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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2017

Neubau Wohn- und Geschäftsgebäude Große Oderstraße

2. Preis

Preisgeld: 15.000 EUR

Winking · Froh Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Die Rekonstruktion der Wohn- und Geschäftshäuser in der Oderstraße in Frankfurt (Oder) verfolgt drei wesentliche stadträumliche und architektonische Ziele:

Revitalisierung der Oderstraße durch drei repräsentative zeitgemäße Bürgerhäuser und die Schaffung eines ruhigen Platzrahmens für die Marienkirche

Neuinterpretation des ursprünglich durch ein Tor freigestellten Geburtshauses Heinrich von Kleist in Kombination mit dem historischen Bischhofsgang als baulicher Durchbruch und als eine neue Verbindung zur Oder.

Architektonische Bezugnahme auf die hansischen Wurzeln der Stadt und ihre archäologischen Reste durch die Verwendung von Ziegel und die Ausbildung von Giebeln.

Hinzu kommt ein leichtes Verschwenken der Bauflucht, zurück auf die historische Bauflucht als Reaktion auf das Kleisthaus und einen möglichen weiteren Baustein der Wiederbebauung im Übergang zum Audimax.


Erschließung, Nutzung, Disposition

Neben dem Bolfrashaus entsteht in Anlehnung an die Vorgängerbauten der kleinste Baustein der Neubebauung. Die Erschließung der insgesamt 15 Wohnungen in den Obergeschossen erfolgt neben dem Bolfrashaus über einen seitlichen Durchgang von der Oderstraße und vom Hof aus. Das Erdgeschoss umfasst Gewerbeflächen und wird ebenfalls seitlich von der Oderstraße oder über den Hof erschlossen.

Im Anschluss daran entstehen zwei gleichgroße ähnliche Gebäude. Jedes Haus umfasst 20 Wohnungen. Die Erschließung erfolgt seitlich vom Bischhofsgang über ein Tor direkt von der Oderstraße oder den Parkplätzen im Innenhof.

In den Erdgeschossen befinden sich flexibel nutzbare Gewerbeflächen für Büros, Praxen oder ein Café im Übergang zum Audimax. Die Gewerbeflächen verfügen zusätzlich über direkte Zugänge ins Kellergeschoss als Erweiterungsflächen für Nebenräume.

Alle Treppenhäuser wurden bewusst als innenliegende Treppen konzipiert um den überwiegenden Anteil von 2-Zimmerwohnungen wirtschaftlich zu erschließen. Sie verfügen über großzügige Treppenaugen in das im 4. Obergeschoss Tageslicht über die Außenfassaden der Staffel gelangt.


Form, Erscheinung, Material

Die Fassaden sind als ruhige Lochfassaden geplant. Wenige geschlossene Loggien an der Oderstraße ordnen sich unauffällig in den Fassadenduktus ein. Hofseitig sind die Loggien etwas offener gestaltet.

Durch die unterschiedliche plastische Ausbildung von Gewänden, Leibungen und Gesimsen erhält jedes Haus eine individuelle Handschrift. Ebenso durch die Umwehrungen der Loggien und Dachterrassen, die als Geländer, geschlossene oder perforiert gemauerte Brüstungen unterschiedlich geplant sind.

Die Häuser sind viergeschossig plus Staffel konzipiert.
Neben dem Hauptstaffelgeschoss ist zusätzlich noch ein „Kajütengeschoss“ mit besonderen Penthäusern geplant. Durch das kubische Staffeln entsteht eine besondere Dachlandschaft mit Treppengiebeln, die den besonderen „hansischen“ Charakter der Gebäude bestimmen.

Geschlämmter märkischer Ziegel ist das Fassadenmaterial. Jedes Haus erhält eine leicht unterschiedliche Oberfläche und Farbe. In Kombination mit verschieden gestalteten Holzfenstern im Sockel und im Staffelgeschoss werden die einzelnen Häuser lesbar. Gleichzeitig entsteht aber ein Gesamtensemble unserer Zeit, das sich neben dem Bolfrashaus, dem Audimax, der Viadrina und der Marienkirche behaupten kann.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser verfolgen ein ganzheitliches städtebauliches und architektonisches Konzept. Mit einem eigenständigen entwurflichen Ansatz wird die Aufgabe interpretiert und gleichzeitig die Chance erkannt, den besonderen Standort gegenüber der Apsis der Marienkirche räumlich neu zu fassen. Drei aufeinanderfolgende und mit einander verwandte Mehrfamilienhäuser positionieren sich selbstverständlich als zwei durchgehende Gebäudekörper an der Großen Oderstraße, wobei der südliche Körper in seiner Längsachse leicht nach Westen geknickt ist. Der zwischen den Gebäuden liegende Bischofsgang wird als Gasse mit einem kleinen an das ehemalige Kleisthaus erinnernden Torbau und sich gegenüberliegenden Fassaden an den Schmalseiten der Gebäude ausgebildet. Mit dem zweifach gestaffelten Giebel und einem jeweils durchgehenden Fassadenraster erzeugt die disziplinierte Bebauung nicht nur einen ruhigen Straßenraum, sondern gleichzeitig auch einen bemerkenswerten Abschluss zum Universitätsplatz mit einer Referenz zu hansestädtischen Gebäudetypologien. Die Klarheit des städtebaulichen Konzepts wird in der konsequenten Erschließungsstruktur und den robusten Grundrissen fortgeführt. Die Anforderungen an die Standards des Auslobers werden jedoch in einigen Wohnungsgrundrissen nicht erreicht. Entsprechend werden die Wohnküche und die teilweise nur gering nutzbaren Freisitze kritisiert. Die großzügigen Dachterrassen und das Kajütengeschoss werden als Besonderheit erkannt und hinsichtlich der Nutzung und Vermietbarkeit diskutiert. Im Erdgeschoss werden flexibel nutzbare Gewerberäume angeboten. Die Zugänge zu den Häusern befinden sich strategisch an der Schnittstelle zum Bolfrashaus sowie in der Gasse zwischen den Gebäuden. Vor dem Hintergrund des begrenzten Budgets bietet diese Arbeit mit ihren kompakten Baukörpern, lediglich drei Erschließungskernen und sich wiederholenden Bauteilen einen verantwortungsbewussten Wettbewerbsbeitrag. Aus Sicht der Denkmalpflege wird die geringe äußere Differenzierung der beiden langen Gebäudekörper sowie die konkurrierende Materialität gegenüber der Marienkirche kritisch bewertet.