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Offener Wettbewerb | 09/2017

Wohnen am Nikolausberger Weg

ein 1. Preis

Preisgeld: 12.500 EUR

abdelkader architekten bda

Architektur

frei[RAUM]planung Uwe Gernemann

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Erläuterungsbericht 656794

Idee I Städtebau
Das Wettbewerbsgrundstück befindet sich inmitten zweier sehr unterschiedlicher Architekturformaten, die neu geplante Bebauung soll hier vermitteln, ohne sich an die eine oder andere Architekturform anzudocken.
Geplant wird eine Siedlung mit eigenem Charakter und einer flächigen Verteilung von Gebäuden und Außenräumen. Den Neubauten liegt ein Gebäudetyp zugrunde, der bei gleicher Erschließung und Außenabmessung mit unterschiedlichen Wohnungsgrößen bestückt werden kann.
Mit diesen „Bausteinen“ werden 3 Erschließungshöfe gebildet, die sich zum Wald öffnen, je nach umgebender Wohndichte haben sie einen unterschiedlichen Grad an Privatheit. Der größere Hof wird zum zentralen Quartiersplatz mit Spiel-, Sport-und Begegnungsflächen.

Erschließung
Der Nikolausberger Weg bleibt als Anliegerstraße weitgehend an gleicher Stelle erhalten, verschwenkt im oberen Verlauf, um dem Ballspielplatz am Quartiersplatz genügend Fläche zu geben. Er wird als shared space umgebaut, was vor allem Fahrradfahrern und Fußgängern zu Gute kommen wird.
Diese Wohnstraße endet mit einer Wendemöglichkeit für PKWs und Müllfahrzeuge auf dem Quartiershof. Durch entsprechende Anordnung des ruhenden Verkehrs und die Ausbildung der Sackgasse ist dieser Platz verkehrsberuhigt und somit für vielfältige Nutzungen bespielbar. Vier Stellplätze für Rettungsfahrzeuge oder behinderte Anwohner sind dennoch hier angeordnet.
Der ruhende Verkehr wird für die beiden ersten Wohnhöfe oberirdisch entlang des Nikolausberger Weges, für die Wohngebäude am Quartiershof in Tiefgaragen untergebracht.
Eine Tiefgarage wird ebenerdig unter Nutzung des vorhandenen Geländeverlaufes von der Straße Am Kreuze erschlossen. Ergänzend werden hier weitere Parkplätze angegliedert, die als Ersatz für die ehemaligen Garagenhöfe oder als Besucherstellplätze dienen.
Eine weitere Tiefgarage wird geradlinig vom Nikolausberger Weg angefahren und ist unter dem Quartiersplatz angeordnet. Die Waldkante bleibt unberührt.
Für Fahrräder und Fußgänger gibt es zusätzliche Wege durch das Wettbewerbsgebiet, die eine schnelle Erreichbarkeit der Bushaltestellen und öffentlichen Freiflächen und eine Vernetzung mit der vorhandenen Nachbarbebauung ermöglichen. Ein Großteil der Fahrradstellflächen wird bewusst in der Nähe der Hauseingänge im Erdgeschoss platziert, um Wildparken zu vermeiden.
Alle Gebäudeteile sind für Rettungsfahrzeuge regelgerecht anfahrbar.
Die interne Erschließung ist pro Haus zentral angeordnet, so dass wirtschaftliche 3-4-spännige Grundrisse realisiert werden können. Alle Wohnungen sind aus der Tiefgarage und den erdgeschossigen Hauseingängen über Aufzüge barrierefrei zu erreichen.

Außenräume
Unser Ziel ist es, einen Bebauungsmaßstab zu erzeugen, der Außenräume mit hoher Aufenthaltsqualität und Erschließungsflächen, die auf Begegnung angelegt sind, schafft.
Auf den autofreien Höfen können Kinder gefahrlos vor der eigenen Haustür spielen, hier befinden sich Fahrrad-und Müllräume oder kleine Werkstätten etc.
Ebenso werden die Grünflächen differenziert in private Zonen, einer Hausgemeinschaft oder der Öffentlichkeit zugeordnet. Die Geländeversprünge eignen sich hervorragend, um die verschiedenen Zonen abzugrenzen. Die lockere Bebauung ermöglicht einen weitgehenden Erhalt des Baumbestandes. Wald und Bäume werden zum namensgebenden Charakteristikum der neuen Siedlung.
Die Flachdächer, die durch ihre Hanglage zur 5. Fassade werden, sollen komplett begrünt werden und kompensieren so die gepflasterten Hofflächen.
Die Lage der bestehenden Infrastruktur für die Haustechnik kann erhalten und erweitert werden.

Wohnungsmix
Im vorgeschlagenen Konzept können ca. 87 Wohnungen realisiert werden. Dabei ist die Verteilung der Wohnungen variabel, auch später flexibel zu verändern.
Die Wohnungen basieren auf typisierten Grundrissformen für die unterschiedlichen Wohnungsgrößen. Die Bäder werden auf zwei Größen reduziert.
Die Durchmischung ermöglicht ein sozial verträgliches Angebot für alle Lebensformen bis hin zu Mehrgenerationenwohnen.
Alle Wohnungen können optimal belichtet werden und zeichnen sich durch den schönen Ausblick in Richtung Stadt und auf den Wald aus. Dabei bekommen die Gebäudeköpfe mit ihren vorgelagerten Dachterrassen eine besondere Wohnqualität.
Durch die Anordnung der Technikgeschosse an den Treppenhäusern kann ein zentrales Lüftungssystem mit kurzer Leitungsführung realisiert werden.

Siedlungscharakter I Materialität
Die Waldrandlage legt nahe, an Stelle günstiger aber schadensanfälliger Putzfassaden langlebige Verblendersteine als Fassadenmaterial einzusetzen. Aufgrund ihrer geschützten Lage, können die Fenster und Eingangstüren in Holz ausgeführt werden, im „warmen“ Kontrast zur soliden Steinarchitektur.
Durch einheitliche Dachformen und Fassadenmaterialien, einem reduzierten wertigen Materialmix (Mauerwerk - Sichtbeton – Holz ) und durch gut durchdachte wiederkehrende Fenster-und Türdetails werden die Wohnkuben inklusiver der Außenanlagen als zusammenhängende Siedlung wahrgenommen.
Alternativ zu beweglichen und dadurch wartungsintensiver Verschattungssystemen bietet eine Abfolge von Balkonen, Loggien und massiven, extensiv begrünten Kragplatten über den Fenstern den erforderlichen Witterungsschutz. Diese zusammenhängenden Elemente geben den Fassaden eine horizontale Gliederung und eine reliefartige Tiefe.
Die Fenstergrößen reduzieren sich auf drei Größen, je nach dahinter liegender Nutzung, und sind im gleichmäßigen Rhythmus angeordnet.
Die Garten- und Außenraumgestaltung setzt die Materialität der Gebäude fort, Möblierungen sind aus Verblendmauerwerk oder Sichtbeton, Sitzfächen aus Holz geplant.
Abtreppungen im Außenbereich der Gärten und Höfe werden mit Betonwinkelsteinen und davorgesetzten immergrünen Hecken, die Bodenbeläge in den Höfen aus Betonpflaster mit Natursteinvorsatz ausgeführt.

Die Investition in langlebige, ökologisch nachhaltige Materialien wird sich positiv auf die Identifikation der Bewohner mit ihrer Siedlung und auf den Lebenszyklus der Baumaßnahme auswirken.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt durch die gelungene Bildung von Höfen entlang des Nikolausberger Weges. Dadurch ergibt sich eine gute Adressbildung und eine sehr gute Zuordnung von öffentlichen, halböffentlichen und privaten Freiräumen. Die Staffelung von einer zwei- dreigeschossigen Bebauung im Südwesten bis zu einer fünfgeschossigen Bebauung im Norden ermöglicht eine gute städtebauliche Einbindung des neuen Quartiers in seine Nachbarschaft. Diese Einbindung findet sich auch in der vernetzten Wegestruktur wieder. Die zusammenhängende Anordnung des Ballspielplatzes, des Kleinkindspielbereiches und des Quartiersplatzes im Bereich der dichtesten Bebauung im Norden ist gut gelungen. Dies ermöglicht einen vielfältigen Raum für nachbarschaftliche Begegnungen und ein Angebot für unterschiedliche Altersgruppen. Dabei ist sinnvollerweise der Ballspielbereich, von dem die stärkste Geräuschentwicklung ausgeht, am Waldrand angeordnet.

Das Gebäude im Bereich der Sackgasse Am Kreuze sollte hinsichtlich des Übergangs zum Gebäudebestand um ein Geschoss verringert werden.

Die Vorgabe keine Tiefgarage unter Wohngebäuden anzuordnen wurde nur teilweise erfüllt. Dies muss nachgebessert werden. Bei der Tiefgarage am Am Kreuze würde dies die Möglichkeit bieten, das Gebäude niedriger zu setzen, um so den Übergang zum Nachbarquartier besser zu vermitteln. Die vom Nikolausberger Weg erschlossene Tiefgarage erfordert bedingt durch ihre Größe eine zweispurige Zufahrt.

Der südliche Bereich bietet ein gutes Potenzial für Baumpflanzungen.

Die Erreichbarkeit der Müllstandorte durch die Müllabfuhr ist bislang nur in Teilbereichen gewährleistet. Das ebenerdige Angebot von Fahrradstellplätzen wird begrüßt.

Die Anforderungen an den Wohnungsmix werden im Wesentlichen erfüllt. Die gewünschte Anzahl an Wohnungen würde auch bei Entfall eines Geschosses im vorgenannten Bereich erfüllt werden. Die Grundrisse entsprechen den Erwartungen des Auslobers. Die Arbeit bietet ein großes Spektrum an Wohnungstypen. Statt gemeinschaftlicher Dachterrassen wird eine Zuordnung der Dachterrassen an die Wohnungen bevorzugt. Dies bedingt in diesen Bereichen eine Veränderung der Grundrisse. Die Anordnung der Küchen und ihre Abtrennbarkeit sind zu überprüfen.

Die Verlängerung der Balkone in starre dachbegrünte Sonnenschutzelemente wird kritisch gesehen. Die hochwertige Klinkerfassade sowie die Balkone mit einer klinkerverkleideten Brüstung überzeugen gestalterisch, sind aber hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit zu überprüfen und gegebenenfalls durch Alternativen zu ersetzen.

Die Anforderungen der Grenzabstände, der Feuerwehrflächen mit Anleiterbarkeit, des Waldabstandes und der Spielfläche sind zu erfüllen.

Die Arbeit bietet ein überzeugendes städtebauliches Konzept mit schönen Räumen und guten Proportionen. Auch die architektonische Anmutung kann – bei wirtschaftlichen Bedenken - überzeugen, die vorgeschlagenen Grundrisse entsprechen den Erwartungen.