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Einladungswettbewerb | 11/2017

Bismarckquartier in Würzburg

Bismarckquartier Würzburg

Bismarckquartier Würzburg

ein 1. Preis / Gewinner

Preisgeld: 20.000 EUR

Baumschlager Eberle Architekten

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Planstatt Senner

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Nutzung

Jeder der vier Höfe erhält, wie oben beschrieben, eine eigene Identität und einen eigenen Charakter. Im östlichsten Block situieren sich in Nachbarschaft zum bestehenden Posthochhaus zwei neue Hochhäuser mit Hotelnutzung. Diese bilden mit dem Posthochhaus ein neues Ensemble, das den Kopf und den Auftakt der Entwicklung des Areals gen Westen darstellt. Im Sockel findet auf zwei Ebenen (EG + 1.OG) die Einzelhandelsnutzung Platz. Der Hof bildet in diesem Block die nutzbare Freifläche für die Hotelnutzungen. Zur Bismarckstraße bildet sich stadträumlich eine überdeckte Piazza mit Stadtbalkon heraus. Im zweiten Block mischen sich gebäudeweise Nutzungen aus Gewerbe und Wohnen. Block drei und vier dienen ausschließlich dem Wohnen, der westlichste Baustein nimmt die Nutzung einer KiTa mit auf. An städtebaulich exponierten Stellen, wie z.B. auf Ebene der Straßenniveaus entlang der Bismarckstraße, werden singulär gewerbliche und /oder Ateliernutzungen vorgeschlagen.

Konstruktion

Ziel ist eine nachhaltige primäre Konstruktion, die dem Wortsinne auch gerecht wird. Dies bedeutet zunächst der Verzicht auf ein Wärmedämmverbundsystem. Marktübliche, perlitgefüllte Steine garantieren einerseits die statische Tragfähigkeit bis zur dargestellten Geschossigkeit und erfüllen andererseits ohne zusätzliche Dämmebene die geltende EnEV und den erforderlichen Wärmeschutz. Brand- und Schallschutz sind hierbei ebenso gewährleistet. Eine tragende Außenwand garantiert im Innenbereich dazu noch ein Höchstmaß an Flexibilität, auch im Hinblick auf entsprechende Nachnutzungen über einen längeren Zeitraum betrachtet.

Materialität

Eine massive verputzte, tragende Mauerwerkswand ist mit gängigen, marktüblichen Steinen herzustellen, welche einerseits die statische Tragfähigkeit garantieren und andererseits ohne zusätzliche Dämmebene die geltende EnEV erfüllen und den Wärmeschutz garantieren. Gewände aus Stb-Fertigteilen bzw. ausgedämmte umlaufende Aluminiumblechrahmen und Fenster aus Holz sind die hauptsächlichen Elemente, die das Erscheinungsbild der Fassaden generieren und auch als Materialien im Sinne einer nachhaltigen Bauweise überzeugen und das energetische Konzept ideal ergänzen. Inspiriert von im Gebäudebestand vorhandenen gründerzeitlichen Fenster-Einfassungen bzw. Gewänden, wird dieses Motiv entwurflich transformiert und in eine zeitgemäße
Konstruktion überführt, die der Fassade einen moderne Erscheinung verleiht und sie gleichermaßen in der lokalen Umgebung verortet.

Energetisches Konzept

Bekanntlich ist bei Bürogebäuden die Thematik der sommerlichen Kühlung vorrangig zu der des Heizens zu betrachten und hat einen erheblich höheren Einfluss auf die erforderliche Energiemenge. Für die Abdeckung der Grundlast der Beheizung des Gebäudes mit Fußbodenheizung (Wohngebäude) bzw. Deckenstrahlplatten soll ggf. die vorhandene Fern- bzw. ggf. Nahwärmeversorgung herangezogen werden. Geringe Vorlauftemperaturen dieser Systeme prädestinieren sie zudem für den Betrieb mit geothermischen Wärmepumpen die die Spitzenlasten abfangen und zudem auch im Sommer effizient zur Kühlung herangezogen werden können. Das Heizungswasser wird dabei durch das Grundwasser oder die Sole heruntergekühlt. Die Wärmepumpen müssen
dabei nicht aktiv mitarbeiten, d. h es entstehen geringste Stromkosten um die Gebäude im Sommer zu kühlen. Die erforderliche Betriebsenergie der Wärmepumpen kann in dem Fall durch eine Photovoltaikanlage zur Verfügung gestellt werden. Gemäß Standortauskunft „Angewandte Geologie“ ist für den Standort der Bau von Erdwärmekollektoren bzw. Grundwasser-Wärmepumpen nach derzeitigem Kenntnisstand möglich. Unter Annahme einer Nutzung thermischer Wärmepumpen für Heizung (Wohnen) und Kühlung (Büro) in Kombination mit einer massiven Mauerwerkswand wird ein energetisches Gesamtkonzept vorgeschlagen, welches auch der öffentlichen Wahrnehmung der Größenordnung des Quartiers in innovativer, zeitgemäßer technischer Weise gerecht wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

Dem vorgeschlagenen städtebaulichen Konzept liegt die Idee der Blockrandbebauung zugrunde. Diese wird typologisch weiterentwickelt und dem Kontext entsprechend transformiert: Mit einer Abfolge von höheren und niedrigeren Gebäudeteilen werden einerseits klar identifizierbare Adressen ausgebildet, andererseits gelingt es, die Körnigkeit der Bauten an der Bismarckstraße durch die neu geschaffenen Köpfe zum Stadtpark hin aufzugreifen und qualitätsvoll fortzusetzen.

Den Auftakt zum Quartier bildet das Hotel: Bestehend aus zwei turmartigen Bauwerken, die zusammen mit dem Posthochhaus auf einem gemeinsamen Sockelgeschoss stehen, ist es die kraftvolle, klar identifizierbare hochbauliche Adresse des Quartiers zum Bahnhof.

Durch die strukturelle Gliederung und eine differenzierte Höhenentwicklung der drei westlich vom Hotel liegenden Böcke, mit Büro- und Wohnnutzung, gelingt die Einbindung in den Kontext. Die niedrigeren Gebäudeteile ermöglichen zudem den Bezug zum umliegenden Kontext insbesondere zum großen Grünraum des Ringparks.

Sämtliche Gebäude werden selbstverständlich mit eigenen Adressen von den öffentlichen Straßenräumen aus erschlossen. Eine Durchwegung der privaten Innenhöfe wird vermieden.

Die klare städtebauliche Struktur, die eindeutige Gebäudetypologie und die vorgeschlagene Konstruktion und Materialität der Bauten prägen das durchgängige architektonische Erscheinungsbild des Quartiers.

Die typologische Eindeutigkeit der auf städtebaulicher Ebene geschaffenen Räume wird auch außenraumplanerisch aufgegriffen. Das Potenzial der öffentlichen Räume des Ortes wird erkannt: Bahnhofsvorplatz, Ringpark und Würzburger Stein. Ein zusätzliches Angebot an öffentlichen Räumen ist damit entbehrlich.

Der Raum zum Gleisfeld der Bahn hin wird fast beiläufig über eine Böschung definiert. Damit findet der Straßenraum zu den Bahngleisen hin einen angemessenen Abschluss und öffnet sich gleichzeitig zum Landschaftsraum des Würzburger Steins. Die Erdgeschosse werden hier mit öffentlichen Funktionen belegt, was dem Potenzial dieses neu geschaffenen Raumes Rechnung trägt.

Die vorgeschlagene Führung der Busspur zwischen Hotel und dem westlich davon liegenden Block bildet eine Alternative zur schwierigen Umfahrung des Posthochhauses an der Bahnhofsseite. Die Lage des verrohrten Quellenbachs wird bei der Planung der Tiefgarage berücksichtigt.

Mit den lärmzugewandten gewerblich genutzten Gebäuderiegeln und dem nordwestlichen Wohnblock können die Wohnbebauungen in den unteren Geschossen vor Bahnlärm aktiv geschützt werden. Die Öffnungen zwischen den nördlichen Randbebauungen und die Nord-Süd-Orientierung der Wohngebäude mindern aber die Abschirmwirkungen, so dass zusätzlich passive Lärmschutzmaßnahmen erforderlich werden. Die Fassaden zur Bismarckstraße müssen ebenfalls passiv geschützt werden. Die Ein- und Ausfahrt der Tiefgarage in der Schönleinstraße ist wegen der Nähe zur bestehenden Wohnbebauung ungünstig platziert. Insgesamt wird der Schallschutz nicht ausreichend erfüllt.

Insgesamt gelingt es den Verfassern, mit der klaren städtebaulichen Fassung und typologischen Eindeutigkeit der öffentlichen und privaten Räume ein eigenständiges urbanes Stadtquartier mit der hochbaulichen Ausbildung hochwertiger Wohnadressen zu schaffen, das sich in den heterogenen Kontext des Ortes zwischen Bahnhof und Äußere Pleich einfügt. Die Abstufung von öffentlichen (Hotel und Dienstleitung) zu privaten Wohnnutzungen schafft eine klar definierte Nutzungsstruktur mit einer orientierungssicheren Adressbildung der Gebäude.