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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2018

Sanierung, Umstrukturierung und Erweiterung der Staatlichen Kunsthalle

Anerkennung

Preisgeld: 31.500 EUR

Nieto Sobejano Arquitectos

Architektur

Bollinger+Grohmann

Tragwerksplanung

Müller-BBM Building Solutions GmbH

Bauphysik

WSGreenTechnologies GmbH

TGA-Fachplanung

Kaupa Ingenieure

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Die staatliche Kunsthalle Karlsruhe genießt aufgrund Ihrer bedeutenden Sammlungsbestände in Fachkreisen sowie in der allgemeinen kunstinteressierten Öffentlichkeit hohes Ansehen. Durch Ihre innerstädtische Lage am Rande des Schlossareals in direkter Nachbarschaft zum Bundesverfassungsgericht und botanischem Garten ist sie auch städtebaulich von höchster Bedeutung.

Ursprünglich als Teil eines Gebäudeensembles konzipiert, das mit Hoftheater (heutiges Grundstück des Amtsgerichtes) und den Gewächshäusern des botanischen Gartens ein wichtiger Bestandteil höfischer Kultur und Identität war, ist eine Ensemblewirkung heute kaum erlebbar. Um die Kunsthalle Karlsruhe in eine angemessene museologische Zukunft, insbesondere im Bezug auf Funktion Technik und Ästhetik zu führen, basiert unser Konzept auf folgenden Grundgedanken.

Angliederung und Öffnung der Kunsthalle in Richtung Schloss und Schlossplatz
Schaffung eines starken und identitätsstiftenden Zentrums für das Museum
Neuordnung und Optimierung des musealen Rundganges

Das Hauptkonzept basiert auf der Schaffung eines zweiten Haupteinganges an der Nordostseite des Museums. Beide Eingänge sind mittels einer zentralen Achse verbunden, die durch Ihre Beschaffenheit an eine Enfilade erinnert und eine Reminiszenz an venezianische Palastarchitektur darstellt, welche sich in den barocken Werken Heinrich Hübsch`s immer wieder finden lässt.

Der Übergang von den niedrigeren Eingangsbereichen in das großzügige mehrgeschossige Atrium im überdachten Innenhof erzeugt eine starke atmosphärische Raumwirkung und bildet einen angemessenen Auftakt für den Besuch des Museums.
Das Hauptkonzept des neuen Atriums basiert zum einem auf der geometrischen Form des Quadrates, welche sich im näheren Umfeld der Kunsthalle oft wiederfindet, sowie der Idee der Schaffung eines klaren Raumes als neue identitätsstiftende Mitte für die Kunsthalle. Es entsteht eine quadratische Struktur aus weißem Beton, deren Kantenlänge und Dimensionierung sich auf die erhaltene Bestandsfassade des ursprünglichen Ammersbachflügels bezieht. Durch die aufgelöste freistehende Fassade des Kubus entsteht eine klar wahrnehmbare räumliche Grenze, die dem Volumen seine Proportion verleiht. Das Raster der Fassade orientiert sich an den Öffnungen der, den Hof umschließenden, Bestandsfassaden. Mittelpunkt des neuen Foyers bildet die eingestellte skulpturale Treppe, die den Besucher direkt in die angeschlossenen Ausstellungsbereiche im Obergeschoss führt und somit den wichtigsten Beitrag zur Orientierung im Gebäude leistet.

Aufgrund der funktionalen aber auch ästhetischen und atmosphärischen Anforderungen und Bedingungen ist eine Museumserweiterung nur in Form eines Neubaus realisierbar.
Das städtebauliche Konzept hinter dem Neubau basiert auf der Umrisslinie des Bestandsbaus (Amtsgericht) und folgt dem städtebaulichen Konzept der Stadt Karlsruhe. Aufgegriffen werden hier vor allem die gekrümmte Fassade und das Prinzip der Kolonnaden in Richtung des Schlossplatzes.

Die Museumserweiterung folgt funktionell und räumlich dem Konzept der Kunsthalle. Zentrum und Orientierungspunkt des Gebäudes ist das kubische Atrium des Museums von dem aus alle Bereiche erschlossen werden. Das Atrium dient als Bindeglied musealer und nicht musealer Nutzungen sowie von Kunsthalle und Erweiterungsbau.

Die Erschließung des Erweiterungsbaus erfolgt über zwei verschiedene Wege. Die Museumserweiterung ist über das Untergeschoss der Kunsthalle angeschlossen. Diese Verbindung bildet den Hauptzugang zu den Ausstellungsbereichen des Erweiterungsbaus. Der zweite Zugang erfolgt über den Eingang und das Foyer an der Waldstraße. Dieser Eingang dient vor allem den öffentlichen autark nutzbaren Bereichen im Erdgeschoss, kann aber bei Bedarf auch als Foyer für die Ausstellungsbereiche genutzt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Dieser Entwurf zeichnet sich durch zwei zentrale Ideen aus, die ihn von seinen Konkurrenten deutlich unterscheiden. Die erste Idee ist der in den erweiterten Innenhof eingestellte Betonkubus, der dem Gesamtkomplex sein organisatorisches und bauliches Herz bieten soll. Die zweite Idee bezieht sich auf die Erschließung. Der Vorschlag, vor allem die barrierefreie Erschließung von Nord Osten zu organisieren, löst auf scheinbar einfache Art und Weise die komplizierten Situation am Haupteingang an der Hans Thoma Straße. Aus organisatorischer Sicht entstehen durch die Einrichtung von zwei Haupteingängen jedoch eher Nachteile.

Die Idee, einen Betonkubus in das Gefüge der bestehenden Anlage einzufügen wird ebenfalls sehr kontrovers diskutiert. Diese neue Intervention scheint den Bestand zu dominieren und das Thema des bestehenden Hofraums, nämlich der Gleichzeitigkeit von Bauteilen unterschiedlicher Generationen, weitgehend zu überdecken.

Auch andere organisatorische Entscheidungen der Autoren finden keine Zustimmung, zum Beispiel die Platzierung der Hans Thoma Kapelle, die Anordnung des Sonderausstellung im Verteilerraum unter dem Betonkubus oder die Raumsequenz im Übergang zu den zukünftigen Erweiterung.

Trotz offensichtlicher Fehler wird die Arbeit jedoch als interessanter konzeptueller Diskussionsbeitrag vom Preisgericht gewürdigt. Auch ist der Vorschlag in vielen Details (z.B statisch) gut durchdacht und sehr professionell präsentiert.

Was den Abriss des Amtsgerichtsgebäude betrifft, kann das Preisgericht den Gedankengängen der Autoren nicht unmittelbar folgen. Den Abriss des bestehenden Gebäudes würde man wahrscheinlich vorallem dann vorschlagen, wenn man zu dem Ergebnis käme, dass die bestehende Struktur das neue Raumprogramm allzu sehr einengt. Der annähernde Wiederaufbau der Bestandsstruktur in einer neuen Architektursprache wäre eingehend zu begründen.