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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2017

Neubau IT-Rechenzentrum mit Arbeitsplätzen für die Stadt Thun

SOLITÄR

2. Rang

Preisgeld: 13.000 CHF

Itten+Brechbühl AG

Architektur, Projektsteuerung

RZintegral AG

sonstige Fachplanung, TGA-Fachplanung

Bächtold & Moor AG

Bauingenieurwesen

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt Solitär schlägt im südwestlichen Teil des Perimeters einen eigenständigen, dreigeschossigen Baukörper vor. Der Neubau übernimmt die Gebäudeflucht der Bestandesbauten entlang der Industriestrasse und soll sich durch seine Volumetrie in die bestehenden, in das Quartier eingestreuten vier- bis fünfgeschossigen Punktbauten einreihen. Das vorgeschlagene Bauvolumen weist eine gute Proportion auf. Um Teil der höheren Punktbauten zu werden, sind die vorgeschlagenen drei Geschosse jedoch zu niedrig. Erst mit der beschriebenen späteren Verdichtung um 1 bis 2 Geschosse würde der Neubau die nötige Kraft entfalten.

Die Setzung des Neubaus definiert gegen die Bestandesbauten im Norden und Osten einen hierarchisch ungegliederten, L-förmigen Aussenraum. Bezüglich Nutzung sind die beiden Aussenräume jedoch klar zugeordnet: der nördliche Zwischenraum dient als Verkehrs- und Lagerraum, der westliche Zwischenraum dient als "Pocket Garden" dem Aufenthalt und der Erholung. Der Aussenraum kann von der Mittagssonne profitieren und ist mit Hopfenpflanzen durchgrünt, wobei die Dichte der Pflanzen gegen Süden abnimmt. Die Idee, den MitarbeiterInnen einen Mehrwert in Form eines attraktiven Aussenraums zu bieten, ist ein wertvoller Beitrag zur gestellten Aufgabe.

Entlang der Industriestrasse wird in einer selbstverständlichen Art und Weise die bestehende Gestaltung mit Parkierung und Baumreihe weitergeführt. Einzig im Bereich des Hauptzugangs wird das System unterbrochen. Die gedeckte Erschliessung des Neubaus befindet sich in der Schnittstelle zwischen dem Neu- und dem Bestandesbau und ist dem "Pocket Garden" vorgelagert. Die Einhausung der bestehenden Nottreppenanlage wirkt aber aufgesetzt und beeinträchtigt die Qualität der Eingangssituation.

Die Fassadengestaltung des Neubaus basiert auf einem vertikal aufgebauten System aus in sich verschränkten offenen und geschlossenen Fassadenelementen. Die strenge Vertikalität wird an drei Stellen aufgebrochen, wobei die Ausschnitte in unterschiedlicher Art ausgeführt sind. Sind die Ausschnitte im Bereich des Eingangs und des Aufenthaltsbereichs logisch, erscheint der dritte Ausschnitt beim Schulungsraum eher zufällig. Der Fassadenausdruck unterstützt den solitären Charakter des Neubaus. Seine generische Gestaltung sowie die Materialisierung sind jedoch ortsfremd und reagieren kaum auf die ortsbaulichen Gegebenheiten.

Der Neubau verfügt über einen innenliegenden, kompakten Kern mit Lift sowie Nebenräumen. Um den Kern herum befindet sich eine grundsätzlich flexibel unterteilbare Nutzfläche. Die südlich orientierten Flächen sind von ihrer Aussichts- und Lagequalität her am attraktivsten. Umso unverständlicher ist die Positionierung der mittig angeordneten Treppenanlage sowie die Anordnung der Netzersatzanlage, der Garderobenräume und der Lagerräume in der südlichen Raumschicht. Konzeptionell am klarsten angeordnet sind die Nutzungen im 1.Obergeschoss – bis auf die Lage der Garderobenräume. Den öffentlichen Räumen im Süden steht eine vielfältig nutzbare nicht- öffentliche Zone für Büroarbeitsplätze gegenüber. Auf den anderen Geschossen wirkt das Raumprogramm mitunter etwas zufällig in das klare Grundriss-System abgefüllt, was zu vielen Kompromissen führt. Die Position des Rechenzentrums im Erdgeschoss zum Beispiel ist zwar technisch gut, die Nutzung bietet an dieser Stelle jedoch keinen Beitrag zur Aktivierung des "Pocket Gardens". Die Anordnung des Empfangs im 1.Obergeschoss ist betrieblich unglücklich.

Das Preisgericht würdigt die Umsetzung des Rechenzentrums und den hohen Detaillierungsgrad der Planung. Die Vorgaben zur Zonierung wurden übernommen und klar und verständlich umgesetzt. Die Vertikalerschliessung ist einheitlich in der Zone 1 gehalten: der Bereich für Besucher / Dritte erstreckt sich über alle Geschosse. Die Zonenübertritte in den internen Bereich erfolgen geschossweise kontrolliert. Die RZ-nahe Technik ist kompakt im EG angeordnet. Die Einbringung der grossen Komponenten ist ohne Lift möglich. Das Rechenzentrum liegt an der Nordfassade ebenfalls im EG und ist etwas exponiert, auch gegenüber dem Werkverkehr. Der Fassadenaufbau (vorgefertigtes Betonelement + Fassadenelement) muss in der Lage sein, diesem Umstand Rechnung zu tragen. Das Planungsteam zeigt mit den abgegebenen technischen Erläuterungen seine Kompetenz im Bereich RZ auf.

Das Projekt ‚Solitär’ ist sehr kompakt und verfügt über eine einfache und klare Tragstruktur. Der als Massivbau konzipierte Neubau weist eine Fassadenkonstruktion aus vorfabrizierten Beton- sowie Holzelementen mit identischen Holzmetall-Fenstern und einer Streckmetallverkleidung auf. Die Vorfabrikation verspricht eine rationelle Bauweise und optimierte Erstellungskosten. Zusammen mit den durchwegs guten Flächenkennwerten lässt das Projekt unterdurchschnittliche Anlagekosten erwarten.

Das Preisgericht würdigt den Ansatz dieser Solitärlösung, zeigt er doch auf, dass ein losgelöster Neubau entlang der Industriestrasse möglich ist. Der Vorschlag des attraktiven Aussenraums ist ein wertvoller Beitrag zur gestellten Aufgabe. Leider bleibt der Projektvorschlag bezüglich der Fassadengestaltung schematisch und nicht aus dem Kontext entwickelt.