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Städtebaulicher Ideenwettbewerb mit Realisierungsteil | 03/2018

Westliche Altstadt Selb mit Integration des künftigen Factory Outlet Centers

ein 2. Preis / Ideenteil

Preisgeld: 16.000 EUR

lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

löhle neubauer architekten BDA pmbb

Architektur

Erläuterungstext

Stadtquartier | Das geplante Quartier verzahnt sich als prägnanter Stadtbaustein mit der historischen Mitte. Die eigene Maßstäblichkeit bildet vergleichbar mit der Bachaue ein die Innenstadt durchwebendes Element mit einer besonderen Lebendigkeit. Die Baukörper integrieren sich als allseitig lebendige Stadtbausteine in den öffentlichen Raum. Durch die Gliederung mit vernetzenden Gassen wird das lebendige Geflecht der Stadtmitte in größerem Masstab weiterentwickelt. Die Erdgeschosse zeigen sich von allen Seiten mit Schaufenstern, so dass auch der Autofahrer die Inhalte wahrnimmt.
Das Quartier erhält eine eigene Identität mit hohem Wiederkennungswert, welches mit neu gestaltetem Charakter die Innenstadt weiterbaut und sich mit ihr verwebt.

Aufenthaltsqualität | Die Fußgängervernetzung funktioniert in alle Richtungen, vom Straßenraum in die Einkaufspassagen und in der Hauptachse zwischen Marktplatz, Rathaus, über den Sparkassenplatz bis zum Outletcenter. Die Gassen weiten sich immer wieder zu kleinen Plätzen auf:
der zentralerer Platz im Süden mit einer Gastronomie an einem Wassertisch,
der Sparkassenplatz mit einem Schwerpunkt der Präsenz auch nach außen und der Information
und der Zentrale Platz im Nordwesten mit Gastronomie neben einem Hain unter dem Spielangebote auch die Kinder locken.

Architektur I Die lebendige und identitätsstiftende Struktur des Städtebaus spiegelt sich auch in der Ausformulierung der Gebäude wieder. Eine lebendig gefaltete Dachlandschaft wahrt trotz großer zusammenhängender Ladenflächen Proportion und Maßstäblichkeit und prägt das Stadtbild. Transparente Verkaufsflächen sorgen sowohl vom Straßenraum als auch von den Platzflächen für eine verkaufsfördernde als auch einladende Atmosphäre mit hoher Aufenthaltsqualität. Hinter vertikalen Lamellen werden Nebenräumflächen sowie die Erschließungskerne der Obergeschosse verortet. Die lebendigen Fassaden der Obergeschosse werden geprägt durch zwei unterschiedlich grosse Fensterformate die variabel kombiniert und partiell durch grosse Loggien ergänzt werden. Büroflächen werden bevorzugt im 1. Obergeschoss und im stark frequentierten Strassenbereich vorgesehen; qualitativ hochwertiger
Wohnraum wird ab dem 2. Obergeschoss bzw. im Dachraum – teilweise geschossübergreifend – situiert.
Die Dachräume werden großzügig über Verglasungen im Giebel belichtet; darüber hinaus können hier auch zusätzliche, nichteinsehbare Dachterrassen eingeschnitten werden.

Material Gebäude I Das äußere Erscheinungsbild ist geprägt durch transparente Aluminium-Pfostenriegelfassaden mit Sonnenschutzverglasung. In die massiven, oberen Geschosse werden spannungsvoll Holz-Alu-Fensterelemente in eine vorgehängte, geschlämmte Vorsatzschale aus Backstein eingeschnitten; Fallrohre werden verdeckt hinter der Vorsatzschale geführt. Die Dacheindeckung erfolgt mit beige eingefärbten, großformatigen Betonfertigteilen.

Verkehr | Konsequenterweise kann der Sparkassenplatz den Fußgänger nicht unter die Erde führen und damit Läden und Fußgänger dem öffentlichen Raum entziehen. Für eine weitgehend ungestörte Querung wird der Verkehr am Sparkassenplatz jeweils beidseitig vorbeigeleitet. Das Parkhaus erhält von beiden Strängen Zu- und Ausfahrt.
Für den Fußgänger ist das gesamte Quartier eng durchwoben und durch vielfältige Gassen mit der umgebenden Stadt vernetzt.

Nutzungen | In den oberen Stockwerken werden im 1. OG aufgrund der Gebäudetiefen Büroräume und Praxen angeboten. Im 2.OG können die Wohnungen zusätzlich von oben belichtet werden. Nur an stark durch den Verkehrslärm beeinträchtigen Ecken werden auch hier Büroräume ausgewiesen. Die Erschließung der oberen Stockwerke erfolgt größtenteils vom umgebenden Straßenraum.
Das Parkhaus bildet im Erdgeschoss nur eine kleine Fläche um Raum für Verkaufsfläche zu schaffen und dehnt sich dann in den oberen Stockwerken weiter aus. Durch die östlich Fahrgasse erfolgt die Zufahrt zum Anlieferhof.
An den zwei Plätzen laden Gastronomiebetriebe zu einer Pause ein. Die übrigen Erdgeschoßzonen sind alle Verkaufsflächen vorbehalten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliche Ausbildung
Die Baukörper nehmen Proportionen der Stadt auf und führen sie fort. Durch die Art ihrer Setzung entlang der Straße entsteht ein zusammenhängender Innenbereich, der sich vom Factory In bis zur St. Andreas-Kirche hin fortsetzt. Durch Aufweitung und Kompression entstehen interessante Freiräume im Innenraum. Ein Wechsel und die Abfolge zwischen Platz und Passage werden als angenehm empfunden. Durch die Satteldachflächen werden die einzelnen Baukörper gut gegliedert und suchen die Annäherung zu ihrem städtebaulichen Umfeld.

Qualität der Freiräume:
Die Verfasser gestalten einen räumlich spannungsvollen Freiraum, der durch die unterschiedlichen Nutzungsangebote und Elemente eine hohe Aufenthaltsqualität verspricht. Positiv wird auch die Überleitung zum Factory In auf der einen Seite und die Fortführung bis zum Martin-Luther-Platz auf der anderen Seite gesehen. Die Anbindung an das städtische Umfeld ist überall ebenerdig gegeben. Die Trennung der Straßenzüge am Sparkassenplatz ermöglicht die direkte fußläufige Querung, der Platz als solcher müsste aber räumlich und gestalterisch noch konsequenter ausformuliert werden. Der neue öffentliche Raum wird nach allen Seiten hin durch geschickt gesetzte Fugen mit der bestehenden Stadtstruktur vernetzt.
Durch die Wahl der ebenerdigen Durchwegung stellt der Entwurf eine wirtschaftliche Lösung dar.

Es entstehen zwei größere Plätze: Der Platz beim ehemaligen Rona-Gelände mit Spielfunktion sowie der Sparkassenplatz, der Raum für Wasserflächen bietet. Der Knotenpunkt am Sparkassenplatz wird verkehrstechnisch dadurch gelöst, dass der MIV durch die Heinestraße umgelenkt wird. Durch eine Fußgängerüberführung über die Heinestraße unter Ausnutzung der hier günstigen Höhenunterschiede könnte auf das dort zunehmende Verkehrsaufkommen reagiert werden.
Der neue Verlauf der Schillerstraße im Bereich des Sparkassenplatzes erscheint gut in die neue Struktur eingebunden.

Kritik an der Setzung der Baukörper:
Der Platz um die Wasserfläche und die Öffnung zum Rathaus könnten großzügiger gestaltet werden. Die Parkhauszufahrt von der Schillerstraße aus ist hier günstiger angeordnet als eine Erschließung von der Friedrich-Ebert-Straße aus. Die weitere Zufahrt von der Ludwigstraße aus ist unerwünscht.
Der Baukörper am Marienplatz erscheint zu groß und müsste feingliedriger strukturiert werden.
Die Baukörper an der Heinestraße (parallel zur Bahnhofstraße) könnten durch einen Lückenschluss die wenig attraktiven Rückseiten der Gebäude an der Bahnhofstraße abschirmen.

Architektonische und funktionale Qualität:
Läden werden von den Innenseiten erschlossen, die Nutzungen im OG dagegen von außen. Eine weitere Anordnung von Schaufenstern auf der jeweils abgewandten Seite lässt dem Investor Möglichkeiten offen, kreativere Lösungen zur Produktpräsentation zu entwickeln.
Durch die einzelnen Baukörper werden bedarfsgerechte Umnutzungsvarianten auch für die Zukunft ermöglicht.
Die Gesamtstruktur ist damit flexibel und nachhaltig.
Im Erdgeschoss sind für Einzelhandel und Restaurants Angebote vorgesehen.
Das Angebot in den OG für Wohnen und Dienstleistungen ist überdimensioniert. Dadurch werden die Gebäude sehr hoch, was zu einer unverträglichen vertikalen Maßstäblichkeit führt.
Die im Realisierungsteil angebotenen Grundrisse für Wohnungen und Büros funktionieren sehr gut und erscheinen marktgerecht.
Die geschlämmte Ziegelfassade ist kein für Selb typisches Element. Eine gewisse Abwechslung hinsichtlich der
Materialität ist jedoch erwünscht.

Empfehlung für eine Überarbeitung:
Durch die beabsichtigte Anhebung des Höhenniveaus auf dem Gelände des heutigen Factory In ergibt sich die Möglichkeit, durch einen ebenengleichen Fußgängerüberweg die Heinestraße barrierefrei zu queren. In der Folge ergibt sich im Quartier zwischen Heine- und Marienstraße ein Untergeschoss, das für Parkieren und Lagerhaltung sehr geeignet ist. Dadurch ist das künftige EG-Niveau angehoben, was sich insbesondere positiv auf die Höhenentwicklung entlang der Marienstraße auswirkt. Die aufgrund der fehlenden Nachfrage in dieser Größenordnung nicht erforderlichen OG können dadurch vermieden werden.
Eine Anlieferung über die Friedrich-Ebert-Straße wird kritisch gesehen, da die nötigen Schleppkurven hier nicht gegeben sind.