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Investoren- und Projektwettbewerb | 08/2017

Wohnsiedlung Mutachstrasse und Stadtteilpark Holligen Nord

Visualierung Parkseite

Visualierung Parkseite

4. Rang / 4. Preis

Preisgeld: 12.000 CHF

Rykart Architekten AG

Architektur

Christoph Schläppi

Stadtforschung

Klötzli Friedli Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

FAMBAU Genossenschaft

Investor*in

Kontextplan

sonstige Fachplanung

Nydegger + Finger AG

Bauingenieurwesen

Nicolas Heiniger

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Im Rahmen des Investorenwettbewerbes mit 10 eingeladenen Teams soll ein Gesamtkonzept für eine Genossenschafts-Wohnüberbauung und einen neuen Stadtteilpark entwickelt werden.

Den Stadtkörper weiter bauen
Mit zwei abgewinkelte Wohnzeilen und einem Hofhaus wird das Motiv der benachbarten Wohnzeile an der Lorystrasse aufgegriffen. Der grosse Hof bietet den BewohnerInnen gleichsam eine Bühne für eine urbane Lebensgemeinschaft. Die bestehenden Bauten an der Mutachstrasse werden als Teile einer grossen städtebaulichen Figur ins neue Quartier einbezogen. Hinzu kommt ein Hofhaus als kompakter Körper mit städtischem Charakter. Er bildet die räumliche und soziale Mitte des Quartiers. Konzipiert sind 100 Wohneinheiten.

Der Stadtteilpark
Die differenzierte Gestaltung und Raumabfolge macht den Park zu einem Ort, an dem sich viele Menschen zuhause fühlen können. Im mittleren Abschnitt des Stadtteilparks ist der Quartierplatz als Treffpunkt für Jung und Alt der belebteste Teil der Anlage. Der Promenade an der Stampfbetonmauer ist eine Bachlandschaft vorgelagert, deren Wasser in einer Abfolge von wechselfeuchten Zonen und offenem Fliessgewässer in eine offene Wasserfläche beim Quartierzentrum mündet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau und Architektur
Mittels zweier grossmasstäblichen Klammern werden die bestehenden Bauten an der Mutachstrasse zu einer grossen städtebaulichen Figur zusammengefasst. Zum Park hin erfolgt ein klarer Abschluss und Nordseitig wird ein grosszügiger Hof erzeugt und ein Hofhaus gesetzt. Ein breiter Durchgang zwischen den beiden Wohnzeilen verbindet den siedlungsinternen Hof mit dem Park. Die klare räumliche Begrenzung zum Park hin unterstreicht dessen Position als öffentlichen, urbanen Raum. Die vorgeschlagene Stampfbetonmauer als zusätzliche Trennung zwischen Stadtpark und Siedlung wirkt als starke Zäsur und vermag nicht zu überzeugen.
Die Winkelbauten sind gut gesetzt und im Terrain eigebettet. Die Übergänge zu den umliegenden Bauten und Strassen gelingt. Die Gebäudeform und insbesondere die städtebauliche Setzung des Hofhauses sind jedoch nicht nachvollziehbar. Das Gebäude wirkt unverortet und fremdkörperhaft. Auch nutzungstechnisch scheint das Hofhaus mit den unterschiedlichsten öffentlichen Nutzungen im Erdgeschoss und den Wohnclustern und Grosswohnungen in den Obergeschossen überladen. Die angrenzenden Aussenräume und Erschliessungen wirken unbewältigt und konzeptlos.
Die Wohnungen in den abgewinkelten Gebäuden entlang der Parzellengrenze werden konsequent von der hofseitigen Laubengangschicht erschlossen. Es entstehen interessante Begegnungszonen und Aufenthaltsbereiche, die das Hofleben der Siedlung stark und positiv prägen. Man lebt gemeinschaftlich, kann sich treffen, aber sich auch auf die privaten Balkone vor den Wohn- und Zimmerbereichen zurückziehen. Die Wohnungen im Hofhaus werden durch ein zentrales Treppenhaus erschlossen. Hier ist die Lage des Haupteingangs nicht sehr klar und durch die vielen umliegenden Nutzungen nur bedingt auffindbar.
Es wird ein breites Wohnungsspektrum angeboten. Geschoss- und Maisonettewohnungen werden plausibel und pragmatisch in den Gebäudevolumen eingeflochten und nehmen auf die jeweiligen Gebäudeausrichtungen und Terrainverläufe Rücksicht. Das Wohn-Esszimmer mit einer einfachen Küchenzeile hat eine gute Breite und die Gebäudetiefe lässt trotz beidseitigen Balkonschichten eine ausreichende Belichtung erwarten. Die Grundrisse sind räumlich auf ein Minimum reduziert und haben keine Verkehrsflächen. Dies führt stellenweise zu unbefriedigenden Situationen, wenn zwei Nasszellentüren sich zum Essbereich hin öffnen und auch noch die äusserst spartanische Eingangssituation, ohne jegliche Nische oder Schränke, den Essbereich belastet.
Trotz der etwas aufwendigen beidseitigen Erschliessungs- und Balkonstrukturen kann das Projekt plausibel wirtschaftlich umgesetzt werden.

Freiraum

Siedlungsfreiraum
Die Erschliessung der Gebäude sowie die Zuordnung zwischen privat und gemeinschaftlichen Freiräumen werden fertig projektiert. Die gemeinschaftlichen Flächen sind so gestaltet, dass sie veränderbar sind. Gebaute Wege wirken informell, der Kiesrasen wird die Nutzungsspuren zeichnen, Veränderungen fügen sich logisch in den Bestand ein. Dies ermöglicht, dass der Raum von Anfang an hohe Qualitäten aufweist, zur Aneignung und zum Verändern anregt und sich Veränderungen gut in den Bestand einfügen. Die Lage der Siedlungsgärten entlang des nördlichen Randes ist konfliktfrei und fasst den Freiraum der Wohnsiedlung. Die Verbindung zwischen Wohnsiedlung und Park ist zu wenig stark und sollte funktional wie räumlich ausformuliert werden. Es ist ein präziser und sorgfältig durchdachter Entwurf mit hoher Qualität.

Park
Der Stadtteilpark wird von einem ruhigen und inhaltsreichen Entwurf geprägt. Eine rechteckige absenkte Rasen- und Blumenrasenfläche wird von vier unterschiedlichen Seiten gefasst. Treppenstufen in teilweise bestockten Ruderalflächen, eine Promenade an wechselfeuchten Bereichen, Treppenstufen in einer Rasenfläche mit einer vorgelagerten Wasserfläche und eine Böschung mit einer Hügellandschaft fassen den Raum. Alle vier Seiten bieten hohe Aneignungsmöglichkeiten und sind in ihrer Nutzung veränderbar. Der Park weist dank der präzisen Anwendung von Pflanzengesellschaften und Pflanzenbildern eine hohe Identität, inhaltsreiche Bilder und ökologische Werte auf. Trockene, wechselfeuchte und magere Standorte ergänzen dabei Rasen- und Hartflächen. Der Park ist gut für Velos erschlossen. Der Quartierplatz wird aufgrund der aktuellen Ausgangslage angemessen bespielt. Höhere Investitionen wie der Spielplatz wechseln mit variablen und kostengünstigen Massnahmen wie Weidenlabyrinth, Haselhain und mobiler Bestuhlung ab. Der Platz ist nach Erstellung nutzbar, aber auch weiter ausbaubar. Die Anlage- wie die Lebenszykluskosten sind stark unterdurchschnittlich.

Soziale Nachhaltigkeit
Der Entwurf orientiert sich sozialräumlich zum Bestand im Norden des Perimeters. Drei kompakte Gebäude (Wohnzeile) öffnen sich zu einem Hof, in dem ein weiteres Gebäude (Hofhaus) steht. Wohnzeile und Hofhaus übernehmen unterschiedliche sozialräumliche Aufgaben. Die Wohnzeilen sind in den Stockwerken 1 bis 4 ausschliesslich für Wohnen gedacht; Wohnateliers und Jokerzimmer gibt es nur im Erdgeschoss. Ganz gegenteilig das viergeschossige Hofhaus: zahlreiche Clusterwohnungen schlagen experimentelle Wohnformen vor. Und das Erdgeschoss ist ausschliesslich gemeinschaftlichem Nutzen verpflichtet (Atelier, Gemeinschaftsraum, Kindertagesstätte, Reparaturwerkstatt, coworking/Quartierbüro). Insofern nimmt das Hofhaus alle sozialraumbildenden Aufgaben wahr, was den Entwurf zugleich anfällig macht vor möglichen Prozessen des Misslingens; in dem Falle würden die Wohnzeilen zum isolierten, nachbarschaftsfernen Wohnen führen.
Diese Zweiteilung setzt sich im Aussenraum fort: Rund um das Hofhaus finden sich nahezu alle Funktionen und Aufgaben die eine auf gemeinschaftliches Wohnen ausgerichtete Siedlung zu erfüllen hat. Praktisch die gesamte Fläche ist in Nutzungseinheiten unterteilt und zeigt, welche sozialen Angebote das Quartier durch die neue Siedlung rechnen kann. In dem Sinne umkreist ein Gehweg das Hofhaus und seine Grünflächen und zeigt den Besuchenden der Bestandsgebäude symbolisch auf das Hofhaus als Haus für das Gesamtquartier.
Wegen der Konzentration auf das Hofhaus und dessen Umgebung wird die Allmend und vor allem der Quartierplatz in die Überlegungen von Nutzungsdruck und Sozialraumbildung einbezogen. Es wird vorgeschlagen, eher ruhigere Aktivitäten dorthin zu verlegen (Roll-, Ball, Malspiele; Weidenlabyrinth, Klettern, etc.) und damit Angebote aus dem Bestandsquartier von der Siedlung zu entflechten.
Der Erläuterungsbericht schlägt für den Betrieb einen „Kümmerer“ vor, der das Zusammenleben unterstützt; Synergien mit Quartierbüro und Quartierarbeit werden empfohlen; wie diese Stelle finanziert wird, ist nicht erläutert, insofern besteht die Gefahr, dass sie nicht aktiviert wird, obschon der Entwurf dies nahelegen würde.

Gesamtwürdigung
Dem Projektvorschlag gelingt es, zum Park und zur Huberstrasse hin, eine klare und starke städtebauliche Haltung zu entwickeln und die Strukturen der umliegenden Siedlungen weiter zu stricken. Der Park erhält einen öffentlichen Charakter und die Siedlung wird geprägt durch ein aktives, gemeinschaftliches Innenleben. Einzig das Hofhaus verunklärt vieles, wirkt beliebig positioniert und mit den angebotenen Nutzungen überladen. Hier hätte man sich eine präzisere städtebauliche Setzung und eine durchmischtere sozialräumliche Struktur gewünscht.
Visualisierung Innenhof

Visualisierung Innenhof

Situation 1:500

Situation 1:500

Modellfoto

Modellfoto

situation 1:200

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Modellfoto

Modellfoto

Quartierplatz 1:200

Quartierplatz 1:200

Modellfoto

Modellfoto

Stadtteilplark / Allmend

Stadtteilplark / Allmend

Situation

Situation