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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2018

Neubau eines Lehrgebäudes und Neubau eines Forschungsgebäudes des Instituts für Theoretische Medizin (ITM) in Augsburg

Anerkennung

Preisgeld: 22.000 EUR

03 Arch. GmbH

Architektur

studioB Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Prof. Feix Ingenieure GmbH

Tragwerksplanung

Ingenieurbüro Hausladen GmbH

TGA-Fachplanung

K33 Architekten - Steinlehner & Riedner Architekten-Partnerschaft

Brandschutzplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Der ideelle Ansatz des Entwurfs ist über den Erläuterungstext und die Analyse der Freiräume vergleichbarer Universitätsanlagen schlüssig hergeleitet.
Die eminente Bedeutung dieser Aufgabe als bauliche Initialzündung für eine Campusanlage, die auch den Bedürfnissen zukünftiger Generationen gerecht werden muss, spielt bei der Wahl der von den Verfassern gewählten baulichen und freiräumlichen Mittel eine angemessene Rolle. Es geht dabei auch um das Selbstverständnis der neuen Fakultät, das unter dem Titel Mensch-Umwelt-Translation zusammengefasst ist. Um dem hohen wissenschaftlichen Anspruch auch baulich zu entsprechen, will der Entwurf ein ebenso hochwertiger Beitrag zur Baukultur sein - eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

Zentrales Element der vorgeschlagenen Gesamtanlage ist ein großer Freiraum, ein Freiraum, der seinem Namen wirklich gerecht wird, denn er ist wirklich frei. Dabei hat er einen starken Charakter, der zum einen auf seiner leicht polygonalen Einfassung beruht und zum anderen auf der leichten Absenkung der zentralen, vielfältig nutzbaren Wiesenfläche. Diese ist von Gehölz bestandenen Böschungen und Sitzstufen eingefasst und ansonsten leer. Auf diese Weise erhält dieser Freiraum große Eigenständigkeit und eigene Identität, gleichwohl öffnet er sich großzügig nach Westen und bezieht dadurch den Patientengarten mit ein. Die Brückenanbindung wird mit zwei Flachbauten als Brückenkopf eingefasst und leider nur über eine relativ steile Treppenanlage mit dem Campus verknüpft. Die Mensa ist an dieser Nahtstelle richtig positioniert, wenn auch problematisch andienbar. Leider liegt die Mensa an einer Engstelle des Areals, was eine Hypothek für die spätere Realisierung darstellt.

Die beiden Neubauten des ersten Bauabschnitts sind über Eck so zueinander angeordnet, dass einerseits ein klarer räumlicher Bezug zum Vorplatz des Klinikums entsteht und andererseits der neue Campusplatz bereits eindeutig an dieser Stelle gefasst ist. Durch die Überspitzung des Durchgangs zwischen den beiden Gebäudeecken entsteht eine bewusst inszenierte torartige Verengung als Visierbruch in der durchgängigen Nord-Südachse. Das Arkadenthema beim Forschungsgebäude wirkt in diesem Zusammenhang deplatziert.

Den Hauptzugang zum neuen Campus sehen die Verfasser jedoch von der Trambahnhaltestelle aus und inszenieren ihn mit einer spektakulären baulichen Geste. Das auf der Nordseite der Haltestelle dargestellte Bauvolumen der Klinikerweiterung entspricht nicht der Planung, die hier dargestellte bauliche Zangensituation ist nach Auffassung der Jury für die Wirksamkeit der Torsituation zum Campus nicht erforderlich.
Um diese Torsituation zu erzeugen, wird das Lehrgebäude in zwei gleich große Häuser aufgeteilt, die beide klar und knapp durchstrukturiert sind. Diese Aufteilung schafft prinzipiell keine funktionalen Nachteile. Die Gebäude sind sparsam und wirtschaftlich zu errichten. Bezüglich der Rettungswege sind beide Gebäude aufeinander angewiesen, da jedes Haus nur eine Treppe hat. Die Treppenhäuser liegen zwar zentral, sind aber innenliegend und räumlich unattraktiv. Die eigentliche Attraktion ist der Außenraum zwischen den beiden Bauten, der als offener Raum mit verbindenden Zwischendecks ausgebildet ist, die durch große kreisförmige Ausschnitte zum Himmel geöffnet sind.
Diese formale Maßnahme strahlt eine große suggestive Kraft aus und lädt das Gebäude somit mit Bedeutung auf. Diese formale Geste wird in ihrer Absolutheit durch Verschiebungen der Zwischenebenen gebrochen und damit wohltuend relativiert.

Dieser Zwischenraum ist der einzige Luxus, den sich der ansonsten sehr wirtschaftliche Entwurf leistet und der großes Potential enthält, einen Kommunikationsraum zu schaffen, der auf vielfältige Weise die Phantasie anregt, ihn in Besitz zu nehmen.
Gleichwohl wirft er Fragen auf: Wie ist die Nutzbarkeit im Winter? - Wie öffentlich sind die einzelnen Ebenen? - Sind Störungen des Lehrbetriebs zu erwarten? - Sollten hier nicht noch weitere Nutzungen wie z.B. eine Cafeteria etc. integriert werden? - Sollte dieser Raum auf den oberen Ebenen nicht auch direkt von außen begehbar sein? - Geht das wirklich ohne Stützen? - Wie müsste eine wirksame Absturzsicherung aussehen etc.? Hier würde man sich von konventionellen Denkweisen lösen müssen. Der Entwurf bietet den entsprechenden Diskussionsstoff hierfür.

Zur Belebung dieses Zwischenraumes trägt sicherlich der große Hörsaal bei, mit seiner skurrilen Außenkontur und sehr gut nutzbarem Innenraum, der den Anforderungen an einen medizinischen Hörsaal optimal entspricht. Die für den zweiten Fluchtweg notwendige Kellertreppe im Zentrum der Rotunde wird eher als ironische Flegelei eingestuft. Positiv hervorhebend ist die räumliche Gestaltung der Bibliothek.
Die Fassaden des Lehrgebäudes zeigen eine gestalterische Kraft, die das Ungewöhnliche sucht, dabei aber nicht ins Maßlose abgleitet. Es müssen allerdings einige Unstimmigkeiten konstatiert werden im Vergleich zu den Grundrissdarstellungen:
Die außen umlaufenden waagrechten Deckensimse sind in den Grundrissen auf jeder Ebene dargestellt, in den Fassaden nur auf jeder zweiten. Die die Simse tragenden, abgelösten Teile der Außenschale sollten wenigstens annähernd übereinanderstehen.
Deren formale Profilierung erscheint etwas exaltiert. Insgesamt bietet das Konzept jedoch eine gute Grundlage zur Weiterentwicklung.
Das Forschungsgebäude ist sehr klar und stringent geordnet und durchstrukturiert.
Bezüglich der Nutzbarkeit, Flexibilität und allgemeinen Funktionalität weist der Plan ein hohes Niveau auf. Dabei wird ein wirtschaftliches, aber keinesfalls reizloses Raumkonzept vorgeschlagen. Innere Wegeführung, Belichtung und Nutzungsverteilung sind gut gelöst.
Die im Grundriss zunächst irritierenden, leicht verwischt erscheinenden Versprünge in der Westfassade erweisen sich in der Fassade als gestalterisch wohltemperierte Gliederungen. Die Fassaden sind sehr gut gelungen und zeugen von einer kompetenten Auseinandersetzung von Inhalt und Gestalt. Der Unterschied zwischen Lehrgebäude und Forschungsgebäude tritt hier auf angemessene Weise zutage.
Der Entwurf erscheint nach kleineren Anpassungen im Bereich der Gebäudetechnik und der Raumhöhen wirtschaftlich realisierbar. Dies trifft auch auf das Lehrgebäude zu, wenn auch über die Angemessenheit der Zwischendecks naturgemäß kontrovers diskutiert werden kann.