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Planungskonkurrenz | 12/2016

Fassadengestaltung IKEA Kiel

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2. Preis

Preisgeld: 7.000 EUR

tsj-architekten gmbh

Architektur

Erläuterungstext

Aufgabe

Das IKEA-Einrichtungshaus am Standort Kiel soll erweitert werden, um im Verbund mit einem neuen Möbelmarktzentrum zukunfts- und konkurrenzfähig zu bleiben. In diesem Zusammenhang wird ein neues Hochregallager errichtet, das mit seinem Volumen, insbesondere der Höhe von 30m, die weithin sichtbarste Veränderung sein wird. Aufgrund der Lage im Eingangsbereich zum Kieler Stadtgebiet und dem städtebaulichen Umfeld haben sowohl „IKEA“ als auch die Stadt Kiel großes Interesse an einer qualitätsvollen, der Aufgabe und dem Ort angemessenen, identitätsstiftenden Gestaltung.

IKEA in KIEL - Dualität

Für unterschiedliche Interessenslagen - auf der einen Seite die „Weltmarke“ IKEA mit dem Wunsch der Außendarstellung nach den Leitlinien eines allgemein gültigen Corporate Design, auf der anderen Seite der verorteten Stadt Kiel, mit dem Wunsch der Integration in die regionale Bautradition bzw. in das städtische Umfeld - ist ein verbindendes Konzept zu entwickeln. Gemeinsam ist den Beteiligten das Interesse am Menschen (Einwohner, Kunden) und der Natur, unserem Lebensraum und damit an einer nachhaltigen gut anzusehenden Fassade.

Leitidee - Bewegung gestaltet…

Gebäude und Baukonstruktionen sind in der Regel fest, insbesondere dann, wenn sie wartungsarm und ökonomisch sein sollen. Menschen und durch Menschen geschaffene Maschinen (Autos, Bahn, Flugzeuge) bewegen sich. Auch die Welt entwickelt sich weiter, „Fortschritt“ ist überall, mechanische, körperliche und geistige Bewegung ist Bestandteil unserer Kulturellen Entwicklung.
Die Leitidee zum Entwurf liegt darin, eine Fassade zu entwickeln, die Bewegung nutzt, um inhaltlich der Dualität von IKEA und KIEL gleichberechtigt zu entsprechen und um gleichzeitig eine gelungene Gesamtgestaltung zu erzielen.
Bewegung und Mobilität kennzeichnen in besonderem Maße unsere Gegenwart. Durch die besondere Lage von Ikea am Standort Kiel, allseitig umgeben von Stadtautobahnen, kommt der „Rundumwirkung“ sowie den unterschiedlich vorherrschenden Geschwindigkeiten eine besondere Rolle zu.

Gestaltidee - Faltwerk

Die Fassade wird als Faltwerk vorgeschlagen, das die unterschiedlich gerichteten Flächen der Faltung verschieden behandelt. Durch Bewegung verändert sich die Fassade ständig. Je nach Betrachtungsstandort und -richtung treten andersartige Ansichten in Erscheinung.
Als Vorbilder dienen sogenannte „Wackel- oder Riefelbilder“, Papierfaltbilder, die aus der Kunsterziehung im Bereich Kindergarten und Schule bekannt sind.

Die Fassade … - Wirkung und Gestaltung

Die Fassade und Ihre Wirkung ist für jeden verständlich, weil die Prinzipien der Gestaltung einfach und bekannt sind (siehe oben: Gestaltidee/Vorbild). Insofern ist die Fassade im Sinne des Ikea-Slogans: „a store for all“ eine „Fassade für alle“!
Die Fassade rhythmisiert die Konstruktions-Elemente in ähnlicher Weise, wie Holzverschalungen (z.B. Deckelschalungen) einfacher Gebäude, insbesondere skandinavischer Häuser und bildet, auf den Maßstab des Hochregallagers „skalierte“ Strukturen, die ein vergleichbares Licht- und Schattenspiel erzeugen.

Die Farbe Blau auf jeweils einer Seite der Faltung steht für IKEA. Von Nordwesten kommend tritt hauptsächlich Blau in Erscheinung. Auf der „anderen Seite“ der Faltung interpretiert, innerhalb der Farbvorgaben des Ikea Corporate Design, ein helles Grau (NCS S 2000) den „lichten“ Himmel Kiels. Die lichtgrauen Flächen werden durch das Dunkelblau freundlich hellblau gefärbt. Sie sind überwiegend der Stadt, den Wohngebieten zugewandt und werden durch ein ergänzendes, abstraktes, sich über alle Teile erstreckendes „Lochbild“ aufgelockert. Das Motiv ist von einer leicht bewegten, sich spiegelnden Wasserfläche abgeleitet, lässt jedoch bewusst auch Assoziationen von Wolkenbildern oder freien Interpretationen zu.
Da der Eingang zum IKEA-Einrichtungshaus und die Ausstellungs- sowie Verkaufs- und Restaurantflächen auf der gegenüberliegenden Seite des Hochregallagers liegen wird die Farbe Gelb vermieden und es werden ebenfalls keine transparenten Fassadenbauteile angeordnet um der Klarheit des IKEA Corporate Design nicht entgegenzuwirken.
Die verschiedenen Wirkungsweisen der Fassade - Reliefbildung, Licht und Schatten, Zweifarbigkeit, Lochung - sorgen für ein lebendiges jedoch zugleich geordnetes Erscheinungsbild.
Volumen und Abmessungen des Hochregallagers werden verfremdet und aufgelöst.

Konstruktion - Handwerklichkeit

Für die Fassadenkonstruktion wird eine „klassische“ hinterlüftete Metallkassettenfassade vor einer gedämmtem tragenden Wandkonstruktion vorgeschlagen. Als innerer Wandabschluss und zur Lastabtragung der äußeren Hülle fungieren die in weiten Teilen bereits vorhandenen Porenbetonwände 30cm, die als Grundkonstruktion allseitig ergänzt werden. Grundsätzlich ist eine Lage vor bzw. zwischen den tragenden Stützen möglich, da resultierend aus den Empfehlungen zum Wärmeschutz (siehe nachfolgende Erläuterungen) vollflächig eine ergänzende Dämmschicht aus 6cm Mineralwolle WLG 035 aufgebracht werden soll. Hierdurch ist ein umlaufend durchgängiges System gegeben, das Kältebrücken überbrücken kann.
An einer thermisch getrennten Unterkonstruktion werden fertig lackierte, teilweise gelochte Kassetten eingehängt, die aus mehrfach gekanteten Aluminiumblechen hergestellt werden. Die Faltung der Flächen erhöht die Steifigkeit und erlaubt hierdurch eine statische Optimierung der Materialstärke auf ca. 4mm.
Insgesamt ermöglicht der mehrschichtige Fassadenaufbau flexible Anschlüsse an die angrenzenden Fassaden.
Für den Gebäudesockel und die Anschlüsse an die angrenzenden Gebäudeteile, wie Dachflächen und Anbauten, wird ein hochfestes Wärmedämmverbundsystem vorgeschlagen. Der nichtbrennbare, auf Steinwollebasis herzustellende Aufbau erreicht bei einer 2-fach verstärkten Armierungsschicht Schlagfestigkeit bis 90 Joule. Eine äußere Beschichtung mit „Lotus-Effekt“ sorgt für geringe Verschmutzung und hohe Wetterbeständigkeit.
Folgende Hinweise zur Fassadenkonstruktion sind uns wichtig:

Gebäuderaster, Materialeigenschaften, Statik, Gesetze der Fertigung (zur Verfügung stehende Kantbanklängen, mögliche Lackierverfahren), Transport und Montage bestimmen die Größe der einzelnen gefalteten Stahlkassetten. Die Elementierung basiert auf einem Modul von 1,5 x 6,0 Meter. Die Teile werden nach den Möglichkeiten des ausführenden Unternehmens vorgefertigt angeliefert und mittels mobiler Montagehilfen (Krahn, Gerüst) in die Unterkonstruktion eingehängt.
Die handwerklichen Verfahren im Umgang mit Metall - Kanten, Stanzen (Lochung), Lackieren, Elementieren, werden für Konstruktion und Gestaltung genutzt.
Die Fassade ist weitestgehend selbstreinigend. Glatte, lackierte, vertikal angeordnete Flächen führen das Regenwasser zügig ab (Lotuseffekt). Bei Winddruck erfolgt die Wasserführung in den tiefliegenden Kehlen bzw. im Bereich der durchlaufenden Unterkonstruktion (U-Profile) im „Schatten“ der Konstruktion.


Geometrische und aus der Hinterlüftung bedingte Öffnungen werden geschlossen (Übergang zur Attika) bzw. mit Insektenschutzgittern versehen. Lochungen werden in ihrer Größe dahingehend mit den Natur- und Vogelschutzstellen abgestimmt, dass das „Einnisten“ von Vögeln vermieden wird.

Nachhaltigkeit, Energie - BREEAM-Kriterien

Vorbemerkung: die Zertifizierungskriterien Soziokulturelle Qualität und die Beurteilungspunkte Nutzerkomfort sowie Management sind durch die Planungen zum Hochregallager sowie der herausgelösten Fassadengestaltung wenig zu beeinflussen, da das Hochregallager vollautomatisch betrieben wird und keine ständigen Arbeitsplätze beinhaltet.
Bauprodukte aus nachwachsenden Rohstoffen (Holz, Naturfasern) sind aus Gründen der Brandschutzvorgaben nicht verwendbar.

Hinsichtlich der Nachhaltigkeit des Vorhabens, der ökologischen und ökonomischen Qualitätskriterien, werden im Fassadenentwurf die nachfolgend aufgeführten Inhalte vorgeschlagen, um nach BREEAM die Klassifizierung „very good“ zu erreichen:

Keine transparenten Glasflächen - (Antwort Frage 16 Rückfragenkolloquium: „Fenster in dem Hochregallager sind nicht sinnvoll …“) unnötiger Wärmeeintrag wird vermieden!
Auch wenn das Hochregallager keine Arbeitsstätte ist und nicht den ENEV-Bestimmungen unterliegt, wird vorgeschlagen einen Mindestwärmeschutz in Anlehnung an die ENEV 2016, mit Einstufung als „Nichtwohngebäude“ herzustellen und die Hüllkonstruktionen entsprechend auszulegen. Der geplante Fassadenaufbau erreicht einen U-Wert von 2,6 W/m²K. Hierdurch ist der Wärmeschutz mit den angrenzenden Bauteilen mindestens gleichwertig bzw. besser.
Der Einsatz der geplanten technischen Gebäudeausrüstung für das Hochregallager, wie die Lüftungsanlage sowie die Mindestwärmeversorgung, kann durch die vorgenannten Maßnahmen optimiert und reduziert werden. Die Vorgaben einer Temperierung zwischen etwa +10° bis +26°C sind Grundlage der Auslegung und können ohne weiteres eingehalten werden.
Die Fassade ist dauerhaft (langlebig), wartungsarm und pflegeleicht (siehe Erläuterungen zur Konstruktion). Es werden überwiegend Verbundkonstruktionen vermieden, so dass ggfls. eine Rückführung in den Material- und Rohstoffkreislauf auf einfache Weise möglich ist. Die Fassaden-Elemente sind in Folge des „Einhängeprinzips“ leicht auszutauschen.
Die Fassade optimiert den notwendigen Materialeinsatz durch die Anwendung der Falttechnik. Dieses in verschiedensten Bereichen (Verpackungswesen, Möbelbau) und auch in der Natur zu findende Prinzip ist nicht neu sondern bewährt, stellt jedoch im Zusammenhang mit der Aufgabe einen intelligenten Konstruktions- und Gestaltungsansatz dar (Innovation).
Die Fassade birgt keine Gefahren für Mensch, Tier und Umwelt.
Die Herstellung der Fassade kann durch einen guten Metallbaubetrieb im norddeutschen oder angrenzenden Raum Kiel/Hamburg (Mecklenburg, Dänemark) erfolgen, so dass kurze Transportwege gegeben sind.
Lageplan, Grundrisse

Lageplan, Grundrisse

Schnitte, Fassadenschnitt

Schnitte, Fassadenschnitt

Perspektiven, Fassadendetails

Perspektiven, Fassadendetails