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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2018

Wohnbebauung Singerstraße

1. Preis

HENCHION REUTER ARCHITEKTEN

Architektur

Rehwaldt Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Erläuterung Wettbewerb Wohnbebauung Singerstraße Erfurt


Städtebauliche Einordnung / Freiraumkonzept
Der besonderen Lage des Grundstücks, am nordöstlichen Rand des Wohngebietes „Am Großen Herrenberg“ sowie am Übergang zum offenen Landschaftsraum gelegen, schlagen wir eine Aufteilung des gewünschten Bauvolumens, in formal aufgelockerter, sich deutlich auf die vorhandenen Strukturen und Freiräume bezogene Bauweise vor. Dies erfolgt bei konsequenter Einbindung und unter Berücksichtigung der bestehenden Grünstrukturen und der topographischen Besonderheiten als gegebene Standortqualitäten, sowie dem Maßstab und den Gegebenheiten der Umgebung entsprechend.

Das neue Wohngebiet wird über seine städtebaulichen Bezüge und Freiraumqualitäten auf vielfältige Weise mit den vorhandenen Strukturen vernetzt. Der Grünraum zwischen den Wohnblöcken südlich der Kirche ist als „großer Anger“ markantes und verbindendes Element zum Stadtteil Herrenberg. Der Kammweg, der durch verschiedene Stadträume führt und auch der Wanderweg nach Dittelstedt verweisen auf eine eigene Qualität und gute Anbindung an die vorhandene grüne Infrastruktur. Diese Verbindungen werden in der städtebaulichen Einordung sowie der Freiraumplanung als wichtige Potentiale aufgenommen und gestärkt.
Der südliche Eingang in das neue Quartier spiegelt den „großen Anger“ und ist gleichzeitig einladende Geste und grüne Adresse an der Schnittstelle mit dem Kammweg vis-à-vis der Gustav-Adolf-Kirche. Über diesen „kleinem Anger“ leiten Baumreihen die Fußgänger in das neue Quartier und zu den Häusern.
Die neue Wohnbebauung der Singerstraße gliedert sich um eine gemeinsame „Grüne Mitte“. Das vorhandene Wäldchen, ein zentraler Bestandteil, wird erhalten und durch entsprechende Schnittmaßnahmen zu einem vielfältig nutz- und bespielbaren Raum entwickelt. In dieser Mitte sind neben den wichtigen fußläufigen Wegeverbindungen auch Gemeinschaftsplätze, zum Spielen, Grillen, etc. sowie notwendige Zufahrts- und Aufstellflächen für die Feuerwehr eingeordnet.
Entlang der umliegenden Straßen (Singerstraße und Hermann-Brill-Straße) sowie zu der angrenzenden Bebauung im Süden sind die Fassaden der neuen Baukörper parallel bzw. orthogonal ausgerichtet. Im Gegensatz dazu steht die lockere innere Ausrichtung sowie die Ausrichtung in die Grünräume.

Wohnen/Wohnkomfort
Angestrebt wird ein qualitätsvoller Geschosswohnungsbau mit unterschiedlichen Gebäudestrukturen für verschiedene Zielgruppen. So sind in den 3 Punkthäusern auf Baufeld 1, der Lage sowie der Gebäudestruktur entsprechend, eher großzügigere Wohnungen, welche auch als Eigentumswohnungen genutzt werden können, vorgesehen. Der L-förmige Baukörper auf Baufeld 2 mit seiner Schallschutzfunktion beinhaltet überwiegend knappe, kompakte durchgesteckte Wohnung und an den beiden Kopfenden eher größere, zu 3 Seiten orientierte Familienwohnungen. In den 4 Zeilen auf Baufeld 3 sind durchschnittliche, durchgesteckte und an den Kopfenden von 3 Seiten belichtet Wohnungen untergebracht.
In der inneren Gebäudeorganisation werden ausschließlich gut belichtete und belüftete Wohnungen über Eck bzw. durchgesteckt, und zu zwei bzw. drei Himmelsrichtungen ausgerichtet, angeboten. Diese sind je nach Lage und Ausrichtung bezüglich der Freisitze unterschiedlich ausgebildet und reagieren so auf die attraktive Süd-, Ost- und Westlage und den Grünraumbezug. Eingezogene Loggien werden für den Sicht- und Sonnenschutz mit außenliegenden Vorhängen ausgestattet und bieten den Nutzern somit ein individuell nutzbares und geschütztes „Sommerzimmer“. Den Erdgeschosswohnungen sind großzügige und attraktive Terrassenbereiche mit Mietergärten zugeordnet. Diese sind durch kleinteilige Pflanzungen räumlich strukturiert und von den halböffentlichen und öffentlichen Bereichen weitestgehend abgeschirmt.
Ein ausgewogenes und dem Standort sowie der Nutzung angemessenes Angebot für Intimität und Öffentlichkeit.
Der gewünschte Wohnungsmix kann nahezu ohne Abstriche umgesetzt werden und verteilt sich über die 3 Baufelder sowie die verschiedenen Hausstrukturen.
5 /4,5 Raumwohnung Soll 10 % Ist 10%
4 /3,5 Raumwohnung Soll 25 % Ist 25%
3 /2,5 Raumwohnung Soll 55 % Ist 54%
2 Raumwohnung Soll 10 % Ist 11%
Sämtliche Wohnungen sind barrierefrei zugänglich. Grundsätzlich sind alle Wohnungen nach ihrer Lage im Haus sowie ihrer Orientierung und Ausrichtung so organisiert, dass ein maximaler Komfort zu erwarten ist. Über ausgewogen proportionierte Fensterelemente, welche bezüglich ihrer Größe auf die Anforderungen - minimaler Wärmeeintrag im Sommer,
- minimaler Wärmeverlust im Winter und
- optimale Belichtung
abgestimmt sind, wird eine großzügige Raumwirkung bei maximaler Wirtschaftlichkeit gewährleistet. Vor den Loggien sind textile Vorhänge vorgesehen, welche einen Sonnen- und Sichtschutz sicherstellen. Die übrigen Fenster werden mit Wärmeschutzverglasung vorgesehen bzw. können diese mit Markisen/Rollläden ausgestattet werden. Die Wohnungsgrundrisse können flexibel genutzt und gestaltet werden und somit wechselnden Wohnbedürfnissen angepasst werden. Sie verfügen jeweils über Abstellräume und Aufstellflächen für Waschmaschinen in der Wohnung und einen weiteren Lagerraum im Keller.

Ruhender Verkehr
Eine große Qualität des neuen Quartiers liegt in der autofreien „Grünen Mitte“. Der ruhende Verkehr wird an den Rändern bzw. in der Tiefgarage eingeordnet. Die Ein-/Ausfahrt der Tiefgarage liegt an der Hermann-Brill-Straße in der nordwestlichen Grundstücksecke und verbindet die 3 Punkthäuser von Baufeld 1 mit den 4 Zeilen auf Baufeld 3. Bei einer getrennten Realisierung bzw. bei Bedarf kann eine weitere Zufahrt für das Baufeld 3 von Osten über die neue Erschließungsstraße erfolgen. Hier sind 84 Stellplätze für die Wohnungen auf Baufeld 1 und 3 vorgesehen. Sämtliche Treppenhäuser der entsprechenden Wohnhäuser reichen bis in die Tiefgarage bzw. das Kellergeschoss. Die PKW-Stellplätze für Baufeld 2 sind auf dem zweigeschossigen Parkdeck an der Hermann-Brill-Straße vorgesehen. Weitere Besucherstellplätze befinden sich entlang der Hermann-Brill-Straße.

Fahrradstellplätze sind direkt an den Hauseingängen 50% und im Keller bzw. der Tiefgarage 50% vorgesehen. Dies gilt, in Abstimmung mit der Stadtreinigung und der Hausverwaltung, auch für die Standorte der Abfallcontainer.

Konstruktions- und Materialkonzept
Das Tragwerk der Wohnhäuser besteht aus einem stringenten und konventionellen Massivbau. Wohnungsgrundrisse liegen konsequent Geschossweise übereinander. Die Aussteifung erfolgt über eine massive Schottenbauweise. Außenwände werden als hochdämmende Lochfassaden aus Perlite gefüllten Hochlochziegeln vorgeschlagen und erfüllen dabei höchste Anforderungen an die Energieeinsparung bei gleichzeitig zeitgemäßer, robuster und nachhaltiger Bauweise.
Die Wohnungstrennwände im Innern werden aus Ziegel-Vollsteinen mit 24cm Stärke ausgeführt. Somit können entsprechende Schallschutzanforderungen sichergestellt werden. Durch optimierte Spannweiten ergeben sich Deckenstärken von unter 20 cm. Die übrigen Innenwände werden flexibel in Leichtbauweise vorgeschlagen.

Die äußere Erscheinung der Häuser wird geprägt durch eine klare, schlichte und reduzierte Gestaltung und aufmerksame Detailausbildung mit einer traditionellen Putzfassade, abgesetzt in Besenstrichausführung. Die Erdgeschossfassade erhält eine robuste Oberfläche aus dreiecksförmigen Spaltklinkern (Keramik) in angenehmen Naturfarbtönen. Fensterkonstruktionen aus Holz (alternativ Holz/Alu oder Kunststoff).
Insgesamt ein sinnvolles und wertiges Konzept. Zum einen in einfacher, konventioneller Massivbauweise und zum anderen mit großzügiger Baukörper- und Grundrissanordnung und mit wertigen und nachhaltigen Materialien.

Für die Freianlagen erfolgt ebenfalls eine robuste und ansprechende Materialwahl und betont die Wertigkeit der neuen Anlagen. Die Pflanzen akzentuieren und charakterisieren die unterschiedlichen Freiräumtypen, so dominieren Obstgehölze die privaten Freiflächen während in den öffentlichen Zonen standortgerechte Großgehölze wie Ahorn, Esche, etc. verwendet werden.

Schallschutz (betr. nur) Baufeld 2
Nordfassade - Die öffenbaren Fenster von Aufenthaltsräumen haben einen lichten Abstand von ca. 0,5 m zu einer vorgesetzten Prallscheibe. Die umlaufende Fuge dieser Prallscheibe ist so dimensioniert, dass die Anforderungen der TA Lärm mit den Anforderungen an die Lüftung der Wohnungen in Einklang gebracht wird.
West-/Ostfassade - Die Belüftung der Wohnungen erfolgt über Loggien, die an ihrer Außenseite mit teildurchlässigen Glasflächen den Lärm abwehren. Die Innenseiten der Loggien werden ggf. schallabsorbierend verkleidet, um den Zielkonflikt möglichst großer Lüftungsöffnungen vs. TA-Lärm zu lösen.
Festverglasungen - Nachdem die neuere Rechtsprechung diese pragmatische Lösung akzeptiert, werden die ausschließlich zur Belichtung geplanten „Festverglasungen“ an lärmbelasteten Fassaden des Gebäudes als Schallschutzfenster realisiert, die nur mit Spezialwerkzeug zu Reinigungszwecken geöffnet werden dürfen.

Dachbegrünung
Alle Dachflächen werden extensiv begrünt. Neben geringen Flächenlasten und minimalem Pflegebedarf verfügen die Retentionsdächer über eine hohe Wasserspeicherung bei gleichzeitig gezielter Abflussverzögerung.

Energiekonzept / Nachhaltigkeit
Es kann mittels hochgedämmter Bauteile der Energiestand eines KfW-Effizienzhauses 55 erreicht werden. Das vorgeschlagene Material-/ und Konstruktionskonzept orientiert sich an traditionellen, einfachen und herkömmlichen Möglichkeiten und wird unter den Prämissen Dauerhaftigkeit, Nachhaltigkeit und der ausgewogenen Beachtung ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte entwickelt. Robuste, pflegeleichte Oberflächen und hochwirtschaftliche Konstruktionen in einer gesundheits- und umweltverträglichen Bauweise bestimmen die Baustoffwahl.

Heizung / Wärmeerzeugung/Warmwasserversorgung
Die Wärmeversorgung erfolgt über Fernwärme und mittels Wärmeübergabestationen in die einzelnen Häuser. Die Beheizung der Räume erfolgt vorzugsweise über eine flächendeckende Fußbodenheizung. Durch die gute Dämmung des Gebäudes ist der Wärmebedarf reduziert, sodass die Räume über die Fußbodenflächen mit einer sehr niedrigen Systemtemperatur (max. 35/30°C) optimal temperiert werden können. Alternativ können auch Heizkörper zur Raumbeheizung zum Einsatz kommen. Auch hier ermöglicht die thermisch optimierte Gebäudehülle einen Betrieb der Heizkörper im Niedrigsttemperaturbereich.

Bedarfsgeführte Wohnraumlüftung
Alle Wohnungen werden unter Berücksichtigung der DIN 1946 Teil 6 belüftet. Die Frischluftversorgung der Räume erfolgt hierbei auf natürlichem Wege über Fensterfalzluftelemente. Zur besseren Lüftungseffizienz und zur Entlüftung der ggf. innenliegenden Räume werden ventilatorgestützte Abluftventile über eine zentrale Absaugung in den Bädern und Küchen angeordnet, so dass ein gezieltes Durchlüften der Wohnungen sichergestellt ist. Die Luft in den Wohnungen wird durch einen druckgeregelten EC-Ventilator abgesaugt. Die Luft wird durch Abluftelemente in den Nutzräumen (Küche, Bad, WC) abgeführt, was zu einem Luftwechsel in der gesamten Wohnung führt. Die feuchtegeführten Außenluftdurchlässe in den Wohnräumen sorgen für eine bedarfsgeführte Nachströmung der Frischluft. Dies bedeutet, dass Räume oder Wohnungen mit hohen Frischluftanforderungen größere Volumenströme erhalten als weniger oder nicht genutzte Räume oder Wohnungen.
Im Zuge von Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen in den ersten Planungsschritten sollte hierzu ergänzend untersucht werden, ob eine Wärmerückgewinnung aus der Wohnungsabluft energetisch sinnvoll ist.

TGA - Zusammenfassung
Mit dem beschriebenen Konzept soll mit der notwendigen und möglichst einfachen Technik ein effektiver Betrieb (geringe Investitions-, Betriebs-, Bedienungs- und Wartungskosten) des Wohnungsneubaus ermöglicht werden. Das hier beschriebene Konzept bietet diese Möglichkeit und ist Ausgangspunkt für vertiefende und detaillierte Untersuchungen im Zuge der folgenden Planungsschritte.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit einer ausgewogenen, in sich sehr stimmigen Gesamtfigur gelingt es der Arbeit, die Rahmenkonzeption zu einer schlüssigen Gebäudekomposition weiterzuentwickeln. Die sorgfältige baukörperliche Durcharbeitung, insbesondere der drei Solitärbauten im Baufeld 1 lässt einen räumlich interessanten Beitrag erwarten, der den Charakter des Geschosswohnungsbaus nicht negiert, aber zeitgemäß weiterentwickelt. Die Höhenentwicklung der Solitärbauten sollte dabei zugunsten einer leichten Differenzierung und Staffelung nochmals überprüft werden. Mit unterschiedlichen Gebäudetiefen reagiert der winkelförmige Rücken im Nordosten elegant auf die jeweiligen Belichtungsverhältnisse. Alle Wohngebäude sind auf kurzem Weg von außen her erschlossen, besitzen aber zugleich einen direkten Zugang zur grünen Mitte rund um den erhaltenen Großgrünbestand im Inneren. Diese grüne Mitte ist über den etwas zu groß wirkenden "Kleinen Anger" sehr schlüssig mit dem Vorbereich an der Gustav-Adolf-Kirche verbunden und bildet damit überzeugend den bislang fehlenden Endpunkt des Kammweges aus. Es wird empfohlen, die Abstände zwischen den Zeilen am Südrand maßvoll zu erhöhen.

Die Zonierung der Freiräume ist gut gelöst, besonders hervorgehoben wird die sensible Differenzierung der Vorbereiche zwischen den privaten Hausgärten und den Wegeführungen in Abhängigkeit vom Grad der öffentlichen Nutzung. Das Parkierungskonzept ist gleichfalls stimmig, die Durchfahrtsituation von der Garage bietet flexible Möglichkeiten in der Bauphase.

Sehr überzeugend sind die gut durchgearbeiteten Grundrisse, die nicht nur von der Besonnung sehr attraktive Wohnbedingungen versprechen, sondern auch die jeweilige Aussicht in die freie Landschaft, den Drosselberg oder das Nahumfeld berücksichtigen. Das Brandschutzkonzept ist ebenfalls gut durchdacht und lässt keine grundlegenden Konflikte erwarten. Auch im Detail überzeugen die gut überlegten Vorschläge. Insgesamt eine hervorragende Arbeit, die einen wichtigen Beitrag zur behutsamen Transformation des Stadtteils leisten kann.

Statement der Kirchengemeinde Die Solitärbauten beziehen mit ihrer bogenförmigen Anordnung als auch architektonischen Ausführung das Gebäude der Kirche städtebaulich gut ein. Eine höhenmäßige Abstufung der Solitäre zur Kirche hin würde dieses positiv unterstützen. Die öffentlichen Bereiche der Freiräume mit dem als „Kleiner Anger“ bezeichneten Eingangsbereich bilden einen gelungenen Abschluss des Herrenberg-Kammwegs.

Statement nachbarschaftlicher Anlieger: Der Entwurf vereint auf sehr gute funktionale und architektonische Weise durch die Struktur der Baukörper in Verbindung mit der Grünflächengestaltung Individualität, Privatsphäre und Gemeinschaft. Allerdings zeigt der Entwurf eine sehr hohe bauliche Dichte. Die Darstellungen lassen auf eine sehr hohe Wohnqualität schließen.