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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2017

Neues Wohnen und Arbeiten im ehemaligen BPZ

Perspektive grüner Saum

Perspektive grüner Saum

1. Preis

Preisgeld: 32.500 EUR

Studio Urbane Strategien

Stadtplanung / Städtebau

UTA Architekten und Stadtplaner BDA

Architektur

Kienleplan GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ort – ländliche Umgebung . Programm – urbaner Lebensstil
Wie wohnt man unter diesen Rahmenbedingungen?

Diese Grundfrage nahmen wir zum Anlass Ort und Programm auf ihre Synergien hin zu betrachten. Ähnlich einem Ökoton entsteht für uns aus dieser Kombination des Ruralen und Urbanen ein ganz eigener Lebensraum mit besonderen Typologien in der Architektur und in den Freiräumen, die ihre Basis im Ortstypischen haben. Ein ländlich urbanes Quartier befriedigt den Wunsch nach Individua-lität und Rückzugsorten ebenso wie jenen nach Gemeinschaft und Austausch. Nicht das generische Einfamilienhausgebiet sondern ein Quartier mit Ortsidentität und Qualität zu entwickeln war unser Ziel. Ein Quartier, das einen Namen trägt, identifizierbar ist und eine dem Ort entsprechende bauli-che wie atmosphärische Dichte entwickelt: Die Dornstädter Höfe

Schatzkarte
Basis des Entwurfs ist die Identifizierung von bestehenden Qualitäten, die in einer sogenannten Schatzkarte zusammengefasst sind. Diese Schatzkarte beschreibt Elemente, die den Ort charakte-risieren und in seiner Entwicklung bedeutsam waren. Diese Elemente werden möglichst erhalten und weiterentwickelt bzw. neu interpretiert. Ein sensibler Umgang mit Freiraumelementen, wie dem ortsprägenden Baumbestand oder der Obstbaumwiese, aber auch die Wiederinwertsetzung von Orten, wie der Kirche oder den Friedhöfen sind dabei selbstverständlich.

Ortsidentität
Die Schatzkarte wurde ergänzt durch Überlegungen zu ortsspezifische Bautypen und Freiräumen. Die identifizierten Bautypen der Region Hofstelle mit Hofhaus, Scheune, Stall und Silo sowie den entsprechenden Freiräumen Hof, Garten, Wiese und Feld bilden die Basis des Entwurfs auf der städtebaulichen, architektonischen und freiraumplanerischen Ebene. Sie bieten Ansatzpunkte für die Entwicklung eines ländlich urbanen Quartiers aus der Modifizierung und Weiterentwicklung durch die Konfrontation mit dem urbanen Lebensstil der Bewohner. Aus dieser Kombination entste-hen neue Typologien, die sich aus dem Kontext heraus entwickeln. Gelingt es ein ablesbares Quar-tier mit hoher Gestaltqualität und Ensemblewirkung zu entwickeln, ist dies die Basis, für eine lang-fristige Werthaltigkeit und Qualität.

Grundordnung aus Höfen, Dorfboden und Saum
Die städtebauliche Grundordnung aus Hofstellen, Dorfboden und Saum bildet eine robuste und qualitätsvolle Struktur für das Quartier. Diese drei Elemente bieten die gewünschte Bandbreite von öffentlichen, gemeinschaftlichen und privaten Räumen in den Freiräumen wie der Architektur. Das Quartier ist in Phasen entwickelbar und bietet Spielraum durch die Ordnung in Höfen. Eine pro-grammatische und typologische Bandbreite sowie unterschiedliche Miet- und Eigentumsmodelle sind möglich.

> Höfe
Auf einer Hofstelle bilden die Gebäude einen Innenhof für die Hofgemeinschaft aus und artikulieren den Hof nach außen. Der Eingang in den Hof wird durch einen Rücksprung besonders betont. Be-stehende Bäume werden behutsam integriert und raumwirkend inszeniert. Die Gebäude bilden eine Nachbarschaft aus, die sich den gemeinschaftlichen Innenhof teilt und entsprechend ihrer Bedürf-nisse gestaltet. Innerhalb der Hofstellen ist eine große Varianz an architektonischen Typologien und Wohnformen möglich. Die gezeigte Bebauung ist hierfür ein Vorschlag. Wichtig sind die Schwellen-bereiche zwischen den gemeinschaftlichen und privaten Flächen. Die Neuinterpretation der ortsty-pischen Bautypen Hofhaus, Scheune, Stall und Silo erlaubt vielfältigste Wohnformen von Ge-schosswohnungen in unterschiedlichsten Größen, Maisonetten und erdgebundenem Wohnen. Son-dernutzungen wie ein Schulhof, Pflegehof und Werkhof ergänzen die im Wesentlichen der Wohn-nutzung vorbehaltenen Wohnhöfe. Die Vergabe und Entwicklung der Höfe kann durch Konzept-vergabe bevorzugt an Baugruppen oder kleine Genossenschaften erfolgen um dadurch die Mög-lichkeit zu geben, das Quartier aktiv mitzugestalten.

> Dorfboden
Die Haupterschließung des Quartiers erfolgt über den Hubertus- und Bodelschwinghweg, von dem aus der Dorfboden als Haupterschließung u-förmig alle Höfe durch diesen öffentlichen Freiraum zusammenbindet. Der Dorfboden ist als Ort für alle als shared space ausgebildet und dient sowohl als Fahrgasse als auch Aufenthalts- und Spielfläche. Aus dem Dorfboden sind Stellplätze für car-sharing, bikesharing (Elektrofahrräder), Gästeparkplätze und Kurzparker angeordnet. Öffentlichere Programme in den Gebäuden am Dorfboden profitieren von der guten Erschließung, Lagegunst und Sichtbarkeit und könnten hier das Wohnen ergänzen. Vom Dorfboden aus führen Feldwege in den grünen Saum und weiter in die Landschaft. Im Norden schlagen wir eine Quartiersgarage vor, wel-che von allen Höfen genutzt werden kann. Hier können auch weitere carsharing Angebote unterge-bracht werden sowie bei Bedarf auch andere Nutzungen im Erdgeschoss. Es wird empfohlen ein ganzheitliches Mobilitätskonzept umzusetzen, um den Bedarf an privaten PKWs zu minimieren. Optional können auch private Tiefgaragen unter den Hofstellen realisiert werden.

> Saum
Der grüne Saum umfasst und definiert das Quartier nach Außen, flankiert von Feldwegen um das Quartier. Auch hier wird der Baumbestand weitgehend erhalten und ergänzt. Im grünen Saum be-finden sich die privaten Gärten der Hofstellen. Diese ergänzen als Freiflächen die Hofinnenberei-che, Loggien und Dachterrassen. Sie bieten die Möglichkeit für interessierte Bewohner Obst, Blu-men und Gemüse anzubauen. Die Gärten können eingefriedet sein und sind eingebettet in Wiesen-flächen, die durch Trampelpfade durchzogen sind. Innerhalb der Wiesenflächen finden naturnahe Spielgeräte für Kinder ihren Platz. Der grüne Saum weitet sich zwischen den Hofstellen bis zum Dorfboden und verbindet mittels der Feldwege in die Landschaft.

Quartiersmitte: öffentliche Programme innen und außen
Die Mitte des Quartiers wird durch die Dorfwiese, die Kirche und das Café definiert. Die Kirche mit dem Friedhof wird dazu freigestellt, gestalterisch aufgewertet und umgenutzt. Das Pförtnerhaus als Quartierseingang wird durch ein öffentliches Programm wie z.B. eine Ausstellung zur Ortsgeschich-te bespielt. Das Hofcafé beschreibt ein Gebäude mit öffentlicher und publikumsintensiver Nutzung wie z.B. ein Bäcker mit Café oder ein Quartiershaus. Auch dieses liegt sichtbar und gut erschlossen durch die Nähe zur Bushaltestelle und zur Quartiersgarage. Die Dorfwiese mit Weiher ergänzt die Quartiersmitte um einen angemessen großen Freiraum. Dieser ist einfach gestaltet und für alltägli-che wie auch besondere Nutzung z.B. für Quartiersfeste. Der Weiher ist Gestaltungselement, Bio-top und dient zudem der Wasserretention.

Ablesbarer Siedlungskörper
Den Ort Dornstadt betrachtet sehen wir die B10 als östlichen Ortsabschluss, den es zu stärken und auszubilden gilt. Westlich der B10 ergänzt bzw. ersetzt eine hochwertige Bebauung bestehende Strukturen. Die ehemaligen Flächen der Raststätte und Tankstelle schlagen wir für Freizeitnutzun-gen vor. So bietet die ehemalige Tankstelle Raum und Infrastruktur für z.B. einen Skatepark mit Pavillon. Nördlich davon könnten die ehemaligen Flächen des Rasthofs einer Sportnutzung zuge-führt werden. Die Flächen sind gut erreichbar vom Hauptort, wie auch von den Dornstädter Höfen aus. Durch ihre Lage ist die Lärmemission der Freizeitnutzung zudem unproblematisch. Gestalte-risch können sie sehr gut in die Feldstruktur der Umgebung eingefügt werden.

Die Dornstädter Höfe sind auch weiterhin ein ablesbares Quartier eingebettet in die Kulturland-schaft. Der Entwurf stärkt die visuelle Randwirkung und -präsenz durch die Ausbildung einer Sil-houette aus grünem Saum und hochwertiger Architektur. Eine mögliche Erweiterung ist nach Nor-den im gleichen Ordnungsmuster bei Bedarf möglich. Die Vernetzung nach Dornstadt und die Ein-bindung in den Kontext erfolgt durch Verbindungswege, welche durch Baumalleen bzw. Baumach-sen in Anlehnung an den ortstypischen Windschutzbewuchs gesäumt sind. Nicht nur Straßen son-dern auch Feldwege für Fußgänger und Radverkehr ermöglichen neue Verknüpfungen und auch Naherholung. Eine Brücke für den Langsamverkehr ergänzt die schon vorhandenen Anschlussmög-lichkeiten an Dornstadt selbst.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser entwerfen ein maßstäbliches und unverwechselbares neues Quartier für Dornstadt.
Dies betrifft das städtebauliche Gesamtkonzept genauso wie die bereits dargestellte Vorstellung der Gestaltung des öffentlichen Raumes und der Architektur seiner Gebäude.
Besonders gewürdigt wird die Tatsache, dass die Besonderheiten des Entwurfes aus den prägenden Merkmalen des Ortes abgeleitet werden. Dabei handelt es sich einerseits um in der Region vorkommende bekannte Bautypologien und andererseits um charakteristische Elemente der Landschaft. So tragen erhaltenswerte Bestandsbauten und der einmalige Baumbestand ganz selbstverständlich zur Identität des zukünftigen Quartiers bei.
Die verkehrliche Anbindung an das vorhandene Straßennetz erfolgt wie bisher über den Hubertusund Bodelschwinghweg. Diese allerdings ist nicht optimal und sollte bei der weiteren Planung vertieft werden. Für Radfahrer und Fußgänger wird eine neu vorgeschlagene Überquerung der B10 mit einer flankierenden Bebauung auf der Westseite die bisherige Situation spürbar aufwerten. Innerhalb des Quartiers wird der Verkehr sinnvoll über eine Erschließungsschleife durchgeleitet, vorgeschlagen als verkehrsberuhigte Zone und räumlich abwechslungsreich gestaltet, so dass diese Flächen gleichzeitig auch als Aufenthalts-und Spielflächen genutzt werden können. Auf sehr einfache Weise werden von diesem Straßenraum aus auch die Wohnhöfe angebunden. Diese sehr gut proportionierten Hofbebauungen werden in hohem Maße ganz wesentlich das neue Quartier in seiner Einzigartigkeit und besonderen Atmosphäre charakterisieren.

Die Verfasser sehen in der Anordnung unterschiedlicher Wohnbauten um einen Gemeinschaftshof eine moderne Interpretation der klassischen Hofanlage mit Hofhaus, Scheune, Stall und Silo. Auf diese Weise werden ganz unterschiedliche Wohntypen angeboten und die ganz unterschiedliche Mietund Eigentumsmodelle ermöglichen. Diese Gebäudeanordnung verspricht zeitgemäßes und hochwertiges Wohnen, das einerseits ein Miteinander ermöglicht, andererseits aber auch Individualität und Rückzug zulässt. In diesem Zusammenhang können auch die siloartigen Punkthäuser einen wichtigen,
ergänzenden Beitrag leisten, deren Sichtbarkeit von außen das Quartier aus seiner Nische befreien kann, wenn für das Volumen eine angemessene ortsypische architektonische Gestalt gefunden wird.
An den richtigen Stellen werden wohlüberlegte Sonderbauten angeboten, eingebunden in ein dem insgesamt ländlich, urbanen Charakter angemessenes Freiraumkonzept, das geschickt vernetzt ist mit den vorhandenen, auf das Gebiet zukommenden Feldwegen. Eine besondere Qualität bildet auch der grüne Saum, der das Areal rahmt und in dem privat nutzbare Mietergärten vorgeschlagen werden.
Interessant und unbedingt in den weiteren Planungsschritten weiter zu verfolgen scheint das im Norden des Quartiers vorgesehene ganzheitliche Mobilitätskonzept, um den Bedarf an privaten Autos zu reduzieren. Durch die hofartige Anordnung der Gebäude wird ansatzweise, allerdings ein nicht sehr effektiver Schallschutz gegen den erheblichen Verkehrslärm von B10 und Autobahn erzielt. In diesem Punkt besteht eindeutig Verbesserungspotenzial.

Insgesamt handelt es sich um einen ganz eigenständigen und mutigen Entwurf, der ohne Effekthascherei auskommt und der ein Quartier mit hohem Identifikationspotenzial verspricht.
Städtbauliche Einbindung

Städtbauliche Einbindung

Grundidee

Grundidee

Lageplan

Lageplan

Städtebauliche Einbindung

Städtebauliche Einbindung

Städtebauliches Entwurf

Städtebauliches Entwurf

Konzeptpläne

Konzeptpläne

Städtebauliches Konzept

Städtebauliches Konzept

Perspektive Hof

Perspektive Hof

Perspektive Quartiersmitte

Perspektive Quartiersmitte