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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2017

Neubau Erlebniszentrum Biodiversität „artenoah Rehau“

Anerkennung

Preisgeld: 6.000 EUR

White Arkitekter

Architektur

Erläuterungstext

Ort
Auf einer stillen Anhöhe im Grenzgebiet liegt zwischen Berg, Tal, Wald und Acker der Wagnersberg. Mit der sich wölbenden Landschaft des Fichtelgebirges vor sich und dem stillen, dichten Wald im Rücken gleicht dieser Ort dem Zusammentreffen von offener und geschlossener Landschaft. Im Zwischenraum entsteht Vielfalt. Arten des Pflanzen und Tierreiches zieht es in die Lebensräume der Grenze. Auch Menschen überqueren politische Grenzen um neue Begegnungen zu erleben.

Der Wagnersberg ist ein schöner Ort. Die Abendsonne konturiert die leichten Wölbungen des Fichtelgebirges im Horizont Lage für Lage. Die wogende Topografie und der Grenzraum des Waldrandes machen den Charakter des Orts aus.

Typologie, Form, Landschaft
Die einfache und klare Form des Gebäudes ist eine Interpretation der Hofstrukturen in der Umgebung von Neuhausen. Ein winkelförmiger Grundriss öffnet sich gegen Südwesten und erschafft eine großzügige Fläche zu Sonne, Aussicht und kühlenden Sommerwinden. An der Ostseite des Gebäudes entsteht ein geschützter Platz am Waldrand. Die geplante, nachhaltig bewirtschaftete, Landschaft verläuft längs der Topografie des Wagnersberges und durch das gesamte Baufeld. Ein Wechselspiel von offenen und geschlossenen Räumen bildet die Voraussetzung für eine spannende Erlebnisreise und dem Aufzeigen biologischer Vielfalt.
Ein Perlenband aus Erlebnispunkten leitet den Besucher durch verschiedene Arten von Grenzräumen den Wagnersberg hinauf. Grenzräume zwischen Biotopen, zwischen Wasser und Land, Wald und Wiese, Landschaft und Gebäude, aber auch der Grenze zwischen Nationen.

Lokal- Global
Die Gebäudeform und Konstruktion fördert die Begegnung von Besucher und Natur. Dabei liegt die Konzentration des Gebäudes an sich auf der lokalen Biodiversität, während die Ausstellung zu globalen Überlegungen anreizt.
Das Erdgeschoss wird in den Boden des Wagnersbergs abgesenkt, dadurch bewegen sich die Besucher längs der hängenden Fassade an einem horizontalen Fensterband entlang und somit auf einem Niveau mit Pflanzen und Tieren der direkten Umgebung.
Im Ausstellungsgeschoss wird der Fokus des Besuchers auf den globalen Zusammenhang gerichtet. Der hohe, lichte Raum soll zusammen mit der Ausstellung den Blick des Besuchers auf die Umwelt und Auswirkungen auf diese lenken.

Konstruktion
Das Gebäude schwebt über einen abgesenkten Grund aus Ortbeton. Ein schwerer mittig gelegener Kern aus demselben Material umrahmt die Funktionen des Eingangs und trägt gleichzeitig die sich verzweigende Leimholzkonstruktion des Obergeschosses. Diese Konstruktion erschafft einen offenen und flexiblen Raum im oberen Geschoss und trägt die freihängende Fassade.

Außenraum- BioBibliothek
Das Gebäude ist ein Zentrum der Biodiversität und Vielfalt der Region und soll ein zu Hause für viele Arten der Umgebung bieten. Die Fassade wird zu einer großen Bibliothek mit Bücherregalen aus Konstruktionsvollholz (KVH). Die Besucher sollen gemeinsam Vogelhäuser bauen, Insektenhotels zusammenstellen, Pflanzen eintopfen etc. und damit die Bibliothek füllen. Mit der Zeit wächst die Vielfalt der Fassade, dank der Zusammenarbeit von Mensch und Natur.
Das Dach besteht aus Fichtenschindeln gen Norden und Osten und Hybridkollektoren für Elektrizität und Wasser gen Süden und Westen.

Technik
Die Gebäudeform und technischen Lösungen sind stark miteinander verbunden um eine 100 prozentige Selbstversorgung zu gewährleisten. Das stark geneigte Dach ist optimal für eine natürliche Ventilation und die Kombination eines Systems an Dachfenstern und Lüftungsluken machen das Gebäude autonom was Lüftung und Tageslicht angeht. Integrierte Hybridkollektoren auf dem Dach und der Fassade des Gebäudes produzieren alle notwendige Energie und lagern gleichzeitig überschüssige Wärme in einem Eisspeicher ab, der das Gebäude im Winter heizt. Der schwere exponierte Betonkern in der Mitte des Gebäudes dient als thermische Masse und gleicht die Temperatur im Inneren des Gebäudes tagsüber aus.

Beurteilung durch das Preisgericht

Gebäude
Die Arbeit ‚Grenzraum’ formt das Gebäude als L- winkelförmiges Langhaus mit Satteldach und erinnert mit dieser Typologie nachvollziehbar und gelungen an die traditionellen Höfe in der Umge bung Neuhausens. Die winkelförmige Anordnung wird jedoch von der Jury, im Bezug auf die Topographie, als ungeeignet empfunden. Die zu schmale Breite und die Anordnung der Funktionen werden den Erwartungen an den Erlebnischarakter der Innenräume nicht gerecht. Das Erdgeschoss ist von einer Aneinanderreihung von Funktionsbereichen gekennzeichnet. Die schmalen Treppen zu den Ausstellungsbereichen im Obergeschoss wirken als Haupterschließung zu beengt und vermitteln nicht den Auftakt zu einer erlebnisreichen Ausstellung. Schmale Gänge entlang der Ausstellungsräume beengen die Nutzungsmöglichkeiten. Fehlende und zu weit entfernte Fluchtwege verstärken noch diese Problematik.
Die Wirkung der schlichten Baukörper hebt sich auf sehr eigenständige Weise, durch seine besondere Fassade und die Anhebung der Kubatur über das Geländeniveau von den Gebäuden der Nachbarschaft ab und vermittelt die besondere Nutzung als Erlebniszentrum. Der Blick aus dem Inneren des Gebäudes durch den entstehenden Glasschlitz trifft genau auf die Tier - und Pflanzenwelt, um die es in den Ausstellungen geht.
Die Vielfalt der Biodiversität wird in einfacher und sehr besonderer Weise durch die schöne Idee für die Fassade sichtbar gemacht. Die Idee einer lebenden Bibliothek in einem Fassadenregal mit Insekten und Pflanzen, dass auch von Besuchern gemeinsam ergänzt und gestaltet werden kann, wird als sehr gelungener Ausdruck für das Thema von der Jury anerkannt.
Trotz dieser außergewöhnlichen Idee wird die Arbeit insgesamt als nicht geeignet für die Aufgabe von der Jury bewertet. Grundrisse und Gesamtform bleiben hinter den Erwartungen zurück. Besonders die erhebliche Flächenunterschreitung in den Ausstellungsbereichen wird als problematisch empfunden.

Freiraumgestaltung
Der Zugang zum Ausstellungsgebäude wird entsprechend dem Grundriss des Winkelbaues geradlinig organisiert. Eine baulich gefasste Wasserfläche und eine Serie von Versuchs - und Demonstrationsfeldern von Nutzpflanzen bilden den Gesamteindruck im Eingangsbereich.
Ein Erlebnisweg mit Erlebnisstationen durchzieht das Gelände und bildet mit einem Arboretum den Übergang in die freie Landschaft, der jedoch keinen klaren Zielpunkt erkennen lässt. Die Bandbreite des Themas Biodiversität wird im Freiraum nur teilweise abgebildet. Die südexponierten Hanglagen werden dabei nur untergeordnet in das Ausstellungsangebot einbezogen.

Energiekonzept
Die Wärmeversorgung des Objektes ist über eine Solarthermieanlage ergänzt durch eine Wärmepumpe in Kombination mit einem Eisspeicher geplant. Diese Form der Wärmeversorgung ist aktuell als sehr innovativ und dennoch als funktional zu bezeichnen.
Die Stromversorgung soll mittels PV -Anlagen und Speicher ergänzt werden. Das Gebäude erhält eine Lüftungsanlage mit kontrollierter Be - und Entlüftung.

Ausstellungskonzept
Das Projekt setzt durch die Idee zur Fassadeninszenierung bereits ein sehr attraktives, inhaltlich aufgeladenes Zeichen nach außen. Die Idee verspricht kontinuierliche Veränderlichkeit in Erscheinungsform und Lichtspiel im Innenraum. Die Erschließung der Ausstellung ist schwer nachvollziehbar und insgesamt weist die Raumfolge wenig bis keine Flexibilität auf und das Flächenangebot ist insgesamt zu gering dimensioniert