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Planungskonkurrenz | 03/2018

Neue Mitte Oberlenningen

3. Preis

Preisgeld: 3.000 EUR

Zoll Architekten Stadtplaner GmbH

Stadtplanung / Städtebau

Koehler & Leutwein - Ingenieurbüro für Verkehrswesen

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

Städtebauliche Idee
Die Ortsmitte von Oberlenningen bedarf einer visionären konsequenten umfassenden Neuordnung um diese zukunftsfähig zu gestalten. Die Beibehaltung des Verlaufs der Bundesstraße kann dabei nur als Interimslösung angesehen werden. Daher wird eine städtebauliche Neuordnung entwickelt die abschnittsweise umgesetzt werden kann und Anforderungen für eine zeitversetzte Umsetzung erkennen lässt. Selbst bei einer Teilrealisierung soll der funktionale Schwerpunkt der innerörtlichen Versorgung nachhaltig entwickelt werden.

Es wird vorgeschlagen durch eine Verlegung der Bundesstraße B 465 in den Bereich Schwelchergasse den gesamten Uferbereich vom starken Lärmeintrag zu befreien und eine neue städtebauliche Kante mit ebenerdiger Geschäftszone zu entwickeln. Diese erhält eine ideale Anbindung an den Fahrverkehr und attraktive Parkierungsangebote für Kunden.
Die Baukörper werden an mehreren Stellen durch enge Gassen (um den Lärmeintrag zu minimieren) durchlässig mit dem Bereich zur Lauter an der Backhausstraße verknüpft.

Der Bereich Wohnen beidseits der Steinstraße wird auf der Westseite von der Amtgasse bis zum Burgtobelweg räumlich neu gefasst, so dass ein neu definierter großzügiger Straßenraum für die
B 465 zwischen den Wohn und Geschäftsbauten sowie dem Wohngebiet entsteht. Diese Bebauung ist als riegelartige Wohnbebauung mit schallschützender Wirkung für das sich anschließende Wohngebiet konzipiert. Im Abschnitt zwischen Steinstraße und Burgtobelweg wird als Raumkante ein neues Pflegeheim zum dort neu geschaffenen Platzbereich vorgeschlagen.

Gebäudetypologie
Bebauung an der Backhausstraße
Der Gebäudekomplex zwischen künftiger Bundesstraße (Schwelcher Gasse) ist in drei separate zwei- bis dreigeschossige Baukörper mit geneigten Dächern gegliedert, die auf freie „moderne“ Weise die örtliche Struktur von teils geschlossener Bauweise fortschreibt. Die Gebäude sind als mehrspännige Einzelgebäude konzipiert.

Areal beidseits Steinstraße
Es werden als Wohnbebauung ausschließlich Geschosswohnungsbauten mit Satteldächern in Einzelhausbauweise vorgeschlagen. Diese könnten teilweise bei Bedarf als Doppelhäuser konzipiert werden.
Im Bereich westlich der Grundschule ist ein L-förmiger Baukörper mit Flachdächern für eine Kindertagesstelle mit Hort geplant, der lärmschützend für die Umgebung die Außenanlagen räumlich fasst.
Im Südwesten des Bereichs ist ein U-förmiges 2- geschossiges Pflegeheim mit zum Wohngebiet orientierten geschützten, hofartigen Außenanlagen geplant.
Die Topografie rechtfertigt auf der Westseite des Areals eine dreigeschossige Bebauung als Raumkante zur Bundesstraße. Zum sich anschließenden Wohngebiet ergibt sich aufgrund der Hangsituation eine ortsübliche zweigeschossige Bauweise.

Rathausneubau
Östlich des bestehenden Rathauses ist ein ergänzender zweibündiger Verwaltungsneubau vorgesehen. Dieser ist als eigenständiger zur Amtgasse traufständiger, dreigeschossiger Baukörper mit Satteldach konzipiert. Der Baukörper ist im OG mittels einer Brücke mit dem Bestandsrathaus verbunden. Der neue Rathauskomplex bildet den selbstbewussten Abschluss des neu entstehenden Straßenraums.

Gebäudekonzeption Rathaus
Der Hauptzugang des Neubautraktes des Rathauses mit den zugeordneten publikumswirksamen Funktionen (Bürgerservice) befindet sich am befahrbaren Durchgangsbereich zwischen dem bestehenden Rathausbau und dem Neubau. Die Anbindung der Tiefgarage erfolgt aus topografischen Gründen über diesen ausreichend dimensionierten Bereich.
Büroflächen des Bauamtes sind im Erdgeschoss des Neubaus angeordnet. Im Obergeschoss sind der Alt- und der Neubau baulich miteinander verbunden. Hier ist im Neubau zentral der Sitzungssaal mit Vorfläche angeordnet. Auf dieser Ebene befinden sich auch die Kämmerei sowie das Haupt- und Ordnungsamt. Im Altbau dieser Ebene befindet sich das Bürgermeisteramt, sowie der zum Trauzimmer umgenutzte ehemalige Sitzungssaal. Zusätzlich befinden sich im Erdgeschoss des Altbaus weitere Räumlichkeiten der Kämmerei sowie die Hausmeisterwohnung im Dachgeschoss.
Freibereiche
Der Straßenzug Backhausstraße / Marktstraße entlang der Lauter erhält durch eine Neugestaltung der Uferzonen mit grünen Böschungen sowie einer großzügigen Sitzstufenanlage zur Lauter mit neuer Überbrückung zum Schlossrain auf Höhe des neu gestalteten Marktplatzes eine hohe genießbare neu entstehende Aufenthaltsqualität.

Nutzungskonzept
Das Nutzungskonzept sieht konzentriert in den Neubauten entlang der Lauter, südlich des Rathausplatzes ein Ärztehaus mit Apotheke im EG, die Sparkasse, den Metzger, ein Café mit Bäckerei und einen Bürgersaal im OG des Cafés vor.
In der Straßenrandbebauung östlich der verlegten Bundessstraße ist im EG der Polizeiposten und im Gebäudekomplex des Pflegeheims im EG das Sanitätshaus neben dem Zugangsbereich des Pflegeheims untergebracht.

Erschließungs- und Parkierungskonzept
Die Gebäude zwischen neuer B 465 und Backhausstraße werden sowohl von der Bundesstraße als auch von der Backhausstraße erschlossen. Die Tiefgarage mit den notwendigen Stellplätzen (keine Kundenparkplätze) werden gebündelt über eine gemeinsame Tiefgaragenabfahrt von der Schwelchergasse erschlossen. Zugänge können bei den „durchgesteckten“ Nutzungseinheiten zum Teil auf 3 Seiten angeboten werden.
Die Straßenrandbebauung auf der Ostseite der Schwelchergasse erhält eine ebenerdig in den Hang geschobene Tiefgarage die hinter den vorgelagerten Nutzungseinheiten angeordnet und von der Schwelchergasse durch eine gemeinsame Zufahrt erschlossen wird. Die Wohngebäude beidseits der Steinstraße werden über ein neu geplantes Stichwegenetz angebunden und vom Burgtobelweg her erschlossen. Hierüber wird auch die Kita und der Hort mit Wendemöglichkeit für den Bring und Abholvorgang erschlossen. Die Steinstraße erhält einen Mischverkehrscharakter als hauptfußläufige Erschließung ohne Fahranbindung zur B 465.

Umsetzungskonzept
Die Neuordnungskonzeption lässt sich unter Berücksichtigung der bekannten funktionalen Abhängigkeiten und Zusammenhänge umsetzen (siehe Pikto).

1.BA
Im 1. BA können unter Beibehaltung der bestehenden Trasse der B465 im Bereich Backhausstraße die zwei südlichen Baukörper mit Ärztehaus und Sparkasse/ Metzgerei realisiert werden. Die Erschließung der gemeinsamen teilrealisierbaren Tiefgarage erfolgt über die bestehende Schwelchergasse. In diesem Zuge können die Apotheke und die Sparkasse verlegt werden. Im Bereich Steinstraße könnte das Pflegeheim und die Kita errichtet werden. Eine Planungsrechtliche Sicherung des Korridors für die Verlegung der Bundessstraße im 2.BA ist geboten. Der Rathausneubau kann unabhängig von den Bauabschnitten realisiert werden.

2. BA
Der 2. BA ermöglicht, nach Umzug der Nutzungen Apotheke und Kreissparkasse in die Neubauten, die Verlegung der B 465 in den Bereich Schwelchergasse. Parallel kann die östliche Straßenrandbebauung der Schwelcher Straße errichtet werden. Die Errichtung des Pflegeheims, die Kita sowie der Hort ist unabhängig davon möglich.

3. BA
Als letzter Realisierungsabschnitt ist die Errichtung des Sonderbaus (Bürgersaal mit Bäckerei und Café im EG) zwischen Rathaus und den im 2. BA realisierten Geschäftshäusern auf der ehemaligen Trasse der B465 im Kurvenbereich möglich. Die Nutzungsverlegung der Bäckerei und der Entfall der bisherigen Bäckerei ermöglicht eine großzügige Neugestaltung der Freiflächen mit neuem Lautersteg als direkte Anbindung zum „Schlössle“.

Verkehrskonzept
Die Spurbreite des neuen Streckenabschnittes der B 465(Backhausstraße) beträgt jeweils 3,50 m.
In der Fahrbahnmitte wird ein Multifunktionsstreifen vorgesehen, der zum einen Fußgängern die Querung der B 465 ermöglicht und zum anderen überfahrbar für PKW ausgebildet ist, damit Zufahrten und Senkrechtparkplätze auf der anderen Straßenseite problemlos angefahren werden können.
Zur Auflockerung werden abschnittsweise Bäume vorgesehen. Im Bereich der Einmündung Burgtobelweg werden sowohl aus südlicher, als auch aus nördlicher Richtung zwei überbreite Fahrstreifen konzipiert, um den aus Norden kommenden Fahrzeugen zu ermöglichen links in den Burgtobelweg bzw. den aus Süden kommenden in die Parkplätze hinter der Metzgerei, Apotheke etc. abzubiegen.
Am nördlichen Ende der Parkplätze, im Bereich des Rathauses, ist das Ausfahren auf die B 465 in südlicher und nördlicher Richtung gewährleistet. Das Rechtseinbiegen von der B 465 aus Norden ist hier ebenso möglich.
Das Linkseinbiegen aus Richtung Süden hingegen, wird durch das Aufbringen einer Sperrfläche im Kurvenbereich der Bundesstraße untersagt, damit kein Rückstau durch die dahinter wartenden Fahrzeuge verursacht wird.
Die Kurvenradien der Bundesstraße wurden generell so dimensioniert, dass der Begegnungsverkehr zweier Sattelzüge möglich ist.
Die Gehwegbreiten sind mit bis zu 3 m als ausreichend gegeben.
Auf dem geraden Streckenabschnitt der B 465 zwischen Zufahrt beim Rathaus und der Hohen Steige ist der Gehweg nur 1,50 m breit. Um die Mindestbreite des Gehweges von 2 m realisieren zu können, wird der Fahrbahnquerschnitt auf 6 m reduziert.
Die Begegnung zweier Schwerverkehrsfahrzeuge auf diesem geraden Abschnitt ist aber trotz der Fahrbahnverschmälerung weiterhin gegeben.
Die Bushaltestellen des öffentlichen Nahverkehrs werden auf dem neu geschaffenen Platzbereich im Einmündungsbereich der Backhausstraße und dem Burgtobelweg in die Bundesstraße als einander gegenüberliegende Buskaps mit einer dazwischen angeordneten Grünfläche (zur Vermeidung von Fußgängern im Bereich der Bushochborde) angeordnet.
Die Hauptfußgängerverbindung von der Steinstraße Richtung Wohngebiete im Westen über den Schillerplatz queren künftig die Bundesstraße über eine Querungszone nördlich der geplanten Bushaltestellen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die vorgeschlagene Lösung sieht eine umfassende Neuordnung der Ortsmitte von Oberlenningen durch die Verlegung der Backhausstraße in nordöstlicher Richtung vor, die eine Fläche mit großem Entwicklungspotential entlang der Lauter generiert. Diese Entwicklungsfläche wird mit solitären Neubauten besetzt, die eine spannungsvolle Abfolge an öffentlichen Räumen entlang des Flusses vom Rathaus bis zum Schillerplatz bieten. Der Markplatz gewinnt eine gute Aufenthaltsqualität durch die räumliche Fassung an drei Seiten. Sie gewährleistet eine Abschirmung von den negativen Emissionen der Bundesstraße. Durch die Öffnung und die Treppenstufen zur Lauter wird der Flussraum erlebbar. Allerdings stellt sich die Frage, ob der Charakter und die Größe des neuen Marktplatzes zu städtisch wirken. Unverständlich bleibt, warum die Aufenthaltsqualität des öffentlichen Bereichs entlang der Lauter im weiteren Bereich durch zahlreiche PKW-Stellplätze stark eingeschränkt wird. Dieser Bereich bietet sich eher für Freiraumprogramme an, die mit der Erdgeschossnutzung der angrenzenden Bebauung in direkter Beziehung stehen könnten. Die Fortführung der Marktstraße bis zum Schillerplatz wird sehr kritisch bewertet.

Der neue Straßenraum der Backhausstraße ermöglicht einen dem Verkehrsaufkommen angemessenen Verkehrsfluss. Durch die Integration eines Mittelstreifens wird die Querung der Straße sinnvoll erleichtert. Gleichzeit entsteht jedoch eine größere Distanz zwischen den beiden Straßenseite. Die Erreichbarkeit der Gewerbeeinheiten wird durch eine ausreichende Anzahl an Stellplätzen gewährleistet. Ihre Lage schafft allerdings eine zusätzliche Barriere im Straßenraum. Insbesondere an den Anschlusspunkten zum bestehenden Straßennetz entstehen städtische Resträume, die in ihrer Dimension und Gestaltung den Anforderungen an einen innerörtlichen Aufenthaltsbereich nicht gerecht werden.

Positiv bewertet wird der freiräumliche Umgang mit den Vorbereichen der Geschäftsbebauung entlang der Backhausstraße. Die hier vorgeschlagenen räumlichen Versätze schaffen qualitätsvolle und großzügige Vorzonen, die eine gute Akzeptanz erwarten lassen.

Die Verteilung der einzelnen Nutzungen im gesamten Planungsareal ist klug gewählt. Insbesondere die Konzentration der Gewerbeflächen auf den Bereich südlich der Backhausstraße ist nachvollziehbar. Es wird jedoch eine übergeordneter Zusammenhang zwischen den einzelnen Interventionen vermisst. So passt die Maßstäblichkeit des Pflegeheims und der Rathauserweiterung nicht zum Kontext der Umgebung. Durch die Setzung und Artikulation der Wohnbausteine entsteht eher der Charakter einer Wohnsiedlung. Es fehlt somit ein eindeutiger Bezug zu einer innerörtlichen Bauweise.

Insgesamt gelingt es mit den vorgeschlagenen Maßnahmen, einzelne Orte wie den Markplatz und die Zone entlang der Lauter unter Würdigung der ortsspezifischen Merkmale strukturell deutlich aufzuwerten. Diese Qualität wird jedoch in den übrigen Teilbereichen des Wettbewerbsgebiets vermisst.