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Mehrfachbeauftragung | 05/2017

Standortentwicklung Saarbrücken-Osthafen

1. Rang

HDK Dutt & Kist GmbH

Landschaftsarchitektur

architecture + aménagement

Architektur

Erläuterungstext

Genese Städtebau

Das Areal Osthafen um Silo und Rhenania‐Gebäude bildet den östlichen Abschluss der Saarbrücker Kernstadt und stellt gleichzeitig einen der perspektivisch wichtigsten Standorte der Landeshaupstadt zur Entwicklung dar. Der planerische Ansatz legt dabei den Fokus auf eine urbane Regeneration Ostsaarbrückens, die sich in modularen Entwicklungsstufen vom Silogebäude ausgehend nach Westen fortsetzt und perspektivisch bis zum Staden reicht. Becolin‐Areal und zentrale Polizeiwache an der Mainzer Straße sollten als eigenständige Projekte diese Entwicklung beflügeln. Mit einem breitgefächerten Wohnungsbauprogramm der öffentlichen Hand und privater Investoren soll neuer Wohnraum am Fluss in preissensitiven als auch hochwertigen Lagen entwickelt
werden, wodurch neue Impulse für die Stadterneuerung im Saarbrücker Osten geschaffen werden. Neben vielfältigen Wohnformen ermöglicht das Konzept eine breite Nutzungsmischung mit kulturellen Einrichtungen für das Kreativgewerbe als auch für Büro‐ und Gewerbestandorte und sonstige Nutzungen (Restaurants, Hotels, Kindergärten etc.). Die Entwicklung des Hafenareals als urbanes und gemischt genutztes Stadtquartier mit
guter infrastruktureller Anbindung ist geeignet, die alternative Kunst‐ und Kulturszene zu fördern und das kulturelle Erbe des Römerkastells in Wert zu setzen.

Ausgehend von der Keimzelle des Areals um Kultursilo und Rhenania‐Gebäude soll das Gebiet in Zukunft über einen Mobilitätspunkt mit Saarbahnhaltestelle und über axiale Verbindungen (Bismarckstraße) nach Westen an die Saarbrücker Kernstadt angebunden werden. Die Wahrung des Genius Loci wird durch die modulare Konzeption in Verbindung mit der Integration des Bestandes und durch eine angepasste Materialwahl (z.B.
Klinkerfassaden) geleistet. Dabei wird durch die Hafenhäuser, die westlich anschließende Platzsituation und durch den Hochpunkt eine städtebauliche Geste zur Betonung des Stadteingangs geschaffen. Die klar entwickelte urbane Struktur bildet ein stabiles Grundraster, das flexibel und mit individueller Architektur in weiteren Planungsverfahren ausgeformt werden kann. Durch freiraumplanerisch hochwertige Anbindung des
Flusses soll im Osthafen ein einzigartiger Ort für die Stadt geschaffen werden, an welchem die Saar wieder für den Bürger erlebbar gemacht wird.


Kulturhafen / Silo / Rhenania

Unser Projekt verfolgt das Ziel, einhergehend mit der städtebaulichen Entwicklung die Kulturszene Osthafen in ihren Aktivitäten zu unterstützen, zu stärken, sowie ihr eine Plattform zur Entwicklung zu geben. Es soll langfristig ein Ort der vielschichtigen alternativen Kulturszene etabliert werden. Im Bewusstsein der sich ändernden Ansprüche der Nutzer und Betreiber der Osthafen‐Szene liegt unsere Intention darin, den Geist des
Ortes als ehemaliger Schutz‐ und Industriehafen in Gestalt und Materialität abzubilden und den Impetus der Kulturszene mit ihren „schrillen Tönen“ als eigenen Layer darüber zu legen, wobei gleichzeitig die bauliche Ertüchtigung nach den Erfordernissen des Baurechts geleistet wird. Vor diesem Hintergrund sehen wir in den Räumlichkeiten des Rhenania‐Gebäudes sowie des Silos entsprechende Infrastrukturen für Veranstaltungen,
für Gastronomie als auch die Bereitstellung von Ateliers und von Werk‐ und Proberäumen für Kunst‐ und Kulturtreibende vor, welche den Betreibern höchste Flexibilität für die zukünftige Entwicklung ermöglichen. Als ergänzendes Element hierzu können die Arbeitsräume für Coworking Spaces sowie Räumlichkeiten für Start‐ Ups gesehen werden. Durch das Potenzial der lokalen universitären Strukturen von HbK, HfM, UdS und HTW
und auch der kulturschaffenden Institutionen mit bestehender Kreativszene soll hier die Vorrausetzung für ein kreatives Cluster geschaffen werden, welches das Fundament und die Keimzelle für die Neugründung junger Start‐Ups darstellen kann. Eine konstante Förderung als auch wissenschaftliche Betrachtung der dynamischen Entwicklung der Kultur‐ und Gründerszene des Osthafens durch eine geeignete Institution, wie z.B. ein
Stadtlabor, welches gleichzeitig auch als Inkubator für neue Entwicklungen fungieren kann, wäre wünschenswert, um das Potenzial eines Ortes auszuschöpfen, welcher die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Landeshauptstadt in einzigartiger Art und Weise vereint.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf schafft eine hohe stadträumliche Qualität durch die Weiterentwicklung der Morphologie der Stadtkante zum Fluss zu einem stabilen städtebaulichen Gefüge mit einer klar herausgearbeiteten Stadtkante. Er vermittelt eine angemessene städtebauliche Dichte mit einer guten Nutzungsmischung für den Standort, insbesondere durch die Vielfalt in den EG-Zonen. Der Stadteingang wird durch den Entwurf klar definiert. Die Freianlagen sind qualitätsvoll, gut differenziert und definiert durch die dazugehörigen Nutzungen in den Gebäuden. Die Lage am Wasser wird gut genutzt und klar abgegrenzt, sowohl durch die Kante an der Kaimauer als auch durch die Landschaftsterrassen beidseitig des vorderen Hafenbeckens. Die Integration der Wohnnutzung am Wasser wird begrüßt, jedoch ist dabei die Lärmschutzproblematik zu beachten. Ob die verwendeten geschlossenen Blockstrukturen für die Hafenhäuser passend sind, sollte kritisch reflektiert werden. Der Entwurf bindet auch das Standortmerkmal des Naturschutzgebietes gut ein, einerseits durch die Reaktivierung des Wasserlaufs im Bereich des ehemaligen Altarms der Saar, andererseits durch die Schaffung eines zusätzlichen Anknüpfungspunktes an den Naturraum mit dem Mobilitätsknoten. Als Ersatz für Eidechsenhabitate in überplanten Bereichen sind Ersatzhabitate südlich des Saaraltarms vorgesehen.

Der Umgang mit dem Bodendenkmal Römerkastell besticht durch eine klare Ausweisung und Verortung mit einer räumlichen Fassung. Durch eine zusätzliche fußläufige Verbindung mit dem Bereich Halberg am Mobilitätsknoten wird ein Zusammenhang mit dem Mithrasdenkmal geschaffen. Kritisch werden hingegen die Parkplätze direkt am Römerkastell gesehen, da sie sich im Bereich des Bodendenkmals befinden. Die Erschließungsstruktur des Entwurfs zeigt die Fuß- und Radwegeverbindungen über den Boulevard mit einer Querung über die Ostspange, ergänzt mit einer neuen Fußgängerbrücke, klar auf. Der zusätzliche Mobilitätsknoten im südöstlichen Bereich wird gut hergeleitet und schafft für die Bereiche Römerkastell und Silo eine zweite Eingangssituation, sowohl für den ÖPNV wie auch durch die Passage für den Fuß- und Radverkehr. Hier zeigt sich auch der gute Umgang mit den städtebaulichen Schnittstellen. Der Entwurf schafft viele Anknüpfungspunkte für die umliegenden Nutzungen und bietet eine solide Grundlage für eine Koexistenz der vorgeschlagenen Nutzungen am Hafenbecken mit dem dahinterliegenden Möbelhaus. Der Entwurf zeigt eine klare Realisierbarkeit in Bauabschnitten und differenziert sinnvoll zwischen Bausteinen mit näherem Umsetzungs-Zeithorizont und eher visionären Bereichen.