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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2017

Neubau Konzerthaus

3. Preis

Preisgeld: 75.000 EUR

David Chipperfield Architects Gesellschaft von Architekten mbH

Architektur

Arup Deutschland GmbH

Brandschutzplanung, Energieplanung, TGA-Fachplanung, Tragwerksplanung, Fassadenplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Gestapelte Räume, ein Gebäude, das sich einer typologischen Aussage entzieht, ein umgestülptes Ding – das steht bei diesem Entwurf für die außerordentliche neue Kultureinrichtung in einem räumlich unbestimmten Umfeld. Die in Beton gegossene Landschaft ist zweifelsohne signifikant und robust: ein Statement. Die Arbeit zeigt Präsenz, eine spannende Balance zwischen Ausstrahlung und Unbekümmertheit, Leichtigkeit – denn die Begehbarkeit des Bauwerks von außen durch Rampen bis auf die oberste Plattform ist im Städtischen ungewöhnlich, irgendwie doch einladend - eine Option auf ein kulturell lebendiges Umfeld. Eine eigentliche Fassade wird durch eine regelmäßig durchbrochene Beton-Glasstruktur ersetzt. Die Verteilung der Funktionen im Inneren ist sauber durchdekliniert und macht Etliches ganz richtig. So liegen die Bereiche der Hochschule direkt zugängig gleich im Erdgeschoss. Dadurch werden die Alltagsbereiche der Musikstudierenden nicht durch ein kompliziertes Treppensystem, sondern auf kürzestem Wege erreichbar. Die Besucher werden am Erdgeschoss vorbei über einen knappen Eingang schnell und ohne großen Aufwand in das erste Obergeschoss gehoben, über Rolltreppen und zwei Aufzugsgruppen. Ob sie für die große Anzahl der Besucher ausreichen, wird jedoch bezweifelt. Dort angekommen erklärt sich das Raumwerk, das den zentralen Konzertsaal beherbergt quasi von selbst. Das Raumvolumen wird umwoben von Rampen, die die Ränge erschließen und im Rauminneren wie in den großen Foyer-Bereichen zu eindrücklichen Rauminszenierungen führen. Hier flanieren die Besucher: im Raum, im Foyer – wie auf dem Gebäude – so konsistent gedacht. Der große Saal ist für Besucher eine besondere Erfahrung. Bei genauerem Hinsehen, mit Fokus auf das Orchester und die Musiker, gibt es allerdings noch zwingenden Bedarf an räumlichen Veränderungen und Anpassungen. So verursacht die unmittelbare Verbindung von Orchester und Chor ein akustisches Problem, vom fehlenden Zugang des Chores auf die Bühne abgesehen. Der ganze Bereich hinter der Bühne (Anlieferung etc. Orchesteraufenthalt) ist zu enge angelegt und nicht praktikabel. Die Besucher auf den Rängen neben und hinter der Bühne haben keine gute Blickbeziehung zum Orchester. Das Projekt zeigt über alle Aspekte gute akustische Voraussetzungen. Der Große Konzertsaal hat ein hohes akustisches Potenzial. Das Volumen sollte des Große Konzertsaal deutlich reduziert werden. Bei der akustischen Detailplanung sollte ein besonderes Augenmerk auf die Gestaltung der Bühne gelegt werden. Und noch ein außerordentlich wichtiges Detail stört den Raumeindruck, auf das nicht zuletzt auch das Rendering hinweist: das Orchester scheint eingekesselt und der großartige Raumeindruck, den die Besucher mitnehmen, reicht nicht bis auf die Bühne. Es ist der relativ längs gerichtete, parallele Raumzuschnitt, der wenig Spielraum für die Bühne zulässt. Dem Bühnenraum und damit dem relativ rigiden Raumzuschnitt mehr Atem und Großzügigkeit einzuräumen, wäre zwingend – die Grundstruktur lässt vielleicht eine Anpassung und Optimierung zu, ohne das bauliche Gerüst zu verändern. Erfahrungen mit vergleichbaren Raum zwingen zu einer kritischen Überprüfung. Die schmalen Balustraden im Raum verändern die akustische Wirkung, machen sie den schmalen Raum noch enger. Der gleichförmig tiefe Balkonumlauf schränkt zudem auch die Aufführungspraxis ein. Die Ausgangsposition für die gefordert enge Beziehung zwischen Zuschauer und Darsteller ist nicht optimal. Der kleine Saal ganz oben ist ein Schmankerl mit Rundumausblick, die notwendige Technik für die Hubbühne etc. muss dennoch zur Verfügung stehen. Das Problem der deutlichen Überschreitung der Quadratmeter-Vorgaben ist bei diesem Entwurf ohne eine grundsätzliche Infragestellung des Konzeptes zu korrigieren: alleine schon durch eine Verkleinerung der Flächen im obersten Geschoß, dem Belvedere. Nach einer derartigen Korrektur würde sich der Entwurf einreihen können in die Überschreitungen aller übriger Entwürfe. Und noch ein Hinweis: ein Raumwerk dieser Art verträgt- so die Aussagen der Verfasser - keine Ausnahme. Ein Hinweis auf den Hauptzugang wird hier ersetzt durch einen Raumfilter, der das Foyer vom städtischen Platz trennt. Vielleicht zu wenig populär, zu akademisch, zu formal? Eine Geste, die den Eingang leichter erkennbar macht, wäre noch gut. Das Nebeneinander von Tiefgarageneinfahrt und Einstieg auf den Weg aufs Haus wird kritisiert. Ein Entwurf, dem es gelingt, an einem Ort mit vielfältigen, weit gespannten Kulturangeboten einen neuen Wert zu sichern. Neben der Vielfalt der Eindrücke etabliert sich Stabilität - einprägsam, wiedererkennbar, erinnerbar. Die Brauchbarkeit des Konzertsaals wird allerdings nachdrücklich in Frage gestellt.