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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2017

Umnutzung ehemalige Post zu Bibliothek, Archiv und Betreutem Wohnen

2. Preis

Preisgeld: 7.760 EUR

Lehmann Architekten GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Aufgabenstellung
An der nordöstlichen Zufahrt zum Altstadtkern der Stadt Bad Freienwalde (Oder) befindet sich das das zu weiten Teilen leerstehende (ehemalige) Post- und Telegrafenamt. Das im Jahre 1957 fertig gestellte Gebäude stellt ein bedeutendes Zeugnis der frühen DDR-Architektur dar und prägt durch seine markante, klassische Architektursprache den Eingang zum Altstadtkern an der Karl-Marx-Straße.

Mit der geplanten Umnutzung und Erweiterung des ehemaligen Amts zu einem städtischen und öffentlichen Gebäude und Zentrum, besteht nun die Möglichkeit den Stadteingang am Freienwalder Landgraben neu zu definieren und zu aktivieren sowie städtebaulich zu arrondieren.

Für den Entwurf sind folgende Gedanken grundlegend:

• Ensemble aus Bestand und Neubau zur städtebaulichen Arrondierung des Altstadtkerns nach Nordosten (Außenwirkung).
• Bildung einer inneren Einheit aus Alt- und Neubau mit einer optimierten Organisation der einzelnen Funktionen und Abläufen (Innere Organisation, Synergie).
• Respektvoller Umgang mit dem Bestandsgebäude, Erhaltung von Strukturen und Spuren.
• Ausbildung eines städtischen Gebäudeensembles mit großer Transparenz und Ablesbarkeit der inneren Nutzung.
• Modernes, zeitloses und kompaktes Erweiterungsgebäude mit optimierten Nutzflächen und hoher Aufenthaltsqualität

Städtebauliches Konzept
Mit der Erweiterung der ehemaligen Post wird der Eingang bzw. der Abschluss des Altstadtkerns nach Nordosten neu definiert. Der Erweiterungsbau versteht sich dabei als Vermittler zwischen der kleinteiligen und parzellierten Bebauung im unmittelbaren Umfeld und dem markanten Gebäude der ehemaligen Post.

Der Neubau nimmt als städtisches Gebäude die Bauflucht an der Karl-Marx-Straße auf. Entgegen dem Bestand mit seinem auf Sichtachsen komponierten Baukörper und Fassaden, entwickelt sich der Neubau allseitig. Die Gebäudeecke nach Nordosten wird durch einen Gebäuderücksprung im Erdgeschoß zur Stadteinfahrt akzentuiert. Hier ist folgerichtig auch der neue Haupteingang für das Gebäudeensemble verortet.

Der gestaffelte Baukörper des Neubaus fügt sich in das Umfeld ein. Zum Bestand und zum Garten entwickelt sich die Erweiterung eingeschossig. So bleibt die gestaltete Brandwand des Bestandes sowie die markante Dachgestaltung erhalten und erlebbar. Der rückseitige Hof wird zurückhaltend räumlich gefasst. Zur Stadteinfahrt erscheint der Baukörper dreigeschossig im städtischen Maßstab und erzielt die gewünschte Fernwirkung aus Richtung des Bahnhofs.

Freiraumplanerisches Konzept
Der Freiraum wird anhand der vorhandenen Strukturen entwickelt. Entlang der Karl-Marx-Straße wird die städtische Baukörpersetzung des Neubaus durch den Außenraum unterstützt. Im Bereich des Gebäuderücksprungs entsteht ein angemessener, einladender Vorbereich mit Aufenthaltsqualität.

Die notwendigen Stellplätze werden, wie im Bestand, im rückseitigen Hof nachgewiesen. Hier befindet sich ein zusätzlicher, barrierefreier Zugang zum Hauptfoyer. Der Neubau wird von einem gestaltbaren Garten umsäumt, der Bestandsbaum im Norden kann erhalten werden.

Architektonisches Konzept
Der städtebauliche Ansatz der Bezugnahme auf den Bestand sowie seine zeitgemäße Fortführung und Umdeutung findet in der architektonischen Konzeption seine Fortsetzung. Die stark ausgeprägte horizontale Gliederung der ehemaligen Post findet im Erweiterungsbau seine Entsprechung. So wird, entsprechend der inhaltlichen Gliederung, das Erdgeschoß (öffentlicher Bereich) mit dem Sockel (einheitliches Erdgeschoßniveau Bestand – Neubau) zusammengebunden. Ebenso werden die beiden Obergeschosse zusammengefasst. Die Traufkante des Bestandes wird im Neubau übernommen.

Mit seiner vertikalen Gliederung und Rhythmisierung der Fassade nimmt das Gebäude Bezug zu den Fassadengestaltungen der umliegenden Gebäude der Altstadt und interpretiert diese in einer modernen und zeitgemäßen Architektursprache. Die innere Organisation des Gebäudes mit dem öffentlichen Erdgeschoss sowie der Nutzung der Obergeschosse als Archiv bildet sich nach außen ab.

Im Inneren soll durch die klare Organisation und Ausbildung der Bereiche sowie die Verwendung von hellen und natürlichen Materialien eine größtmögliche Transparenz sowie eine einladende Aufenthalts- und Arbeitsatmosphäre geschaffen werden.

Organisation / Funktionsaufteilung
An der Nordostecke befindet sich der Haupteingang. Hier ist das gemeinsame Foyer für das Stephanus-Zentrum und die Bibliothek angeordnet. Das Foyer ist auf dem Niveau des Erdgeschosses des Bestandes angeordnet und wird über eine Treppe bzw. Aufzug erschlossen. Ein Empfangstresen bildet die erste Ankunft im Gebäude. Über das Foyer werden die Veranstaltungsbereiche, die Bibliothek, die allgemeinen Toiletten sowie die in den Obergeschossen des Neubaus untergebrachten Archive (Heimatkreis und Stadt) erschlossen.

Die Veranstaltungsbereiche (Seminarraum Bibliothek, Veranstaltung Stephanus-Zentrum) sind mit einander koppelbar und können auch zum Foyer geöffnet werden. Der Servicebereich der Bibliothek schließt sich über einen Durchbruch der Brandwand im Erdgeschoß des Bestandes an. Die Bibliothek erstreckt sich über das gesamte Erdgeschoß.

Im ersten Obergeschoß sind die Tagespflege sowie der Familienentlastende Dienst und die Büros des Zentrums untergebracht. Die Tagespflege wird über den ehemaligen Eingang des Postamts erschlossen. Aufgrund der Größe könnte hier zusätzlich eine kleine (öffentlich zugängliche) Ausstellung über das Bestandsgebäude untergebracht werden.

Im zweiten Obergeschoß befinden sich die Verhinderungspflege und die Wohngruppe. Beide können separat erschlossen werden. Aufgrund des schonenden Umgangs mit dem Bestand und aus Gründen der Wirtschaftlichkeit wird vorgeschlagen, auf einen zweiten Aufzug im Bestand zu verzichten. Zur separaten, barrierefreien Erschließung sämtlicher Bereiche im Bestand könnte ein zusätzlicher Aufzug integriert werden.

Konstruktion / Materialität / Energetisches Konzept
Der Neubau ist auf einem einheitlichen Raster aufgebaut. Das Tragwerk besteht aus Decken, Stützen und aussteifenden Kernen. Die Spannweiten sind im wirtschaftlichen Bereich. Über den gezielten Einsatz von möglichst natürlichen und ressourcenschonenden Materialen, wie heimische Hölzer und Naturstein sowie hellen Oberflächen wird eine angenehme Innenraumatmosphäre geschaffen. Für die Fassade werden langlebige und wartungsfreie Materialen vorgeschlagen: Stützen und Riegel in Beton, Ausfachungen in Naturstein, Fenster- und Türelemente als Holz-Aluminium Konstruktion.

Zur Reduzierung des Energiebedarfs trägt neben der Kompaktheit des Neubauentwurfs im Wesentlichen die geplante hochgedämmte Ausführung der Gebäudehülle bei. Dies führt insgesamt zu einer deutlichen Begrenzung von Transmissionswärmeverlusten.

Die Dimensionierung der Fensterflächen für den Neubau folgt bewusst den Anforderungen aus Raumgeometrie und Raumnutzung. Durch die Verwendung hochselektiver Gläser und Sonnenschutzvorrichtungen wird in den Sommermonaten ein zu starker Wärmeeintrag effektiv vermieden und damit Kühllasten deutlich reduziert.

Der Konzeptionsansatz für die technischen Einrichtungen basiert auf energetisch und betriebswirtschaftlich optimierten Anlagen. Es werden in allen Gewerken Wärmerückgewinnungssysteme mit minimalem Strom- und Energiebedarf sowie maximalem Wirkungsgrad eingesetzt. So verfügen sämtliche Lüftungsanlagen, z.B. für den Veranstaltungsbereich und die Archive über eine interne Wärmerückgewinnung mit einem Wirkungsgrad von 60 bis 75 %. Die Anlagen befinden sich im Sockelgeschoß des Neubaus.

Beurteilung durch das Preisgericht

Nordöstlich der Alten Post schließt ein viergeschossiger Flachdachbau in Straßenflucht an.

Die überwiegend vertikale Fassadengliederung im Altstadtkern wird aufgegriffen und eigen- ständig und nicht historisierend neu interpretiert.

Dabei wird durch den Übereckeingang der Stadteingang selbstbewusst markiert, ohne die städtebauliche Struktur zu dominieren.

Es gibt eine rückwärtig liegende Grundstückszufahrt von der ruhigeren Fischerstraße. Die Ver- und Entsorgung sowie der ruhende Verkehr u nd der Stellplatznachweis sind dadurch vorbildlich gelöst.

In Größe, Kubatur und Materialität wird der Neubau im Denkmalumfeld als sehr verträglich erachtet. Die Fassadengestaltung respektiert den Altbau durch die höhenmässige Unterordnung der Attika und des Arkadengesimses in Anlehnung an die Horizontalen des Altbaus, dadurch wird der Rücksprung des Baukörpers nicht al s störend empfunden. Die Architektursprache, die von einer Bäderarchitektur geleitet ist, wird in Ihrer Dominanz kontrovers diskutiert.

Die um den Anbau gestalteten Gartenbereiche verschmelzen mit dem angrenzenden Wohnumfeld.

Der barrierefreie Zugang für die Bibliothek ist über einen Aufzug im Foyer und eine rückwärtig angeordnete Rampenanlage sichergestellt.

Die Bibliothek ist klar strukturiert und bietet großzügige Wandflächen. Kombinierbare Veranstaltungs- und Seminarräume auch für eine externe Nutzung sind möglich; die Zuordnung lässt flexible und bereichsübergreifende Nutzungen zu. Das Gesamtkonzept ist funktional stimmig.

Der Zugang zur Stephanus-Stiftung ist über den bestehenden Zugang zur Alten Post losgelöst von der Bibliothek möglich.

Die Obergeschosse werden über einen Aufzug barrierefrei erschlossen.

Die Pflege und Arbeitsbereiche sind klar strukturiert, die Flächenvorgaben der Nutzer präzise erfüllt.

Die Bereiche der Stephanus-Stiftung Verhinderungspflege, Tagespflege und Wohngruppen sind den konkreten Bedürfnissen der Stephanus-Stiftung anzupassen und zu optimieren.