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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2017

Erweiterung der Grundschule Saarbrücken Ost

ein 3. Preis

Preisgeld: 11.650 EUR

WW+ architektur + management

Architektur

Erläuterungstext

„Die Aufgabe der Umgebung ist es nicht, das Kind zu formen, sondern ihm zu erlauben, sich zu offenbaren.“
Maria Montessori

Genius Loci

Der zur Verfügung stehende Bauparameter liegt im Osten des Stadtzentrums von Saarbrücken und beinhaltet die Grundschule Saarbrücken Ost. In unmittelbarer Nähe befinden sich der Kindergarten und die Kirche der Gemeinde St. Johann/St. Elisabeth sowie die Veranstaltungshalle Joachim-Deckarm. Motorisiert wird das Grundstück über die nördlich gelegene Thüringer Straße, sowie die westlich gelegene Hellwig Straße erschlossen, welche auch als fußläufige Verbindung dient.

Der respektvolle Umgang mit dem bestehenden Schulgebäude, erbaut 1952 von Peter Seeberger, sowie der erhaltenswerte Baumbestand, zeigt sich, neben der Umsetzung des geforderten Raumprogramms als Kernfragen des Entwurfes.
Es gilt, nach maßvoller Abwägung dieser Parameter eine stimmige Lösung für diese anspruchsvolle Aufgabe zu finden, getreu dem Grundsatz von Peter Seeberger: „Für unsere Kinder ist das Beste grade gut genug.“


Architektonisches Konzept

Der vorliegende Entwurfsansatz sieht die Erweiterung der bestehenden Schule durch zwei Baukörper vor.
Durch diese Ergänzungen und minimale Umstrukturierungen im Bestand entsteht zukünftig ein Schulgebäude mit einer hohen Funktionalität, welches sich durch klare Strukturen und optimierte innere Abläufe auszeichnet.
Wie selbstverständlich übernehmen die neuen Baukörper die Raumstrukturen der bestehenden Schule und führen diese konsequent weiter.
In seinem Erscheinungsbild und der Fassadengestaltung nimmt der Entwurf die vorgefundenen Proportionen und Gestaltungsprinzipien auf und setzt diese zeitgemäß um.
Wie bei dem Bestandsgebäude, wo alle Gebäudeteile des Bauwerks klar voneinander abgesetzt und ablesbar sind, setzen sich die neuen Bauvolumen durch Fugen vom Bestand ab und sind somit als eigenwertige Baukörper zu erkenn und wahrnehmbar.


Funktionale Lösung

Ein zweigeschossiger Baukörper, welcher nördlich zwischen bestehender Schule und Thüringer Straße verortet ist, beinhaltet erdgeschossig den Speiseraum mit Teilen der Küche.
Der Speiseraum wird von der bestehenden Eingangshalle erschlossen und öffnet sich durch seine großzügige Verglasung zu der östlich vorgelagerten Terrasse mit dem angrenzenden Schulgarten.
Sitzstufen ermöglichen einen fließenden Übergang zwischen dem natürlichen Gelände Niveau und dem Erdgeschoss. Eine Rampe gewährleistet eine barrierefreie Erschließung.

Durch neu eingebrachte Türen, im Nordstrang des Bestands, besteht eine direkte Verbindung zwischen dem neugestalteten Außenraum und den erdgeschossig gelegenen Gruppenräumen. Somit ist ein direkter Außenbezug der Gruppenräume gewährleistet und der Schulgarten kann in das pädagogische Konzept einbezogen werden.
Neben dem Zugewinn an Qualität vollen Pausenflächen wird auch die durch den zweiten Baukörper entfallene Schulhoffläche quantitativ kompensiert.

Über die bestehende Haupttreppe erschlossen, befindet sich im Obergeschoss des neuen Baukörpers der administrative Bereich der Schule. Helle und großzügige Arbeitsräume ermöglicht ein effektives und strukturiertes Arbeiten.
Durch Verlagerung des administrativen Bereiches aus dem Bestandsgebäude heraus, wird Raum für zusätzliche Klassenräume geschaffen. Dadurch gelingt es alle Klassenräume, Fachklassen und Gruppenräume ringförmig um den zentralen Schulhof anzuordnen. Dies ermöglicht vielfältige Blickbeziehungen zwischen den einzelnen Gebäudeteilen und erleichtert die Orientierung im Gebäude. Das Organisationsprinzip der einhüftigen Bauweise ermöglicht helle und offene Flurbereiche.
Klassen- und Differenzierungsräume sind abwechselnd angeordnet, sodass sie im Schulbetrieb optimal nutzbar sind.

Der Baukörper, welcher den südlichen Abschluss des Schulhofs bildet, lässt diesen zum zentralen Mittelpunkt der Schule werden und gibt ihm eine klar ablesbare Form.
Durch eine gläserne Fuge abgesetzt, schließt der viergeschossige Baukörper ebengleich, auf allen Geschossen, an das Treppenhaus des Bestandsgebäudes an und ermöglicht einen barrierefreien Übergang. Eine zusätzliche Treppe, am Ende des Baukörpers gewährleistet eine reibungslose Entfluchtung. Gleich der Bestandsgebäude basiert auch dieser Baukörper auf einer einhüftigen Grundrissstruktur. Auf den oberen Geschossen sind die Klassen- und Gruppenräume und auf dem Schulhofniveau ist der großzügige Theatersaal mit den zugehörigen Lagerflächen angeordnet.

Die Erschließung des Schulgebäudes erfolgt primär über den bestehenden Haupteingang. Einen weiteren Zugang stellt der Pauseingang auf Schulhofniveau dar. Durch den dort verorteten Aufzug wird eine barrierefreie Erschließung des gesamten Gebäudes gewährleistet wird
Die Andienung der Küche und der Abtransport der anfallenden Abfälle erfolgt von der Thüringer Straße. Die Zufahrt der Feuerwehr erfolgt wie gehabt über die Schulhoffläche.


Materialität
Die schlichte und zeitlose Fassade ist bewusst auf Langlebigkeit und Nachhaltigkeit ausgelegt. Das projektierte modulare Fassadensystem aus Betonfertigteilen lässt eine wirtschaftliche Lösung erwarten und generiert geringe Instandhaltungskosten.
Die Begrenzung von Konstruktion und Ausbau auf wenige, authentische Materialien steht für eine Ästhetik des Schlichten und Zeitlosen.
Die im Innenraum verwendeten Holz- und Putz-Elemente erzeugen ein zeitgemäßes, hochwertiges und angenehmes Erscheinungsbild, das einer heutigen Bildungslandschaft würdig ist.

Phasierung
Durch die Konzeption der Schulerweiterung mittels zweier Baukörper ist eine Umsetzung des Entwurfs während laufendem Schulbetriebs möglich. Ein erster Schritt sieht die Errichtung des nördlichen Baukörpers vor. Durch die Verlagerung der Funktionen des Speiseraums und der Administration in den Neubau, entstehen im Bestandsgebäude freie Flächen für Unterrichts- und Gruppenräume.
Ein nächster Schritt sieht anschließend die Errichtung des zweiten Erweiterungsbaus vor. Dieser kann ebenfalls parallel zum Schulbetrieb errichtet werden und nach seiner kompletten Fertigstellung zum bestehenden Schulgebäude dazu geschaltet werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf sieht die Erweiterung des Bestandsgebäudes durch zwei Neubauten vor, einen nördlichen zweigeschossigen an der Ecke Hellwig- und Thüringer Straße mit quadratischem Grundriss und einen langgezogenen rechteckigen viergeschossigen Ostflügel, der den Hof auf Höhe des Treppenhauses des Nordflügels abschließt. Der zweigeschossige Anbau nimmt die Traufhöhe des Südeingangs auf und überlässt so die städtebauliche Dominanz dem markanten Eckfoyer des Bestandsbaus. Der Ostflügel nimmt in Volumen, Höhe und Tiefe die Maßstäblichkeit des Bestandsgebäudes. Beide Gebäudeteile nehmen hinsichtlich Fassadengestaltung die Gliederungselemente des Bestandsgebäudes auf und führen sie in eine zeitgenössische Form. Insgesamt ein angemessener und sensibler Dialog zwischen Bestand und Neubau.

Auf der Nordseite des Nordflügels wird eine erhöhte Terrasse angelegt, die als barrierefreier Zugang und Freiraumerweiterung der Mensa genutzt werden kann. Für die schulische Nutzung muss die Grünfläche von dem öffentlichen an der Straße getrennt werden. Die Innenhofflächen werden durch den Ostflügel um ca. 400 qm verringert und durch den Riegel geteilt, so dass mehr nutzbare Fläche wegfällt. Die Randbereiche der Hoffläche werden zum Neubau entsprechend dem Bestand abgesenkt. Die Feuerwehrzufahrt erfolgt unterhalb des Neubaus am Anschluss zum Bestandsgebäude. Diese offene Durchfahrt verhindert die witterungsgeschützte Zugänglichkeit des Theatersaals. Eine Verlagerung der Feuerwehrzufahrt südlich des Ostflügels sollte – unter Schutz der Bäume - geprüft werden.

Die südliche, zur Grundstücksgrenze gelegene Ecke des Neubaus muss hinsichtlich der baurechtlich notwendigen Abstandsflächen überprüft werden. Es stellt sich die Frage, ob die Bäume zwischen Neubau und Straße erhalten werden können. Die Lage der Mensa im EG im Anschluss an das Foyer des Haupteingangs verspricht eine großzügige, einladende Raumsituation. Die räumliche Organisation der Klassen-, Differenzierungs- und Gruppenräume ist funktionell, wenn auch durch die einhüftige Konzeption mit langen Wegen verbunden. Dies hat Folgen für das Bauvolumen und damit für die Wirtschaftlichkeit. Das zweite Obergeschoss verfügt über zu wenig Sanitärräume. Kritisiert werden kann auch die nicht durchgängige vertikale Erschließung des nördlichen Anbaus. Der zweite Rettungsweg der Verwaltung im ersten OG sollte überprüft werden. Die barrierefreie Erschließung aller Geschosse erfolgt lediglich über einen Aufzug an der Schnittstelle zwischen Nord-und Ostflügel und bedingt daher lange Wege. Auch die Lage des Treppenhauses im Ostflügel sollte überdacht werden.

Insgesamt eine angemessene und gute architektonische Antwort auf die Aufgabenstellung, jedoch relativ unwirtschaftlich und in der räumlich funktionellen Organisation verbesserungswürdig.