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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2018

Neue Stadt am Wasser - Wohnen am Auenpark in Selm

Münsterlandstraße und Wohnweg

Münsterlandstraße und Wohnweg

Anerkennung

Preisgeld: 3.000 EUR

DEWEY MULLER Partnerschaft mbB Architekten Stadtplaner

Architektur

LILL + SPARLA Landschaftsarchitekten Partnerschaft mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ort: Selm (D)
Verfahren: einphasiger, nichtoffener städtebaulicher Wettbewerb nach RPW mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren
Auszeichnung: Anerkennung
Leistungen: städtebauliches und freiraumplanerisches Konzept
Geplante Nutzungen: Wohnen, untergeordnete gewerbliche Nutzungen
Bearbeitungszeit: November 2017 bis Februar 2018
Projektgröße: ca. 7,0 ha
Auftraggeber: Stadt Selm – Der Bürgermeister, Amt für Stadtentwicklung und Bauen
Planungspartner: Lill + Sparla Landschaftsarchitekten Partnerschaft mbB

Übergeordnete Idee

Das neue Wohnquartier reagiert mit seiner eigenständigen städtebaulichen Figur und der sorgfältigen Ausformulierung seiner Ränder auf die Verschiedenartigkeit der umgebenden Flächennutzungen:

• An der B 236 Münsterlandstraße und nach Süden zu dem Schul-, Sport- und Freizeitzentrum hin bildet die straßenbegleitende, weitgehend geschlossene Bebauung ein stabiles Rückgrat und eine ablesbare Adresse für das Quartier.
• Am geplanten Auenpark, gegenüber dem Selmer Bach verzahnt sich das Wohnquartier in offener Bauweise, aber als klar definierte Silhouette aus ähnlichen Baukörpern mit der Landschaft.

Im Innern entfaltet die Wohnbebauung eine abgestufte Hierarchie von Freiräumen und fünf Nachbarschaften mit einem differenzierten Angebot an Wohntypologien.

Städtebauliche und freiraumplanerische Gestaltung und Einbindung

Je eine Ein-/Ausfahrt im Norden und Süden bindet das Plangebiet an die Münsterlandstraße an. Die innere Ringstraße dient als Haupterschließung und bildet im Osten den erforderlichen Abstand der Wohnbebauung zur Bundesstraße. Sie erschließt hier wie auch im Süden den neuen Siedlungsrand als klar definierte Raumkante von außen; hingegen werden die Wohnbauten am Auenpark über den westlichen und nördlichen Teil der Ringstraße von innen her erschlossen. Der Park wie auch die West- und Südseiten der Häuser am Park sind somit nicht vom Autoverkehr tangiert. Im Innern umgreift die Ringstraße fünf Teilquartiere aus unterschiedlichen Reihenhaustypologien. Zu diesen engeren Nachbarschaften gehören jeweils die Geschosswohnbauten, die das Gebiet nach Nordosten gegen die B 236 abschirmen. Durch den Wechsel von Wohnwegen/ begrünten Spielstraßen und Wohnstraßen zur Erschließung der Reihenhäuser werden diese Bereiche von Autos nahezu freigehalten.

Das städtebauliche Grundraster wie auch das Freiraumkonzept korrespondieren mit dem geplanten Auenpark. Das orthogonale, leicht fächerförmig zum Park sich öffnende Wegesystem erleichtert die Orientierung im Quartier und verbindet die einzelnen Nachbarschaften mit dem großflächigen Freiraum.

Das Leitbild ist ein grünes Netzwerk in einer abgestuften Hierarchie von Freiräumen:

• Von privaten Gärten über erweiterte Eingangsbereiche in den Straßenfreiraum.
• Dieser mit unterschiedlichen Aufenthaltsqualitäten.
• Kleine taschenartige Öffnungen der Freiräume im Übergang zum Auenpark, die auch
Sichtbeziehungen ermöglichen.

Unterschiedlichen Querschnitte und Ausprägungen charakterisieren die Erschließungen; jede Straße hat ihre eigene Ausprägung und damit ihre eigene Freiraumqualität und Wiedererkennung im Ortsbild:

• Die mit Lindenbäumen alleebestandene Ringstraße mit breiten Gehwegen.
• Mit wechselnden, schmalkronigen Bäumen bestandene Wohn- und Spielstraßen.
• Die Reihenhäuser erschließenden, engen Wohnwege.

Die neue Siedlung wird – in bewusster Abkehr vom undefinierten, verschlossenen Siedlungstyp nord- östlich der Münsterlandstraße – sich öffnend zum Park, durch einen Ortsrandweg mit dem Park verbunden, der bewusst, in Anlehnung an die ursprüngliche Agrarlandschaft, von großkronigen und schnellwachsenden Obstgehölzen, wie Walnuss, robusten Birnbaumsorten und Kirschbäumen begleitet wird. Die radial auf den Park zuführenden Erschließungsstraßen öffnen sich zum Selmer Auenpark durch Gemeinschaftsflächen mit wohnungsnahen Spielmöglichkeiten. Hier sind auch Retentionsflächen als flache Mulden für die Regenrückhaltung zur Verdunstung und Versickerung der Starkregenniederschläge vorgesehen.

Jedes Haus erhält einen Garten, die Mehrfamilienhäuser Gemeinschaftsgrünflächen mit Spielmöglichkeiten, alle heckenumstanden mit Säumen und vegetationsfähigen Rändern. Flächen für Müllcontainer werden wohnungsnah auf den Grundstücken der Parkvillen, der Stadthäuser und Reihenhäuser gestalterisch in die privaten Freianlagen integriert. Für die Geschosswohnungen sind eingegrünte Sammelplätze im Wechsel mit den Carports und den öffentlichen PKW-Stellplätzen gegenüber der Münsterlandstraße geplant.

Gebäude- und Wohnungstypologie

Die Verteilung der verschiedenen Wohnformen folgt drei Prinzipien:

• Die Grundtypologie im Innern des neuen Wohngebiets bilden Reihen-, Doppel- und Kettenhäuser als Eigenheime für unterschiedliche Zielgruppen und Budgets. Dabei parken die privaten PKW teilweise in und vor den Garagen auf den Grundstücken oder kompakt unter den Häusern an einer gemeinsamen unterirdischen Fahrgasse oder dezentral in Carports an der Ringstraße.
• Neue Formen nachbarschaftlichen und gemeinschaftlichen Wohnens werden zum Auenpark hin orientiert. Das sind freistehende Parkvillen mit je 4 bis 6 Wohneinheiten. Die Einheiten sind entweder als „Stadthäuser“ konzipiert, die jeweils ihren Eingang von außen haben, oder als klassische Eigentümergemeinschaften am gemeinsamen Treppenraum. Je 2 bis 3 Parkvillen teilen sich eine Tiefgarage. Dieser Typus eignet sich auch für eine Realisierung durch Baugemeinschaften, da er sehr flexibel im Hinblick auf individuelle Wohnungsgrößen und Wohnungszuschnitte ist.
• Mehrfamilienhäuser in geschlossener Bauweise mit bis zu 6 Wohneinheiten prägen die Randbebauung entlang der Münsterlandstraße und zu den Sportflächen im Süden. Die architektonische Gestaltung sollte von Haus zu Haus leicht variieren, damit sich auch die stärker geschlossenen Ränder mit ihrer gestalterischen Körnigkeit in den sonstigen Maßstab der Bebauung einfügen. Die erforderlichen PKW-Stellplätze der Geschosswohnungen werden jeweils zur Hälfte in Tiefgaragen und dezentral an der Ringstraße gegenüber der B 236 nachgewiesen.

Die Süd-Ost-Ecke des neuen Quartiers ist prädestiniert für Sonderwohnformen wie ein Mehr- Generationen-Haus, eine therapeutische Wohngemeinschaft oder Servicewohnen mit einem Café im Erdgeschoss als Bewohnertreffpunkt. In unmittelbarer Nähe auf der Münsterlandstraße sollte dann auch die Bushaltestelle „Am Auenpark“ plaziert werden.

Nachhaltige Quartiersentwicklung

Die überwiegende Orientierung der Bebauung nach Süden und Südwesten begünstigt die passiven solaren Energiegewinne. Kombiniert mit PV-Anlagen auf den Dächern und einem Nahwärmenetz und Kraft-Wärme-Kopplung lassen sich mit vernünftigem Aufwand überdurchschnittliche Energiestandards realisieren. Wenn es gelänge, das Wärmenetz und teilweise die Stromversorgung aus einem BHKW auf dem Schul- und Sportcampus zu speisen und dabei prioritär auf erneuerbare Energien zu setzen, wäre das insgesamt ein guter Beitrag zur klimagerechten Stadtentwicklung. Auf der Ebene der Wasserwirtschaft betrifft dies die Themen der Regenrückhaltung, der Versickerung und der Verbesserung des Mikroklimas, die im Freiraum- und Entwässerungskonzept berücksichtigt sind.

Außerhalb der Ballungsräume ist der Leidensdruck noch nicht groß genug, um die konsequente Abkehr vom „car-based life“ einzuleiten. Auch sind die Angebote alternativer Formen der Mobilität nicht ohne weiteres übertragbar. Dennoch wird sich über Car-Sharing-Modelle in Verbindung mit E- Mobilität und verbesserten ÖPNV- und Nahversorgungsangeboten die PKW-Dichte im Quartier mittelfristig reduzieren lassen. Daher ist nur ein Teil der nachzuweisenden Stellplätze auf den Grundstücken und in Tiefgaragen untergebracht. Die übrigen öffentlichen und privaten Stellplätze, die jetzt dem öffentlichen Raum zugeordnet sind, können dann zu gegebener Zeit rückgebaut und in Grün- und Spielflächen umgewandelt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Siedlungskörper des Neubaugebietes ist in fünf Teilflächen gegliedert, die durch eine Ringstraße miteinander verbunden sind. Diese Form begünstigt eine abschnittsweise Flächenentwicklung. Die neue Siedlung ist mit zwei Anbindungen an die Münsterlandstraße (B 236) angeschlossen. Eine parallel verlaufende Erschließungsstraße sorgt als Vorzone für Abstand zwischen der Randbebauung und dem Straßenlärm. Die gewünschte Adressbildung zur Münsterlandstraße wird an den östlichen Enden der denkbaren Erschließungsabschnitte durch winkelförmige Kopfbauten erzeugt, deren nach Westen verlängerte Schenkel in Form von Reihen- und Kettenhäusern entlang von inneren Erschließungsstraßen Richtung Auenpark weiter geführt werden. Die Arbeit zeigt Anklänge an die streng gegliederten Werkssiedlungen der 1920er Jahre.

Die Einbindung des neuen Gebietes in das Umfeld ist nur unzureichend gelungen. Die fußläufige Fortführung des Campusplatzes nach Norden endet vor einem Gebäuderiegel, der das Neubaugebiet zu den südlich gelegenen Sportflächen abschottet. Die Verbindung zum Auenpark soll über die Verlängerung der Erschließungsstraßen erfolgen, die kaum eine Raumqualität entwickeln. An nur zwei Stellen werden mit so genannten Auenfenstern die Übergänge zum Park gebildet, die gleichzeitig die einzigen öffentlichen Grünflächen im Quartier darstellen. Die gewünschte Erlebbarkeit des Wassers kommt bei dieser Arbeit nicht genug zum Ausdruck. Die Bebauungsdichte erscheint relativ hoch. Die Anzahl der frei stehenden Einfamilienhäuser ist demzufolge eher gering. Die Ringstraße als großzügige Allee wirkt für ihre Erschließungsfunktion überdimensioniert und ist zudem im Süden nur einseitig bebaut. Zum Landschaftsraum wird eine durch größere Gebäude gebildete Barriere geschaffen, die der Qualität des Ortes nicht angemessen ist. Öffentliche Räume und Platzfolgen sind nicht erkennbar, so dass keine lockere fußläufige Durchwegung eröffnet wird. Der Umgang mit dem Regenwasser scheint stark städtisch und dem Landschaftsraum nicht angemessen.

Die Arbeit erfüllt die von der Auslobern formulierten Anforderungen nur eingeschränkt, weil das Konzept auch an einem anderen Ort in dieser Form umgesetzt werden könnte. Dem Entwurf zugute zu halten ist die Auseinandersetzung mit einer nachhaltigen Quartiersentwicklung, die bezüglich der Energieversorgung und des Car-Sharing-Modells textlich erläutert werden.
Städtebauliches Gestaltungskonzept M1000

Städtebauliches Gestaltungskonzept M1000

Strukturkonzept

Strukturkonzept

Städtebauliches Gestaltungskonzept

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Erschließung, Freiraum, Nutzung

Erschließung, Freiraum, Nutzung

Nachhaltigkeit, Bauphasen, Stellplätze

Nachhaltigkeit, Bauphasen, Stellplätze

Vertiefungsbereich Auen-Fenster

Vertiefungsbereich Auen-Fenster

Schnitte

Schnitte

Wohnstraße mit Auen-Fenster

Wohnstraße mit Auen-Fenster