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Einladungswettbewerb | 08/2017

Neubau Marktcarré

Perspektive Markt

Perspektive Markt

1. Preis

Preisgeld: 33.600 EUR

Max Dudler GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Beim Betrachten der Darstellung Oldenburgs aus dem Jahre 1598 fällt die klare Struktur der städtischen Anlage ins Auge. Die eigentliche städtebauliche Substanz wird aus giebelständigen Häusern gebildet, die in ihrer gewachsenen Gruppierung Stadträume ausbilden. Die öffentlichen Gebäude, wie die Kirchen und das Rathaus, stehen frei auf größeren Plätzen und sind als herausragende Orientierungspunkte sofort zu identifizieren. Diese Lesart der vorgefundenen städtischen Struktur bildet die Grundlage unseres Vorschlages für die Neubebauung des Marktes. Er orientiert sich deutlich am Maßstab der beschriebenen Randbebauung und fügt sich in den gebauten Hintergrund für Lambertikirche und Rathaus ein. Dabei handelt es sich aber nicht um einen rekonstruktiven Ansatz, sondern um eine Neuinterpretation des Vorgefundenen.
Analog zur Abstraktion und Bildmachung eines Hauses an sich, wie es zum Beispiel der Bildhauer Hubert Kiecol in seinen Skulpturen darstellt, führen wir das Thema des Giebelhauses in eine moderne Formensprache. In der von uns vorgeschlagenen Stadtfigur verschmilzt die Abstraktion vier giebelständiger Häuser zu einer einzigen Skulptur, deren Form die gewachsene Stadtstruktur aufnimmt und zugleich neue Stadträume ausbildet. Die Blockstruktur nimmt den gegebenen Maßstab auf, weiß aber dennoch auf gegenwärtige und zukünftige Nutzungen einer sich entwickelnden Stadt zu reagieren. Sie orientiert sich an den Kanten der bestehenden Bebauung, vermittelt diese aber, so dass anstelle des gegenwärtigen zerklüfteten Gefüges wieder ein Stadtblock entsteht. Die zurückspringenden Fluchten lassen durch die Aufweitung neue atmosphärische Stadträume wie Straßen, Gassen und kleine Plätze entstehen. Der Block passt sich wieder in die gewachsene Stadtstruktur definierter organischer Blöcke ein, verleugnet aber nicht, ein zusammenhängendes Ganzes zu sein. Damit weisen wir einerseits auf die Verwurzelung in einer langen Stadtgeschichte hin, bringen aber andererseits auch den Blick in die Zukunft zum Ausdruck. Es geht nicht um „Bauen“ sondern um das „Weiterbauen“ eines so reizvollen aber auch sensiblen Ortes im Zentrum Oldenburgs.

Mitarbeiter: Gerald Friedel, Annette Kern, Ayshin Soydan

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Verfasser schlägt eine kräftige Stadtfigur vor, in der vier giebelständige Häuser zu einer einzigen Skulptur verschmelzen sollen. Das Gebäude hat erkennbare Giebeldächer, einen Sockel aus Naturstein, eine plastisch ausformulierte Fassade, Traufen und Firste und suggeriert trotz monolithischem Charakter eine Kleinteiligkeit, die keinen - ohnehin historisch fragwürdigen - Parzellenbezug zu brauchen scheint.

Dieser Entwurfsansatz wird im Preisgericht kontrovers diskutiert und polarisiert. Die Entwurfshaltung ist selbstbewusst, konsequent, beinahe rigide und intellektuell. Sie biedert sich nicht an und verzichtet auf historisierendes Beiwerk. Das Gebäude präsentiert sich im heterogenen Stadtraumgefüge als eigenständiger Block, mit Rücksicht auf Lambertikirche und Rathaus nicht mit Ziegelfassaden, sondern hell - im EG mit Naturstein, darüber mit hochwertigem Putz.

Diese Haltung wird anerkannt und positiv bewertet, führt jedoch zu einigen kritischen Anmerkungen: So konsequent das angedeutete skulpturprägende Giebelhausmotiv auch ist, die quasi Gleichbehandlung der Marktplatzseite und der Seite an der Baumgartenstraße ist wenig nachvollziehbar, auch die Eckausbildung zur Achternstrasse ist zu stark.

Die vorgeschlagene Lochfassade wird sowohl als angemessen, ruhig und ausgewogen andererseits aber auch als monoton oder als zu gleichförmig gesehen. Die Südseite ist eine wichtige Marktplatzwand, es wird befürchtet, dass diese subtile Fassadengestaltung sich nicht allen Bürgern erschließt, die Akzeptanz fragwürdig scheint - wenn gleich im Preisgericht die Zurücknahme des Auftritts gegenüber Kirche und Rathaus für angemessen und richtig gehalten wird. Die denkmalfachliche Stellungnahme äußert sich kritisch zur Analogie 'Hausgiebel' und zum durchgängigen Fassadenmotiv (Genehmigungsvorbehalt).

Betrachtet man die Grundrissorganisation, so sind Flächenteilungen und Erschließungen sehr überzeugend. Im Rahmen der Möglichkeiten sind Zugänglichkeit vom Markt, von der Achternstrasse und Baumgartenstraße sehr gut gelöst, lassen zukünftig hohe Flexibilität und Variabilität erwarten, die Fahrtreppenanlage für den Großmieter liegt richtig und verbindet EG, 1. und 2. OG, die Organisation für die Bar Celona überzeugt.

Der Verfasser konzentriert die weitere interne Erschließung wie auch die Anlieferung konsequent an der Pistolenstraße. Damit würde sich der Charakter dieser kleinen Straße - trotz eindeutiger Adressbildung - zukünftig deutlich verändern.

Im 3. und 4. Obergeschoss werden vorwiegend zweigeschossige Wohnungen und gewerbliche Flächen organisiert. Die Größen der Wohneinheiten entsprechen den Vorgaben, ein halböffentlicher Innenhof ab dem 3. OG ist Aufenthaltsort, Verteiler und Platz.

Es werden Fluchtweglängen in den Gewerbeflächen kritisch gesehen, ebenso gibt es Brandschutzprobleme im Bereich der Wohnungen. Die Arbeit liegt hinsichtlich der Kenndaten im mittleren Bereich.

Mit der Stadtfigur liefert der Verfasser einen wichtigen und selbstbewussten Beitrag der deutlich macht, dass es nicht nur um das Bauen, sondern um das Weiterbauen eines so reizvollen aber auch sensiblen Ortes im Zentrum Oldenburgs geht.
Perspektive Achternstraße

Perspektive Achternstraße

Lageplan

Lageplan

Entwicklung des Stadtblocks

Entwicklung des Stadtblocks

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss 3. OG

Grundriss 3. OG

Detail Außenfassade

Detail Außenfassade