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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2007

Innenrenovierung der katholischen Pfarrkirche HEILIG-KREUZ

3. Preis

Peter W. Schmidt Architekten

Architektur

Erläuterungstext

INNENRENOVATION „HEILIG-KREUZ-KIRCHE“, SCHÖNAICH







Tradition


Alte Kathedralen bestechen nicht nur in ihrer Höhe und in ihrem Volumen. Sie sind Zeugnisse gebauten Glaubens. Ihre dicken Mauern bieten Raum für kleine, verborgene Kapellen und Nischen. Dieses Prinzip steht Pate für die hier vorliegende Lösung, wobei es zeitlos modern weiterentwickelt wurde. Den vorhandenen Außenwänden des Baukörpers wurde Masse hinzugefügt, um in einem nächsten Schritt diese wieder an bestimmten Stellen zu reduzieren. Es bleiben Negativräume, die mit Funktionen der Liturgie und der Kirche belegt werden.
Die Seitenwände des Kirchenraumes nehmen in der Nordwand die Orgel und die Taufkapelle auf. Eine Galerie über dem Baptisterium ermöglicht die Aufstellung von Sängern und Instrumentalisten, die sich so im Blickwinkel der Gemeinde positionieren können.
Die Räume in der Südwand sind Orte der Stille und Besinnung. Der Raum der Werktagskirche dient als Rückzugsort für das Gebet. Ihm angegliedert sind die Kreuzwegkapelle und die Konche mit der Pieta. Das Beichtzimmer besitzt mit einer kleinen Raumerweiterung im östlichen Bereich einen intimen, geschützten Charakter. In der Westwand ist eine Statue als Zeichen der Diakonie in einem runden, hochgewölbten Andachtsraum aufgestellt.



Liturgische Orte/Kirchenraum

Der Grundriss der Kirche baut auf einem nach Osten orientierten, längs gerichteten Achteck auf, dem zwei Kapellen angegliedert sind. Der eigentliche Kirchenraum ermöglicht unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten. Er bietet Platz für eine flexible Raumbestuhlung an Festtagen, bei alltäglichen Gottesdiensten oder bei Familiengottesdienste um den Altarbereich.
Die liturgischen Orte mit Altar, Ambo, Tabernakel und Sedilien sind auf einem Stufenpodest vor dem Wandmosaik angeordnet. Das Podest kann mit einer Bestuhlung beidseitig umsäumt werden. Es ragt in den Kirchenraum hinein, wodurch die Verbindung zwischen Geistlichem und Gemeinde an Stärke gewinnt. Eine beidseitige Bestuhlung im Altarbereich wird ermöglicht. Die Einbindung des Taufortes findet über die angrenzende Taufkapelle statt.
Podeste auf der Eingangsempore lassen eine Staffelung des Kirchenchores zu. Eine weitere Aufstellung ist in der Galerie über dem Taufort möglich. Von dort können die Sänger in den Gemeinderaum, wie auch in Richtung der Taufkapelle singen. Bei Gottesdiensten auf dem Kirchplatz wendet sich der Chor und singt durch das große geöffnete Emporenfenster ins Freie, unterstützt durch das Spiel der Orgel.
In der Ostwand ist ein Vorhang aus Metallgewebe angebracht, der angehoben und gesenkt werden kann. Er bildet einen Übergang zwischen dem vorgenommenen Eingriff und dem Bestand. Für Projektionen kann an gleicher Stelle eine Leinwand bei Bedarf herabgelassen werden.

Der großzügig gestaltete Kirchplatz ermöglicht das Feiern von Gemeindefesten. Hier finden die Kirchweihfeste statt, und der Platz lädt ein zum Verweilen. Die einladende Geste des großen Emporenfensters wird schon von Weitem aus wahrgenommen und markiert zusammen mit dem Vordach den Eintritt in den Kirchenraum.



Lichtführung

Das neugestaltete Emporenfenster in der Westfassade durchflutet den Kirchenraum mit Licht und läßt diesen hell und freundlich erscheinen. Das vorhandene farbige Fenster in der Südwand wird beibehalten, trägt es doch mit seinem Farbenspiel zu einer stimmungsvollen Atmosphäre bei. Die jeweiligen Konchen und Kapellen haben, auf ihre Funktion abgestimmt, eine eigene Lichtführung und Stärke. Ihre Helligkeit erhalten sie über die Lichtschächte von den bisherigen Fassadenoberlichtern.
Die Werke des Ulmer Künstlers Wilhelm Geyer werden durch die Neukonzeption der Kirche bewahrt und sind dadurch für die jeweiligen Räume ein Gewinn. Im Familienbereich entfalten sie ihre farbige und darstellerische Pracht genauso wie in der Werktagskirche, der früheren Marienkapelle. Das Wandmosaik mit der Darstellung des auferstandenen Christus und zwei Oranten sind weiterhin zentrale Bestandteile des Kirchenraumes.



Konstruktion/Materialität

Die Einbauten und Lichtschächte werden aus Leichtbauwänden kostengünstig erstellt. Die Elektroinstallation erfolgt über neue Leitungsführungen in der Unterdecke und in der Wandkonstruktion. Alle Oberflächen erhalten eine weiße Putzoberfläche. Als Bodenbelag wird im Kirchenraum ein Natursteinbelag verwendet. Alle anderen Räume erhalten einen Terrazzo.



Energiekonzept

Für die Fußbodenheizung ist ein relativ niedriges Heizwassertemperaturniveau erforderlich. Daher läßt sich dieses System ideal mit regenerativen Wärmequellen versorgen. Hier könnte z.B. Erdwärme (denkbar sind Erdwärmesonden) in Verbindung mit einer Wärmepumpe die komplette Wärmeerzeugung übernehmen. Mit einer solchen Maßnahme würde die Gemeinde ihren Beitrag zum Umweltschutz und zur CO2-Minderung leisten.
Zukünftig ist es notwendig die einzelnen neuen Räumlichkeiten individuell heizen zu können. Weiterhin ist die Pfarrkirche mit einer Bestandsorgel ausgerüstet. Per Richtliniendefinition dürfen Orgelpfeifen nur einem vorgegebenen Temperaturänderungsquotienten unterliegen. Weil das bestehende Heizsystem diesen Anforderungen nicht entsprechen kann, wird der Einsatz einer Fußbodenheizung vorgeschlagen. Die Fußbodenheizung hat wesentliche Vorteile gegenüber der Luftheizung. So muß keine Luft umgewälzt werden. Folglich entstehen keine Geräusche, keine Luftverschwellungen und deutlich weniger Staubablagerungen. Weiterhin empfindet der Mensch die Strahlungswärme der Fußbodenheizung als sehr viel angenehmer. Aus anlagentechnischer Sicht ist die Fußbodenheizung deutlich energieeffizienter und sowohl im Betrieb als auch in der Wartung einfacher Hand zu haben.

PETER W. SCHMIDT ARCHITEKT BDA

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Heilig–Kreuz–Kirche wird durch die
Anordnung einer großzügigen Platzfläche
deutlicher im Straßenraum wahrgenommen und
eingebunden in den städtebaulichen Kontext. Der
Platz lädt ein zum Verweilen und steht für Feste
zur Verfügung.
Die Veränderungen des Sakralraumes bestehen
aus einer dreiseitigen Aufdoppelung der
Außenwände, die eine hohe Plastizität
entwickeln und einen eindeutigen Kirchenraum
entstehen lassen, der in sich konzentriert, eine
besondere Ausstrahlung erfährt. In verschieden
ausgeformten Nischen werden unterschiedliche
spezifische Orte, für Beichte, Pietà, Orgel,
Statue für Diakonie und Taufe entwickelt, die
unterstützt durch die Lichtführung hohe
Raumqualitäten aufweisen und in
spannungsvoller Beziehung zum Hauptraum
stehen.
Der Sakralraum kann mit der
Bestuhlungsmöglichkeit für 234 Personen dem
normalen Gottesdienst gerecht werden, er erfüllt
jedoch nicht die geforderte Anzahl von 400
Personen für einen Festgottesdienst.
Der liturgische Handlungsraum nach dem Prinzip
der Wegkirche bleibt weiter bestehen, auch wenn
die vorgelagerte quadratische Altarinsel die
Möglichkeit einer mehrseitigen Umlagerung
suggerieren könnte.
Die Platzierung der Orgel in einer seitlichen
Nische wird zwar innenraumgestalterisch
begrüßt, es wird jedoch die Frage nach einer
guten Klangwirkung gestellt.
Der Taufstein sollte mehr in den Blickraum der
Kirche rücken. Der Raum für den Kreuzweg ist
zu klein, um den Kreuzweg gehen zu können.
Das dargestellte Energiekonzept ist
nachvollziehbar und kann mit relativ geringen
Aufwendungen verwirklicht werden.
Insgesamt ein Entwurf, der die bestehende
Kirche mit einem völlig neuen Raumkonzept
verändert und eine Innenraumgestaltung mit
besonders hohen räumlichen Qualitäten
entstehen lässt.
Das Konzept kann jedoch der gewünschten
Flexibilität der Nutzungen nicht voll gerecht
werden.