effekt Teil der Ausstellungskonzeption wird. Nischen und kleine Räume bieten die Möglichkeit spezielle Punkte der Ausstellung zu inszenieren.


Energiekonzept und Nachhaltigkeit :
Das Gebäude verfolgt ein energetisch optimiertes und nachhaltiges Konzept, das zum Bestandteil der Ausstellung wird und didaktisch erläutert wird. Wir streben den Standard eines Nullenergiehauses an.

Energetische Optimierung des Gebäudes durch Ausrichtung und Volumen:
Das Gebäude ist im Grundriss nach Süden ausgerichtet und folgt dem Schema des 2000 Jahre alten Sonnenhaus, es erhält eine maximale Sonneneinstrahlung, grosse Glasflächen ermöglichen eine passive Nutzung der Sonnenenergie und dadurch aktive Energieeinsparung.
Ein kompaktes Gebäudevolumen verringert die Oberfläche und verbessert den Energiehaushalt durch einen optimierten Wert von Hülle zu Volumen.
Einbindung in die landschaftliche Umgebung:
Die Integration in den Hang nach Norden und die Anwendung eines Gründachs verfolgen die Einbindung in die Landschaft. Neben einer Aussichtsterrasse auf dem Dach entstehen zusätzliche Grünflächen zum Spielen. Die Dachbegrünung hat ökologisch günstige Auswirkungen auf das Gebäude durch eine Verringerung des Wärmeverlustes.
Desweiteren ersetzt die Grünfläche die versiegelte Fläche durch das Gebäude.

Einsatz regenerativer Energiequellen, Energiegewinnung, Wärmespeicherung
Eine vollautomatische Pelletheizung unterstützt das Konzept an kalten Wintertagen.
Desweiteren wird die Nutzung von Sonnenkollektoren und Photovoltaik zur aktiven Energiegewinnung eingesetzt. Dazu kommt die passive Nutzung der Sonnenenergie durch die Fassade.
Die Wärmeverluste werden minimiert, Wärme wird durch die Anwendung von speicherfähigen Materialien gespeichert, in den drei Gebäudeteilen befindet sich jeweils ein Kern aus gestampftem Lehm, der als regionaler Baustoff vor Ort gewonnen wird. Diese Blocks speichern die gewonnene Wärme und regulieren die Behaglichkeit im Raum.
Fassade, Belichtung und Belüftung :
Die Nordfassaden sind weitestgehend geschlossenen und sind mit einer hinterlüfteten Fassade von Holzschindeln bekleidet. Dadurch steht das Gebäude als Symbol für das waldreiche Gebiet und für den Naturtourismus in der Region. Teils verspiegelte Flächen nehmen das Thema des Kaleidoskopes aus dem Innenraum auf und spiegeln die Umgebung auf dem Gebäude wieder.
Eine doppelte Fassade nach Süden schafft eine Luftkammer, die als Pufferzone von innen und aussen wirkt. Vertikale Lamellen gehen mit der Sonne und wirken ja nach Jahreszeit als Verschattungselement oder Lichtlenkungselement.
Der gestalterische Effekt dieser Fassade erinnert in seiner vertikalen Struktur an den Blick in die vertikalen Strukturen der Wälder. Die Schattenelemente sind teils verspiegelt und erinnern erneut an das Kaleidoskop.
Lüftungsklappen über regenwasser gespeisten Wasserflächen bringen im Sommer kühle Frischluft ins Gebäudeinnere.
Die Belichtung und Belüftung wird weitesgehend über natürliche Mechanismen verfolgt.
Glasfassaden und Oberlichter erzeugen einen hellen Charakter innerhalb des Gebäudes und vermeiden den Einsatz von elektrischer Beleuchtung.

Betriebskosten:

Die Materialwahl ermöglicht weitgehend die Beauftragung regionaler Handwerksbetriebe und stärkt damit die Region.
Die Bauweise als Niedrigenergiehaus wirkt sich langfristig vorteilhaft auf die Betriebskosten aus.
Eine Zisterne fängt das Regenwasser auf und speist die Toiletten und Bewässerung der Aussenflächen bei Trockenheit, ebenso die Teiche, die im Ausstellungsbereich thematisch eingegliedert sind.

Aussenraumgestaltung:
Die Aussenflächen folgen wie das Gebäude den Fluglinien, die die Hochebene überziehen.
Die Konzeption der Ausstellungswege im Aussengelände ist radial angelegt, auf einen Rundweg wurde verzichtet, um die Grenzen zwischen den gestalteten Gärten und der Natur aufzulösen. Stattdessen entstehen Promenaden, die fast den Charakter von Plätzen und Begegnungsräumen zeigen.
Vier Promenadenwege verbinden die Ausstellung im Gebäude mit den Experimentierfeldern im Aussenbereich mit ihren unterschiedlichen Themen :
A. Promenade Vorgarten + Zugang:
Der Charakter entspricht der Funktion eines Vorgartens. Über einen Splittweg werden wir zum Gebäude geführt, vorbei an Blumenbeeten, Kräuterbeeten und den Versorgungsbeeten des Restaurantbetriebes.
B. Promenade Landwirtschaft + Versuchsflächen:
Die südliche Promenade hat einen landwirtschaftlichen Charakter und führt uns durch landwirtschaftlich Versuchsflächen, Obstplantagen, Weiden und eine Pflanzenkläranlage, die in diesem Bereich Teil der Ausstellung wird.

C. Promenade Hof + Garten:
Wie in einem Innenhof erstreckt sich die Promenade von den Ausstellungsräumen zur Waldfläche. Fischteiche, Volieren und Freilaufflächen für Vögel sind Themen zur Anschauung und zum Erleben. Hier beginnt ein generationsübergreifender Spielplatz mit didaktischen und haptischen Spielgeräten und wird in den Waldbereichen zum Erlebnisspielplatz Wald.
D. Promenade Wald + Woog:
Entlang des Waldspielplatzes führt die Promenade zu einem versteckten Woog in einer Waldfläche. Hier gehen die Aussenflächen in die umliegenden Waldgebiete über.
Pflanzflächen in verschiedenen Intensitäten bieten zusätzliche Erlebnisbereiche an. Wir sehen die Aussenanlagen als einen generationsübergreifenden Park, der damit dem demografischen Wandel entspricht und in jedem Besucher seine eigenen Erinnerungen wiederbringt. Einfache Installation lassen die Natur in Ihrer ursprünglichen Weise erleben.
Das Ziel unseres Vorschlages ist es, die biologische Diversität zu erhalten und mit unseren sozio-kulturellen Werten in Einklagen zu bringen.
An dieser Stelle gelangen wir wieder zu unserem Ausgangspunkt, der Gruppenintelligenz in den Lebensräumen, die wir bei dem Vogelschwarm über dem Hochplateau beobachten und dessen Fluglinien wir in unserem Konzept nachzeichnen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Gebäude und Freiraumgestaltung
Inspiriert von den Fluglinien eines Vogelschwarms schlagen die Verfasser eine sehr künstlerische, ungewöhnliche aber letztendlich überzeugende Balance zwischen gebauter Struktur und Landschaft vor. Der fließende Baukörper wird durch die Wellenbewegung des Daches rhythmisiert. Die Materialität der Fassaden folgt konsequent dem organischen Grundmotiv des Hauses. Lehm, Holzschindeln und die vertikalen Glaslamellen spielen mit dem Bild einer Waldlichtung. Ein sehr abwechslungsreiches und vielschichtiges Erscheinungsbild, welches das Erlebniszentrum wunderbar in Szene setzen wird.
Die Grenzen zwischen Innen und Außenraum sind aufgehoben. Die Bewegung und die horizontale Ausrichtung der Gesamtanlage geben der Struktur einen großen Entwicklungsspielraum. Ein Gebäude welches wachsen kann.

Unter der fließenden Dachlandschaft eröffnet sich im Inneren eine spannungsreiche Raumfolge.
Während Nebenräume und Funktionszonen in einfachen Rechteckformen angeordnet sind, folgen die Ausstellungsflächen den organischen Raumwellen.
Ein Gebäude welches dem Besucher sehr viele Möglichkeiten eröffnet und immer neue überraschende Raumerlebnisse bieten wird. Hervorzuheben sind hierbei besonders die kleinen Lehm - und Mauerkabinette, als besonders fantasiereich gestaltete Ausstellungsbereiche.
Das Dach kann begangen werden. Eine Skulptur welche erwandert und erforscht werden will. Die Verfasser haben ein vielschichtiges Gebäude entwickelt, welches einmalig werden kann. Eine Typologie die das Thema „Erlebniszentrum und Biodiversität“ in all seinen Facetten zu gestalten weiß.

Die Veränderung und Bewegung als Grundmotiv und der prozesshafte Charakter als Prinzip der Biologie ziehen sich auch durch die Gestaltung der Freianlagen.
Wege und Außenbereiche folgen dabei dem fließenden Linienspiel und sind durch gut gesetzte Brüche und Akzente spannungsreich gestaltet.
Es entstehen erlebnisreiche Freiräume mit ablesbarem Bezug zu den Ausstellungsinhalten des Zentrums.
Die Abfolge von Gastronomie, Kinder- und Erlebnisbereichen ist nachvollziehbar und unterstützt die Ryhthmik des Raums.
Konsequent setzt der Verfasser dieser Arbeit auf ökologische Grundprinzipen für die gesamte Haustechnik. Regenwassernutzung, natürliche Belichtung und Belüftung sind die folgerichtigen Ansätze welche allerdings weiter ausgearbeitet werden müssen.
Insgesamt eine schöne, reichhaltige und überzeugende Arbeit. Im Weiteren muss der Entwurf noch konstruktiv und technisch konkretisiert werden. Aufgrund der überbordenden Vielschichtigkeit können hierbei Teilbereiche durchaus vereinfacht werden, ohne dass die Gestaltungsprinzipien dabei gefährdet sind.

Energiekonzept
Positiv zu bewerten ist, dass das Energiekonzept Bestandteil der Ausstellung werden soll. Geplant ist der Bau eines Nullenergiehauses. Erreicht werden soll dies durch die Reduzierung der Wärmeverluste durch Wärmedämmung aber auch durch eine kompakte Form der Baukörper. PV und Solarthermieanlagen dienen der aktiven Energiegewinnung. Eine Pelletheizung dient der Wärmeversorgung in der Zeit, in der keine solaren Energiegewinne erzielt werden. Diese Form der Wärmeerzeugung ist zwar gängig und funktional aber nicht sonderlich innovativ. Dies wiederspräche dem selbstgesteckten Ziel, das Energiekonzept zum Bestandteil der Ausstellung zu machen.

Ausstellungskonzept
Vielschichter Erlebnisraum mit Verweisen und Blickbeziehungen in die Landschaft, das immer neue Raumkonstellationen und Inszenierungen zulässt. Das Prozesshafte des Gebäudes wird im Innenraum weitergeführt
Grundriss + Ansichten

Grundriss + Ansichten

Schnitte, Modell, Konzept

Schnitte, Modell, Konzept

Fassadendetails + Energiekonzept

Fassadendetails + Energiekonzept

Modellfoto

Modellfoto