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Einladungswettbewerb | 11/2017

Bismarckquartier in Würzburg

Bismarckquartier Nürnberg Vorplatz

Bismarckquartier Nürnberg Vorplatz

Anerkennung

Preisgeld: 10.000 EUR

Max Dudler GmbH

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

TDB LANDSCHAFT

Landschaftsarchitektur

MMB - Modellbau Milde Berlin

Modellbau

Erläuterungstext

Das Bismarckquartier bildet sich als städtebauliches Band westlich des Busbahnhofs und längs des Gleiskörpers ab. Die Anordnung verschiedener Kuben von unterschiedlicher Höhe, die zueinander leicht versetzt sind, schafft einen skulptural wirkenden Stadtraum, in dem die unterschiedlich dimensionierten Außenräume als städtische Freiraumtypologien wie Gasse, Achse, Hof und Platz reagieren. Dem Entwurf gelingt es, die Grundzüge des unregelmäßigen, mittelalterlichen Stadtgrundrisses der Würzburger Altstadt mit signifikanten Verengungen, Erweiterungen, Blickfängen und Durchblicken in das neue Stadtquartier zu übertragen.

Städtebau
Die Neubebauung des Areals am Würzburger Hauptbahnhof bietet die Chance, ein neues einzigartiges Quartier für die Stadt zu schaffen, das sich mit seiner Umgebung vernetzt, zugleich aber auch als eine eigene „Stadt in der Stadt“ wahrnehmbar ist. Der Wettbewerbsbeitrag entwirft das Bild einer lebendigen Urbanität, die den Hintergrund für ein angenehmes Neben- und Miteinander von Wohnen, Arbeiten und Einkaufen bietet. Der Wohnungsbau wird dabei bewusst von der Büro- und Hotelnutzung abgesetzt. Die Wohnhäuser orientieren sich gen Süden zum Park und zur Stadt hin, während die Büro- und Hotelbauten als Lärmbarriere zu den Bahngleisen hin fungieren. Durch die zweireihige, jedoch leicht versetzte Anordnung der Volumina können alle Wohnungen, aber auch die Büro- und Hotelräume von Sonne und Ausblick profitieren. Gewerbe und Gastronomie ist in den Erdgeschosszonen angesiedelt und säumt den „Boulevard“, der sich zwischen der Wohnnutzung und der Büro- und Hotelnutzung aufspannt.
Die elf Baukörper formulieren eine prägnante, zur Mitte hin ansteigende Silhouette, welche die Funktion des neuen Bismarckviertels als Auftakt und Visitenkarte der Stadt unterstreicht. Durch die niedrigeren Häuser am westlichen und östlichen Ende des Areals passt sich das neue Quartier an den Maßstab der angrenzenden gründerzeitlichen Stadtstruktur an. Zur Mitte hin entwickelt sich ein zentraler Hochpunkt, der die Mittelachse des Quartiers säumt. Diese führt von den Bahngleisen bis zum Ringparkt und formuliert eine torartige Geste zur Würzburger Innenstadt. Sie stellt zugleich die Verlängerung des Fußgängertunnels dar und stellt somit die fußläufige Verknüpfung der Innenstadt mit dem Würzburger Stein sicher. Dieses „Auftaktensemble“ von Mittelachse und Hochpunkt zitiert eine Konstellation, die sich bereits in der Altstadt Würzburgs findet: Die Alte Marienbrücke mit dem Turm des Rathauses.
Durch die Positionierung der Häuser entwickelt sich zwischen Posthochhaus und Schönleinstraße eine abwechslungsreiche Abfolge größerer und kleinerer Plätze, Gassen und Treppen. So entsteht ein Nebeneinander von öffentlichen Plätzen und halböffentlichen Aufenthaltsflächen für die Bewohner. Das Quartier bildet einen eigenen Stadtraum aus und schafft dennoch eine Durchlässigkeit, die den Würzburger Stein, den Bahnhof, die Altstadt und die Gründerzeitviertel miteinander vernetzt.

Fassaden
Die Anordnung der verschiedenen Nutzungen ist klar an der Gestaltung der Außenfassaden ablesbar. Die zum Ringpark hin orientierten Wohnhäuser erhalten Fassaden aus Naturstein, während die drei Bürobauten durch Kunststein und die zwei Hotelbauten durch Backstein markiert sind. Die Fassaden der Wohn- und Hotelgebäude entwickeln durch tiefe, in unterschiedliche Richtungen angeschrägte Leibungen eine starke Reliefwirkung und ein abwechslungsreiches Fassadenbild, das sie von der klaren Rasterung der Bürobauten absetzt. Alle Häuser haben eine deutlich erkennbare Sockelzone mit großformatigen Glasflächen.

Mitarbeiter: Jochen Soydan, Hye Kwang Shin, Andreas Enge, Silke Meyer zu Evenhausen, Asiya Sharipova, Daniela Urland

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Jury begrüßt, bei starkem Widerspruch einzelner Preisrichter, mehrheitlich den eigenständigen städtebaulichen Ansatz der Arbeit, die sich östlich des Hauptbahnhofs schienenbegleitend verdichtende Randbebauung auf das Wettbewerbsgebiet zu spiegeln und damit ein großräumiges Stadtentree mit zentralem Bahnhofsvorplatz anzulegen. Die sich dann innerhalb des Wettbewerbsgebiets aus zwei zueinander versetzten Gebäudereihen mit mittig-axialem Freiraum fügende Neubebauung bietet eine besondere Entwicklungsoption, deren hohe Urbanität und architektonische Präsenz über den engeren Ort räumlich wie zeitlich hinausweisen. Allerdings bleibt es durchaus strittig, ob das von höhengestaffelten Einzelkuben beherrschte Ensemble als offener Filterraum zwischen historischem Stadtkern und Stein erlebt werden kann, oder doch eher als sperriger, übergroßer Riegel?

Zumindest hinsichtlich der Schallbetrachtung zeigt sich eine eher offene Struktur, welche den Immissionen von Bahn und Straße keine geschlossene Raumbildung, sondern nur Detailmaßnahmen innerhalb der Einzelgebäude entgegensetzt. Während die bahnseitige Gebäudespur gewerbliche Nutzungen aufnimmt, die durch allseitig lärmreduzierende Fassadenausbildungen hinreichend geschützt werden können, muss die natürliche Belüftung der stadtseitigen Wohnbauten durch Grundrisslösungen wie Loggien oder Fenstersonderkonstruktionen sichergestellt werden. Dies scheint allerdings bei dem näher geschilderten Mustergebäude nicht in allen Teilen zu gelingen, wenn sogar Schlafräume in exponierten Ecksituationen keine derartigen Schutzmaßnahmen erkennen lassen. Gleichwohl wird dieser großstädtischen Wohntypologie das besondere Potenzial zugesprochen, eine spezielle Klientel anspruchsvoller und mobiler Kleinhaushalte anzusprechen und so das lokale Angebot um dieses Segment zu bereichern.

In der vertikalen Schichtung der Gesamtanlage bildet sich zunächst eine dreigeschossige Sockelzone aus, welche den kleinmaßstäblichen Kontext der benachbarten Bestandsgebäude aufgreift und insbesondere im westlichen Endbereich angenehm integriert. Die im Wechsel mit grünen Dachterrassen aufgesetzten, in der Höhe variierenden Gebäudekuben erreichen mit bis zu 17 Geschossen eine sogar das Postgebäude übertreffende Turmhöhe, die wiederum von der Jury in ihrer Angemessenheit und Wirkung höchst strittig bewertet wird. Dennoch imponiert der konzeptionelle Ansatz, die von der Auslobung geforderten anspruchsvollen Programmflächen mal nicht in traditionelle Typologien zu zwängen, sondern ihnen in Bauform und Dichte einen originären architektonischen Ausdruck zu geben.

Den zwischenräumlich leicht erhöht ausgebildeten Fußgängerbereich prägt ein städtisch-mineralisches Milieu, das kaum attraktive Möglichkeiten familiären Aufenthalts oder gar privaten Rückzugs bietet. Die hier unterlagerte Tiefgarage überzeugt funktional, scheint aber mit 4 Ebenen deutlich überdimensioniert. Die von Süden querende, breit angelegte Treppenachse Richtung Fußgängertunnel steigert nochmals den formal-repräsentativen Charakter des öffentlichen Raums, dem allerdings südlich zum Park ein wohltuend informeller Grünbereich vorgelagert ist. Letzterer verhindert jedoch seinerseits eine hier angemessene Ergänzung der fragmentierten Bebauung der Bismarckstraße.

Durch die Anordnung von gewerblichen Nutzungen im Norden und der Wohnnutzung im Süden wird eine natürliche entfernungsbedingte Pegelabnahme ausgenutzt. Wegen der großen Öffnungen zwischen den Gebäuden ist aber kein aktiver Lärmschutz gegeben, so dass nahezu alle Fassaden der Gebäude passiv lärmgeschützt werden müssen. Die Tiefgaragen Ein- und Ausfahrten erfüllen nicht die Anforderungen an den Schallimmissionsschutz. Der Schallschutz wird nicht gewährleistet.

Insgesamt ist der Entwurf ein fordernder Beitrag, dessen konsequente Übersetzung der Bauaufgabe in eine städtebauliche Großform aus prägnanten Einzelarchitekturen zugleich als Chance wie auch als Risiko für die zukünftige Entwicklung Würzburgs verstanden werden kann und folglich zu vehement kontroversen Beurteilungen führt.
Bismarckquartier Nürnberg Ansicht Bismarckstraße

Bismarckquartier Nürnberg Ansicht Bismarckstraße

Bismarckquartier Nürnberg Ansicht Würzburger Stein

Bismarckquartier Nürnberg Ansicht Würzburger Stein

Bismarckquartier Nürnberg Lageplan

Bismarckquartier Nürnberg Lageplan