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Offener Wettbewerb | 09/2017

Wohnen am Nikolausberger Weg

Lageplan

Lageplan

ein 1. Preis

Preisgeld: 12.500 EUR

Gerber Architekten GmbH

Architektur, Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitidee

Der Entwurf verfolgt das Ziel, durch eine offene und verträgliche Baustruktur zwischen der kleinmaßstäblichen Einfamilienhausbebauung im Süden und dem großformatigen mehrgeschossigen Wohnungsbau im Norden zu vermitteln und dabei einen eigenen identitätsstiftenden Quartierscharakter zu entwickeln. Er passt sich nicht nur sensibel in die vorhandene Topographie und den umgebenden Landschaftsraum ein, sondern schafft durch seine eigene Freiraumstruktur aus privaten Plateaugärten, halböffentlichen Wegen und Grünflächen sowie öffentlichen Spielflächen qualitätsvollen Außenraum als erlebbare Landschaft für alle.

Städtebau und Gebäudetypologie

Die städtebauliche Figur aus 6 Punkthäusern reagiert mit verträglicher Dichte angemessen zurückhaltend auf die gebaute Umgebung und bildet einen lockeren Abschluss der Baustruktur des Bestands zum Landschaftsraum aus. In idyllischer Lage am nordöstlichen Rand Göttingens mit Blick über die Stadt und die Ausläufer des Göttinger Stadtwaldes gewährleistet sie Durchlässigkeit, Blickbeziehungen und Ausblickqualitäten für Bewohner und Nachbarn. Die neugestaltete Landschaft der Freiflächen wertet den öffentlichen Raum auf und berücksichtigt dabei die Interessen der heutigen Bewohner vor Ort.

Die Haupterschließung des neuen Quartiers erfolgt über den „Nikolausberger Weg“ im Westen. Von hier aus sowie über die Straße „Am Kreuze“ im Osten werden die 2 Tiefgaragen erschlossen. Ein halböffentliches Wegenetz ermöglicht eine Durchwegung in Ost-West sowie Nord-Südrichtung.

Die frei positionierten Punkthäuser haben die Abmessungen 17,65 m x 17,65 m und beinhalten 81 ausdifferenzierte 2-5 Zimmer Wohnungen über 3-5 Vollgeschosse, die Wohnraum für unterschiedliche Lebensmodelle und –phasen der Bewohner bieten. Die typisierten Grundrisse können in ihrer Anordnung variiert werden.
Die Wohnungen sind Süd-West, Süd-Ost oder Nord-Süd ausgerichtet und zeichnen sich durch großzügige Gärten, Terrassen und Balkone aus, die niveaugleich zugänglich sind. Die Wohnbereiche jedes Wohnungstyps sind so ausgerichtet, dass sie optimal belichtet werden.
Die Erschließung umfasst vom EG bis zum 3./4. OG 3 Wohnungen an jedem Kern, in den Staffelgeschossen 2 Wohnungen. Alle Wohnungen sind barrierefrei und pro Gebäude ist eine Wohnung rollstuhlgerecht nutzbar. Bei allen Wohneinheiten ist die Anleiterbarkeit durch die Feuerwehr gewährleistet.
Neben den ebenerdigen Terrassen und Plateaugärten bilden insbesondere die Dachterrassen der Staffelgeschosswohnungen eine hohe Wohnqualität mit Blick ins Grüne.
Das Quartier strebt eine familiäre, landschaftliche Wohnatmosphäre an, die die nachbarschaftliche Kommunikation und das soziale Miteinander fördert.

Freiraum und Landschaft

Die Außenanlagen entwickeln sich aus der Topographie heraus und gliedern damit die privaten, halböffentlichen und öffentlichen Bereiche. Das Gebiet mit eigenem Quartierscharakter ist sowohl durch die inoffiziellen Waldwege, als auch durch die nah liegende Haltestelle der öffentlichen Verkehrsanbieter günstig gelegen. Auch Fahrradfahrer sind schnell an die städtischen Fahrradwege angebunden. Der Nikolausberger Weg ist als Spielstraße definiert.
Nördlich, an dem höchsten Punkt der Anlage, liegt der Quartiersplatz, der auch für kleine Nachbarschaftsveranstaltungen und -initiativen dienen kann. Hier befindet sich auch der Wendekreis für die Feuerwehr und die Müllfahrzeuge.

Im Einklang mit der Topografie wird um jedes Haus ein Plateausockel mit Terrassengärten gebildet, der mit Hecken umrandet wird, um private Bereiche für die Einwohner zu gewährleisten. Jeder Eingang ist barrierefrei ausgebaut.
Zusätzlich zu den beiden Tiefgaragen werden 9 oberirdische Parkplätze für Besucher entlang des Nikolausberger Wegs angeboten. Die oberirdischen Fahrradstellplätze sind zwischen den Gebäuden nahe den Hauseingängen angeordnet. Die Müllstandorte sind in die Heckenstruktur eingebunden. Die Erschließungswege sind bei Nacht durch dezent positionierte Pollerleuchten gekennzeichnet.

Es werden 4 Plätze mit Mischcharakter ausgebildet, die als Mehrgenerationentreffpunkte dienen. Die Plätze werden durch Spielplätze und freie Spielflächen sowie einen Boule-Platz ergänzt. Eine Vielzahl an Sitzmöglichkeiten und Bänken lädt zum Verweilen ein.
Die Spielflächen ziehen sich durch die gesamten Grünanlagen und sind miteinander verbunden. Sie fügen sich in die Topografie des Gebiets und das städtebauliche Konzept. Der Hang zwischen dem Ballspielplatz und den Spielflächen kann sowohl als ‚grüne Tribüne‘ für den Ballspielplatz als auch für Spielgeräte wie Rutsche oder Kletterspinne genutzt werden. Alle Spielflächen werden mit Begleitgrün aus blühenden Bäumen und Hecken bepflanzt. Das Quartier wird durch die frei gestreuten Obstbäume räumlich aufgewertet und ‚gekennzeichnet‘. Die blühenden Bäume bringen Frische und angenehme Atmosphäre in den Frühlingsmonaten und machen die Jahreszeiten in Ihrem Wandel ablesbar.
Das Wohngebiet bietet eine moderne, wechselhafte und hohe Qualität.


Materialität

Die Fassade der einzelnen Gebäude wird durch die leicht vorspringenden Deckenplatten horizontal gegliedert und nimmt so die Terrassierung der Umgebung auf. Die Wahl nachhaltiger Baustoffe steht bei der Gestaltung im Vordergrund. Es wird ein Außenwandaufbau von 17,5 cm Mauerwerk und 20 cm Wärmedämmung mit Strukturputz im Besenstrichverfahren vorgeschlagen, das dem äußeren Erscheinungsbild einen lebendigen und hochwertigen Charakter verleiht. Außenliegende verschiebliche Sonnenschutzpaneele aus perforiertem Aluminium gewährleisten einen ausreichenden Sonnenschutz vor der raumhohen Verglasung. Im Innenraum wird eine „warme“ Material- und Oberflächengestaltung angestrebt, die für eine angenehme Atmosphäre der Räume sorgt. Die teilweise einsehbaren Dachflächen erhalten eine extensive Begrünung.

Energiekonzept

Zur Einhaltung der EnEV 2016 schlägt das Energiekonzept folgende Maßnahmen vor:
Es ist eine Brennwertkesselkaskade vorgesehen, die ggf. durch eine Gas-Absorptions-Wärmepumpe und eine thermische Solaranlage auf dem Dach (Vakuumröhrenkollektoren) unterstützt wird. Die Be- und Entlüftung wird mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung geregelt, wobei die Luftmengenregelung stufenlos durch den Nutzer mit Stoßlüftungsfunktion erfolgen kann. Die Lüftungstechnik befindet sich dabei komplett innerhalb der gedämmten Hülle. Die Lüftungsschächte in den Wohnungen liegen innerhalb der Flure und sind an die Lüftungszentralen in den Staffelgeschossen direkt angebunden. Die Heizzentralen sind in Schachtnähe im Untergeschoss angeordnet.
Desweiteren soll eine hygienische Trinkwarmwasserbereitung über Frischwasserstationen umgesetzt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit besticht durch eine sehr klare räumliche Ordnung und eindeutige städtebauliche Leitidee: Sechs Punkthäuser entlang des Nikolausberger Weges vermitteln zwischen der lockeren Struktur aus Einzelbauten im Süden, den Zeilenbauten hangaufwärts im Norden und der im Westen angrenzenden Waldfläche. Trotz der Struktur aus Solitären gelingt eine überzeugende und differenzierte Gestaltung der Freiräume zum Nikolausberger Weg hin wie auch nach Osten zur Straße Am Kreuze.

Die eindeutige Differenzierung von privaten und öffentlichen Freiräumen ist überzeugend, wodurch eine gelungene Transparenz des Quartiers und eine enge Verzahnung mit der direkten Nachbarschaft gewährleistet ist. Der Übergang zum angrenzenden Wald mit einer Spielstraße ist gelungen. Die differenzierte Ausgestaltung einer Vielzahl von kleinen Freiräumen erscheint überambitioniert und wenig selbstverständlich, so können der Quartiersplatz im Norden und das Kinderspiel am Nikolausberger Weg nicht überzeugen. Ob der vorgesehene Quartiersplatz die ihm zugedachte Funktion erfüllen kann und muss, ist zu hinterfragen, dennoch ist die angebotene Freifläche in diesem Bereich richtig gewählt und erfüllt ihren Sinn, weil sie allein den Bewohnern der beiden angrenzenden Gebäude als multifunktionale, wohnungsnahe Begegnungsfläche dient und gleichzeitig Wendehammer ist.

Die Anordnung der Spiel- und Ballspielflächen nach Osten schafft für die gesamte Wohnanlage einen zentralen Begegnungsbereich für generationsübergreifenden Aufenthalt und multifunktionalen Spielbereich - ein Freiraum, der auch von anderen Anwohnern genutzt werden kann. Die Spielflächen sind nicht ausreichend groß.

Es gelingt eine überzeugende Einbindung der neuen Bebauungsstruktur in den östlich angrenzenden Bestand. Anmutung und Wirkung der Baukörper ermöglichen durch sensible Abstufung der Höhenentwicklung entlang des Nikolausberger Weges eine Adress- und Identitätsbildung. Die unmittelbar um die Gebäude angeordneten privaten Freibereiche sorgen für einen behutsamen Übergang zu den halböffentlichen Flächen und ermöglichen den Erdgeschosswohnungen eine Gartennutzung.

Durch die enorme Ausdehnung der Tiefgarage fehlen Flächen mit Bodenanschluss für neue Baumpflanzungen, die für die naturräumliche Einbindung des neuen Wohnquartiers ausdrücklich gewünscht sind.

Die Tiefgarage ist insgesamt Überarbeitungsbedürftig. Sie ist über nur eine Zufahrt unzureichend erschlossen. Die gewählte Konzeption führt zu überlangen und komplizierten Wegen und erscheint unwirtschaftlich. Die Anforderungen der Grenzabstände und der Feuerwehrflächen sind zu erfüllen.

Die Erschließung des quadratischen Grundrisses erfolgt jeweils von Norden mit einem natürlich belichteten Treppenhaus. Die gewählte Erschließung beansprucht überdurchschnittlich viel Fläche, sorgt aber für einen Dreispänner mit sehr differenzierten Grundrissen. Die Grundrisse erfüllen weitgehend die Anforderungen und ermöglichen jeder Wohnung die Belichtung über zwei Seiten. Die offenen Küchenzeilen in den Wohnräumen der großen Wohnungen sind zu überprüfen. Die geforderte Anzahl von 80 Wohnungen in der gewünschten Aufteilung wird nahezu zu 100% erfüllt.

Die gewählte Materialität mit Mauerwerk und Strukturputz überzeugt besonders im Kontext der angrenzenden Bestandsbebauung. Die leicht vorspringenden Deckenplatten sorgen für eine horizontale Gliederung, die ein gelungenes übergreifendes Gestaltelement darstellen. Die gewählte Konstruktion sowie das Zusammenspiel von gewählten Materialien und technischer Gebäudeausrüstung lassen einen angemessenen Realisierungsaufwand erwarten.

Insgesamt handelt es sich um einen im Detail sehr sorgsam durchgeplanten Entwurf, der für den Bauherrn eine gute Wirtschaftlichkeit in Erstellung, Betrieb und Lebenszykluskosten erwarten lässt.