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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2018

Gedenkort zur Deportation Thüringer Juden am Standort der ehemaligen Viehauktionshalle

Engere Wahl

WLA Wengemuth Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Dunkelmann / Büro für Gestaltung

Design, Kunst

Erläuterungstext

Die Deportation der Thüringer Juden von 1942 bis 1945 steht beispielhaft für den schrecklichen Teil einer unfassbaren Geschichte, Menschen gezielt zu töten. Die Genauigkeit der Organisation dieser gezielten Massenvernichtung ist augenscheinlich. Jene pathologische Maschinerie soll zum einen sensibel verdeutlicht werden, zum anderen direkt Emotionen wecken, um ein Nachempfinden beim Besucher auszulösen. Verschiedene Ebenen der Lesbarkeit von Fakten zu entschlüsseln, das Auslösen von Empfindungen durch das Ansprechen direkter Wahrnehmungsreize anzubieten und eine Gestaltung, die den Besucher zum Ablaufen der Fläche aufzufordern versucht, sind Grundlage der künstlerischen Umsetzung. Die Veränderung jenes Tatortes, jetzt Erinnerungsortes, stützt sich auf eine bewußt reduziert typografische Gestaltung von Flächen in verschiedenen Ebenen, sowie auf den Prozess von Wahrnehmung mittels Ton. Wir verwenden gezielt leise Symbolik und ganz bewußt Reduzierung um die Themen: Verschwinden und Auslöschung, Reise und Wege, Abstraktion und Entmenschlichung zu visualisieren und zu unterstützen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf präsentiert ein von seinem Umfeld abgegrenztes differenziertes Raumangebot des Aufenthalts und Gedenkens. Offene, gehölzfreie und dicht bewaldete Bereiche prägen das Gebiet. Das Spiel mit dem geschlossenen und offenen Räumen, mit Schatten und Licht, ermöglicht verschiedene kontrastierende Erlebniswelten. So mündet der einzige Zugang von der Marcel-Paul-Straße, unter einem dichten Kronendach, am Ende auf dem offenen, ebenen und befestigten Platz der ehemaligen Viehauktionshalle.
Die Anlage eines Gehölzgürtels rund um das Gebiet schafft einen introvertierten und geschützten Raum, der den Ort von der Umgebung abschirmen soll. Es ist jedoch zu bezweifeln, dass die Gehölze zum nördlich gelegenen Parkplatz dies leisten können.
Ob die gewählte Artenvielfalt der Bäume, die damit angestrebte Botschaft der Vielfalt der Deportierten und die Verteilung ihrer Heimatorte über ganz Thüringen lesbar macht, darf hinterfragt werden.
Zwischen dem Platz der ehemaligen Viehauktionshalle und den freigelegten Gleisanlagen bestehen gute Sichtbeziehungen, die die Raumtiefe erschließen. Ein Verbindungsweg vom Platz, entlang der Gleise, ermöglicht in seinem südlichsten Punkt Sichtbeziehungen zum dominanten Element des Stahlbetonskeletts. Der Weg führt entlang der Rampe am Gleis als Rundweg zurück zum Eingangsbereich, auf der Ostseite des Areals.
Alle Wege sind barrierefrei und mit dauerhaftem Asphaltbelag ausgestattet. Die Verfasser verzichten bewusst auf Bänke, um angesichts angrenzender Nutzungen (Einkaufsmarkt) nicht zu viel Aufenthaltsqualität zu erzeugen. Eingrenzungen und Gestaltungen sollen betont den Ort eines Gedenkens hervorheben.
Interessant ist, dass sich die Gestaltung des gesamten Ensembles an schnelle Nutzer wendet, die einen großen Abstand haben. Die eigentliche Aussage der Platzgestaltung, der Thüringen-Bezug, wird nur aus der Luft erfahrbar. Auch die große Form, lässt sich nur mit großem Abstand wahrnehmen. Wie ist das zu deuten? Ein Verweis auf die historische Vielfalt der Nutzung. Es macht das Dilemma deutlich – ein Überangebot an Deutungen und ein Verfehlen der Zielgruppe.
Die Nutzung der Ruine als Informationsträger scheint ebenso verfehlt. Die Ruine wird damit als Artefakt umgewidmet und verkommt zur Ästhetisierung der Information.
Die gewählte Gestaltung und die eingesetzten Materialien lassen einen wirtschaftlichen Aufwand bei der künftigen Pflege zu. Eine Schwäche der Arbeit liegt in einer nicht gewollten, aber zu befürchtenden Nutzung der Anlage über die Zweckbestimmung als Gedenkstätte hinaus: Der Platz auf der Grundfläche der Viehauktionshalle lässt sich auch gut als Skaterfläche nutzen.
Darüber hinaus ist die ausschließliche Anbindung zur Marcel-Paul-Straße begrenzend für Besucher. Das trifft besonders auf die Bevölkerung von Weimar-Nord zu, die die zweite Anbindung zur Ettersburger Straße nutzt.