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Offener Wettbewerb | 04/2018

Neubau eines Konzerthauses mit Außenanlagen an der Meistersingerhalle in Nürnberg

1. Preis

Johannes Kappler Architekten

Architektur

Super Future Collective

Architektur

TOPOTEK 1

Landschaftsarchitektur, Architektur

Erläuterungstext

Die Leitidee des Entwurfs erweitert das Ensemble der Meistersingerhalle um einen eigenständigen Solitär, der auf der einen Seite das typologische Prinzip des Bestandsgebäudes und seiner Verzahnung mit der Landschaft fortführt, auf der anderen Seite ein neues Raum- und Klangerlebnis addiert. Dieses Verhältnis aus Gleichheit und Differenz, aus Distanz und Nähe, aus Vertrautem und Fremden lässt die zeitgeschichtlichen Qualitäten beider Gebäude auf ideale Weise zur Geltung kommen. Der Entwurf ist einerseits eine prägnante Großform, andererseits frei von spektakulären Gesten. Er verbindet Architektur, Programm und Städtebau zu einem spezifischen, nur zu diesem Ort passenden Ganzen.
Mit dem Neubau des Konzerthauses rückt das Ensemble der Meistersingerhalle aus der zweiten in die erste Reihe an die Stadteinfahrt im Kreuzungsbereich der Münchner Straße mit der Schultheißallee. Durch die Platzierung des Volumens des Konzertsaals in die Nähe des Kreuzungsbereichs wird dieser bisher durch verkehrliche Infrastruktur geprägte Raum als öffentlicher Raum gedeutet, in dem der Neubau eine starke Präsenz entwickelt. Ein zentraler Foyerbereich verbindet den öffentlichen Raum auf der Stadtseite im Norden mit der Parkseite im Süden und ermöglicht gleichzeitig eine funktionale Verbindung mit den Foyerbereichen des kleinen und großen Saals der historischen Meistersingerhalle im Osten. Es entsteht ein Haus mit vier Vorderseiten.
Aus dem öffentlichen Raum werden die Besucherinnen und Besucher durch fließenden Übergängen zum individuellen Sitzplatz im Innern geführt. Die Außenraumgestaltung setzt die bestehende Struktur fort und interpretiert diese durch eine durchgängige Materialisierung neu. Insbesondere durch die Wahl von Waschbetonplatten für die befestigten Flächen wird die Materialität der Außenraumgestaltung der 60er Jahre einerseits und die Ästhetik der bestehenden Gebäudestruktur andererseits aufgegriffen.
Der Konzertsaal, mit Plätzen für 1.526 Besucher, sowie weiteren 192 Plätzen auf dem Chorpodium und den darüber gelegenen Rängen, ist in Form einer Schuhschachtel als ideale Klangbox angelegt. Er basiert auf der Grundtypologie eines Rechtecksaals mit perfekten Proportionen im Verhältnis 2:1:1, das den akustischen Gesetzmäßigkeiten am besten entspricht. Der Rechtecksaal mit den Ausmaßen 50,0 m : 25,0 m : 19,0 m definiert die akustische Signatur des Gebäudes, die ihn auf einer Stufe mit vergleichbaren Konzertsälen von Weltrang platziert. Mit einem geplanten Raumvolumen von 19.000 m³ kann eine optimale Nachhallzeit im Bereich von 2,0 s realisiert werden. Gleichzeitig ist es möglich, dass sich der Klang des Orchesters selbst im Fortissimo noch voll entfaltet. Die größte Entfernung eines Zuschauerplatzes zur Bühne beträgt nicht mehr als 35 m, sodass selbst an diesem Platz leise Stellen im Orchester noch ausreichend laut wahrgenommen werden. Unterstützt wird dies durch die geplante Deckengestaltung, die den Schall von der Bühne gezielt zu den Zuschauerplätzen reflektiert. Reflexionen über die seitlichen Wände sowie über die Deckenunterseiten der auskragenden Ränge sorgen dafür, dass der Zuschauer sich von der Musik eingehüllt fühlt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit versteht in überzeugender Art und Weise, die Qualitäten der Meistersingerhalle zu erkennen und mit dem neuen Konzerthaus zu einem Ensemble zu verbinden. Die prägenden Elemente der Meistersingerhalle (Foyer, Atrien, durchgehender Sockel) werden aufgenommen und zu einem fließenden Raum aus Konzertsälen und öffentlichen Begegnungszonen verbunden.

Das neue Konzerthaus nutzt das vorgegebene Baufeld fast vollständig aus und verschafft sich so, unter Berücksichtigung des bestehenden Maßstabs, eine hohe Präsenz im Stadtraum. Der Sockel nimmt die bestehende Traufhöhe auf und rückt – wie die Meistersingerhalle auch – die großvolumigen Konzertsäle leicht ein. Dies trägt wesentlich zur gelungenen Ensemblewirkung bei.

Das neue Konzerthaus wirkt offen und einladend. Alle wesentlichen Funktionen des Vorderhauses werden im Erdgeschoss angeordnet, hierdurch gewinnt der Verfasser für das neue Konzerthaus Lesbarkeit, Orientierung und letztlich auch Identität.

Der Übergang zwischen Bestand und Neubau wird mit dem bereits bekannten Element des Atriums geschaffen. Es lenkt die Besucher um, markiert den Übergang und wird als besonderer Ort noch einmal betont.

Der Einsatz von Naturstein, Holz und Glas lässt eine einfache Realisierung und einen wirtschaftlichen Betrieb erwarten. Das Gebäude zeigt sich in seiner Struktur und Materialisierung robust und langlebig.

Der Entwurf hat ein großes Potential, die geforderte Qualität für den Konzertsaal zu erfüllen.

Insgesamt entwickelt die Arbeit aus einfachen entwurflichen Grundelementen eine klare architektonische Haltung. Sie ist sich der Qualität der bereits bestehenden architektonischen Elemente bewusst und komponiert sie sensibel und gekonnt zu einem Gesamtbild. Diese Bescheidenheit und Leichtigkeit ist die besondere Qualität der Arbeit und führt zu einem überzeugenden Entwurf eines neuen Konzerthauses für Nürnberg.