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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2018

Kostengünstiges Wohnen am ehemaligen Baywa-Gelände in Nördlingen

Wohnen am ehemaligen BayWa Gelände Nördlingen

Wohnen am ehemaligen BayWa Gelände Nördlingen

1. Preis

Preisgeld: 15.300 EUR

Lattke Architekten

Architektur

Nagies Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

leitmotiv
„identität stiften“ - der neubau der wohnanlage der stadt nördlingen und der wohnungsgesellschaft der stadt nördlingen mbh bildet einen identitätsstiftenden baustein für die entwicklung des ehemaligen baywa areals im südosten der stadt.
die drei baukörper stehen selbstbewusst im städtebaulichen umfeld der konversionsfläche und spannen ausgewogene freiräume unterschiedlicher nutzung auf. der gestaltete wohnhof ist gemeinschafts- und begegnungsraum und bildet einen subtilen übergang von öffentliche in halb-öffentliche und private bereiche der wohnanlage. der zentrale wohnweg ist das fußläufige rückgrat der anlage, an dem die gedeckten eingänge der wohnhäuser liegen.
der entwurf bietet wohnformen der gegenwart mit hohem anspruch an das soziale umfeld, wirtschaftlichkeit, langlebigkeit und ökologie. der gewünschte wohnungsmix findet sich in den kompakten gebäuden mit einem hohen maß an variation der grundrißtypologie und schafft eine mischung unterschiedlicher wohnungsgrößen. die auf treppenhaus und wohnungstrennwände reduzierte tragstruktur und die kompakt übereinander liegenden sanitärkerne erlauben die individuelle einteilung der einzelnen wohnungen. balkone und loggien bilden die wohnraumerweiterung in den wohnhof.
die drei baukörper werden durch proportion, materialität und formensprache zu einer einheit. die weiß gestrichene sägeraue wechselfalzschalung der bekleidung und die natur belassene lärchenschalung auf der rückwand der loggien setzt farbakzente und wird zum wertigen identifikationsmerkmal der wohnanlage.
große beachtung verdient die barrierefreie gestaltung der gesamten anlage. die wahrnehmbarkeit der eingänge, die schwellenlose begehbarkeit der übergänge oder die ablage für taschen am briefkasten sind beispiele für lebenserleichternde detailgestaltung, die über das normative hinausgeht.

konstruktion
alle maßnahmen sollen ökologisch und energetisch sinnvoll sein. es sollen nur materialien verwendet werden, die mit geringem energieaufwand und geringer schadstoffemission hergestellt, eingebaut und auch wieder entsorgt werden können.
der vorschlag zeigt das potenzial einer vorgefertigten holz- und holzhybridbauweise auf, die hohe ausführungsqualität zu einem nachweisbar wirtschaftlichen und bautechnisch sicheren standard liefert.
die holz- und holzhybridbauweise reizt die vorteile der jeweiligen lösung (wärme-/schall-/brandschutz) voll aus. wände und decken werden in wirtschaftlicher stahlbetonbauweise errichtet. die nichttragenden außenwände als holztafelbauteile sind bei gleichem wärmeschutz dünner als vergleichbare massivkonstruktionen und erhöhen die flächeneffizienz.
die holzschalung der fassade und die sichtbaren brettschichtholzdecken in der dachebene lässt den werkstoff holz im bauwerk sinnlich spürbar werden. die fassade erhält einen hochwertigen anstrich (silikatfarbe, wartungsintervall >15 jahre) mit einem langen wartungsintervall.
die lebenszyklusbetrachtung weist eine signifikante einsparung von co2, primärenergiebedarf, versäuerungspotential u.a. über bau, betrieb und end of life uns ist für vergleichbare referenzprojekte nachgewiesen. durch die vorfertigung der robusten holzbauweise in holzbauunternehmen mit fremdüberwachung entsteht eine hohe produktqualität und kaum abfall auf der baustelle. das entsorgungsvolumen wird durch trennbarkeit der nachwachsenden rohstoffe minimiert. die produktion und montage basiert auf durchgängig geplanten und erprobten detaillösungen.

energie
der kompakte neubau erfüllt den energieeffizienten standard kfw55 mit geringen betriebskosten und robuster technik. die hochwärmegedämmte gebäudehülle [uw <0,12 w/m²k] mit integriertem sonnenschutz in fassadenebene hat positiven effekt auf den winterlichen und sommerlichen wärmeschutz.
die energieerzeugung erfolgt durch eine solarunterstützte heizung für wärme und brauchwasser. eine integrierte, dezentrale wohnraumlüftung als abluftanlage garantiert den mindestluftwechsel.
durch den ausbau der solaren nutzung (photovoltaik) und die reduktion der heizwärmeverluste durch lüftung mit wärmerückgewinnung kann der energiestandard als kfw40 oder besser optimiert werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit der Setzung der drei solitären Baukörper entsteht auf dem ehemaligen Grundstück der BayWa ein städtebauliches Ensemble, das gekonnt zwischen den benachbarten Punkthäusern im Westen und der Zeilenbebauung im Osten vermittelt und durch die Besetzung der Südwestecke des Grundstücks in wohltuender Form die stadträumliche Adresse des Quartiers in Richtung der Nördlinger Innenstadt formuliert. Die durch die Baukörpersetzung entstehenden Freiräume wirken gut proportioniert und bilden durch ihre unterschiedlichen Nutzungen und das Wechselspiel von Enge und Weite ein vielfältiges und differenziertes Angebot für die zukünftigen Bewohner.

Die Gestaltqualität der Baukörper zeichnet sich durch die kompakte Volumetrie und die klare Gliederung im Bereich der Grundrisse und Fassaden aus. Auffallend ist dabei die hohe Qualität der wohnungsbezogenen Freibereiche in Form von großzügigen Loggien, zu denen in der Regel die Wohn- und Kochbereiche sowie oft auch die Schlafzimmer orientiert sind. Die Baukörpertypologie und die Organisation der Treppenhäuser als Fünfspänner sorgen dafür, dass 80 % der Wohnungen über Eck organisiert sind und dadurch von vielfältigen Belichtungs- und Ausblicksituationen profitieren.

Die Wohnungsgrundrisse sind flexibel gestaltet und lassen sich im weiteren Planungsverlauf an die jeweiligen Bedürfnisse der Bewohner anpassen. Hinterfragt werden die Sonderräume im Erdgeschoss, für die man ggf. eine andere Nutzungen finden könnte oder die man bei Bedarf auch den benachbarten Wohnungen hinzuschlagen könnte. Die Ausbildung eines Hochparterres wird grundsätzlich begrüßt. Die vorgeschlagenen Rampen in den Gebäudezugängen scheinen jedoch nicht den Anforderungen an die Barrierefreiheit zu entsprechen. Problemlos wäre der Aufzug jedoch als Durchlader auszuführen. Auch die Barrierefreiheit der Wohnungsgrundrisse wäre zu überprüfen.

Die Gestaltung des zentralen Freiraums als Wohn- und Spielhof kann überzeugen, bleibt in ihrer konkreten Ausgestaltung jedoch in vielen Bereichen im Vagen. Die Nutzung des südlichen Freibereichs als Sommergarten und Liegewiese wird angesichts der Nachbarschaft zu den Pkw- und Fahrradstellplätzen in Frage gestellt. Die Anordnung der Fahrradstellplätze im Zusammenhang mit der Pergola-Einhausung der Tiefgaragenzufahrt erscheint sinnfällig, aber funktional noch nicht abschließend gelöst.

Die Anordnung der Tiefgaragenzufahrt in der Südostecke des Grundstücks ist nachvollziehbar, da sie unnötige Fahrverkehre im Quartier verhindert. Die Lage der oberirdischen Pkw-Stellplätze entlang der bestehenden Verkehrsflächen wird begrüßt. Jedoch ist im Bereich der westlichen Stellplätze sicherzustellen, dass keine öffentlichen Flächen in Anspruch genommen werden.

Das Verhältnis der oberirdischen Stellplätze zu den Pkw-Stellplätzen in der Tiefgarage erfüllt die Erwartungen der Ausloberin. Der Entwurf weist von allen eingereichten Arbeiten das beste Verhältnis von Wohn- zu Grundfläche auf. Mit 51 Wohneinheiten bewegt sich die Arbeit am oberen Rand der eingereichten Beiträge. Durch die Gliederung der Baumasse in drei nahezu gleiche Baukörper wird dem Wunsch der Ausloberin nach der Dreiteilbarkeit und der Bildung von Bauabschnitten sehr gut entsprochen. Auch die abschnittsweise Realisierbarkeit der Tiefgarage scheint möglich. Die konsequente Reduktion auf drei Treppenhäuser und die Wahl der Konstruktion und Materialität lassen eine hohe Wirtschaftlichkeit erwarten.

Insgesamt stellt die Arbeit einen sehr gelungenen und durchdachten Beitrag für die gestellte Aufgabe dar, der sowohl im Bereich der Maßstäblichkeit und der stadträumlichen Qualität als auch im Bereich der Wirtschaftlichkeit und Realisierbarkeit zu überzeugen weiß.