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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2018

Sanierung, Umstrukturierung und Erweiterung der Staatlichen Kunsthalle

Lageplan

Lageplan

Anerkennung

Gerber Architekten GmbH

Architektur, Landschaftsarchitektur

OSD GmbH

Tragwerksplanung

Ingenieurbüro Hausladen GmbH

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Das Tragwerk unterstützt die architektonische Entwurfsidee. Wesentlicher Ansatz des Tragwerksentwurfs ist der behutsame Umgang mit der historischen Bausubstanz und die Integration eines neuen, räumlich verbindenden Baukörpers im derzeitigen Innenhof. Für die Integration der neuen Funktionen in die bestehenden Gebäude wurden die statisch konstruktiven Eingriffe minimiert. Insbesondere wurde darauf geachtet, durch die Anpassung der Höhenverhältnisse in den einzelnen Geschossen, großzügige zusammenhängende Räume zu schaffen. Zentrales Element der Entwurfsidee ist die räumliche Erweiterung über einen neuen Baukörper, der an zentraler Stelle im derzeitigen Innenhof als Verteiler funktioniert. Ziel ist es, eine räumliche Fassung des Innenhofs über einen eigenständigen Baukörper zu erreichen, der jedoch mit seiner Masse und Materialität nicht in Konkurrenz zu den historischen Bauten tritt. Hierzu wird ein leichtes Stahlverbundtragwerk gewählt, das mit einer vorgehängten Fassade versehen wird. Das Tragwerk besteht aus regelmäßig angeordneten, durchgängigen Stahlverbundstützen, an welchen - in den begehbaren Ebenen - Verbunddecken angeschlossen werden und die im Dach als Träger in die Linienführung der Dachneigung übergehen. Durch diese leistungsfähige Leichtbauweise in Stahlverbund kann die Fassade der räumlichen Situation angepasst werden, von durchsichtigen über transluzente bis hin zu opaken Flächen. Es entsteht ein leichter Baukörper, der das Tageslicht bis in die unteren Geschosse eindringen lässt. Durch die leichte Bauweise wird auch die Gründung entsprechend optimiert. Die Lasten der Stahlverbundkonstruktion werden über eine Flachgründung als elastisch gebettete Bodenplatte in den Boden abgeführt, die partiell im Bereich der Stützen nach Erfordernis verstärkt werden kann. Es wurde darauf geachtet, dass das Gründungsniveau nicht unterhalb des höchsten Grundwasserstandes liegt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Verfasser ergänzt das Ensemble unter weit gehender Wahrung der historischen Substanz um einen eigenständigen, im Innenhof platzierten, lichten Baukörper. Dieser stellt eine ganz eigene, selbstbewusste Position dar, wobei das über den First herausragende neue Dach subtil die historische Gebäudekubatur überragt. Der eingestellte Baukörper ist auf Eingangsniveau zugänglich und fungiert im Erdgeschoss als neues Foyer mit Kasse, als Information und als zentraler Verteiler der Besucherströme in die Geschosse. Für den Besucher wird der Zugang in die Ausstellungsbereiche zur Inszenierung. Die Orientierung im Gesamtraum ist trotz des eingestellten Baukörpers gewährleistet, weil die Fassade im Erdgeschoss aus Recyclingglas transluzent ausgebildet ist. Demgegenüber wird die Hülle im Obergeschoss weißlich opak gehalten, Lichteintrag erfolgt über den First. Damit wird ein zentraler, kapellenartiger Raum geschaffen, der eher in Konkurrenz zu den historischen Ausstellungsräumen steht. Auch wird die Wahrnehmung der charakteristischen Bestandsfassaden über den eingestellten Baukörper stark eingeschränkt.

Die Museumsrundgänge im EG und im 1. Obergeschoss funktionieren gut, die Raumabfolgen lassen die notwendige Flexibilität zu. Die Andienung und Versorgung der Museumsbereiche sind gut gelöst. Mit dem neuen Baukörper können sowohl ein eigenständiger Sonderausstellungsbereich im UG als auch ein Multifunktionsbereich auf der Galerieebene 1. OG realisiert werden.

Mit dem über ein Lichtfuge beleuchtete Sonderausstellungsbereich und dem Einbau des Museumcafés und des Shops im historischen Gewölbekeller des Durmbaus wird das Untergeschoss wesentlich aufgewertet. Diese Funktionen erlauben zu gegebener Zeit einen angemessenen, wirtschaftlich realisierbaren Übergang zum Erweiterungsbau. Die Haus-in-Haus-Konstruktion im Innenhof minimiert in statisch-konstruktiver Hinsicht kritische zusätzliche Belastungen der Gebäudeflügel. Allerdings ist mit vergleichsweise aufwändigen Baumaßnahmen zu rechnen sowie mit zusätzlichen Tieferführungen der bestehenden Gründungen , um schädliche Mitnahmesetzungen auszuschließen. Brandschutztechnisch fehlt ein notwendiger Treppenraum.

Dennoch stellen die Verfasser eine energetisch und wirtschaftlich vertretbare Lösung dar. Das mutige Konzept „Haus im Haus“ - hier als kompletter Neubau- bietet große Flächenpotenziale.

Der Zugang zur Staatlichen Kunsthalle über den Straßenraum wurde räumlich erweitert, neu geordnet und aufgewertet. Damit kann der Kunsthalle ein würdigeres Entree bereitet werden. In wie weit dies verkehrsplanerisch umsetzbar ist, muss im Weiteren geprüft werden. Im Ideenteil bietet der Verfasser einen kompletten Neubau in vergrößerter jedoch der Umgebung durchaus angemessener Kubatur an. Die Aufgliederung in eine neuzeitliche Vierflügelanlage mit Innenhof wird als Reminiszenz an das historische Ensemble verstanden. Die innere Organisation ist gut gelöst und bietet ausreichende Flexibilität für künftige museale Entwicklungen. Die Abwägung gegenüber dem Erhalt der heutigen, denkmalgeschützten Bausubstanz muss sorgfältig getroffen werden.

Insgesamt wird der Entwurf als mutige und klare architektonische Position geschätzt, der einerseits identitätsstiftend wirken wird, jedoch im Hinblick auf eine evtl. Realisierung zumindest von Teilen der Jury ausgeschlossen wird.