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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2018

Umbau des Dresdner Blockhauses zum Archiv der Avantgarden (AdA)

Perspektive Innenraum

Perspektive Innenraum

3. Preis

WANDEL LORCH GÖTZE WACH

Architektur

Erläuterungstext

Inszenierung des Widerspruchs – Das Blockhaus

Das Dresdner Blockhaus verspricht als neue Heimat für das Archiv der Avantgarden eine spannungsvolle Auseinandersetzung zwischen historischer Struktur und der geplanten Nutzung. Das Blockhaus blickt auf eine wechselhafte und einzigartige Geschichte zurück. Es wurde erdacht, verworfen und anders errichtet als geplant. Schließlich verändert, erweitert, überformt und zerstört. Nach dem Krieg schließlich in einer Art von Rückbesinnung auf den Stand von vor 1892 zurückgeführt und wiederhergestellt. Dies geschah zu einer Zeit in der weltweit die Avantgarden als eine Art fortschrittliche Gegenbewegung entstanden waren. Es stellt sich unweigerlich die Frage, wie das barocke Monument am Dresdner Königsufer zwischen Elbe und dem Reiterbild August des Starken einer Institution, wie dem Archiv der Avantgarden, also schlechthin der komplexen Sammlung von radikal fortschrittlichen und utopischen Ideen, Heimat werden kann.
Im Sinne eines inszenierten Widerspruchs sieht der vorliegende Entwurf vor, die historische Hülle des Blockhauses so gut wie möglich zu erhalten. Dabei fällt die stringente Vorgabe zum Zwecke des Denkmalschutzes auf Eingriffe in die Fassade zu verzichten nur anfänglich schwer, obwohl damit die Möglichkeit ungenutzt bleibt die neue Nutzung ikonographisch im Stadtraum sichtbar zu machen. In der Konsequenz der Inszenierung stärkt die Fassade in ihrer alten und scheinbar unberührten Pracht letztlich das architektonische Spannungsfeld zwischen innen und außen. Nach dem Abbruch der inneren Ausbauten sollen die verbleibenden historischen Wände im Innenraum brut belassen werden. Im Rahmen der Maßnahme sollen auch gegebenenfalls vorhandene Zeitschichten in den Wandbekleidungen, wie Putze oder Farbschichten örtlich freigelegt werden. Somit wird die Hülle des Blockhauses auf die historisch relevanten Fragmente konzentriert.
Im Innenraum entsteht dagegen ein moderner und heller Baukörper als Kern innerhalb der alten Schale. Es bilden sich kontraststarke Zwischenräume, die als gebaute Auseinandersetzung das intellektuelle Spannungsfeld aus Manifest, Gegenwart und Zukunft, dass der Archivdiskussion innewohnt in eine spürbare Raumerfahrung transportieren.

Dokumentation und Prozess – Das Archiv der Avantgarden
Nur wenige Strömungen haben in einem Umfang wie die Avantgarden gattungsübergreifend gesellschaftsrelevante Inhalte erdacht und erschaffen. Ein Archiv kann dieses revolutionäre Gedankengut einer Bewegung sammeln und katalogisieren. Dadurch wird es erlebbar, anfassbar und verständlich. Ein Archiv, ein Buch oder ein Objekt sind per se allerdings passive Dokumente und als solche aus der Bewegung herausgenommene Abbilder derselben. Erst durch einen Aktivator, den Prozess der Interaktion mit einem Nutzer, die künstlerisch, expositorische Aufarbeitung und Übertragung in die Gestaltung der Zukunft wird das Archiv jenseits dem Erstarren in der kunstgeschichtlichen Rezeption lebendig und schließlich selbst Bewegung. Die Kombination des Archivs (also der Dokumentation) mit den erweiterten Nutzungsplattformen für Forschung und Aktion (also dem Prozess) ist wesentlich für die Zukunftsrelevanz der gesamten Einrichtung. Die Forschungs- und Aktionsräume transportieren die Inhalte des Archivs in die Denkweise des 21. Jahrhunderts und darüber hinaus. Die Gestaltung dieses Spannungsfelds, also Abgrenzung und das Ineinanderfließen von Dokumentation und Prozess, die Belebung des Archivs, sind zentrales Motiv für die Konzeption dieser Arbeit.

Raumkonzept

Die Zonierung und räumliche Konzeptionierung im Innenraum ist daher im Wesentlichen durch die Ordnung von Dokumentation und Prozess, deren Schnittstellen und Besonderheiten geprägt:
- Das Archiv bildet als größte horizontale Flächeneinheit auf einem eigenen Geschoss das Herz des Instituts. Auf der Fläche können alle denkbaren archivarischen Formen realisiert werden.
- Der zentrale fwandelbare Ausstellungsraum und die Forschungsplattform werden als Kerne vertikal übereinander organisiert und lagern sich dem Archiv jeweils aus dem Erdgeschoss und dem Dachgeschoss an, durchdringen es und bilden wiederum eine eigene räumliche Verknüpfung. Sie werden so zur wichtigsten Schnittstelle von Prozess und Dokumentation
- Die erweiterten Flächen der Aktionsplattform, die Arbeitsplätze, die Workshops, die Veranstaltungs- und Begegnungsräume bilden den Prozess des Weiterdenkens ab.

Die vertikale Schichtung ermöglicht zum einen die Ausbildung von zusammenhängenden Funktionseinheiten. Zum anderen werden auch den Anforderungen an die einzelnen Bereiche und der notwendigen Zonierung bei höchstmöglicher Flexibilität umgesetzt.

Raumprogramm
So unverändert die Hülle des Blockhauses auch erscheinen wird, der Innenraum wird mit dem Einzug des Archives der Avantgarden vollständig neu organisiert. Schon beim Betreten des Gebäudes wird der Besucher unweigerlich mit dem Paradigmenwechsel, einer Art Phasensprung in der Architektur des Bauwerks konfrontiert. Der denkmalgeschützten Säulenhalle wird ein schmaler, überhöhter Vorraum quer angelagert, dessen längere Wand gegenüber der hohen Eingangsbögen durch ein deckenhohes Billboard gleichermaßen als Hindernis für das Blockhaus und als Auftakt für das Archiv der Avantgarden inszeniert wird. Im Übergang zu den Nutzungen im Erdgeschoss, den Obergeschossen und dem Untergeschoss werden die dienenden Foyerfunktionen angeordnet.
Die Aktionsplattform im Anschluss nimmt mit den wesentlichen Nutzungen nahezu das gesamte Erdgeschoss ein. Es dient gleichermaßen als attraktiver Anziehungspunkt für Neugierige sowie als Vermittler der Schnittstelle mit der Forschungsplattform und dem Archiv. Um dieser Anforderung gerecht zu werden wird eine multifunktionale und flexible Raumreihung vorgesehen, die sich je nach Bedarf in unterschiedliche Bereiche gliedern lässt. Dabei kann, ohne die geforderte Parallelität der Grundanforderungen einzuschränken, der Schwerpunkt immer zwischen aktiver Arbeitsfläche für Workshops, Vortragsräumen sowie Ausstellungen verschiedenster Medien- und Objektgattungen verändert werden. In der Flexibilität liegt die Möglichkeit die Ausrichtung der kuratorischen und wissenschaftlichen Zielsetzung des Hauses nachhaltig zu modellieren und anzupassen, die Möglichkeiten für Forscher und Kuratoren zu erweitern, auf die Anforderungen der Nutzer zu reagieren und natürlich der Sammlung immer wieder eine passende Umgebung zu schaffen. Der zentrale Ausstellungsraum wird dem Gebäude eingestellt und als Kern wahrnehmbar. Der hierdurch entstehende Umgang wird als flexibler Wechselraum konzipiert. Über großformatige bewegliche Wandelemente lässt sich der Ausstellungsraum in den Wechselraum öffnen.
Vom Foyer gelangt der Besucher über die vertikale Haupterschließung nach oben in das Archivgeschoss. Hier führt der Weg zunächst durch ein Schaulager, dass als Übergang von Ausstellungsplattform zu Archiv verstanden werden kann. Von hier tritt man in den Vorlagesaal, der analog zum Ausstellungsraum im Erdgeschoss dem Archivgeschoss als zentraler Kern eingelagert ist und die Forschungsplattform mit dem Archiv verschneidet. Über transluzente Bodenübergänge ist er auch direkt mit dem Ausstellungsraum im Erdgeschoss verbunden. Inmitten der Schatzkammer kann hier geschützt und etwas zurückgezogen an den wichtigsten Objekten der Sammlung gearbeitet werden. Das Archiv umlagert diesen Kern und bietet auf einer ganzen Geschossfläche alle Möglichkeiten einer zeitgemäßen Archivierung mit vielen Möglichkeiten des Einblicks und optimierten Arbeitswegen.
Aus dem Vorlagesaal wird über eine kleine Einbautreppe auch der Lesesaal intern erschlossen. Der barrierefreie Zugang ist über die Haupterschließung ebenso möglich. Der Lesesaal ist das Zentrum des Forschungsgeschosses und bildet mit dem darunterliegenden Vorlagesaal eine konzentrierte Raumeinheit mit hochwertige Arbeitsplätzen. An den Lesesaal werden ringsum die weiteren Büro- und Forschungsflächen angelagert. Auf diese Weise verschneiden sich alle Arbeitsplätze mit der Forschungsplattform und auf diesem Weg auch mit dem Archiv und der Ausstellungsplattform. Überall entstehen Möglichkeiten des Ein- und Ausblicks. Öffentliche und abgeschlossene Bereiche werden durch gezielte Durchgänge und Wegeführung bestmöglich verknüpft.
Die vertikale Abfolge der Kerne wird im Dachgeschoss von einer Lichtinstallation überspannt, die einerseits die notwendige gezielte Belichtung der Forschungsplattform mit Kunst- und Tageslicht steuert und andererseits als bewegliche Leichtbauinstallation temporär auch Akzente in den Außenraum setzen kann.
Die bestehenden Flächen im Untergeschoss werden neben der offensichtlichen Nutzung für Lager und Technik auch genutzt um der Aktionsplattform Erweiterungsflächen und einen qualitätvollen Anschluss an den Garten und die Elbwiesen zu ermöglichen.
Schnittperspektive

Schnittperspektive

Lageplan

Lageplan

Aussenpikto

Aussenpikto

Schnitt

Schnitt

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Ansicht Nord

Ansicht Nord

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss 1.OG

Grundriss 1.OG

Grundriss 2.OG

Grundriss 2.OG

Grundriss Sockelgeschoss

Grundriss Sockelgeschoss