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offenes, zweiphasiges Werkstattverfahren mit vorgeschaltetem Auswahlverfahren | 09/2017

Gestaltungs‐ und Nutzungskonzept Ortskern

2. Rang

scape Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Ortsmitte von Marienheide wurde in den 1980er Jahren grundlegend saniert. Die vorhandene kleinstruktu­rierte dörfliche Streusiedlung, geprägt von verwinkelten Straßenräumen, Hecken, Wirtschaftshöfen und Gär­ten, wurde zugunsten einer leistungsfähigen Verkehrsführung fast vollständig überformt. Das idyllisch gewach­sene Ortsbild musste den Anforderungen des zunehmenden fließenden und ruhen­den Verkehrs weichen. Es wurden zwar für eine Gemeinde dieser Größenordnung großzügig dimensio­nierte öffentliche Räume geschaf­fen, diese sind heute jedoch durch den Verkehr dominiert oder lassen eine dörfliche Maßstäblichkeit und dem Poten­tial des Ortes entsprechende Aufenthaltsqualitä­ten vermissen. Darüber hinaus ist die Ortsmitte Marienheides nur unzureichend mit den angrenzen­den Grünräumen wie dem Klostergarten, dem Heilteich-Park sowie dem neu für den Radtourismus er­schlossenen Alleenradweg verknüpft. Aufbauend auf die ältere und jüngere Ge­schichte des Ortes knüpft das städtebaulich-freiraumplaneri­sche Konzept an das vorhandene, aber wenig aus­differenzierte System aus Verbindungen und Plätzen an und gibt diesen eine neue Kontur. Dörfliche Gestal­tungselemente wie Baumreihen, prägende Ein­zelbäume, Hecken und Brunnen unterstützen die Raumbildung und schaffen Akzente. Die den Orts­kern begrenzenden Straßenräume Leppestraße, Hauptstraße, Bahnhofstra­ße und Kleinbahnweg/Zur alten Post werden flächensparend neu organisiert und in ihren stadträumlichen Qualitäten gestärkt. Eine zeitlose klare Form- und Material­sprache reagiert auf die vorhandene Architektur und will die dörfliche Struktur stärken ohne an überkommenen Klischees festzuhalten.


Verkehrskonzept

Die Hauptstraße bildet als B 56 auch zukünftig sowohl eine Verbindungsstraße als auch die Haupterschließung des Ortskerns von Marienheide. Der Kreisverkehr mit der Leppestraße ordnet den Verkehrsraum, reduziert die Verkehrsfläche und dämpft insgesamt das Ge­schwindigkeitsniveau. Die Fahrbahnbreite der Hauptstraße wird auf das verkehrstechnisch notwendige Maß von 6,50 m reduziert. Dafür werden die Seitenräume größtmöglich verbreitert. Vor den Geschäften können die Kunden flanieren. Kurzzeitparken ist auf geordneten Längspark­ständen unter den Bäumen möglich. Auf die Linksabbiegerspur zur Landwehrstraße kann verzichtet werden, da der Kreisverkehr eine Zufahrt durch einen Wendevorgang ermöglicht. Dafür wird zur Bahnhofstraße eine Links­abbiegespur vorgesehen, die zukünftig die Haupterschießung des geschäftlichen Ortskerns bildet.
Auch die Leppestraße wird auf eine Normalfahrbahnbreite von 6,50m reduziert. Im Gegensatz zum bestehen­den Verkehrskonzept wird ein Verzicht auf den geplanten Kreisverkehr mit der Scharder Straße empfohlen. Bei einem weitgehend verkehrsfreien Heierplatz macht ein dreiarmiger Kreisverkehr verkehrstechnisch keinen Sinn und würde einen baulichen Eingriff in die Platzfläche erfordern. Der Knotenpunkt der Scharder Straße mit der Leppestraße besitzt auch als kompakt gestaltete Einmündung eine ausreichende Verkehrsqualität. Durch die Fahrbahnreduzierung verbessert sich die Überquerbarkeit von Haupt- und Leppestraße für Fuß­gänger. Überwe­ge bevorrechtigen die Passanten am Kreisverkehr. Hinzu kommen Querungshilfen in Form von Mittelinseln an der Scharder Straße und auf der Bahnbrücke. Im Übergangsbereich vom Heierplatz zum Markt­platz und vom Dr.-Oskar-Kayser-Platz zum Kloster erfolgen Einfärbungen des Asphalts, die die Fußgänger lei­ten. Die Stell­platzbilanz ist ausgeglichen. Stellplätze, die auf den innerstädtischen Plätzen zugunsten der Aufenthalts­qualitäten aufgegeben werden (21-4=17 Stellplätze Entfall Heierplatz, 15–7= 8 Stellplätze Entfall Dr.-Oscar-Kay­ser-Platz) werden in der Haupt- und Leppestraße (34 Straßenrandparkstände) mehr als ausgeglichen.


Gestaltung Ortsmitte und Vernetzung

Die Ortsmitte Marienheides wird durch eine einheitliche Pflasterung eindeutig markiert und ablesbar gemacht. Ein durchgängiges Möbel-und Informationssystem unterstützt das Bild. Die charakteristische Baumpflanzung aus kleinkroni­gen Feldahornbäumen entlang der rahmenden Straßenzüge stärkt das Ensemble und wertet die Hauptlauflagen entlang der Leppestra­ße und Hauptstraße zu grünen Flanierzonen auf. Blicke und Öffnungen in Richtung Marktplatz, Klosterkirche und markanter Fassaden und Gebäude werden bewusst freigehalten. Baum­tore ergänzt durch Infostelen bil­den reiz­volle Auftaktsituationen in die Ortsmitte.
Zur Vernetzung der Ortsmitte mit den umliegenden Grünräumen werden klare Wegeverbindungen und „Brü­ckenräume“ ge­schaffen. Der stark frequentierte Kleinbahnweg erhält eine begleitende Pflanzung aus fili­granen Robinien, die als Pionierbaumart an die ehemalige Gleisnutzung erinnern. Entlang des Weges bieten neben neuen Bänken Kraft- und Geschicklich­keitsstationen Bewegungsangebote insbesondere für Jugendliche. Über eine parallel geführte, lange Rampe soll das Heilteichgelände vorbehaltlich der noch zu prüfenden Höhenver­hältnisse möglichst barrierearm auf direktem Wege an die Ortsmitte angebunden werden. Neben der Klein­bahntrasse wird die Landwehrstraße als Hauptfußgänger- und Radfahrerverbin­dung zwischen Ortsmitte, Klos­ter und Park am Heilteich herausgearbeitet. Unter dem Thema eines verknüpfenden Gartenbandes wird sie von Kulturgehölzen wie alten Obstsorten und rotlaubigen Zier­pflaumenbäumen begleitet.
Neben dem Bahnhof bildet der neue P+ R Platz einen wichtigen Ankunftsort für ortsfremde Radtouristen. Ein kleiner Verweilort mit Bänken, Fahrradabstellmöglichkeiten, E-Bike-Ladestati­on, Akku-Schließfach, Infostele und Ruhemöglichkeiten im Terrassengarten empfängt die Besucher. Die großzügige Treppe mit Fahrradrampe bietet gute Orientierung und leitet die Besucher in Richtung Hauptstraße/Ortsmitte. Der beschauliche Weg entlang der Klostermauer wird durch ein Info- und Orientierungssystem begleitet und bietet Informationen zur Geschichte von Kloster und Ortschaft. Eine Fortsetzung des Leitsystems durch das Ortszentrum (Roter Faden/Radfahr­spur durch Marienheide) ist denkbar.

Neben dem Sparkassengebäude ist der historische Verlauf der Landwehrstraße eines der wenigen Relikte aus dem alten Marienheide. Durch eine Nachzeichnung des ursprünglichen Verlaufes wird die Landwehrstraße in ihrem dörflichen Charakter gestärkt und führt den Besucher als neue „Klosterpromenade“ in Richtung Domini­kanerkloster. Rundbänke unter Zierpflaumenbäumen bieten attraktive Aufenthaltsangebote. Mittelfristig kann ein neues Wohn- und Geschäftshaus die Eck- und Eingangssituation Landwehrstraße/Zur alten Post städte­bau­
l­ich betonen. Arrondierend und adressbildend sowohl in Richtung „Zur alten Post“, als auch zur Landwehrstra­
ß­e, nimmt das Gebäude ortstypische Giebelmotive auf und bildet ein Ensemble mit der bestehenden Be­bauung. Mittels farbiger Asphaltbeläge auf den Querungen Hauptstraße und am Kleinbahnweg wird die Klosterpromenade über den Ortskern hinaus vernetzt.

Der Standort Kälberweide eignet sich für eine Aufwer­tung, die mit ihren verschränkten zeilenförmigen Bau­körpern auf die städtebaulichen Parameter re­agiert. Die beiden zweigeschossigen Giebelbauten nehmen die Fluchten der Bahnhofstraße/ Straße „Zum Wasserturm“ auf und er­zeugen mit ihren Kopfbauten wohltuende Akzente in die Straßenräu­me. Verbunden werden die Gebäudeteile durch einen begrünten Flachdachbereich, der im Inneren regionalen, zentrumsnahen, aber auch mit dem zu­künftig geplanten Einzelhandelskonzept ver­trägliche Nutzun­gen (Gemüsehandel, Biomarkt) beherbergt. Zudem bieten sich so attraktive Dachgartenberei­che für im Ober­geschoss vorgesehene Wohnungen.

Der Dominikanerplatz als gute Stube des Ortes soll vorsi­chtig mit punktuellen Maßnahmen in Wert gesetzt werden. Unter Wahrung des bestehenden Charakters, des Baumbestandes und der hochwertigen Naturstein­oberflächen wird die Einfassung der vorhanden kreisförmigen Baumbeete saniert und durch Rundbänke er­gänzt. Die z.T. in die Jahre gekommene Unterpflanzung wird durch niedrige, farbenfrohe Staudenpflanzungen ersetzt. Ein Trinkbrunnen ergänzt das Angebot. Die durch den vermehrten Raumbedarf des Kreisver­kehrs ent­fallenden, zwei Einzelbäume werden durch zwei neue Bäume in der Kreisverkehrsmitte er­setzt.

Das Entwurfskonzept macht den Dreiklang der Plätze Heierplatz, Marktplatz und Dr.-Oscar-Kayser-Platz ables­bar und setzt diese neu miteinander in Beziehung. Eine wiederkehrende Gestaltungssprache, attraktive Aufent­haltsräume frei vom Autoverkehr und die Betonung des kleinstädtischen, grünen Charakters der Plätze sollen dazu beitragen, dem Ort seine „Seele wiederzugeben“.

Der Heierplatz bildet das stadträumliche Zentrum Marienheides. Er wird bis auf vier Kurzzeitparkplätze von parkenden Autos und Parksuchverkehr befreit. Eine mittige Platzintarsie aus Naturstein­platten umgeben von Kleinpflaster- und kleinformatigen Betonsteinpflasterflächen zoniert den Platz neu bei gleichzeitig großzügi­gem Flächenangebot für Wochen­markt, Feste und Veranstaltungen. Den Platzmittelpunkt und ein attraktives Spielangebot bildet ein Brunnen mit Wasserfontänen. Durch die Zonierung wird der Platz in seinem Raumgefü­ge gestärkt und neu in Richtung Marktplatz ausgerichtet. Massive Steinbänke an der nördlichen Platzkante schirmen den Platz subtil in Richtung Leppestraße ab. Der vorhandene TG-Abgang wird durch eine neue Einfas­sung wie z.B. die Verkleidung mit hinterleuchteten Glaselementen aufgewertet. In den Nahzonen der Gebäu­de entstehen attraktive Standorte für Außengastronomie. „Grüne Inseln“ als Treffpunkte und attraktive Aufent­haltsbereiche unter Bäumen sorgen für eine stärkere Durchgrünung des Platzes. Als Hochbeete ausgeführt er­möglichen sie auch auf der TG-Decke Baumpflanzungen.

Im Kontrast zum Heierplatz hat der östlich anschlie­ßende „Lindenplatz“ u.a. durch die angrenzende Wohnbe­bauung einen eher ruhigen und in­trovertierten Cha­rakter. Eine grüne Insel mit einer neu gepflanzten Linde lädt zum Verweilen ein und wird zum Mittelpunkt und Wiedererkennungsmerkmal des Platzes. Auch hier wird der vorhandene TG-Abgang durch eine neue Einfassung z.B. mit Glaselementen aufgewertet.

Der Dr.-Oscar-Kayser-Platz bildet in seiner Größe und Lage im Übergang zum Dominikanerkloster das städte­bauliche Pendant zum Heierplatz. Idee ist es, die Grundstruktur der vor wenigen Jahren durchgeführten Neuge­staltung aufzunehmen und den Platz im Sinne eines „öffentlichen Gartens“ weiterzubauen. Die bestehenden Baumpflanzungen, Stufenanlagen und Sitzgelegenheiten bleiben erhalten. Hecken schirmen den Dr. Oscar-Kay­ser-Platz besser als bisher gegen­über der Hauptstraße ab. Die heutige Zweiteilung wird durch eine Neuanord­nung der Stellplätze und den Entfall der westlichen Sitzmauer und Hecke aufgehoben, Sichtbeziehungen in Richtung Landwehrstraße werden geöffnet. Die Oberfläche kann im östlichen Teil entweder als wassergebundene De­cke erhalten bleiben oder durch eine Rasenfläche ersetzt werden, um die Grünqualitäten des Platzes zu stär­ken. Ein Spielangebot für Kleinkinder sorgt für Leben auf dem Platz.


Bahnhof/Park am Heilteich

Der Bahnhof ist wichtiger Ankunftsort für Schüler und Touristen. Eine einheitliche Rahmung fasst den vor kurz­em neugestaltete Busbahnhofsbereich mit dem Platz am Bahnhof zusammen. Durch den nun westlich des Bahnhofsgebäudes geführten Verkehr eröffnet sich die Möglichkeit, zwischen Bahnhofsgebäude und Gleisen neue Freizeit- und Bewegungsangebote wie z.B. eine Skateranlage für Jugendliche anzubieten. Gleichzeitig soll das Außengastronomieangebot erweitert werden. Über eine großzügige Treppenlage mit seitlichen Sitzstu­fen wird der Park am Heilteich neu mit dem Bahnhofsbereich vernetzt.
Das Konzept für das Heilteichgelände schafft aufbauend auf den vorhandenen Qualitäten einen einladenden, offenen Park für alle Bevölkerungsgruppen. Durch sensible, zielgerichtete Maßnahmen werden unter Wahrung des charakteristischen Baumbestandes die Grün­qualitäten des Parks erhöht und attraktive Angebote und hohe Aufenthaltsqualitäten ge­schaffen. Der Platz am Musikpavillon wird in Richtung Teich vergrößert und in wassergebundener Decke ausgestaltet. Er ist außerhalb von Veranstaltungen als Boulefläche nutzbar. Das We­gesystem wird saniert und in seiner Führung im Sinne einer besseren Orientierbarkeit leicht überarbeitet. An der Landwehrstraße werden die Parkzugänge geöffnet und barrierefrei in den Park geführt. Das vorhandene Gebäude im Nordwesten kann als Kiosk genutzt werden und wird mit einer kleinen Terrasse ausgestattet. Ein neues Beachvolleyballfeld sowie Kletterangebote im Hang ergänzen das bestehende Spielangebot.


Lichtkonzept

Das Beleuchtungskonzept macht den Aufenthalt im Ortszentrum auch abends attraktiv und akzentuiert das Do­minikaner-Kloster als historische Keimzelle Marien­heides. Die Landwehrstraße erhält im Gesamt­kontext eine besondere Betonung und wird im Sinne einer Klosterpromenade mittels einer Pendelbeleuchtung nachgezeichnet. Bodenstrahler inszenieren die prägenden Einzelbäume auf den grünen Inseln. Die neu kontu­rierten Plätze werden herausgearbeitet und erhalten jeweils eine eigene Lichtatmosphäre. Die Beleuchtung des Brunnens und ausgewählter Fassaden ergänzt das Bild. Mastleuchten begleiten die Hauptwegeverbindun­gen in der Ortsmitte, entlang des Kleinbahnwegs und im Park am Heilteich und sorgen für eine gute Orientie­rung und sichere Durchwegung in der Dunkelheit.