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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2017

KunstRaum der Kunsthochschule Kassel

Collage

Collage

2. Preis

Preisgeld: 7.000 EUR

KUEHN MALVEZZI

Architektur

Bollinger+Grohmann

Tragwerksplanung

Transsolar Energietechnik GmbH

Energieplanung

WINTER Beratende Ingenieure für Gebäudetechnik

TGA-Fachplanung

Arup Deutschland GmbH

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

BALANCE
Baukörper und Freiräume ergänzen einander zu einem austarierten Pavillon-Ensemble an der Karlsaue. Die Logik Paul Fiedrich Posenenskes lässt sich erhalten und aktualisieren, indem dessen Raummodelle fortgeschrieben werden: Das Sich-Bewegen durch die Kunsthochschule, das Wahrnehmen und Produzieren der Räume in der Beziehung der Innenräume zum Freiraum, das Ausrichten von Arbeits- und Versammlungsräumen zu Licht und Landschaft. Konstruktion und Materialität haben im Posenenske-Bau eine besondere Präsenz. Im Neubau gilt es, die Zentralität der Konstruktion ohne Anbiederung in Material und Form fortzuschreiben.

EINFÜGUNG
Posenenske hat Versammlungsräume und Produktionsräume voneinander getrennt und in Bezug zum Freiraum unterschiedlich artikuliert: Öffentliche Räume wie Foyer und Hörsaal sind auf die offene Karlsaue ausgerichtet, die Werkstätten und Ateliers dagegen öffnen sich hauptsächlich auf Patios. Im Kunstraum überlagern sich nun Produktion und Versammlung auf neue Weise. Es entsteht ein Hybrid, der im Gegensatz zum Bestand auch baulich mehrdeutig ist: Ein Atelierhaus, das auch für Veranstaltungen offen ist. Daraus folgt eine Differenzierung des Baukörpers in zwei offene und zwei geschlossene Seiten. Richtung Aue und Hörsaal-Gebäude wird eine L-förmiger geschlossener Rücken ausgebildet, während sich die beiden Seiten zu den Laubengängen hin öffnen. Der Zwischenraum bildet ein Pendant zu den kleinen, den Ateliers zugeordneten Patios.

AUTONOMIE
Helles, farbneutrales Nordlicht bildet die Grundlage für den Kunstraum als Produktions- und Ausstellungsraum. Die präzise Nordausrichtung steht im 45-Grad-Winkel zur Ordnung des Posenenske-Ensembles in der städtebaulichen Struktur. Der neue Baukörper erhält seine Autonomie gegenüber dem Bestand aus der Spannung von Belichtung mit reinem Nordlicht bei gleichzeitiger städtebaulicher Einfügung in das Gesamtensemble. Durch das Prinzip der Faltung werden Sheddach und Fassaden zu einer Raumstruktur verbunden. Das Vor- und Rückspringen der Fassade folgt dem Rhythmus der Bäume, die Teil des Kunstwerks 7.000 Eichen von Joseph Beuys sind und hier eine weitere Rahmung erfahren. Auf den beiden geschlossenen Seiten der Fassade teilt sich die Faltung des Daches als Höhenspiel mit.

PARCOURS
Die Verschränkung von Baukörpern und Freiräumen äußert sich im Campusprinzip: der Parcours in der kontinuierlichen Bewegung zwischen Innen und Außen. Auch der Neubau greift diese Logik auf, sein Zugang erfolgt über den Freiraum: Im alltäglichen Gebrauch nutzen die Studierenden die beiden seitlichen Eingänge des Kunstraums von den vorhandenen Treppen der Laubengänge aus. Der öffentliche Zugang erfolgt hingegen vom großen Freiraum an der Karlsaue und stärkt so die Haupterschließung und Bewegung durch die Halle des Hörsaalbaus. Ein ebenerdig zugängliches hohes Tor, das auch der Anlieferung dient, bildet als einzige Öffnung in der Südecke des Kunstraums dessen verglasten Zugang.

MATERIALITÄT UND KONSTRUKTION
Der Baukörper ist klar in einen umlaufenden Sockel aus Sichtbeton und einen darüber liegenden Holzbau gegliedert. Die geschlossenen Holzwandflächen innen wie außen sowie die Schichtholz-Dachuntersicht stoßen auf den brettgeschalten Sichtbeton. Eine monolithische Betonplatte bildet den Boden des Arbeitsraums. Materialität und Konstruktion des Baukörpers schaffen ein hohes Maß an Nachhaltigkeit. Das wirtschaftliche Tragsystem kann filigran und transparent auf vielseitige Anforderungen reagieren, ermöglicht einen hohen Vorfertigungsgrad und dadurch einen schnellen Bauablauf.

DACHTRAGWERK
Um den 22,5m x 28m großen Raum filigran und wirtschaftlich stützenfrei zu überspannen, ist ein zum Grundriss um 45° diagonal gedrehtes Sheddach als Faltwerk geplant. Die Ebenen des 2m hohen Faltwerks bestehen aus Schichtholz-beplankten Stahlträgern in einem Achsabstand von 4m. Durch die Beplankung entsteht eine plane Holzuntersicht mit einer freien Installationsebene darüber. Auf den Rückseiten der 45° zur Sonne ausgerichteten Sheds erzielen Solarpanele einen optimierten Energieertrag. Ein orthogonaler Trägerrost an der Unterseite der Shed-Konstruktion bildet zusammen mit der Shed-Konstruktion ein Dreiecksraster zur Aussteifung der Dachebene. Im Trägerrost verläuft eine Schiene, an der mobile Stellwände zur flexiblen Unterteilung des Raums geführt werden. Im gleichen System erfolgt die Führung der Kranbahn.

WANDKONSTRUKTION UND GRÜNDUNG
Alle geschlossenen Wandflächen werden als Holzständerkonstruktion ausgeführt, die auf dem umlaufenden 2,5m hohen Stahlbetonsockel aufsitzt. Der massive Sockel erlaubt es, die bestehenden Geländehöhen in ihrer Unterschiedlichkeit an den Baukörper laufen zu lassen. Die Gründung erfolgt über ein umlaufendes Streifenfundament, das als Winkelstützmauer konzipiert ist. Zu den Beuys-Bäumen hin wird die Baugrube entlang einer Trägerbohlwand geführt. Auf den geschlossenen Seiten des Baukörpers kann die Baugrube mit einer 45°-Böschung hergestellt werden.

GRÜNDUNG
Die Gründung erfolgt über ein umlaufendes Streifenfundament, das als Winkelstützmauer konzipiert ist. Zu den Beuys-Bäumen hin wird die Baugrube entlang einer Trägerbohlwand geführt. Auf den geschlossenen Seiten des Baukörpers kann mit einer 45°-Böschung gearbeitet werden.
In der Gesamtheit entsteht ein multifunktionales Tragsystem, welches filigran und transparent auf die vielseitigen gestalterischen Anforderungen reagieren kann ohne dabei an wirtschaftlichen Gesichtspunkten einzubüßen. Die Konstruktionsweise ermöglicht einen hohen Vorfertigungsgrad, was einen schnellen Bauablauf ermöglicht.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Neubau versteht sich als eigenständige Ergänzung des Ensembles, der den Bestand nicht verändert, aber auf ihn Bezug nimmt. Er sieht einen gut nutzbaren Großraum vor, dessen Räumlichkeit von einer Faltung des Daches und Fassaden geprägt sind. Sowohl das Sheddach, wie die nach Norden orientierten Fassaden öffnen sich dem Tageslicht. Der Haupteingang orientiert sich zum Vorplatz von Aula/ Mena in der Aue.

Das Volumen ist gut platziert und proportioniert. Die Zwischenräume mit den gefalteten und teilweise geöffneten Fassaden entwickeln einen Dialog mit dem Bestand und führen die Idee des Konzeptes von Posenenske in der Verknüpfung von Architektur und Außenraum fort. Problematisch erschienen die Zwischenräume an den geschlossenen Fassaden, die zu Resträumen werden, ohne überzeugende Qualität.
Die Verwendung des Baumaterials Holz kontrastiert mit dem Betonsockel.

Die Differenzierung zwischen Haupteingang und Verbindungen zu den Ateliers reagiert schlüssig auf den Bestand.

Der Innenraum ist eine großzügige Halle, die eine flexible Nutzung ermöglicht und die nicht zuletzt durch die vorgesehenen Wandflächen für Ausstellungszwecke gut geeignet ist. Leider ist das Verhältnis zwischen Verglasung und Tragwerk (Diagonalen der gekippten Fachwerkträger) nicht dargestellt und bleibt unklar; sie wirft baukonstruktive Fragen auf. Die Verdunkelung der Fassade ist für Nutzer aufwendig und wenig praktikabel, da sie das Aufstellen von Trennwänden erfordern. Die Einbeziehung der Beuys-Bäume durch die Ausblicke vom Innenraum ist überzeugend aufgegriffen.
Konzept Faltung

Konzept Faltung

Lageplan

Lageplan

Grundriss-Schema

Grundriss-Schema

Grundriss

Grundriss

Ansicht West und Nord

Ansicht West und Nord

Ansicht Ost und Süd

Ansicht Ost und Süd