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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2017

Neubau Kreativwirtschaftszentrum Alter Schlachthof 57

2. Preis

Preisgeld: 12.000 EUR

Ferdinand Heide Architekt

Architektur

Erläuterungstext

Konzept
Mit dem Neubau des Kreativwirtschaftszentrums werden die KFE und die Stadt Karlsruhe einen weiteren vorbildlichen Eckpunkt für die bauliche Entwicklung des Schlachthofgeländes setzen. Der Entwurf setzt alle Vor¬gaben des Masterplans konsequent um. Ein kraftvoller Baukörper mit ruhig gegliederten, begrünten Fas-saden präsentiert sich mit geschosshohen Verglasungselementen großzügig und offen zum Schlachthof. Die gesamte Erdgeschossfront wird bis auf die zentrale Einganshalle von Studios bestimmt. Das zentrale Trep-pen¬haus erschließt über alle Geschosse jeweils zwei 400qm-Nutzungseinheiten. Sollten weitere Miet-einheiten pro Geschoss gewünscht werden ist auch eine Teilung in 4 vier Segmente möglich.

Architektonisches Konzept / Materialität / Fassadenbegrünung
Der Charakter des Hauses wird geprägt durch das Konstruktionsraster des Gebäudes, das als Sicht-betonskelettbau auch im Innern des Hauses erlebbar ist. In die Konstruktionsfelder werden Ver-glasungselemente eingefügt, die nur im Raster von 1,25 m zum flexiblen Anschluss von Trennwand-stellungen eine Unterteilung aufweisen. Öffnungsflügel in jedem 2. Element dienen der natürlichen Belüftung und der Reinigung von Innen und der seitlichen Festverglasungen. Während das Konstruktionsraster auf den Seiten zum Schlachthof mit selbstklimmendem Efeu (immergrün) und wildem Wein (saisonal grün und mit roter Herbstfärbung) in den kommenden Jahren einen „grünen Pelz“ erhalten wird, zeigt sich zum Messplatz oberhalb der durchgängigen Graffitiwand das Konstruktionsraster in Form unbegrünter Sichtbeton¬fertig¬teile auch nach außen.
Für die Fassadenbegrünung wurde in Abstimmung mit einem Fachplaner eine innovative und dauerhafte Lösung erdacht: Ziel ist es einerseits den selbstrankenden Pflanzen eine ausreichende Kletterhilfe zur Ver-fügung zu stellen und gleichzeitig durch eine Konstruktion dafür zu sorgen, dass die Selbstklimmer nicht in die Fugen der Metall-Glasfenster oder den Sonnenschutz wachsen. Hierfür werden als Fassadenplatten vor einer Kerndämmung 2mm dicke, geschosshohe u-förmige Blechschalen ausgebildet, die ein seitliches Über-wachsen ein¬schrän¬ken und zwischen die ein Aluminiumrankgitter eingeschweißt ist. Selbstverständlich werden alle Kletterpflanzen vor jeder Stütze in dem gewachsenen Boden – und nicht in Pflanzkübeln – gepflanzt, denn nur so kann über Jahre eine dauerhaft grüne und langlebige Grünfassade entstehen.
Auch ohne Begrünung, die bis zu den Obergeschossen noch zwei, drei Jahre benötigen wird, ist durch die o. g. Fassadenschalen bereits hochwertige Fassadenanmutung gegeben. Alle Fassadenelemente erhalten einen schienengeführten außen liegenden Son¬nen¬¬schutz.

Innere Organisation / Erschließungskonzeption
Eine zentrale Ein¬gangs¬halle und die halböffentliche Dachterrasse sind die kommunikativen Adresse des Hauses und mit dem zentralen Treppenhaus direkt miteinander verbunden. In den Büroeinheiten kann das gewünschte Raumprogramm umgesetzt werden. Die besondere Flexibilität der 400qm-Einheiten kommt aber insbesondere zum Tragen wenn eine eher offene Zonierung oder Kombibüros umgesetzt werden sollen. Die in den Einheiten nur in der Mitte platzierten Stützen dienen der Wirtschaftlichkeit und erlauben eine flache Stahlbetondecke mit Betonkernaktivierung






Baulicher Brandschutz
Der Entwurf sieht für die geplanten 400 qm-Einheiten jeweils zwei bauliche Rettungswege vor. Von einer Anleiterbarkeit kann ohne Sondergenehmigung der Feuerwehr nicht ausgegangen werden, da nicht nur die Feuerwehr-Aufstellmöglichkeit zu bestätigen wäre, sondern auch eine Ausnahme für pro Geschoss deutlich mehr als 10-15 zu rettende Personen. Innerhalb der 400qm-Einheiten kann jeder Nutzer ohne Berück-sichtigung von Fluchtwegen, Unterteilungen etc. frei über seine Fläche verfügen.



Energieeffizienz, Energiekonzept und Nachhaltigkeit

Die kompakte Baukörperausbildung, die einfache aber flexible Grundrissorganisation und die einfache konstruktive Fügung versprechen nicht nur Wirtschaftlichkeit sondern auch Nach¬haltigkeit. Die hoch-wärmegedämmten Fassaden, die Berücksichtigung von Decken als Spei¬cher¬mas¬sen und der zurückhaltende Einsatz von Technik stehen für Energieeffizienz. Grund¬sätzlich können alle Räume jahreszeitabhängig über entsprechende Öffnungsflügel in der Fassade natürlich belüftet werden. In der Heizperiode und zur mechanischen Be- und Ent¬lüftung kommen in den Besprechungs- und Semi-nar¬räumen dezentrale Lüftungsmodule mit einer Wärme¬rück¬gewinnung zum Einsatz.
Alle Stahlbetonflachdecken werden mit einer Beton¬kernaktivierung versehen, die zur Beheizung der Räume im Winter und zur Kühlung im Sommer heran¬¬gezogen werden kann. Demzufolge sind keine abgehängten Decken vorgesehen. Die Betonkerntem¬perierung wird oberflächennah positioniert, wodurch eine gute, einzelraumspezifische Tem¬peratur¬¬regelung sicher¬ge¬stellt wird. Die Elektrotrassen werden bodenseitig in Kabelkanälen geführt.
Auf der Dachfläche wird eine PV-Anlage errichtet. Diese deckt durch die gewählte Ausrichtung (70% Süd-Ost und 30 % Süd) einen hohen Eigenanteil des Stromverbrauchs.
Die Beleuchtung wird tages- und präsenzabhängig geregelt und in LED Technik realisiert. In Zusammenwirkung mit der Tageslichtlenkfunktion des außenliegenden Sonnen¬schutzes wird der Stromverbrauch auf das absolut notwendige Maß reduziert.
Die wartungsbedürftige Gebäudetechnik wir durch eine Reduzierung der Systemvielfalt und des Regelungsbedarfs auf das absolut notwendige Maß reduziert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser entwickeln ein im positiven Sinne einfaches, klar strukturiertes Gebäude, das in seinem Volumen auf die Anforderungen aus dem Masterplan eingeht. Der Charakter des Neubaus sowie das äußere Erscheinungsbild sind durch die Konstruktion des Hauses geprägt, die aus Decken und Wandscheiben besteht.

Diese konstruktivgestalterische Entscheidung lässt ein Haus entstehen, das selbstbewusst und zugleich wohltuend in das Ensemble des Alten Schlachthofs eingefügt ist. An dieser Stelle herauszustellen ist hierbei der Umgang mit der Fassadenbegrünung, die als Auflage aus dem Bebauungsplan zu erfüllen ist. Hierfür entwickeln die Verfasser einen ebenso interessanten wie auch eigenständigen Vorschlag, in dem sie das Grün zum integrativen Bestandteil des Fassadenaufbaues erklären. Ob diese schöne Idee in die Realität derart problemlos wie im Erläuterungsbericht beschrieben umgesetzt werden kann und zugleich eine dauerhafte Lösung darstellt, wurde im Preisgericht kontrovers diskutiert. Das Konzept und die eingehende Beschäftigung mit dem Thema des Fassadengrüns werden vom Preisgericht besonders gewürdigt.
Die innere Organisation des Gebäudes entspricht in weiten Teilen den Erwartungen der Ausloberin. Die Lage des Eingangs ist vor dem Hintergrund weiterer Neubauten auf dem Gelände kritisch bewertet. Der Bereich hinter dem Treppenpodest der Haupterschließungstreppe im Erdgeschoss bedürfte einer qualitätsvolleren räumlichen Ausbildung, in den oberen Geschoßen wirkt der Treppenraum für die Größe des Gebäudes zu eng bemessen. Vorteilhaft für die Flexibilität und die Variabilität der Grundrisse ist die Anordnung von zwei zusätzlichen Fluchttreppenhäusern, die sinnvoller Weise jeweils an den Gebäudeenden geplant sind.

Das konstruktive System aus tragenden Wandscheiben entlang der Fassaden und einer Stützenreihe in der Mittelachse des Grundrisses unterstützen den Gedanken einer flexiblen Gebäudeorganisation. Diesem Gedanken folgt auch die Fassade, die in einem Raster von 1,25 Meter aufgebaut ist. In den perspektivischen Darstellungen ist der Fassadenaufbau sehr zurückhaltend bis abstrakt dargestellt und würde bei einer Realisierung anders in Erscheinung treten. Nicht gelöst ist die Behandlung der Fassaden im Bereich der Fluchttreppen und der Sanitärräume. Derzeit „übersieht“ die ansonsten konsequent umgesetzte Fassade diese Räumlichkeiten. Hinsichtlich des thermischen Verhaltens des Neubaus wäre das Verhältnis von Glasflächen zu geschlossenen Fassadenbereichen eingehend zu untersuchen. In der gegenwärtigen Darstellung wirkt der Glasanteil hoch, was zu einer Überhitzung der Innenräume in den Sommermonaten führen könnte.

Kompaktheit, einfache Organisation und Konstruktion des Gebäudes lassen eine wirtschaftliche Erstellung des Gebäudes erwarten. Ob dies auch für den Unterhalt gilt, müsste vor dem Hintergrund der geplanten Fassadenbegrünung untersucht werden. Insgesamt zeigt der Beitrag ein Gebäude, das gut in die bestehende Situation eingefügt ist und in seiner Typologie sowie Gestalt weitgehend überzeugen kann.