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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2017

Institut für Musik | Erweiterung des Instituts für Musik der Hochschule Osnabrück um Vortrags-, Seminar- und Probenräume

Anerkennung

DBCO GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau
Der Neubau soll sowohl die Verbindung zum nördlichen Teil des Campus Caprivi herstellen als auch als dritter Baustein das Gebäudeensemble der Frauenklinik ergänzen. Hierzu wird ein winkelförmiger Baukörper nördlich der Frauenklinik platziert, welcher die Bauflucht der Caprivistraße aufnimmt und sich dann in Flucht der Friedrichstraße in die Grundstückstiefe erstreckt.

Dabei wahrt der Baukörper zum Gartenhaus in der Mitte des Gebäudeensembles die gleichen Abstände wie der Baukörper der Frauenklinik selbst. Der Straßenflügel des Baukörpers nimmt die Tiefe der benachbarten Frauenklinik auf, während der Gartenflügel nutzungsbedingt eine größere Tiefe aufweist, so dass der neue Baukörper letztlich eine ähnliche »Körnigkeit« wie die Frauenklinik aufweist.
Durch die Platzierung des Baukörpers entstehen zwei differenzierte unterschiedliche Außenräume: nördlich entsteht ein öffentlicher Vorplatz, welcher die Ankunftssituation vom Campus Westerberg und des nördlichen Teils des Campus Caprivi markiert. Zwischen Gartenhaus und der südlichen Fassade des Baukörpers entsteht ein halböffentlicher Garten als selbstverständliche Erweiterung der bestehenden Freianlagen nördlich der Frauenklinik.


Hochbau
Der Baukörper selbst fungiert in der Erschließung des Ensembles als Gelenk. Ein zentrales Treppenhaus überwindet durch die Einfügung eines Halbgeschosses die vorhandene Topographie und ermöglicht die Durchwegung von dem höher gelegenen Vorplatz zum tiefer gelegenen Garten. Gleichzeitig verbindet diese Erschließung die drei »Welten« des Hauses – Spielflächen, Bewegungsräume, Proberäume – in der Vertikalen und bildet somit auch das kommunikative Zentrum des Hauses.

Fassade
In dem nach Südwesten orientierten »Gartengeschoss« werden die multifunktionalen Spielflächen um ein kleines, halböffentliches Foyer herum organisiert, welches direkt an den Garten angebunden ist. Vom Vorplatz aus erfolgt gleichzeitig die Erschließung der Obergeschosse. Abgehend von der Zwischenebene des ersten Obergeschosses wir ein »Tanzgeschoss« erschlossen. Hier werden entlang der Straße die Seminar- und Bewegungsräume als eigenständige, halbprivate Einheit organisiert. Im zweiten Obergeschoss werden in einer dritten »Welt« die Proberäume angeordnet. Diese werden von der zentralen Erschließungshalle – an welcher mit Gartenblick eine zweite Teeküche angeordnet wird – in beide Gebäudeflügel erschlossen.

Aus der funktional bedingten Nutzungsschichtung in der Vertikalen entwickelt sich auch das Gliederung der monolithischen Gebäudehülle. Diese wird in Anlehnung an die Farbgebung der verputzten Frauenklinik in einem warm-grauen Ziegel ausgebildet. Während sich Durchwegung und Bewegungsräume nach außen hin großzügig öffnen, verbergen sich privateren Nebenräume hinter unterschiedliche strukturierten »Filtern«: Nebenräume und Verkehrsflächen verschwinden hinter Filtermauerwerk. Aus der Funktion der Proberäume wird schließlich der obere Abschluss des Gebäudes entwickelt. Hier wird eine
Fassadengliederung unter Zuhilfenahme der Anforderung an die »Nicht—Orthogonalität« und der eher privaten Probesituation entwickelt. Durch das Eindrehen der Fensterflächen um 90° zur Gebäudekontur verleihen die entstehenden »negativen Erker« der Fassade eine rhythmisierte Gliederung, welche den oberen Gebäudeabschluss bildet und die kleinmaßstäblichere Fassadenstrukturierung der Frauenklinik aufgreift.


Freianlagen
Die Ausbildung der Freianlagen folgt grundsätzlich der städtebaulichen Gliederung in einen nördlichen Vorplatz und einen südlich gelegenen Garten. Letztere wird in Anlehnung an die vorhandene Materialität in groß- und kleinformatigem Betonsteinpflaster an das bestehende Wegenetz angebunden und vor dem Foyer des Neubaus zu einem kleinen Platz ausgeweitet.
Darüber hinaus wird der grüne Charakter des Gartens beibehalten: Die Baukörpersetzung erlaubt einen Erhalt des wesentlichen Baumbestands im Westen des Baufeldes, dieser soll zu einem kleinen Birkenhain ergänzt werden, welcher die entstehende »Liegewiese« südlich des Neubaus charakterisiert.
Der nordöstlich des Baukörpers situierte Vorplatz wird ebenfalls in einfachem, großformatigen Betonsteinplatten belegt. Die über diesen Platz erschlossenen, aufgrund der Topographie leicht abgesenkt platzierten Parkplätze werden mit Rasengittersteinen belegt und durch zusätzlichen Baumbepflanzung aus der direkten Sichtbeziehung des Vorplatzes sowie der Nachbarschaft zurückgenommen.
Ebenfalls über den Vorplatz erschlossen wird die Anlieferung des Gartengeschosses. Die Rampe entlang der Nordfassade, welche ebenfalls die Parkplätze erschließt, folgt der natürlichen Topographie und ermöglicht so an der Westseite des Neubaus eine ebenerdige Anlieferung.


Baukonstruktion
Das Tragwerk des Gebäudes soll in einer Mischbauweise aus einer Stahlbetonskelettkonstruktion bzw. tragenden Wänden oder wandartigen Trägern aus Stahlbeton errichtet werden um den Anforderungen an die teilweise hohen Spannweiten, den Brandschutz und – durch die resultierende hohe flächenbezogene Masse der Bauteile – den Schallschutz mit einer Konstruktion zu begegnen. In den Seitenflügeln des 2. Obergeschosses wird das Tragwerk in einem Fassaden-Raster von 3,5m Laufweite als Stahlbetonskelett ausgebildet, um eine spätere Neukonfiguration der Proberäume – auch zu anderen Zwecken – jederzeit zu ermöglichen.

Dieses Tragwerk wird von außen großflächig mit einer hinterlüfteten Verblendschale aus Ziegelmauerwerk versehen. Die verglasten Teilflächen sind als Sonnenschutzverglasung in Holz-Aluminium-Rahmen vorgesehen, teilweise als Pfosten-Riegel-Konstruktionen. In den mit Filtermauerwerk versehenen Teilbereichen soll stattdessen als wirtschaftlichere Alternative in Flurbereichen Profilbauglas zum Einsatz gelangen.
An die Fensterkonstruktionen schließt der Innenausbau in gleicher Materialität an. Akustisch wirksame Vorsatzschalen und Trennwände werden in Trockenbauweise errichtet, wobei ja nach Beanspruchung zwischen Bekleidungen aus Gipswerkstoffen und Sperrholz alterniert werden kann. Für alle Holzbauteile wird in Anlehnung an die Außenfassade und zur
Unterstreichung des freundlichen und kommunikativen Charakters des Hauses eine Materialisierung in Birkenholz vorgeschlagen.

Lärmschutz im Gebäudeinneren
Die Überlegungen zum Lärmschutz im Gebäudeinneren folgen einfach Prinzipien. Zunächst werden innerhalb des Gebäudes die nutzungsintensiveren, eventuell auch hochschulöffentlichen und damit repräsentativen Bereiche, von den introvertierten Bereichen separiert. Diese Trennung erfolgt sowohl über die Geschosse, als auch jeweils über eine Abtrennung innerhalb der Geschosse über die Abtrennung der Nutzungseinheiten. Hier können die Türen bei Bedarf geschlossen werden.
Innerhalb der Nutzungseinheiten werden die Räume, welche als Lärmquellen fungieren, räumlich voneinander entfernt positioniert, so dass diese sowohl im »Gartengeschoss« als auch im »Tanzgeschoss« jeweils durch Nebenräume und Verkehrsflächen mehrfach voneinander getrennt sind.


Emissionsschutz der Nachbarschaft
Der Entwurf weist ein Maximum an geschlossenen Fassadenflächen auf, um die Anforderungen an den Schallschutz nach außen hin im Wesentlichen durch massive Bauteile zu ermöglichen. Dies wird auch durch die durchgehende mechanische Belüftung aller Räume ermöglicht, welche ein Öffnen der Fenster während des Betriebs obsolet werden lässt. Im Bereich der multifunktionalen Spielflächen ist zudem eine zusätzliche Schalldämmung der Räume durch Schallschutzvorhänge, welche auch der Verdunklung dienen können, vorgesehen.


Akustik
Um den Anforderungen der Akustik in den Einzelräumen – insbesondere im »Probegeschoss« – zu begegnen, werden diese als von der Tragstruktur unabhängige Einbauten ausgeführt. Die grundsätzlichen Möglichkeiten der aus der Fassade resultierenden, polygonalen Grundrissstruktur ohne rechte Winkel ermöglichen dabei die optimale Entwicklung der akustischen Eigenschaften bis weit in den Entwurfsprozess. Innerhalb der multifunktionalen Flächen ist eine Steuerung der Akustik über zwischen der Tragstruktur positionierte, justierbare Einzelsegel angedacht.


Konzept der technischen Gebäudeausrüstung
Dem Anspruch an einen optimalen Schallschutz folgt auch das Konzept der technischen Gebäudeausrüstung, insbesondere im Bereich der Lüftungsanlagen. Hier wird ein Konzept mehrerer, dezentraler Lüftungsanlagen bzw. Klimaanlagen vorgeschlagen. Diese werden jeweils gleichartigen Nutzungen zugeordnet: Der Probesaal erhält eine eigene Anlage, die Bewegungsräume werden mit einer zweiten Anlage versorgt und die Proberäume im 2. Obergeschoss werden über eine dritte – bedarfsweise eine vierte – Anlage versorgt. Dies ermöglicht geringere Kanalquerschnitten einerseits und eine bedarfsweise Steuerung der Anlagen zu unterschiedlichen Betriebszeiten andererseits. Schallübertragungen über die Anlage in andere Nutzungsbereiche sind somit ausgeschlossen, auch das Entstehen von Schallnebenwegen über die Geschosse hinweg wird vermieden. Für die Gebäudetemperierung ist ein Anschluss an die bestehende Heizzentrale und ggf. Erweiterung der Anlage vorgesehen. Die Leitungsführung soll innerhalb der Geschosse in der Regel über die Flurzonen erfolgen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entwurfsverfasser entwickeln das Raumprogramm in einem winkelförmigen Gebäude, mit dem sie das bestehende Ensemble ergänzen wollen. Durch die Lage der Eingänge sowohl auf der Nord- wie auf der Südseite suggerieren sie eine Verbindung zum Caprivi-Campus. Dadurch, dass die Entwurfsverfasser den Gebäudewinkel sehr dicht an den Altbestand der Frauenklinik heranrücken, verbleiben zu dem bestehenden Gartenpavillon und zur Nachbarbebauung untergeordnete Resträume. Insbesondere an der Nordseite sind die für Parken und Anlieferung vorgesehenen Freiflächen deutlich überdimensioniert. Auch die Anlieferung an der Westseite scheint problematisch. Der an der Nordseite vorgesehene Haupteingang scheint eine Verknüpfung mit dem Caprivi-Campus zu ermöglichen, mündet jedoch direkt auf der Hauptfahrzeugerschließung des Geländes. Durch die überdimensionierten Verkehrsräume und die vorgeschlagene Wegeführung entsteht ein sehr hoher Versiegelungsgrad.

Die Entwurfsverfasser schlagen eine monolithische Gebäudehülle aus warmgrauem Ziegel vor. Der Dialog mit der Funktion des Gebäudes findet nur über wenige Öffnungen statt. Insbesondere im ersten und zweiten Obergeschoß sind die Fensteröffnungen der Nebennutzflächen durch eine vorgesetzte Lochziegelanordnung bzw. die Belichtungselemente der Probenräume durch die um 90 Grad gedrehte Anordnung dem Blick weitestgehend entzogen. Dies führt zu einem sehr introvertierten Ausdruck des Gebäudes, der in keinem Dialog mit dem Bestand tritt.

Gut gelöst ist die Erschließung auf zwei Ebenen (Hof- und Straßenebene), die im Foyer durch eine Treppenanlage den Höhensprung ausgleicht. Damit ist das Gebäude von beiden Seiten barrierefrei erschlossen. Der Saalbereich ist funktional entwickelt, direkte Anlieferung funktioniert. Die Bewegungsräume liegen im EG- und 1. Obergeschoss. Damit ist die Anbindung an Umkleide und Schminke nur zum Teil erfüllt. Sämtliche Probenräume und das Tonstudio sind im 2. Obergeschoss untergebracht. Das führt zu einer Überbauung des Saals, die unter wirtschaftlichen Kriterien kritisch gesehen wird. Die funktionale Aneinanderreihung der Probenräume führt zu langen, wenig spannungsreichen Erschließungsfluren. Fraglich scheint auch, ob die im 2. OG vom Entwurfsverfasser gewählte starke Profilierung der Fassade, die sowohl für die Probenräume als auch für die Nebenräume gleichermaßen gewählt wird, einen zu starken Formalismus darstellt.

Insgesamt führt die Anordnung des Winkels, die scheinbar das bestehende Ensemble komplettieren soll dazu, dass der Grünraum im Blockinneren leider unterteilt wird.