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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2017

Gebietsentwicklung Rodgau West

2. Preis

Preisgeld: 32.500 EUR

Holl Wieden Partnerschaft

Stadtplanung / Städtebau

GTL Landschaftsarchitektur Triebswetter, Mauer, Bruns Partner mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebauliche Gesamtkonzeption

Mit einer klaren Struktur schafft das städtebauliche Konzept ein einfaches und übersichtliches Grundgerüst. Die kompakten urbanen Wohnquartiere stehen im spannungsvollen Kontrast zu den landschaftlichen Grünräumen, die einen offenen Übergang zur freien Landschaft herstellen.
Das durch Rodgau-Ringstraße, Südtrasse und S-Bahn eingeschlossene Gebiet soll aus seiner Insellage befreit werden und die charakteristische Flachlandschaft mit ihren Feldern und Waldflächen in die Gestaltung des neuen Stadtteils einbeziehen.
Die mehrfachen Wegeverbindungen mit den Selbstvermarktern Sandhof und Seehof mit dem Sportzentrum schaffen eine großmaßstäbliche Ost-West-Verbindung für Radfahrer und Spaziergänger.
Die Ost-West verlaufenden Grünräume, die den Landschaftsraum tief in den urbanen Stadtteil einbeziehen, bieten für alle Altersgruppen einen zusätzlichen Freiraum, in dem sich eine Vielzahl von Sport- und Freizeitaktivitäten entfalten können.
Der südliche Grünraum im neuen Stadtteil erweitert sich im Südwesten und sucht die Verbindung zum Sportzentrum.

Öffentlicher Raum und Freiraumkonzept

Der neue urbane Stadtteil bietet ein differenziertes Netz an öffentlichen Räumen unterschiedlicher Qualitäten:

1. Ruhige Wohnhöfe als Ort für nachbarschaftliches Treffen und informellen Austausch

2. Quartiersplätze als offener Begegnungsraum des Quartiers. Hier kann der Seniorenbus halten. Im EG der Wohngebäude kann ein „Quartiersladen“ mit Bistro als sozialer Treffpunkt eingerichtet werden

3. Das Stadtteilzentrum am Übergang zur Wilhelm-Leuschner-Straße mit Haltestelle der Buslinie 42, Mobilstation, E-Tankstelle, Vollsortimenter und Grundschule mit Kita

4. Landschaftlich geprägte Ost-West-Grünräume für Sport und Freizeit-aktivitäten aller Altersgruppen

Von den Wohnhöfen führen Versickerungsflächen zu Gräben in den Ost-West-Grünräumen. Hier können die Wassergräben in Mulden mit wechselfeuchten Bepflanzungen weitergeführt und Kleinbiotope angelegt werden. Die Regenwasserentwässerung des Quartiers kann dort gesammelt und versickert werden.

Familienorientiertes Wohnquartier

Die Wohnquartiere gliedern sich in eine klare Grundstruktur aus ablesbaren Wohnhöfen (Wohneinheiten). Die besondere Qualität des Wohnens liegt in der zweifachen Ausrichtung hin zu ruhigen Wohnhöfen und den grünen Versickerungsflächen.
Als Bebauung wurden einfache Baukörper gewählt, die eine individuelle Ausgestaltung ermöglichen. Die typologische Mischung aus verdichtetem Einfamilienhausbau und Geschosswohnungsbauten schafft ein breitgefächertes Angebot für eine gemischte Bewohnerstruktur. Der Geschosswohnungsbau bietet sowohl die Möglichkeit des geförderten als auch freifinanzierten Wohnungsbaus, zur Miete, zum Kauf oder als Genossenschaftsmodell. Die einfachen Baukörper, überwiegend als Zwei- oder Dreispänner, im östlichen Randbereich auch als Laubengang, ermöglichen unterschiedliche Wohnungsgrößen. Das Wohnkonzept bietet ein flexibles System aus Geschosswohungsbauten und urbanen Einfamilienhäusern. Einzelne Geschosswohnungsbauten können in den shared space Bereichen kann je nach Bedarf in Reihenräuser umgewandelt werden. Insgesamt beinhaltet der Stadtteil 2142 WE, 527 EF und 1615 GW.

Lärmschutz

In den Randbereichen ist z.T. eine Lärmschutzbebauung erforderlich. Im südwestlichen Randbereich wird die Wohnbebauung durch einen Grünraum von der S-Bahn abgerückt. Zusätzlich ist sie als Lärmschutzbebauung konzipiert mit Laubengängen oder untergeordneten Funktionsräumen auf der Lärmseite oder geschützt durch Wintergärten oder Anklippgärten. Im Westen besteht ebenfalls ein Abstand durch Grünräume. Die Reihenhausbebauung wird durch ein Nebenraumgebäude mit Dach vom Straßenlärm abgeschirmt.

Energieversorgung

Zur Sicherung der wertvollen Freiflächen wird der gesamte private ruhende Verkehr unterirdisch organisiert. In den Tiefgaragen können neben den Kellerräumen auch Blockheizkraftwerke untergebracht werden, die die Wohnbebauung mit Wärme und Strom versorgen kann zusätzlich zu Photo-voltaikanlagen auf den Dachflächen.
Im nordöstlichen Randbereich nördlich des Stadtteilzentrums sind gewerbliche Nutzungen vornehmlich Dienstleistungs- und Büronutzungen angesiedelt. Bei einer Einstufung als MK oder MI ist eine teilweise Wohnbebauung möglich.

Mobilitätskonzept

Der neue Stadtteil ist als autoarme Wohnsiedlung konzipiert, da er ein reiches Angebot an alternativen Mobilitätsangeboten bietet. Ein durchgängiges Radwegesystem fordert zum Radfahren auf. Überall finden sich großzügige Radabstellflächen. Die Mobilitätsstation neben den Haltestellen bietet Carsharing, E-Cars und Leihfahrräder und eine E-Tankstelle an.
Auch an den Quartiersplätzen, an denen der Seniorenbus hält, finden sich kleinere Mobilstationen, die erweiterbar sind. Der Verzicht auf das Autofahren sollte allerdings mit Erleichterungen bei der Stellplatzpflicht belohnt werden. Um der Auslobung gerecht zu werden, wurden alle nach der Stellplatzsatzung vorgeschriebenen Stellplätze in der TG untergebracht. Sie können natürlich auch reduziert werden. Zusätzlich können öffentliche oberirdische Stellplätze als Besucherstellplätze ausgewiesen werden.

Straßenerschließung

Der neue Stadtteil hat ein hierarchisch gegliedertes Erschließungsnetz. Die Haupterschließung hat jeweils eine Anbindung an die Rodgau-Ringstraße und an die Südtrasse. Sie ist boulevardartig mit Baumreihen zu gestalten mit einer Ausweisung als 30km Zone. Zusätzlich wird eine Verbindung zum alten Weg geführt. Mit Stich- und Ringerschließungen werden die Quartiere angedient. Die Erschließung der Wohnhöfe ist als Shared Space Zonen ausgeführt.

Baustufen

Der Stadtteil kann in mehreren Baustufen erschlossen werden. Es macht Sinn den Stadtteil von der Südtrasse zu erschließen. Im 1. Anschnitt ist dann eine Sticherschließung auf der Höhe des Stadtteilzentrums anzulegen. Mit dem 2. Bauabschnitt kann der Anschluss an die Rodgau-Ringstraße gebaut werden. Als 3. Bauabschnitt kann mit der Fortführung der Straße am Alten Weg begonnen werden. Dieser 3. Bauabschnitt kann mit dem Anschluss am Alten Weg auch vorgezogen werden oder auch parallel zu den ersten beiden Bauabschnitten erfolgen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das neue Quartier entwickelt sich mit drei etwa gleich großen Schollen, umflossen von weiten Freiräumen. Dieses Grün schafft Abstand zu den emittierenden Verkehrstrassen, bietet die Möglichkeit zur Realisierung der notwendigen Ausgleichsflächen am Ort und bietet vielfältige Angebote für alle Generationen. Das großzügige Grün ermöglicht eine schlüssige Fortsetzung des Helixparks nach Süden und eine optimale Anbindung an die inneren Freiräume. Das von den Verfassern angebotene Wegenetz bindet Rodgau-West gut in das räumliche Umfeld ein. Das Freiraumgerüst schafft Identität für die Nachbarschaften, könnte über die Fläche aber eine ökonomische Bürde für die wirtschaftliche Umsetzung des Konzepts sein.

Das Quartierszentrum mit Schule, Turnhalle und Nahversorger liegt im oberen Drittel des Gebiets richtig, sollte aber räumlich prägnanter in Erscheinung treten. In der angebotenen Form bleibt die stadträumliche Figuration noch etwas diffus. Um es auf den Punkt zu bringen: Mit weniger Fläche wäre hier mehr Stadtraum zu erreichen.

Die einzelnen Teilquartiere sind gut organisiert. Um einen gut dimensionierten und räumlich gefassten Quartiersplatz gruppieren sich überschaubare Nachbarschaften mit ansprechender Qualität und Atmosphäre. Das teilweise der Autoverkehr bis ins privateste Umfeld »eindringen« kann, wird in der Jury kontrovers diskutiert. Zu begrüßen ist, dass die Verfasser die Nachbarschaften mit gemischten Wohnformen entwickeln – Mieter und Eigentümer leben selbstverständlich zusammen, Einfamilienhäuser und Geschosswohnungen verbinden sich zu einem logischen Ganzen. Eine größere Zahl von ost-west-orientierten Reihenhäuern ist mit ihren Gärten zu den Erschließungsflächen orientiert – eine Erschwernis für die Vermarktung.

Zur Bahn hin bieten die Verfasser im Norden einen Rücken aus Bürohäusern an. Die damit erreichte Nutzungsmischung ist ein interessanter Vorschlag, wäre als Emissionsschutz jedoch nicht erforderlich. Südlich des Quartierszentrums übernimmt eine Spange aus Geschosswohnungsbau den Schallschutz. Die Südwestausrichtung der Gebäude sorgt für gute Wohnqualität. Die Anordnung der Stellplätze auf der Ostseite entwertet allerdings etwas den bahnbegleitenden Grünzug.

So gut das Quartier in Freiräume eingebunden und mit der Umgebung vernetzt ist, so unvollkommen präsentiert sich das Erschließungssystem. Der Anschluss an die Rodgau Ringstraße mutet in der vorliegenden Form den Straßen Am Trieb/Alter Weg zu viel Verkehr zu. Auch die nördliche Quartierszufahrt führt unnötigerweise am Quartier vorbei, was ebenfalls nicht optimal ist. Insgesamt liegt die Arbeit mit dem Erschließungsaufwand über dem Durchschnitt der eingereichten Beiträge.

Die schollenartige Gliederung des Quartiers lässt eine Realisierung in Schritten zu. Die Größe der einzelnen Cluster schränkt jedoch die Flexibilität während der Realisierungsphase ein.

Insgesamt legen die Verfasser einen prägnanten städtebaulichen Beitrag vor, der großzügige Freiräume und sozial gemischte Nachbarschaften verspricht, im Erschließungssystem jedoch noch vom Optimum entfernt ist.