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Einladungswettbewerb | 12/2017

Wohn- und Geschäftsbebauung am Lindenplatz - Fassadengestaltung

ein 3. Preis

Preisgeld: 6.750 EUR

Kunst + Herbert Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Die Lage
Das Grundstück liegt am westlichen Stadtgraben-Ufer, in unmittelbarer Nähe der als UNESCO-Welterbe gelisteten historischen Altstadt Lübecks, und muss daher mit ihr im Zusammenhang betrachtet werden.
Die historische Stadt weist trotz hoher Diversität im Detail eine geschlossene und homogene Struktur auf, die vor allem der durchgehenden Materialität des roten Ziegelsteins zu verdanken ist.

Die direkte Nachbarschaft über den Wallring an der Puppenbrücke lässt das Gebäudeensemble zu einem wichtigen Baustein am Übergang von der westlichen Vorstadt zum historischen Zentrum werden. Dies gilt sowohl für Besucher, die per Bahn kommen, als auch für Pkw-Nutzer, für die es den Auftakt zur Innenstadt darstellt.

Die Aufgabe
An der Fackenburger Allee wurde vom Auslober ein Wohn- und Geschäftshaus geplant.
Für diesen Entwurf soll eine Fassadengestaltung entwickelt werden, die gestalterisch und materiell der sensiblen Lage an der Puppenbrücke Rechnung trägt.
Wir haben den vorgegebenen Entwurf als Grundlage hinterlegt, der Fassadenentwurf hat an wenigen Stellen minimale Rückkopplungen in die Grundrisse.
z.B. werden im EG die Treppenhäuser an die Fassade durchgesteckt, um eine klare Adressbildung zu fördern. Zudem werden innen liegende Verteilerräume vermieden.

Die Fassade
Kompakte Kubatur
Das Gebäude wird als erster ‚Brückenkopf‘ zur Lübecker Altstadt definiert. Seine Fassade ist modern und folgt in ihrem Rhythmus und Struktur den dahinter liegenden Grundrissanforderungen. Die Verbindung zur Altstadt wird über die Maßstäblichkeit und die Farbigkeit des Materials hergestellt. Der Ziegelstein wird als Grundmodul der Gestaltung aufgegriffen.
Das Gebäude soll kompakt und homogen erscheinen. Die Masse des Gebäudes wird nicht künstlich zergliedert, stattdessen sorgt der Ziegel für einen angemessenen Gesamtmaßstab.

Gliederung
Die kompakte Kubatur wird über das EG angehoben. Es entsteht eine Fuge zum Sockel, die weitgehend verglast wird und als Schaufenster für die Gewerbeeinheiten dient.
Der Sockel der Tiefgarage wird durch Treppenanlagen in die Ufertopographie eingepasst.
Die Gestaltung der Fassaden ist in zwei Ebenen aufgeteilt: die orthogonal strukturierte Wandfläche und die davor liegende Ebene der Balkone.
Zwei umlaufende Betonbänder in Deckenebene gliedern die Kubatur und binden die den Himmelsrichtungen leicht angepassten Fassaden wieder zusammen. In der Ebene dieser Bänder werden die Balkone als schräge Kragplatten ausgebildet, die dann in einem subtilen Kontrast zu den sonst einfach auskragenden Platten sind.

Module
Die Fassadenflächen werden mit folgenden Fenstermodulen gegliedert:
Französisches Fenster:
als einfaches Modul
als doppeltes Modul
als dreifaches Modul
Balkon:
Vor dieser in gleichmässigem Rhythmus gelochten Fläche liegen Balkone, die mit einer netzartigen Anordnung das orthogonale System der Fenster überlagern:
als einfaches Modul
als doppeltes Modul
als dreifaches Modul sowie als Wintergartenmodul an der Westseite

Nach Westen wird dieses System modifiziert: hier werden die Fenster zu einer wintergartenähnlichen Verglasung addiert, die als Kastenfenster die Lärmemissionen reduziert, aber eine natürliche Lüftung mit ausreichender Vertraulichkeitsschwelle zur Nachbareinheit ermöglicht.

Material
Der wesentliche Charakter des Gebäudeensembles wird durch den lebendigen Brand des Ziegels erreicht und durch die Balkonelemente aus Weißbeton gegliedert. Die Balkonbrüstungen sind als eingespannte Glaskonstruktionen gedacht, die in leicht abgestuften Farbnuancen leicht gefärbt sind. Die Fenster sind als Holz-Aluminiumkonstruktionen gedacht, um Innen eine wohnliche Haptik zu bieten, im Außenraum jedoch feingliedrige Profile und langlebige Oberflächen zu erzeugen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit entwickelt eine Fassade aus dunkelrotem Ziegelstein um die vorgegebene Kubatur mit den unterschiedlichen Traufhöhen. Die grundsätzliche Idee, einen „kompakten und homogenen“ Baustein zu entwickeln und mit einem einheitlichen Fassadensystem mit geschosshohen Lochfenstern die Kubatur ruhiger wirken zu lassen, wird positiv bewertet. Die Einbindung des Baukörpers ins Gelände erfolgt über einen geschlossenen Sockel für die Tiefgarage. Das Erdgeschoss wird weitgehend transparent und damit seiner Nutzung entsprechend ausgebildet. Der Ansatz, das Erdgeschoss einzurücken und durch große zusammenhängende Fenster aufzulösen, verwässert das Konzept jedoch wieder und sorgt dafür, dass die Obergeschosse vom durchgehend verklinkerten Sockel abgelöst wirken. Die zusätzlich zur Gliederung eingefügten umlaufenden Betonbänder können nicht nachvollzogen werden. Die Auseinandersetzung mit dem Freiraum wird begrüßt. Insbesondere die Aufweitung zu einer Terrasse auf der Erdgeschossebene und die großzügige Freitreppe zum abfallenden Gelände werden positiv beurteilt. Insgesamt ist der Ansatz nachvollziehbar und wird gewürdigt. Allerdings wirkt der Gesamteindruck etwas beliebig und bleibt damit unter den Anforderungen des Ortes. Dies gilt insbesondere für das Erdgeschoss, aber auch die Vielzahl von Balkonen ergibt einen eher vorstädtischen Charakter.