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Einladungswettbewerb | 05/2017

„Urbanes Leben am Papierbach“ | Freiflächengestaltung auf dem Gelände der ehemaligen Pflugfabrik

2. Preis

lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Konzept | Das neue Quartier wird als eigenständiger Topos in Ergänzung zur Altstadt gelesen. Belebende Vielfalt soll und wird durch die individuelle Bebauung - auch innerhalb der Regeln des Masterplanes - entstehen. So ist es der verbindende öffentlich Raum, der das Quartier auch zukünftig lesbar zusammen halten wird.
Das vorliegende Konzept beschreibt für das Quartier eine verbindende urbane Grammatik, die innerhalb der jeweiligen Teilräume ihre individuelle Semantik erfährt.
Ein durchgehender offen zugänglicher – öffentlicher - Raum, die Vermeidung von Barrieren, ein einheitlicher Stadtboden, die fassenden Landschaftsräume und die eingeschobenen Baumhallen bilden das grammatikalische Grundgerüst. Baumarten, topographische Inszenierungen, Wasser und Kunst unterstreichen die Individualität der einzelnen Teilräume.


Stadtboden | Ein ebener, einheitlicher wie zeitloser Stadtboden fasst den Raum zusammen. Die Stellung des neuen Quartiers wird durch die qualitätvolle Materialität des Stadtbodens lesbar unterstrichen
Granit in drei Farbnuancen und wechselnden Formaten schafft eine lebendige Optik. Mit der gesägten Oberfläche ist die erforderliche gute Begehbarkeit, störungsfrei Befahrung mit Fahrrädern, enge Fugen und geringe Lärmentwicklung gewährleistet.
Platzrahmende Gebäude erhalten einen vorgelegten Greed-Plattenstreifen. Er rahmt den Pflasterbelag, betont den vom Öffentlichen ins Private und bietet Raum für Auslagen und Fahrräder. Der Pflasterbelag lässt sich in einem wiederholenden Rapport aus einer genormten Steinformaten leicht in der Fläche herstellen und ebenso individuell in den Übergängen und Engstellen materialgerecht anpassen. Er wirkt einerseits aus der Fußgängerperspektive weitgehend richtungslos. Andererseits lässt er sich kostengünstig aus standardisierten Formaten herstellen und bildet durch unterschiedliche Stärkenoptionen für die jeweils zu erwartenden Verkehrsbelastung ausreichend Spielraum. Notwendige Vorfahrten, Radstreifen etc. werden untergeordnet zurückhaltend dezent aber klar nachvollziehbar im Patz abgewickelt.


Rahmende Landschafträume | Kraftvolles, landschaftlich geprägtes Großgrün umfasst das neuen Quartier und umschriebt so in traditioneller Duktus Quartier und Mitte – im Norden die trockenen Hangleiten, im Westen semitransparente Solitäreichen, im Süden das besondere Bilde des Bach begleitenden Grünzuges und im Westen die eindrucksvolle Silhouette des Lech-Galeriewälder.


Akzentuierende Baumhallen | Kompakte Baumhallen schieben sich in die urbanen Fugen des Quartiers. Artifizielle Baumarten mit individuellen Baumsilhouetten werden auf einer von einem Plattenband umschlossenen wassergebundenen Decke hainartig zusammengefasst.


Individualisierte Binnenräume | Die Baumhallen mit ihren grünen Individuen bilden das Grundgerüst der jeweiligen Teilräume. Kunstinstallationen wie die große Pflugskulptur, bespielbare Wasserinstallationen wie der Lärm absorbierende „Wassertopfen“ am westlichen Ende der Promenade, die Spielwiese am Papierbach oder die kontemplative Erschleißung des Paperbaches am Südeingang unterstreichen die jeweils eigenen Aspekte


„Grüne“ Unterführung | Besonderer Blickfang bietet die Bahnunterführung. Die technisch notwendige Konstruktion der weißen Wanne wird mit einer dünnen Fassade aus lebendigem Moos verkleidet. In dem ansonsten von Stein geprägten Raum entsteht so ein optisch reizvolles changierendes Flachrelief mit unterschiedlichsten Grüntönen. Zudem wird der Schall gedämpft und das Kleinklima verbessert. Die Bewässerung erfolgt solarbetrieben aus den Niederschlagswässern. Schmale, vertikale Wasserrinnen bilden ergänzende Aspekte.


Ausstattung | Die Ausstattung ist betont zurückhaltend. Locker über das Gesamtgelände verteilte farbenfrohe Einzelsessel bilden die Grundausstattung. Feste Bänke werden verkehrslenkend und sichernd an Stelle von Pollern und Geländern verwendet. Die Beleuchtung erfolgt über locker verteile Mastleuchten (auch in den Kronen der Baumhallen) mit energieoptimierter LED Technik.


Feuerwehr | Die vorgegeben Feuerwehrzufahrten und Aufstellflächen wurden dem Konzept zugrunde gelegt.


Barrierefreiheit | Das Gelände entwickelt sich als eine Abfolge von unterschiedlich geneigten Ebenen. Die Regelneigung beträgt max. 5 %, in Randebereichen bis 6,5 %. Die Oberfläche ist eben und leicht zu begehen. In den Hauptlauflinien sind randseitig taktile Linien vorgesehen. Sie werden durch Leitlinien in den fassenden Greedplatten ergänzt. Treppen sind nur in den ergänzenden Wegekorridoren vorgesehen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf reagiert städtebaulich, funktionell und atmosphärisch auf den Ort. Baumbestand und Wasserläufe werden als vorhandene Qualitäten geschickt in das Konzept integriert und verknüpfen sich mit denen im Inneren zum erwünschten Mehrwert.

Die leicht angeschrägte Dachform, die Fassade in vorpatiniertem Holz und die nach allen Seiten wirksame Gleichstellung der Öffnungen bettet das Kinderhaus, einem begehbarem Möbelstück im Grünen gleich, sanft an den baumbestandenen Papierbach, den das Quartier prägenden Grünzug zum Herkomerpark. Im Grundriss wirkt die im Rahmenplanvorentwurf aufgenommene polygonale Form schmetterlingsgleich. Die Verschränkung der beiden Flügel eröffnet eine großzügige Erschließungszone, die im Erdgeschoß zum offenen Marktplatz wird, im Obergeschoß zu einer differenzierten Vorzone der Gruppenräume mit Nischenbildung und vielfältigen Sichtbeziehungen.
Für BetreuerInnen und Kinder fördert die aufgebrochene Grundstruktur die interne Kommunikation und bietet kreativen Handlungsspielraum, dennoch sind die Funktionen klar zuordenbar und übersichtlich angeordnet. Küche, Personalräume und Kindergarten-Leitung sind optimal platziert und daher eindeutige Anlaufstellen.

Die offene Stiegenanlage im Gelenk der zweihüftigen Form schafft über den Luftraum zusätzliche Verknüpfungen der beiden Geschosse und gibt weitere Blickbeziehungen frei. Eine ausgewogene ökologische, bauphysikalische und wirtschaftliche Bilanz liefert die Mischbauweise – Boden, Decken, aussteifende Wandscheiben in Beton, Fassadenelemente, Dach und teils innenliegende Wände in Holz.

Gut durchgearbeitet sind die Freiflächen, einladend der Zugangshof mit langer Sitzbank und Fahrradabstellplätzen, lt. Ausschreibung müssen diese jedoch überdacht sein. Vorteilhaft ist die Unterbringung des Kinderwagenabstellraumes im Eingangsbereich. Grundsätzlich nehmen die Außenspielflächen Bezug auf den Bestand und bieten den Kindern einen abwechslungsreichen, atmosphärischen Freiraum.

Das Projekt überzeugt durch die Übersetzung einer offenen, vielgestaltigen Pädagogik in ein auf den Ort zugeschnittenes Bauwerk, das von seiner Verknüpfung mit der Landschaft, seiner inneren Klarheit und zugleich spielerischen Leichtigkeit lebt.

Nachsatz: Auf Grund der offenen Raumkonfiguration ist derzeit der Brandschutz nicht gewährleistet und bedarf einer Überarbeitung.