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Offener Wettbewerb | 06/2017

Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge

RESIDENZPFLICHT

2. Preis / Zur Realisierung empfohlen

Preisgeld: 1.000 EUR

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Kunst

Erläuterungstext

RESIDENZPFLICHT ist ein von KünstlerInnen international ausgelobtes Artist-in-Residence Programm, das 10 einmonatige Aufenthaltsstipendien vergibt.
Die Modularen Unterkünfte für Flüchtlinge (MUF) werden abwechselnd und temporär um ein mobiles Modul erweitert und mit künstlerischen Projekten bespielt. An jeweils einem der 10 Standorte der Berliner Flüchtlingsunterkünfte wird den StipendiatInnen für die Dauer des Aufenthaltes ein Wohnatelier zur Verfügung gestellt.

Vergleichbar dem modularen Prinzip der Architektur, das sich den verschiedenen Standorten baulich anpaßt, setzt sich RESIDENZPFLICHT mit jedem einzelnen Standort inhaltlich neu auseinander. Ziel des Artist-in-Residence Programmes ist es, die in sich geschlossenen Flüchtlingsunterkünfte temporär für Ansätze und Entwicklungen zeitgenössischer Kunst zu öffnen und dabei alltägliche Berührungspunkte zwischen KünstlerInnen und Geflüchteten zu ermöglichen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt bezieht sich auf ein tradiertes Stilmittel der künstlerischen Intervention eines Künstlers / einer Künstlerin, indem direkt der Ort des Lebens und Schaffens temporär geändert wird und sich der/die Künstler*in in eine für ihn/sie - wahrscheinlich völlig - neue Situation begibt.
Der besondere Reiz des Wortes ARTIST in RESIDENCE (das Finden einer temporären künstlerischen Heimat) wird mit dem deutschen Wort RESIDENZPFLICHT (dem Zwang zu, zum Verbleib an einem von den Behörden zugewiesenen Ort) zu einem doppelten Wortspiel, welches die Besonderheit der Flucht und die Not, an fremdem Ort und mit fremden Menschen sein zu müssen, als Verlust und Gewinn von Freiheit und Sicherheit zu gleichen Teilen in Bezug gesetzt.
Die Intervention beschreibt ein offenes Setting, in dem die konkreten Interaktionen und Ergebnisse der jeweils einmaligen Schaffensphase offen gelassen werden und damit zu 100 % abhängig sind vom dem konkreten Ort der Unterkunft und den konkreten Begegnungen mit den Geflüchteten, aber auch mit Menschen vor Ort im Umfeld.
Das Projekt wird direkt an allen zehn Standorten geplant, was die mediale Wirksamkeit und Außenwirkung des Gesamtprojektes deutlich fördert. Zu den Stärken gehört die - auch bei anderen Projekten dieses Wettbewerbs - angezielte Schaffung eines ORTES, eines Kreativraumes, einer Werkstatt direkt auf dem Gelände, aber zusätzlich zu den grauen Quadern der Modularen Unterkünfte. Ähnlich wie bei anderen Werkräumen soll das Wohnatelier durch die Spezifikation des Kunst-Werk-Ortes schnell einen kreativen Ort schaffen, der durchaus geeignet sein kann, den Dialog und die Integration zu befördern. Allein diese sich vom Umfeld abhebende Raumsituation schafft einen ANDEREN ORT direkt auf dem DORFPLATZ der Anlage; sie wird damit aber auch zum zentralen Ort, der für viele Bewohner*innen ein Hafen sein kann, auf dem sie ansonsten nur einen ersten längeren und intensiveren Kontakt zu unterschiedlichen Akteuren wie z.B. Sozialarbeiter*innen oder Mitarbeiter*innen vom Sicherheitspersonal haben.
Die Stipendien zielen auf Aktionen innerhalb der Einrichtungen und im Dialog mit der Öffentlichkeit: Sie sind die Chance zu einer einmaligen Erfahrung und gleichzeitig ein Impuls, die Rolle von Künstler*innen als Vermittler*innen in der Praxis zu überprüfen.
Kritisch beleuchtet wurde die mögliche Überforderung der Künstler*innen in der Zeit, die sich quasi direkt jeden Tag 24 Stunden den Anforderungen der Bewohner*innen stellen und damit auch einen Verlust der Privatheit temporär erleben werden. In diesem Empfinden sind die Künstler*innen allerdings nahe an dem Gefühl, welches die Geflüchteten prägt und von ihnen für den Gesamtprozess der Aufnahme in Deutschland als „Normalität“ erlebt wird.