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2. Rang 3 / 3

offenes, zweiphasiges Werkstattverfahren mit vorgeschaltetem Auswahlverfahren | 09/2017

Gestaltungs‐ und Nutzungskonzept Ortskern

Oskar-Kayser-Platz

Oskar-Kayser-Platz

3. Rang

STERN LANDSCHAFTEN

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Erläuterungsbericht des Beitrags zur Ortskernentwicklung Marienheide des Büros stern landschaften
In Zusammenarbeit mit studio if+ und ISA Plan



Konzeptionell

Marienheide stellt mit all seinen Brüchen eine gewachsene Struktur dar. Die Gemeinde hat sich von der Keimzelle – dem Kloster – zu einem kleinen, urbanen Siedlungskörper mit teilweise massiver Baumasse entwickelt. Die Bürger selbst sehen sich jedoch weiterhin als Dorfbewohner. Die Sehnsucht nach einem entsprechenden, identitätsstiftenden Dorfbild ist groß.
Der Entwurf denkt die gefundenen Strukturen kleinteilig weiter, indem er maßgeschneiderte Lösungen für eine Vielfalt von räumlichen Situationen entwickelt. Das neue Gewand des Ortskerns ist also konzeptionell „das Alte“ – nicht nur im Sinne der recycelten Materialien, sondern ebenfalls hinsichtlich der im Ortskern immanenten Themen: die vorhandenen Potenziale werden aufgenommen und besser miteinander verknüpft, neue Nutzungen und Gestaltungen implementiert und historische Bezüge eingebunden.
Dies wird besonders ersichtlich durch die differenzierten Freiräume wie auch durch einige, wenige ergänzende Gebäude. Letztere entwickeln die bestehenden Bauten an den Ecken Bahnhofstraße/ Zur Alten Post mit durchlässigen Strukturen von Durchblicken und Durchgängen sowie aktiven Erdgeschosszonen mit einer Einzelhandels- und gastronomischen Nutzung weiter.

Freiraumkonzept

Die Eigenheit des Dorfkerns von Marienheide wird in der Perlenkette differenzierter Grün- und Freiräume ersichtlich, die sich von Süden nach Norden entlang der Bahntrasse aufspannen: vom Kurgarten Heilteich über den Bahnhofplatz und den optionalen Pocket Park, der Auffächerung zwischen dem Heier Platz mit Übergang zum Marktplatz, dem Platzduo Dr.-Oscar-Kayser-Platz / Dominikanerplatz und der Bahnhofstraße, anschließend dem Klostergarten / Klostergässchen und dem Friedhof bis hin zur Fahrradtrasse des Wasserquintetts. Jede dieser Perlen ist spezifisch und beschreibt eigene Themen und Charaktere.
Während der Heier Platz das Herz des Dorfkernes bildet und als Ort für Aufenthalt, Festivitäten und den Wochenmarkt fungiert, bildet der Dr.-Oscar-Kayser-Platz zusammen mit dem Dominikanerplatz den prominenten Ortseingang an der Hauptstraße. Zugleich sind sie ein Treffpunkt sowie Repräsentations- und zentraler Ankommensort gleichermaßen. Ihr Pendant findet sie im Bahnhofplatz, der die Themen Aufenthalt, öffentlicher Nahverkehr (Bus und Bahn), übergeordnete Fahrradtrasse und innovative Mobilität (E-Mobilität, Car-Sharing etc.) konsequent miteinander verknüpft. Dazwischen spannt sich die Amberbaum-gesäumte Bahnhofstraße als aktive Einkaufs- und Kommunikationszone auf, die aufgrund des breiten Fußgängerweges zu beiden Seiten zum Aufenthalt einlädt und Außenverkauf und -gastronomie ermöglicht. Sie ist durch das weiche Trennprinzip der Verkehrsteilräume organisiert.
Auch der bislang nur „durch die Hintertür“ erreichbare Kurpark Heilteich wird nun über den ansprechend gestalteten Kleinbahnweg zwischen Heier- und Bahnhofplatz konsequent an das Dorfzentrum angebunden und stellt das grüne „Wohnzimmer“ von Marienheide dar.
Einen weiteren zentralen Ankommensort in Marienheide bildet der Stadtparkplatz, der über das Klostergässchen und die Brückentreppe mit dem Ortskern verbunden ist. Er markiert nicht nur den Beginn der Wasserquintett-Radtrasse, sondern auch birgt auch die Möglichkeit zur Sportnutzung für Jugendliche. Der Pocket Park auf dem Gelände der Spedition bietet zudem langfristig die Option, einen Nachbarschaftstreff für Spiel und Aufenthalt für ganz unterschiedliche Generationen im Ortskern zu etablieren.

Verkehr

Die Ortsmitte ist zurzeit durch den Durchgangs- und ruhenden Verkehr dominiert. Der Entwurf sieht eine Umkehrung der Verhältnisse bei gleichbleibender Verkehrsqualität und -kapazität vor. Die Hauptstraße zwischen Eisenbahnbrücke und Rathaus wie auch die Leppestraße zwischen Klosterstraße und Scharder Straße sind mit unterbrochenen, nicht-überfahrbaren Mittelinseln versehen, welche für den Fußgängerverkehr als sichere Querungshilfe an den Kreuzungspunkten dienen. Sie verschränken die beiden Seiten enger miteinander. Schutzstreifen für Radfahrer ermöglichen die Anbindung an die örtlichen und regionalen Radwege.
Der ruhende Verkehr für Kurzparker ist entlang der Leppe- und Bahnhofstraße organisiert. Der Stadtparkplatz an der Klostermauer, mit einer deutlich verbesserten Anbindung über das Klostergässchen und die neue Brückentreppe, bildet die zentrale Parkierung für den Ortskern. Weitere Stellplätze stehen am Dr.-Oscar-Kayser-Platz und am Bahnhofplatz sowie an der Straße Zur Alten Post zur Verfügung. Zwei Mobilitätspunkte für das Laden von E-Fahrräder sowie zahlreiche Fahrradbügel am Oscar-Kayser-Platz und am Bahnhof stehen zur Verfügung. Für Elektroautos stehen analoge Punkte an Stadtparkplatz und Bahnhof bereit. Diese bieten im Kernbereich eine hervorragende Alternativerschließung zum Individualverkehr.

Geschichten erzählen – Pilgerwege und Handelsstraßen

Das Selbstverständnis der Bürger als Dorfbewohner lässt sich für Außenstehende nur schwer über die vorhandenen Baustrukturen nachvollziehen. Eine klar ablesbare Attraktion für (Tages-)Touristen fehlt. Über die Anbindung an das Schienennetz und den daraus resultierenden Startpunkt des Radweges Wasserquintett sowie die Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung besteht jedoch ein erhebliches Potenzial, den Ortskern über eine thematisch-konzeptionelle Gestaltung entsprechend auszuformulieren.
Der Entwurf nimmt diese Themen gestalterisch auf und entwickelt sie weiter. Das Wasser beispielsweise taucht in unterschiedlicher Form als Brunnen oder – abstrakter - als blaue Pflanzungen auf. Die Wahl des Ginko-Baumes für den Dr.-Oscar-Kayser- und Dominikanerplatz wiederum bezieht sich mit seinen fächer- oder jakobsmuschelartigen Blättern auf das Marienbildnis in der Wallfahrtskirche bzw. das Symbol des Jakobweges, der durch Marienheide führt. Die unterschiedlichen Baumarten am Heier Platz erinnern an historische Wegbeschreibungen der Zeit-Straße, auf der man aus Köln kommend den Apfelbaum, den Birnbaum und die Rothe Linde – heute Ortsteile von Gummersbach – passiert.
Der dörfliche Maßstab nimmt die Darstellung des historischen Fußabdruckes Marienheides im Bodenbelag auf. Im östlichen Bereich des Heier Platzes zeichnet ein bodengleiches, springbrunnenartiges Fontänenfeld den Umriss eines historischen, bei der ehemaligen Ortssanierung abgerissenen Gebäudes nach. Zudem formulieren einzelne Pflanzungen wie beispielsweise die Pflanzfelder auf dem Heier Platz oder der Heckensaum am Dr.-Oscar-Kayser-Platz kleinteilige Raumsituationen, die sowohl Rückzug und Geborgenheit ermöglichen, gleichwohl aber auch das Grün in den Ortskern zurückholen.

Materialität

Das vorhandene, sehr gut haltbare Granitkleinpflaster wird als Bodenbelag wiederverwendet und vorzugsweise durch günstigen Zukauf von Gebrauchtmaterial, bzw. alternativ und kostengünstiger durch Betonstein ergänzt. Der Belag wird in richtungslosem Passeverband verlegt. Die Grundfarbe ist Grau mit einem Anteil roter Steine (ca. 10%). Für (Stütz-)Mauern wird je nach Kontext an den Bestand angelehnter Schiefer- bzw. Grauwackevorsatz oder Sichtbeton verwendet.

Heier Platz

Die Pflanzbeete funktionieren als ein Filter zwischen Straße und Platz, der sich visuell und funktional über die Leppestraße bis zu deren nördlicher Bebauungskante erstreckt. Die drei Beete bestehen aus vorgefertigten Betonelementen, deren Oberfläche glattpoliert und deren Ansichtsfläche scharriert ist. Zum bequemen Verweilen sind sie in Teilen zusätzlich mit Sitzauflagen und Rückenlehnen ausgestattet, während ein Lichtband an der Unterkante eine Effektbeleuchtung in den Abendstunden bietet. Bepflanzt wird eines mit Bäumen (ausschließlich außerhalb der Tiefgaragenfläche) und Liegewiese, ein anderes mit üppigen Staudenpflanzungen und einem Anteil Wechselflor (mit einer Substratschicht von knapp 1,45 m Deckung). Ein drittes Beet umfasst die bestehen Eichen, unter denen eine wassergebundene Fläche die Möglichkeit zum Boule-Spiel bietet.
Das Platzinnere bleibt frei von Ausstattung und ermöglicht temporäre Sonder- und Festnutzungen. Zwischen Sparkassengebäude und den östlich angrenzenden Wohnungen ist ein Spielplatz verortet. Die Nähe zum Café und das als Wasserspielplatz nutzbaren Fontänenfeld stellt hier einen geschützten Spielraum für Kinder dar und trägt zur Belebung des Platzes bei.

Die Zugänge zur Tiefgarage sind mit einer integrierten Sitzmöglichkeit und einer einfachen Glasüberdachung als Schutz gegen die Witterung versehen. Bei einer kommenden Sanierung ist eine barrierefreie Erschließung durch einen ergänzenden Fahrstuhl wünschenswert. Er könnte die Stellplätze im Besitz der öffentlichen Hand mittelfristig wieder dem Besucherverkehr zugänglich machen. Dies würde die Attraktivität des Ortskerns weiter erhöhen.

Platzduo Dr.-Oscar-Kayser-Platz und Dominikanerplatz

Die in Anlehnung an den Jakobsweg linear ausformulierte Pilgertränke auf dem Dominikanerplatz setzt das Thema des Wassers auf eine andere Weise um: Die Anlage mit Trinkwasserqualität spiegelt den Weg des Pilgers wieder und nimmt räumlichen Bezug auf die Treppenanlage des Oscar-Kayser-Platzes einerseits und bildet eine Attraktion vom Klostergässchen bzw. Stadtparkplatz kommend andererseits.
Beide Platzteile, die sich über die Hauptstraße erstrecken, sind mit einzelnen, verstreut angeordneten Drehstühlen ausgestattet, die den Besuchern unterschiedliche Arten des Aufenthaltes, Spiels und der Kommunikation ermöglichen. Verschleifende Stufen bilden am Oscar-Kayser-Platz ein Platzpodest aus und trennen die Aufenthaltsfläche von der Erschließungsfläche. Durchbrochene Heckenblöcke stellen, wie die Beete am Heier Platz, den Saum zum Straßenraum her und heben die Aufenthaltsqualität entsprechend. Durch die geringe Höhe und die durchlässige Struktur der Hecken sind die Sicht sowie die fußläufige, ungestörte Verbindung zur nördlichen Straßenseite gesichert.

Baumkonzept

Je nach Raumsituation sind unterschiedliche Baumarten vorgesehen: Gingkos am Dr.-Oscar-Kayser-Platz, „Wegweiser“-Bäume am Heier Platz und Amberbäume mit ihrer kräftigen, roten Herbstfärbung an der Bahnhofstraße. Alle Bestandsbäume, die nicht in das neue Gestaltungskonzept aufgenommen sind und deren Zustand es erlaubt, werden innerhalb des Ortes verpflanzt (Großbaumverpflanzung). Besonderes bei den jungen Bäumen am Dr.-Oscar-Kayser-Platz bestehen exzellente Erfolgsaussichten – ein weiterer Aspekt in Sachen Nachhaltigkeit. An den Straßenlaternen aufgehängten Pflanzkörbe mit Saisonpflanzungen verschönern das Ortsbild.

Blau-weiße Pflanzung „Wasserquintett“ und „Brückentreppe“

Je nach Standort wird eine Mischung aus extensiven Stauden- und Sträuchern und selbstverbreitenden ein- und zweijährigen Pflanzen wie beispielweise blaue und weiße Fliederarten, mexikanische Minze, Kornblumen, Astern, Margaretenblumen, Glockenblumen, Stockrosen etc., und etwas intensiveren, jedoch robusten Stauden wie beispielweise Rittersporn oder Phlox vorgeschlagen. An nassen Standorten kann Iris verwendet werden. Die Böschung der Rampe an der Brückentreppe wird zusätzlich mit Bodendeckern als Hangsicherung bepflanzt.
Heier Platz

Heier Platz

Lageplan

Lageplan

Vertiefung Ortskern

Vertiefung Ortskern

Vertiefung Bahnhofsplatz

Vertiefung Bahnhofsplatz

Schnitt durch den Oskar-Kayser-Platz, die Hauptstraße und das Klostergässchen

Schnitt durch den Oskar-Kayser-Platz, die Hauptstraße und das Klostergässchen

Schnitt durch den Heier Platz

Schnitt durch den Heier Platz

Schnitt durch die Bahnhofstraße

Schnitt durch die Bahnhofstraße

Detail Oskar-Kayser-Platz

Detail Oskar-Kayser-Platz

Detailschnitt durch den Oskar-Kayser-Platz

Detailschnitt durch den Oskar-Kayser-Platz

Detailschnitt Pflanzbeete am Heier Platz

Detailschnitt Pflanzbeete am Heier Platz

Detail Holzdeck am Heilteich

Detail Holzdeck am Heilteich

Detail Pflazbeete am Heier Platz

Detail Pflazbeete am Heier Platz

Detailschnitt Pflanzbeete am Heier Platz

Detailschnitt Pflanzbeete am Heier Platz

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