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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2017

Generalsanierung Bildungszentrum Innenstadt Leoben

1. Rang / Sieger

Franz&Sue

Architektur

Erläuterungstext

Wir haben die interessierten Nutzer bereits im Wettbewerb kennengelernt und freuen uns daher besonders, mit der Schule gemeinsam die Idee von einer lebensfrohen, hellen und partnerschaftlich funktionierenden Schule in der Innenstadt von Leoben zu planen und zu bauen. Die denkmalgeschützte Volksschule sowie NMS werden zu einem modernen Bildungszentrum weiterentwickelt.

Der Bestand
Der Großteil der Bausubstanz wird erhalten, vor allem der u-förmige Altbau mit seinen großzügigen Klassen wird mit punktuellen Eingriffen (z.B. Gangwände) in einen zeitgemäßen Bildungsbau transformiert. Das Obergeschoss des Hofgebäudes wird zu einem attraktiven Arbeits- und Kommunikationsraum für die Lehrenden. Aufgrund seiner zentralen Lage sind kurze Wege zu den Unterrichtsräumen gewährleistet. Untergeordnete Bauteile, welche aufgrund ihrer funktionalen Mängel schlecht nutzbar und für eine positive Gesamtentwicklung hinderlich sind, werden abgebrochen.

Die Mitte
Der Abbruch der erkerförmigen Sanitäranbauten ermöglicht die Ausbildung einer großzügigen gemeinsamen Mitte, welche sich zum Freiraum öffnet. Sitzstufen und Lufträume verbinden alle vier Geschosse und fördern die Kommunikation sowohl in den Pausen als auch bei Veranstaltungen und verleihen der gesamten Schule eine neue Identität. Durch die Nachbarschaft mit Bibliothek, Schulküche und Medienraum werden Synergieeffekte ermöglicht. Der zentrale Turnsaal bleibt erhalten und ist barrierefrei über eine Rampe vom Eingangsniveau erreichbar. Für seine Funktion als Mehrzweckraum erhält er mit den vorgelagerten Garderoben ein großzügiges Foyer.

Der Freiraum
Die Zunahme ganztägig verschränkter Unterrichtsformen erfordert einen raschen und einfachen Wechsel zwischen Unterrichtseinheiten und Pausen. Die abgetreppte „zentrale Mitte“ ermöglicht die Ausbildung von vorgelagerten Terrassen auf allen Geschossen mit Sichtbeziehung zum angrenzenden Park. Durch die teilweise gedeckte Ausführung entsteht ein hochwertiger, gut nutzbarer Freiraum. Im Eingangsgeschoss wird auf der Nordseite ein großzügiger barrierefreier Zugang zu den beiden Zentralgarderoben geschaffen.

Der Zubau
Nachdem die Situierung sämtlicher Stammklassen im Hauptgebäude sinnvoll erscheint, werden im teilweise neu organisierten Zubau vor allem Sonderunterrichtsräume und Sportfunktionen angeordnet. Im Erdgeschoss befinden sich die Kreativateliers, im Geschoss darüber der naturwissenschaftliche Sonderunterrichtsbereich und der Bewegungsraum. Die Situierung des Aufzuges als „Durchlader“ an der Schnittstelle zwischen Bestand und Zubau ermöglicht die barrierefreie Erschließung der gesamten Schule. Der Zugang für externe Nutzer ist im Bereich der neuen Verbindung möglich. Zur Gewährleistung des Fluchtweges wird die Stiege innerhalb des Zubaus an das Gebäudeende verlegt. Das Dach kann als Hartplatz genutzt werden.

Die Wand
Die langen Gänge werden derzeit fast ausschließlich zur Erschließung genutzt und haben keine Aufenthaltsqualität. Die Klassenräume sind sehr introvertiert und bieten wenig Möglichkeiten für individuelles Lernen oder Gruppenunterricht. Neue Öffnungen zwischen den Gängen und Klassen ermöglichen Interaktionen und zusätzliche Nutzungsmöglichkeiten. Die Wand wird zu einem Möbel welches unterschiedliche Optionen der Bespielung ermöglicht. Sitznischen bieten Gelegenheit zum Rückzug und zur Entspannung, kleine Besprechungstische zum gemeinsamen Lernen in der Kleingruppe. Schüler können ihre Arbeiten an Pinnwänden und in Schaufenstern präsentieren. Außerdem bietet das Möbel genügend Stauraum für Unterrichtsmaterial.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau und Architektur

Das Projekt lässt sich eine gekonnte Intervention im Bestand bezeichnen, da es exakt an den strukturellen Schwachstellen eingreift und so – im besten Sinn von Tradition – die bestehende Schule positiv weiterschreibt. Mit der neu vorgeschlagenen „Füllung“ zwischen dem u-förmigen Altbau und dem solitären zentralen Hofgebäude gelingt Mehrfaches: Erstens „verschwinden“ die räumlich unattraktiven Innenhöfe und werden Teil eines neuen gemeinsamen Schulinneren. Zweitens wird die enorme Höhe des Bauwerks durch die nach Norden abfallende Terrassierung für Kinder maßstäblich erfahrbarer gestaltet und so Bauwerk und Grünraum spielerisch verklammert. Und drittens werden die drei mächtigen und selbstbewussten städtischen Fassaden Ost, Süd und West mit einer neuen vierten, nun vollwertigen und ebenso selbstbewussten zeitgenössischen Hauptfassade ergänzt. Damit beeindruckt dieses Projekt insgesamt in seiner städtebaulichen Aufwertung des Baukörpers. Die vorgeschlagene Ausrichtung zum Grünraum kann aus jedem Geschoss erlebt werden. Das Gebäude wird zu einer spannenden sehr städtischen formulierten Terrassen-Schule – es schafft den Spagat von Dichte und Freiraum auf elegante Weise. Darüber hinaus verleiht die konzipierte Kaskadentreppe dem Innenraum der Schulen eine neue Großzügigkeit, die erfahrbar über alle Geschosse reicht.

Diese konzeptionellen und gestalterischen Vorschläge erzeugen eine klare Strukturierung, eine einfache Lesbarkeit für die Nutzenden und entwickeln damit die Qualität des Bestandes auf ruhige souveräne Weise weiter. Im Gesamten entsteht eine klare allgemein gültige Struktur, mit der auch zukünftige Veränderungen in der pädagogischen Ausrichtung einfach abgedeckt sind. Der vorbildliche Umgang mit dem Denkmalschutz wird von der Jury besonders gewürdigt. Das Verbindungselement zwischen dem Altbau und dem Zubau wird durch eine neue Lage und sinnvollere Anknüpfung – auch hinsichtlich der unterschiedlichen Niveaus – entscheidend verbessert.

Lernen und Raum

Dem Projekt gelingt auf der innenräumlichen Ebene ein nutzungsoffenes und strukturell einfach lesbares Weiterschreiben des Bestands. Mit der zentralen Sitztreppenlandschaft in Form einer Kaskade werden sowohl die beiden Gebäudeflügel im Osten beziehungsweise Westen als auch alle Geschoße verknüpft. Auch die Hermetik der bestehenden Gänge wird durch die Längsbegleitung mit der Kaskade räumlich aufgelöst. An den Innenecken der Gänge werden so geschoß- und gebäudeflügelweise zentralere Orte geschaffen. Es entsteht ein Schulbau, der die Lernräume in der U-Form des historischen Bauwerks durch die neu errichteten zentralen Flächen besser in Beziehung zu verbringen vermag.

Auch wenn keine explizite Clusterbildung vorliegt, so birgt dieser Entwurf das Potenzial einfacher und in sich gefasster Gruppen von Klassen, die gewissermaßen als „Nachbarschaften“ ihren Schulalltag gut bestreiten können. Neue Formen des Lernens und Lehrens im raschen Wechsel von räumlichen Settings sind damit grundsätzlich ermöglicht. Das strukturell schlüssige Behandeln des Bestands erlaubt auch weitreichende Flexibilität für den Schulerhalter. So ist mit diesem Projekt sowohl eine geschossweise als auch eine ostwestbezogene Fügung der beiden Schulen machbar. Die Lage der zentralen Funktionen in der Mitte ist konsequent beibehalten und unterstützt diesen Gedanken. Die Wegführungen für die Lehrenden sind ökonomisch gehalten. Mit dem Einführen einer potentiellen zweiten Längsverbindung zwischen den Flügeln erfahren die bestehenden Gangflächen auch zusätzliche Entlastung – und können so umso stärker für das Lernen herangezogen werden. Auch die Wege der Schülerinnen und Schüler sind einfach lesbar und fördern die Orientierung. Mit der guten Lage der Garderoben zwischen Garten und Schulinnerem gelingt nicht nur das Versprechen eines reibungsarmen hygienischen Schulalltags, sondern auch ein enorm großzügiger zentraler Eingangsbereich, der den beiden Schulen im Falle von Veranstaltungen einen räumlich angemessenen feierlichen Rahmen bietet. Mit dem Unterbringen der Fachwelten der NMS (Science, Kunst) sowie den Sportflächen im Nebengebäude wird auch die Möglichkeit etwaiger Fremdnutzungen (Wochenenden, Ferien) gewährleistet.