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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2017

Herford ans Wasser | Umgestaltung und städtebauliche Einbindung der Aa

Blick nach Norden über die Raue Gleite am Bürgerplatz

Blick nach Norden über die Raue Gleite am Bürgerplatz

Anerkennung

Preisgeld: 7.000 EUR

wbp Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Ing.-Büro Wolfgang Klein

Wasserbau

Erläuterungstext

Die naturnahe Entwicklung der Aa und die Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit werden als wichtige und nachhaltige Bausteine für die Stadtentwicklung gesehen. Um den damit zwangsläufig verbundenen Ver-lust der beiden kulturell prägenden Wehre zu kompensieren, soll durch die Verbesserung der Erlebbarkeit der Ufer, des Wasserlaufs und der Zugäng-lichkeit der Aa ein spannender, urbaner Ort entstehen. Unterschiedliche Zugänge wie Balkone, die den Blick auf das Wasser inszenieren oder Stu-fen, die zum Wasser führen, lassen einen lebhaften neuen Stadtraum ent-stehen.

Eine – auch für den Radverkehr weitgehend- durchgehende neue Prome-nade erstreckt sich entlang der Aa. Die steilen Uferabschnitte werden über auskragende Wege und Balkone erlebbar gemacht, an den flacheren Ufern werden über Treppen und Sitzstufen Zugänge zum Wasser geschaffen.
Die unwirtliche Unterführung unter „Auf der Freiheit“ wird aufgegeben. Die Verbindung von Norden übernimmt eine neue Brücke, die direkt zum Weg entlang der Sparkasse führt. Die weiter im Osten liegende Lichtsignalanlage wird an diesen Querungspunkt verschoben.
Von Westen wird entlang des Parkplatzes, der auch als Veranstaltungsflä-che genutzt werden könnte, ein Weg bis zur Brücke „Auf der Freiheit“ ge-führt. Der Weg zur Unterführung wird aufgegeben, das Ufer naturnah zu-rückgebaut. Ein kleiner Balkon führt über die Böschungskante und lässt ei-nen ersten Blick zur Aa zu.
Entlang der Sparkasse wird die neue Promenade mit einer teilweise leicht über die Böschung auskragenden Kante, aber vor allem durch die Einbe-ziehung der gesamten Breite bis zur Fassade der Sparkasse deutlich brei-ter. Stufen und Sitzkanten nehmen den Höhenversprung zu der Fassade auf und lassen einen weitläufigen, offenen Bereich entstehen. Eine neue, die Linearität betonende Baumreihe ersetzt den teilweise sehr dichten Ufer-bewuchs. Eine transparente Absturzsicherung lässt den Blick auf den Flusslauf zu.
Der Platz südlich der Sparkasse erstreckt sich bis zur Fassade der Markt-halle und bindet diese als wichtige städtische Kante mit ein. Nach Norden und nach Süden erhält der Platz eine Fassung aus Baumreihen, die die be-stehenden Bäume ergänzen. Bänke unter den Bäumen laden zum Verwei-len ein. Der Platz öffnet sich zur Aa mit einem Balkon, lässt den Blick auf den weiten Bogen der Aa zu und verknüpft so die Stadt mit dem Fluss.
Zwischen dem neuen Platz an der Markthalle und der Bäckerstrasse wird das Strassenprofil zugunsten der Promenade zurückgebaut. Ein durchge-hender, an der Ostseite überfahrbarer Stadtraum entsteht. Eine Baumreihe betont die Promenade und trennt den befahrbaren vom Aufenthaltsbereich- auch hier laden Bänke zum Verweilen ein.
Die Brücke Bäckerstrasse dient zum ersten Blick auf den spannenden Flusszugang, der von der Waisenhausstrasse neu geschaffen wird. Optio-nal und langfristig kann die private Terrasse der Gastronomie auf die Süd-seite verlegt werden, so daß hier ein Weg weitergeführt werden kann.
Der Hauptweg, auch für Radfahrer verschwenkt über die Bäckerstrasse in die Waisenhausstrasse. Die schmale Strasse wird mit einer mittigen Rinne als „Gasse“ entwickelt.
Die Fuge zum Wasser wird über eine breite Treppenanlage, die am Fluss in breiten Sitzstufen mündet erschlossen. Das südlich angrenzende Grund-stück wird langfristig ebenfalls als öffentlicher Raum gesehen. Ein Baum-dach mit Bänken wird zur Oase in der Stadt. Zeitweise ist noch ein Parken für Anlieger denkbar.
Der breite Zugang zum Wasser verbindet sich optional über eine Treppe nach Norden über die Terrasse der Gastronomie.
Nach Süden führt ein neuer Weg bis zum Bürgerplatz. Zu den angrenzen-den Gebäuden wird ein breiter Grünstreifen vorgesehen. Zur Aa, die hier als Raue Gleite ausgebildet schaffen Sitzstufen in einem Rasenhang einen attraktiven Ort.
Gegenüber wird die schmale Fuge als Terrasse für die Gastronomie aus-gebildet. Eine breite gestufte Terrasse führt zum Ufer, das Ufer selbst wird naturnah ausgebaut.
Der Fluss nimmt an dieser Stelle einen deutlich breiteren Raum ein als heu-te. Der Bürgerplatz mit einer Kante zum Wasser entwickelt sich dennoch zu einem attraktiven Ort. Die mittige Rasenfläche, die auch die Bestandsbäu-me aufnimmt, erhält einen Rahmen aus Sitzkanten. Die mit Sitzkanten ge-fassten Rasenflächen bilden auch den neuen Eingangsbereich zum Aawie-senpark aus. Das großzügige Entree zum Park liegt direkt am Wasser, eine Sitzstufe schält sich aus dem Bodenbelag und lässt einen Aufenthalt direkt über der Aa mit Blick auf den Stadtgraben zu.
Dieser höher liegende Bereich splittet sich dann nach Süden in den auf gleicher Höhe liegenden Deichweg und ein flach geneigter Weg führt von hier in den tieferliegenden Bereich.
Der Hauptradweg wird über eine neue, breitere Brücke nach Westen ge-führt. Entlang dem Stadtgraben, der ebenfalls mit einer Rauhe Gleite zum lebhaften Flusslauf wird, beleben nach Süden orientierte Sitzstufen den Ort.

Der Aawiesenpark erhält eine flache Mulde, die Hochwasser aufnehmen kann. Ein Holzdeck mit Stufen zur Mulde führt den formalen Gartenteil wei-ter und schafft einen alltäglich gut nutzbaren Ort.
Das Westufer der Aa wird naturnah entwickelt, die Wegeführung auf der Ostseite werden als ausreichend angesehen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit zeichnet sich durch eine konsequente Umsetzung der ökologischen Durchgängigkeit der Aa und des Stadtgrabens aus. Beide Wehre werden komplett zurückgebaut, es verbleibt kein Hinweis auf diese für die Stadtgeschichte bedeutsamen Bauwerke. In gewässerökologischer Hinsicht erfüllt diese Arbeit weitreichende Anforderungen.
In der Folge allerdings kann der Grundwasserspiegel aller Voraussicht nach nicht gehalten werden, mit der für die Stadt als problematisch anzusehenden Gefahr dauerhafter Grundwasserabsenkungen. Eine weitere Folge ist, dass ein wirkungsvoller Hochwasserschutz für das Innenstadtgebiet mangels Regelungsmöglichkeiten nicht gewährleistet werden kann. Dies ist angesichts der zu erwartenden Wasserspende bei Hochwasserereignissen aus dem Einzugsgebiet im Oberlauf der Aa einschließlich der Stadt Bielefeld als kritisch zu beurteilen.
Grundsätzlich positiv wird die Teilung der Ufer in ein westliches „naturnahes“ und ein östliches „urbanes“ Ufer beurteilt. Die vorgeschlagene Aufweitung des Gewässerquerschnittes zu den westlichen Wohngrundstücken wird grundsätzlich begrüßt. Die Umsetzung und die hydraulische Wirksamkeit werden kritisch gesehen.
Die Gestaltung des Bürgerparks bzw. Bürgerplatzes ist zurückhaltend angelegt, gestalterisch allerdings nicht schlüssig umgesetzt. Insbesondere die Ausbildung der Wegebeziehung bis zur Radewiger Brücke überzeugt nicht, eine barrierefreie Anbindung an die Waisenhausstraße ist nicht gegeben.
Die Gestaltung des Platzes zwischen Markthalle und Sparkasse bleibt hinter den Möglichkeiten zurück, der große Höhenunterschied zwischen Fluss und Stadt wird hier nicht überwunden. Die vorgeschlagenen Abgänge führen zu kleinen undefinierten Grünflächen unten am Fluss, deren Bedeutung sich nicht erschließt. Mit der vorgelegten Idee wird so kein überzeugender Beitrag zum Thema „Herford ans Wasser“ geleistet.
Die Verlegung der Ampel an die Brücke der Straße „Auf der Freiheit“ ist verkehrstechnisch nicht sinnvoll, da die heutige Lage der Ampel eine unverzichtbare Hauptverbindung bedient. Damit ist die neue Fußgängerbrücke nördlich der Brücke ebenfalls nicht sinnvoll.
Insgesamt legt die Arbeit mit der stringenten Umsetzung gewässerökologischer Anforderungen einen ambitionierten Beitrag vor. In den übrigen Belangen allerdings überzeugt die Arbeit nicht.

Wasserbauliche Stellungnahme
Der Entwurf besticht durch die konsequente Umsetzung gewässerökologischer Zielsetzungen. Durch den Rückbau beider im System vorhandenen Wehranlagen wird die ökologische Durchgängigkeit für Fische und Kleintierlebewesen (Makrozoobenthos) hergestellt. Durch die ebenfalls konsequente habitat-orientierte Gestaltung des Fließgewässerkorridors der Aa werden weitere Ziele im Gewässerschutz angestrebt.
Der Hochwasserschutz wird leider nicht sicher nachgewiesen, was aber auch nicht erwartet werden konnte. Die Abflussprofile werden aufgeweitet, wodurch sich der Hochwasserabfluss positiv verbessert. Auch werden diese Maßnahmen sinnvoll in die Uferzonen integriert.
Die Grundwasserstände werden sich im Eingriffsraum rund um die Wasserspiegelbeeinflussung durch den Wehrrückbau verändern. Auch bautechnisch ein sehr kosteneffektiver Entwurf.
Blick nach Süden über den Platz an der Markthalle

Blick nach Süden über den Platz an der Markthalle