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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2017

Sanierung und Erweiterung Realschule und Einrichtung einer Mensa für das Schulzentrum

Perspektive

Perspektive

1. Preis

Preisgeld: 31.000 EUR

wulf architekten

Architektur

f2k ingenieure gmbh

Bauingenieurwesen

Jetter Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Béla Berec Architektur-Modellbau-Gestaltung

Modellbau

Erläuterungstext

WIE MACHT MAN AUS DEM BESTANDSBAU EINE ZEITGEMASSE SCHULE?
So lautet in unserer Interpretation die entscheidende Frage der Aufgabenstellung. Die Realschule sollte innerhalb des Schulzentrums einen klar ablesbaren Ort der Identifikation für die Schüler definieren. Sie sollte in einem Haus sein, nicht in mehreren. Die Mensa hingegen ist für alle Schulen da, deshalb gibt es einen eigenen solitären Baukörper für sie.
Da die Fassaden des Bestandsbaus ohnehin erneuert werden müssen, verschieben wir sie nach außen und generieren dadurch auch die notwendige Fläche für das Clusterkonzept. Der vergrößerte Kopfbau bietet somit ideale Abmessungen für die Umsetzung des pädagogischen Konzepts.
Die Erweiterung geht ohne größere Eingriffe in die Tragstruktur vonstatten, tragende und aussteifende Wände bleiben bestehen und gliedern den gemeinsamen offenen Lernbereich. Dadurch wird auch die Aufteilung in einzelne Brandabschnitte erleichtert, von denen jeweils drei zu einem Cluster zählen. Die Anordnung von zwei Fluchttreppenhäusern im Neubauteil macht weitere Fluchtwege entbehrlich, ebenso wie das bestehende Treppenhaus an der Westseite.


ERSCHTLESSUNG UND FUNKTIONSBEREICHE
Der neue Eingang zur Realschule liegt barrierefrei erreichbar auf Geländeebene. Über ein Eingangsfoyer im Sockelgeschoss, das u.a. auch die Verwaltung beinhaltet, erreicht man die im darüber liegenden Geschoss liegende Pausenhalle mit Aulafunktion. Zu der Halle hin öffnen sich auf der einen Seite die Zentralbereiche der Lerncluster und auf der anderen Seite der zuschaltbare Musikraum. Über Galerien erschlossen sind Schüleraufenthalt und Fachklassen zugeordnet. Hierfür wird die vorhandene Baustruktur verwendet. Die Pausenhalle öffnet sich auf der Ostseite großzügig zum terrassierten Schulhof.

LICHT UND IUFT
Das Clusterprinzip bringt zwangsläufig große Bautiefen mit sich. Ein Lichthof im vergrößerten Kopfbau sorgt für genügend Tageslicht auch im fassadenfernen Bereich. Über diesen Hof ist hier auch Fensterlüftung möglich. Der Einbau einer mechanischen Lüftungsanlage erscheint im Erweiterungsteil mit Flachdecken eher möglich als im Bestand mit den vorhandenen Rippendecken. Hier könnte eine Lösung mit Einzellüftern angedacht werden.

FASSADE
Der Schulbau soll eine zeitgemäße und dauerhafte Fassade mit großen Fenstern und einer Bekleidung aus profilierten Betonelementen erhalten. Außenliegender Sonnenschutz ist über fassadennahe Textilrollos vorgesehen. --

DIE MENSA
Die Mensa ist ganz bewusst als individueller Solitärbau ausgebildet und soll in Holzkonstruktion errichtet werden.
Durch die Holzfassade zeigt er auch seine Affinität zum Freiraum.
Die barrierefreie Anbindung zu den anderen Schulen erfolgt über einen Steg, der das obere Geschoss mit der Freifläche auf dem Dach des Jugendhauses verbindet. Der Speisebereich ist teilbar und aufgrund des Nebeneingangs separat nutzbar. Die Cafeteria ist ebenfalls separat nutzbar und der Mensa als Galerie räumlich zugeordnet. Sie öffnet sich außerdem über eine sonnengeschützte und teilweise überdachte Terrasse zum Freiraum mit dem Roten Platz.


TRAGWERKSKONZEPT
Das viergeschossige Hauptgebäude wird mit einem L-förmigen Grundriss ergänzt und vergrößert, sodass nach Erneuerung der Fassade hinsichtlich der Gestaltung und Nutzung ein einheitlicher Baukörper entsteht. Das Tragwerk des entstehenden Gebäudes besteht im Prinzip aus zwei statisch unabhängigen Teilen: Der Neubau und Bestandsbau. Hierzu sind an den Übergängen der Rohdecken zwischen Bestands- und Neubau Bauwerksfugen angedacht. Diese Fugen sind statisch so konzipiert, dass sie entweder vertikale Lasten zwischen den Gebäudeteilen übertragen oder sich wie zwei auskragende Decken fast berühren. In den Übergangszonen zwischen alt und neu wird außerdem die schwere Bestandsfassade abgenommen, was das Bestandstragwerk etwas entlastet und somit Lastreserven für neue Kräfte freisetzt.
Der Neubau im L-förmigen Grundriss trägt für sich alleine die vertikalen Lasten und Aussteifungslasten infolge Wind und Erdbeben über vier Geschosse in den Baugrund. Der Gründungshorizont der Flachgründung vom Neubau ist der Gleiche wie im Altbau, um Setzungsdifferenzen im gut tragfähigen und setzungsarmen Tonmergel zu vermeiden. Hierbei werden möglichst nah am Übergang zum Bestand die Stützen und Wände platziert, um die Auskragungen der neuen Decken zu den Bestandsdecken durchbiegungsarm zu halten, was bei den Deckenstärken im Bestand von ca. 4b bis 60 cm statisch unproblematisch ist.
Der Bestandsbau besteht aus Rippendecken. Der Neubau könnte ggf. modularisiert aus Betonfertigteilen hergestellt werden, um einerseits einen schnellen Baufortschritt mit geringem Lärmaufkommen (laufender Schulbetrieb!) und andererseits eine wirtschaftliche Lösung zu ermöglichen. Auch die Stützen des Neubaus könnten Fertigteilstützen aus höherfestem Beton sein.
Im Bestandstragwerk werden die aufgehenden Bauteile, d. h. Stützen und Wände im Wesentlichen belassen. In Einzelfällen werden Wände aus Nutzungsgründen perforiert und für den vertikalen Lastabtrag durch Abfangungen kompensiert. Hinsichtlich der Windbelastung auf das Bestandstragwerk wird dieses durch den Neubau in beide Hauptrichtungen ganz wesentlich entlastet, sodass einzelne Wände in Hinblick auf die Aussteifungsfunktion ohne weiteres etwas geschwächt werden können.
Für das Bestandstragwerk liegt keine geprüfte Bestandsstatik vor, sodass in der Tragwerksplanung das übergeordnete Ziel ist, über Lastvergleiche und Bestandsschutz aufzuzeigen, dass das Bestandstragwerk in möglichst allen Bereichen so belassen werden kann. Falls geringfügige Ertüchtigungen notwendig sind, wird versucht, diese über lokale Kompensationsmaßnahmen so klein wie möglich zu halten.

Der zweigeschossige Neubau der Mensa wird in innovativer und wirtschaftlicher Holzbauweise geplant. Der quadratische Grundriss von ca. 24x24m erlaubt ein Stützenraster von ca. I x 8 m. Im mittleren Bereich soll eine EG-Stütze entfallen, die über einen Zugstab aus Stahl in das Dachtragwerk hochgezogen wird. Die Decke über EG kann aus Lignatur-Flächenelementen aus Holz in einer Stärke von ca. 32 cm hergestellt werden. Hierbei entscheidend sind ebenfalls die Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit wie z. B. Deckenschwingungen und Durchbiegungen, aber auch an den schall- und Brandschutz. Das Gebäude ist über wände offensichtlich ausreichend ausgesteift. Der Neubau wird flach gegründet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Den Verfassern gelingt es überaus schlüssig darzustellen, wie es durch interaktiv verknüpfte Bauabschnitte gelingen kann, aus einem in die Jahre gekommenen Konglomerat von Schulbauten ein Gesamtkonzept entstehen zu lassen. Das Ergebnis kann in vielfacher Hinsicht überzeugen – zunächst über die Qualität der neu entstehenden Außenräume. Sie sind es, welche die Einzelbauten des Schulzentrums in eine angemessene Beziehung zueinander setzen und somit zu einem campusartigen Ensemble werden lassen.

Der Bestand der Realschule gewinnt durch den vergrößerten Kopfbau und die neue Gebäudehülle an identitätstiftender Präsenz im Schulcampus. Das verdankt sie zunächst der Materialität in den neu gestalteten Fassaden. Im Unterschied zum pavillonartig frei stehenden Mensagebäude in Holz-Systembauweise ist hier eine Gebäudehülle aus Fertigbeton mit profilierten Oberflächenstrukturen vorgeschlagen. Die neue Mensa erfüllt sämtliche der in der Auslobung gestellten Anforderungen. Durch ihre solitäre Lage wird sie als zentrales Bauwerk innerhalb des Schulcampus sicher wie selbstverständlich zu einem lebendigen Ort werden und sicher auch attraktiv für externe Nutzungen.

Der neue Haupteingang der Realschule erfolgt barrierefrei zu ebener Erde. Ob das auf der Ebene 0 gelegene Eingangsfoyer in der dargestellten Form die räumlich angemessene Erschließung für eine Schule dieser Größe sein kann, wird in der Jury unterschiedlich bewertet. Ab der Ebene 01 eröffnen sich großzügig bemessene und sinnfällig gestaltete Zentralbereiche einschließlich der Aula mit ihrer Orientierung zum östlich gelegenen Abschnitt des Pausenhofs. Die zueinander getrennte Lage der Musikübungsräume zum Musiksaal wir negativ bewertet. Ebenso wird kritisiert, dass der Sammlungsraum BK nicht unmittelbar vom Fachraum aus zu erschließen ist. Die Anzahl der nachzuweisenden Fahrradstellplätze ist nicht ganz erfüllt.

Die Eingriffe in den Bestand können als relativ gering bewertet werden: sie gehen ohne größere Eingriffe in die Tragstruktur vonstatten. Tragende und aussteifende Stützen und Wände bleiben bestehen. Hinsichtlich der zu erwarteten Gebäudedaten bewegt sich der Entwurf im Vergleich zu den Mitbewerbern im günstigen Bereich. Es kann daher von einer wirtschaftlichen Realisierung ausgegangen werden.

Insgesamt handelt es sich bei diesem Entwurf um einen außerordentlich guten Beitrag. Er ist sehr gut ausgearbeitet und bietet eine ganze Reihe seriöser Antworten auf die recht komplexen Fragestellungen.
Lageplan

Lageplan

Ebene 0

Ebene 0

Ebene 1

Ebene 1

Ansicht Nordwest

Ansicht Nordwest

Ansicht Südwest

Ansicht Südwest

Fassadendetail Mensa

Fassadendetail Mensa