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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2017

Neuordnung und Sanierung Kooperative Gesamtschule - KGS - Leeste

ein 3. Preis

Preisgeld: 11.000 EUR

GROSCHE BURGMER ARCHITEKTEN Partnerschaftsgesellschaft mbB

Architektur

Erläuterungstext

DIE SCHULE
Vorgefunden wird ein beeindruckendes Schulgebäude der siebziger Jahre mit großem Potenzial für ein funktionierendes Bildungs- und Freizeitzentrum. Die zentrale Lage der KGS und ihre Präsenz in der Gemeinde Leeste kommen der zusätzlichen Nutzung als öffentlicher Veranstaltungsort zu Gute. Durch das bestehende, klar geordnete Stahlbetontragwerk verfügt das Gebäude über eine prägnante Struktur, die es in ihrer architektonischen Qualität zu würdigen gilt. Die Vielfalt von Funktionen sowie das rege Treiben einer Schule in einem verbindenden System zu vereinen, erweist sich als großes Potential der vorgefundenen Struktur.

NEUORDNUNG
Große Strenge einerseits ermöglicht großzügige Flächen andererseits von hoher räumlicher Qualität - die Leitidee der Neuordnung ist eine klare Organisation der Schule, um gezielt vielfältig nutzbare Raumzonen anzubieten.
Die wichtigste Trennung, die das Gebäude vorgibt, ist die zwischen den Geschossebenen. Der Entwurf schlägt vor, hier auch eine Nutzungstrennung vorzunehmen. Das Erdgeschoss wird zur bewegten Verteilerebene und das Obergeschoss zur ruhenden Lernlandschaft.
Die Verteilerebene, in der man die Schule betritt, enthält alle Fachbereiche und Funktionen - Kunst, Musik, Werken, Naturwissenschaften, die von allen Schülern gleichermaßen besucht werden, sowie den Lehrerbereich, die separat zugängliche Ganztagesschule und die öffentlichen Veranstaltungsräume. In diesem Geschoss erfolgt die horizontale Verteilung zwischen den dezentralen Treppenhäusern. Die bisher rein dem Bewegungsfluss vorbehaltene „Schulstraße“ im Erdgeschoss wandelt sich zu einer Reihung von gefassten Räumen mit unterschiedlichen Aufenthaltsqualitäten. Die Magistrale führt die Nutzer vom großen Forum über die Pausenhalle, mit anschließendem Kiosk und Cafébereich, zu einem zentralen Versammlungsort gefolgt von einem Begegnungsraum und dem kleinen Forum vor Kopf mit eigenem Foyer und dazugehörigem Ganztagsbereich. Inmitten der Magistrale, unter dem großen Oberlicht gelegen, befindet sich der „Lichthof“, ein heller zentraler Versammlungsort mit direkter angrenzender Mediathek, einem Konferenzraum und vereinzelten Arbeitsplätzen, der gleichzeitig als Vorraum für den Fachbereich Naturwissenschaften und das Lehrerzimmer funktioniert.
Die Neuordnung sieht vor, die 1,20m breiten Flächen, die durch die Tragstruktur generiert werden, durch ein Wandmodulsystem mit Nutzungen zu belegen. Sowohl im Obergeschoss als auch im Erdgeschoss werden so bisher ungenutzte Flächen aktiviert und zusätzlicher Raum für die Lernlandschaft bereitgestellt. Die Umstrukturierungen im Erdgeschoss und im großen Forum dienen der neuen Adressbildung zur öffentlichen Verbindung für Fußgänger und Radfahrer im örtlichen Wegenetz sowie als Gelenk zu den weiteren Schulgebäuden.

DAS GROSSE FORUM
Das große Forum bildet das pädagogische Zentrum im gemeinschaftlichen Schulleben. Es kann unmittelbar in den Schulalltag eingebunden werden und bietet viel Raum für Spiel, Sport und Bewegung sowie für interne und öffentliche Aufführungen, Konzerte, Diskussionen und Ausstellungen. Es entsteht ein großer, freigeräumter Raum, der auf jegliche Veranstaltungen und Nutzungen flexibel reagieren kann. Im regulären Schulbetrieb dient das neue Forum als multifunktionale Fläche, als Pausen- und Lernhalle. Bei Veranstaltungen, Ausstellungen und Aufführungen lässt sich das Forum unterteilen, um beispielsweise einen Backstage oder einen Cateringbereich abzutrennen.
Durch die Verlagerung der Musik-Räume in einen eigenen Gebäudeabschnitt ist es möglich, das große Forum räumlich zu klären, zu vergrößern und großzügig rundherum zu belichten. Die Musik ist nun ohne Treppe auf einer Ebene gebündelt („Musikflur“), kann so leicht schallisoliert werden und hat eine nähere Verknüpfung zu beiden Foren. Das Bistro liegt zentral zwischen Haupteingang, Forum und Pausenhalle, sodass es bei Veranstaltungen im Forum das Foyer bespielen kann. Ein möblierter heller Sitzbereich schafft im Schulalltag eine alternative zur Mensa und bietet Raum für Begegnung und Austausch zwischen Schülerinnen, Schülern und Lehrenden.

LERNLANDSCHAFT
Durch die Ergänzung der Wandmodulflächen gelingt es im Obergeschoss die allgemeinen Kursräume aller Jahrgänge programmgemäß unterzubringen und zu einer großen Lernlandschaft zu bündeln. Die großzügigen Öffnungen in nahezu allen Korridorköpfen holen zusätzliches Tageslicht in die Jahrgangsflure und dienen durch den starken Außenraumbezug der Orientierung im gesamten Obergeschoss.
Je sechs Klassenzimmer sind zu Gruppen mit einer gemeinsamen Mitte zusammengefasst, die weniger wie ein Korridor und mehr wie ein geräumiger Vorraum funktioniert. Man erschließt seinen jeweiligen Jahrgangskopf direkt über die dazugehörige vorhandene Treppe, wodurch die horizontale Bewegung durch die Etage minimiert wird. Die Wandelemente bilden die Trennung zwischen den Klassenräumen und dem Vorraum. Sie sind mit Nutzungen wie Garderoben, Waschtischen und Regalflächen für die Klassenräume aufgeladen und bilden Öffnungen zur Belichtung, als Blickbeziehung und als Durchgang aus. Die breiteren Nischen nehmen Arbeitsplätze auf, welche sich zur Klasse oder in den Vorraum orientieren können. Es entstehen eine Vielzahl von multifunktionalen Flächen, die für die Jahrgänge als klassenübergreifende Ausweich-, Lern- oder Aufenthaltsflächen genutzt werden können. Befestigte Sitzbänke und Regale begrenzen den flexiblen Multifunktionsbereich und lassen gleichzeitig einen ablesbaren Fluchtweg frei. Die Fluchtwege über die Treppenkerne und über die außen liegenden Treppen ermöglichen im gesamten Obergeschoss maximale Flexibilität. Die Differenzierungsräume sind für alle Klassen vom Flur aus zugänglich. Sie sind so am Kopf des Korridors platziert, dass sie einsehbar sind und dennoch eine natürliche Belichtung des Flurbereichs zulassen.
Die Räumlichkeiten der Jahrgangsstufen 11,12 und 13 werden zu einem Oberstufenbereich mit gemeinsamen Multifunktionsflächen und einem Schüleraufenthaltsraum im Süden des Obergeschosses zusammengefasst.
Die Oberlichter im Obergeschoss sind mit Multifunktionsflächen bespielt und fungieren als räumliche Anziehungs-, Orientierungs- und Treffpunkte.

STRUKTUR
Die bestehende Stahlbetontragstruktur wird freigestellt und im gesamten Gebäude wieder sichtbar gemacht. Die Deckenuntersicht ist geprägt von einer sehr geordneten klaren Konstruktion, welche als Grundraster für die Neuordnung der Räume dient. Alle Wände sind so in dem System platziert, dass sie am oberen Anschluss bündig mit der Stahlbetonstruktur abschließen. Die Tiefe der Hauptträger wird zu einer Multifunktionalen Zone von 1,20m, welche vielseitige Nutzungen aufnehmen kann.

MATERIALITÄT UND ATHMOSPHÄRE
Die klare Gliederung, unterstützt von der Tragstruktur, die ruhigen Proportionen der Klassen und Korridore sowie das reichliche Tageslicht, das durch die Öffnung der Klassenköpfe in Kombination mit den großzügigen Oberlichtern ermöglicht wird, charakterisieren den Bau. Je nach Bedarf kann Raum für konzentriertes Lernen oder für offene Kommunikation geschaffen werden. Die anpassbaren Schulräume bieten eine neutrale, klare Kulisse für das Lernen.
Die verwendeten Materialien – Sichtbeton der bestehenden Konstruktion, Glas, Linoleum-Bodenbelag, Aluminium Lamellen und Holz als Wandoberfläche im Korridor – behalten ein Stück weit „Rohbau-Charakter“. Die Architektur überlässt es den Nutzern, die Schule mit Farbe und Leben zu füllen.

BRANDSCHUTZ
Die Lernlandschaft im Obergeschoss ist in sechs Brandabschnitte unterteilt die je ein Fluchttreppenhaus und einen zweiten baulichen Rettungsweg vorsehen. Dieser erfolgt entweder über einen Ausstieg auf das Flachdach mit außenliegender Fluchttreppe oder über ein zweites Fluchttreppenhaus. Die Flure erhalten eine Möblierung, welche durch eine befestigte Begrenzung zoniert wird und einen deutlichen Fluchtweg von min. 2,40m frei und ablesbar lässt. Durch den Ausbau der bestehenden Brandmeldeanlage und durch die von eingewiesen Lehrpersonen angeleitete Entfluchtung im Brandfall können hohe Anforderungen an das Mobiliar kompensiert werden.

TGA
Die lichte Raumhöhe von 3m und die Größe der Klassenräume von min. 60qm sind eine gute Voraussetzung für ein angenehmes Raumklima. Für die Schule ist ein hybrides Lüftungskonzept vorgesehen. Dank der vielen Fensterflächen und der ruhigen Lage in der Gemeinde ist eine natürliche Lüftung möglich. Die Fenster lassen sich öffnen und Lüftungselemente über den Türen ermöglichen eine Querlüftung über die zahlreichen Oberlichter der Flure. Die natürliche Lüftung ist angenehm für den Nutzer und kann über weite Zeiten des Jahres gut genutzt werden. Um eine dauerhaft notwendige Luftqualität zu erzeugen werden zusätzliche dezentrale Lüftungsgeräte in jeder Klasse eingebracht, welche die Zuluft mit hohem Impuls in die Klassenräume einleiten , sodass sich diese schnell mit der Raumluft vermischt. Die verbrauchte Luft kann in Deckennähe maschinell wieder abgesaugt werden und ermöglicht einer Wärmerückgewinnung. Die im Sommer in den Klassenraum eingetragene Wärme kann über Nacht abtransportiert und die massiven Bauteile der Schule als Speichermasse für die Minderung von Temperaturspitzen herangezogen werden.
Die Lamellen in der Decke, sowie die Wandelemente tragen durch ihre mikroperforierten Oberflächen zu einer optimierten Akustik bei und ermöglichen eine angenehme Atmosphäre in den Lernlandschaften.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Konzept dieser Arbeit sieht vor, das Erdgeschoss als bewegte Verteilerebene / Magistrale mit unterschiedlichen Aufenthaltsqualitäten zu gestalten. Im Zentrum liegt ein Lichthof mit Oberlicht.
Das Obergeschoss ist gedacht als ruhende Lernlandschaft mit Tageslicht in den Jahrgangsfluren, multifunktionalen Flächen sowie transparenten Differenzierungsräumen mit Ausblick ins Freie.
Leider ist in der funktionalen Organisation der Musikbereich zu weit vom Forum entfernt angeordnet. Das große Forum selbst wird von Verkehrsflächen durchwegt und kann nicht autonom organisiert werden, was als weiterer organisatorischer Mangel angesehen wird.
Das kleine Forum am südlichen Eingang hat dagegen eine hohe Qualität.
Die Gestaltungsidee, die Stahlbetonstruktur freizustellen und mit wertigen Materialien einen „Rohbaucharakter“ zu erzeugen, um durch die Benutzer der Schule die Lebendigkeit zu bewirken, ist nachvollziehbar, jedoch wird von den Schülern eine graue Farbgestaltung in Frage gestellt.
Die Größe und Proportion der Klassenräume wird als sehr positiv gesehen.
Das Wandmodulsystem ist eine hervorragende Idee, eine einheitliche Gestaltungslinie zu entwickeln.
Das vorgeschlagene „hybride“ Lüftungskonzept ist dazu geeignet, ein gutes Raumklima zu erzeugen.
Die Gesamterscheinung dieser Arbeit ist durch die vorgeschlagenen Raumdifferenzierungen und die gestalterische Atmosphäre ein guter Beitrag zur gestellten Aufgabe, leider trübt die nicht ausreichende Funktionalität des Forums und des ausgelagerten Musikbereiches die sonst positive Bewertung.
Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Obergeschoss

Grundriss Obergeschoss

Grundrissausschnitt Erdgeschoss

Grundrissausschnitt Erdgeschoss

Grundrissausschnitt Obergeschoss

Grundrissausschnitt Obergeschoss

Piktos Wandmodule

Piktos Wandmodule

Pikto innere Organisation

Pikto innere Organisation

Pikto Lichthof

Pikto Lichthof