modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 11/2017

Erweiterung der Grundschule Saarbrücken Ost

PERSPEKTIVE FLUR

PERSPEKTIVE FLUR

Ankauf

BAYER & STROBEL ARCHITEKTEN

Architektur

Erläuterungstext

Bauen mit dem Bestand
Aufgrund seiner Lage im Stadtraum und seiner städtebaulichen und architektonischen Qualität stellt das bestehende Schulhaus von Peter Paul Seeberger einen wichtigen Baustein für das gesamte Quartier dar. Das Spiel zwischen dem raumgreifenden Baukörper und dem ihn umgebenden Freiraum ist dabei so ausgewogen und harmonisch, dass zunächst jede städtebauliche Veränderung schwer vorstellbar erscheint.
Darüber hinaus weist auch die gestalterische und konstruktive Umsetzung eine außerordentlich hohe Qualität auf. Die für viele Arbeiten Peter Paul Seebergers typische Gliederung des Baukörpers mittels strukturierender horizontaler und vertikaler Elemente und deren davon abgesetzte Füllungen kommt auch bei diesem Entwurf gut zum Ausdruck. Die Idee dieser konzeptionellen Struktur erscheint uns dabei so tragfähig, dass sie auch bei der Erweiterung des Schulhauses angewendet werden kann. Im Sinne des Bestandsgebäudes scheint uns daher das Weiterbauen bzw. das „Bauen mit dem Bestand“ weitaus schonender zu sein als eine städtebauliche Veränderung durch voluminöse, eigenständige Ergänzungsbauten.
Die fehlende Programmfläche wird entlang der Thüringer Straße zwischen den beiden vorhandenen Risaliten in einer neuen Raumschicht nachgewiesen. Die städtebauliche Wirkung des Ensembles verändert sich trotz des gewünschten Raumgewinns dabei nur geringfügig, die vorhandenen Baukörperproportionen werden praktisch beibehalten.

Grüner Schulhof und kurze Wege
Aufgrund der Platzierung und der geringen Größe des Neubaus kann der Baumbestand vollständig geschützt und der Schulhof ohne jede Verkleinerung erhalten werden.
Die neu entstehenden Räume sind dabei auf kürzestem Weg vom Haupteingang aus erreichbar und dadurch sehr übersichtlich angeordnet. Ein ebenfalls unmittelbar am Foyer angeordneter Fahrstuhl stellt die Barrierefreiheit einfach und selbstverständlich für alle Geschosse des Neu- und Altbaus her.
Durch den nun zweihüftigen Ostflügel wird nur Nutzfläche neu hergestellt. Bestehende Verkehrsflächen, das Foyer und die Sanitäranlagen können von Alt- und Neubau gleichermaßen genutzt werden. Dies schafft einen zusammenhängenden Schulbau, der in den Tagesabläufen nicht zwischen Alt- und Neubau unterscheidet.
Im Bestandsgebäude muss nur geringfügig baulich eingegriffen werden: der Aufzug zwischen UG und EG wird wieder entfernt, der Flur im UG wird in seinen ursprünglichen Zustand rückgebaut. Raumnutzungen werden neu geordnet, die Wände bleiben dabei jedoch vollkommen erhalten. Einige Bestandsräume werden zweigeteilt.
Im Erdgeschoss befinden sich Lehrerzimmer und Verwaltung, die direkt vom Haupteingang aus zu erreichen sind. Direkt an das Foyer gliedert sich die neue Mensa mit Blick ins Grüne an. Der großzügige, helle Speisesaal kann zweigeteilt und für Veranstaltungen genutzt werden. Gläserne Trennwände zum Flur sorgen für Tageslicht und schöne Blickbeziehungen.
In den Obergeschossen befinden sich die Klassensäle, denen die Differenzierungsräume unmittelbar zugeschaltet sind, sowie Fachklassen für den Vormittag.
Die Ganztagsbetreuung kann vollständig im Untergeschoss stattfinden. Somit ist von allen Gruppenräumen aus eine ebenerdige Verbindung zum großen Pausenhof gewährt.

Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit
Durch die Erweiterung der vorhandenen Flure um eine Raumschicht mit Klassenräumen und Mensa ist das Volumen des Neubaus überaus kompakt. Als zusätzliches Erschließungselement wird lediglich ein neuer Fahrstuhl vorgesehen.
Strukturell orientiert sich der Neubau stark an der Idee des Bestandsgebäudes. Die bestehende Fassade soll erhalten, lediglich von den (Kunststoff-) Fenstern befreit und teilweise bodentief für Durchgänge geöffnet werden. Für den Neubau soll eine Tragstruktur aus Stahlbeton und Mauerwerk vor den Bestand gesetzt werden. Die erste Lastachse hält einen Abstand zum Bestand ein, so dass ein Anschluss und die Gründung neben dem Bestand recht einfach zu realisieren sind. In dieser Zwischenschicht entstehen geschossübergreifende Schächte, die Tageslicht tief in das Gebäude leiten und zur natürlichen Belüftung genutzt werden können. In den dazwischen entstehenden Rücksprüngen entstehen einladende, helle Sitznischen für die Grundschüler. Auch technische Einrichtungen wie die Küchenbelüftung können problemlos durch diese Schicht geführt werden, ohne in den Bestand einzugreifen.
Die Fassade soll als Beton-Fertigteilelement in Sandwichbauweise ausgeführt werden. Neben einer kurzen Bauzeit ermöglicht dies die gewünschte plastische Gliederung und eine qualitätvolle Oberflächenbearbeitung (Werkstein) des Betons. Die Gliedernden Elemente (Lisenen und Geschossbänder) sollen dabei in der Oberflächenbearbeitung voneinander abgesetzt werden: die sandgestrahlten, eher glatten Lisenen und Geschossbänder rahmen die grob gestockten Flächen der Füllungen ein und bilden so ein spannendes und harmonisches Spiel. So gliedert sich die neue Fassade zurückhaltend in das Gesamtbild ein, bleibt aber als zeitgenössische Ergänzung erkennbar. Das bestehende Fassadenraster soll wieder aufgegriffen werden und zeigt sich so auch im Innenraum.
Da im Bestand keine Klassenräume zur Baustelle des Neubaus liegen werden in der Bauphase die Beeinträchtigungen minimiert. Der Neubau kann bis zur Öffnung der alten Aussenfassade beinahe vollständig fertiggestellt werden, erst im letzten Moment wird die Aussenfassade geöffnet und es können im Innenausbau die Übergänge und Anschlüsse zum Bestand hergestellt werden.
Das „Bauen mit dem Bestand“ erlaubt es, einen äußerst kompakten und somit auch wirtschaftlichen Erweiterungsbau zu schaffen, der die vorhandenen städtebaulichen und freiräumlichen Qualitäten vollständig erhält. Durch den verhältnismäßig geringen Aufwand für die Erstellung des Neubaus soll der Entwurf als Ergänzung zum Bestand somit auch einen Beitrag zum nachhaltigen Bauen darstellen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser belassen den wertvollen Bestand der 50 Jahre der Grundschule Ost mit seinen prägnanten Außenanlagen weitgehend unberührt. Auf voluminöse, eigenständige Ergänzungsbauten wurde raffiniert verzichtet. Lediglich der einhüftige Gebäudeteil entlang der Thüringer Straße wurde erweitert zu einer zweibündigen Anlage. Der sanfte Umgang mit dem Schulgebäude wird gewürdigt allerdings wünscht man sich hier an dieser Stelle eine Stärkung des bestehenden Konzeptes. Das Erscheinungsbild der Schule mit seiner feingliedrigen Fassade wird in dem Neubau prätentios weitergeführt. Leider wünscht man sich hier an dieser Stelle mehr Eigenständigkeit in der Fassadensprache des eingefügten Bauteils.

Die funktionale Anordnung der Räume im Ergänzungsbau überzeugt und passt. Kontrovers wird die Raumqualität der Flurbereiche diskutiert hinsichtlich Benutzung, Belichtung und Belüftung. Das hier vorgestellte Konzept der Licht und Belüftungskamine ist interessant, wird gewürdigt, überzeugt aber nicht in Gänze. Durch die stringente Durchführung der Entwurfsidee, „den Einschiebling“, entstehen leider Raumzuschnitte die ungünstig sind und nicht überzeugen.

Die wirtschaftlichen Kenndaten dieser Arbeit liegen im günstigen wirtschaftlichen Bereich.

Insgesamt handelt es sich um einen wertvollen Wettbewerbsbeitrag, der gekonnt und sensibel, aber zu zaghaft, mit der Grundschule Ost der 50er Jahre interagiert. Leider entstehen dadurch auch Zwänge im inneren Gebäudekonzept, welche die Potentiale einer Schulerweiterung nicht ganz treffen.
PERSPEKTIVE THÜRINGER STRASSE

PERSPEKTIVE THÜRINGER STRASSE