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Mehrfachbeauftragung | 03/2017

Neugestaltung Hafensüdseite

Gewinner

scape Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Mit dem Stadthafen verfügt die Stadt Münster über einen urbanen Raum von besonderer Qualität: Die Großmaßstäblichkeit, der Bezug zum Wasser und das industrielle Erbe machen ihn zu einem einmaligen Ort in der Stadtlandschaft.
Der Entwurf will diese Qualitäten aufgreifen, stärken und mit neuem Leben füllen. Während die nördliche Kante stark von Nutzungen überformt wird, ist auf der Südseite das ursprüngliche Hafenflair noch spürbar. Der Entwurf greift diesen genius loci auf, macht historische Spuren wieder sichtbar und schafft entlang der Wasserkante attraktive Aufenthaltsorte.

Struktur

Es wird ein durchgängiger Promenadenraum geschaffen, der das Areal zu einer Einheit zusammenfügt. Entlang dieses Bandes werden immer wieder spannende Akzente gesetzt. Als Entrée zum Südhafen wird am Beckenende ein Eingangsplatz ausgebildet. Den Kontrapunkt zu dem steinernen Platz bildet ein Pocketpark, der zukünftig den östlichen Abschluss des Freiraums definiert. Zwischen diesen beiden Polen spannt sich die linear gestaltete Hafenpromenade auf. Die Promenade wird über zwei Wegeverbindungen mit dem Umfeld am Mittelhafen vernetzt, in Verlängerung der Zuwegungen akzentuieren zwei „Hafenterrassen“ den Stadtraum.

Eingangsplatz

Als Auftakt zum Südhafen wird um das Beckenende ein großzügiger Platz ausgebildet. Er umfasst die Wasserfläche und stellt den Übergang vom nördlichen zum südlichen Stadthafen her. Eine große Bank am Ende des Hafenbeckens lenkt den Blick in die Tiefe des Raumes. Der Platz soll den Besucher wie selbstverständlich auf die Promenade lenken, gleichzeitig wird der ehemalige Kohlebunker als Landmarke inszeniert.

Promenade

Die Hafenpromenade bildet das Rückgrat des Entwurfes. Es wird ein linearer, urbaner Raum geschaffen, der die industriellen Spuren der Vergangenheit lesbar macht und gleichzeitig neue Nutzungen eröffnet. Die Gleise und Kranbahnen werden als Zeugen der Hafentätigkeit nachgezeichnet, sie bilden das gestalterische Gerüst der neuen Hafenpromenade. Über die Promenade spannt sich ein homogener Teppich aus großformatigem Pflaster, in das sich die Schienenwege und die Kranbahnen wie Intarsien einschneiden. Um die Strukturen herauszuarbeiten wird die Fläche zwischen den Gleisen in hellem Beton ausgebildet. Eine besondere Bedeutung kommt den ehemaligen Kranbahnen zu. Hier werden Aufenthaltszonen mit Bänken ausgebildet, der Bodenbelag erhält ein besonderes Muster (s. Material). Vor dem Wolfgang-Borchert-Theater und dem Ruderclub entstehen multifunktional nutzbare Plätze, die „Stadtbühnen“.
Um den Hafencharakter nicht zu verfälschen, wird im Bereich der Promenade konsequent auf Bäume verzichtet.

Hafenterrassen

Die Hafenterrassen stellen einen spannungsvollen Bezug zum Wasser her, gleichzeitig ermöglichen Sie es auch größeren Menschengruppen sich an der Wasserkante aufzuhalten, ohne dass die Promenade mit Bänken „übermöbliert“ werden müsste. Dafür werden in Verlängerung der Zuwegungen vom Mittelhafen zwei Holzdecks an der Wasserkante platziert, die sich in Richtung Hafenbecken um die Höhe einer Sitzstufe nach unten falten und so einen Balkon am Wasser ausbilden.

Pocketpark

Die Gestaltung des Beckenendes hebt sich bewusst von dem steinernen Flair der Hafenpromenade ab: An diesem besonderen Punkt soll ein Pocketpark entstehen; eine modellierte, aus Rasen und Bäumen geformte Grünfläche. Der Park schafft einen multifunktionalen Aufenthaltsort an der Hafeneinmündung und inszeniert über seine Modellierung den Blick in Richtung Fernsehturm und entlang des Kanals.

Mobiliar

Das Mobiliar folgt einer gemeinsamen Gestaltungslinie, es unterstützt die eigenständige Identität des südlichen Hafens. Im Unterschied zur nördliche Hafenkante soll ein freier Blick auf das Wasser ohne vorgelagerte Einbauten ermöglicht werden. Die Absturzsicherung wird deshalb über einen leichten, doppelten Handlauf hergestellt. Besondere Holzbänke definieren die Aufenthaltsbereiche, zusätzlich ermöglichen es Anlehngeländer, die punktuell auf den Handlauf aufgesetzt werden, den Blick von der Beckenkante über das Wasser schweifen zu lassen.
Die leicht geneigten Mastleuchten unterstützen die Fassung des Promenadenraums. Eine einfache Leuchte sorgt für die gleichmäßige Ausleuchtung der Flächen, an besonderen Punkten (Eventflächen, Eingangsplatz) kommen geknickte „Kranleuchten“ zum Einsatz (s. Lichtkonzept).
Die geforderten Wasserrastplätze werden sinnvoll im Bereich des Wolfgang Borchert-Theaters angeordnet.

Materialität

Zwei Materialien prägen den Charakter der Hafenpromenade: Beton und Naturstein. Zusätzlich wird für die Einbauten Stahl verwendet.
Die beiden Endpunkte der Promenade, der Eingangsplatz und die Fläche um den Pocketpark, sollen mit dem vorhandenen Granit-Großsteinpflaster gestaltet werden. Die Zugänge vom Mittelhafen werden mit dem bestehenden Kleinpflaster belegt. Für die Promenade ist ein großformatiges, geschliffenes Betonpflaster vorgesehen, dass die typische Pflasterstruktur einer Kaianlage in ein modernes Material übersetzt. Die Gleisspuren werden mit hellen, großformatigen Betonplatten nachgezeichnet.
Die Bereiche der Kranbahnen werden ebenfalls mit hellem Beton gestaltet. Dabei sollen die Oberflächen eine besondere Gestaltung erfahren: Mit Matrizen werden Holz- und Getreidestrukturen in die Betonfläche eingeprägt, die historische Nutzung der Kranbahnen hinterlässt so einen Fingerabdruck auf der neu gestalteten Promenade. Die Stadtbühnen vor dem Ruderclub und dem Rhenusspeicher erhalten dagegen nur einen Besenstrich, hier steht die Funktionalität der Fläche im Vordergrund.

Lichtkonzept

Über die Illumination erhält die südliche Hafenpromenade mit einfachen Mittel ein besonderes Flair. Die Mastleuchten sorgen für die Grundausleuchtung der Promenade, die Eingangsbereiche und die Stadtbühnen werden mit den Kranleuchten betont. Bei Veranstaltungen ist es möglich, zusätzliche Strahler zuzuschalten. Die historischen Gebäude, der Kran, der Elefant sowie die Bäume im Eingangsbereich und am Pocketpark werden nachts über Bodenstrahler hervorgehoben. Unter den Hafenterrassen wird das Wasser dezent illuminiert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die gestalterische Leitlinie des Entwurfes, eine in ihrem Verlauf „steinerne” Hafenkante mit Grünbereichen jeweils als Auftakt und Abschluss der Kaifläche zu entwerfen, wird positiv bewertet. Die großzügige und einheitliche Gestaltung der Oberflächen, die im Detail durch eine differenzierte Ausformulierung einzelner Funktionsbereiche aufgelockert werden soll, wird positiv bewertet. Auch wenn kritisch hinterfragt wird, ob einzelne Elemente der Planung wie die „Hafenterrassen“ im Rahmen der genannten Kostenobergrenzen realisierbar sind, werden diese in ihrer Grundidee positiv gewürdigt. Die Absturzsicherung zum Hafenbecken mittels eines zurückhaltenden, filigranen Geländers herzustellen, wird als dem Ort angemessen eingestuft. Die Frage möglicher Anlegestellen von Freizeitschiffen ist im Detail zu klären. Die Lichtkonzeption für die südlichen Kaiflächen wird positiv gewürdigt, da sie eine unterschiedliche Beleuchtung für besondere Orte - z.B. die illuminierten Gebäudefassaden - ermöglicht. Die ebenerdige Gestaltung der Flächen am Kohlebunker kann so nicht funktionieren, da hier durch einen Höhenunterschied ein Abstand zwischen Kohlebunker und dem öffentlichen Raum hergestellt werden muss.