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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2017

Neugestaltung des Konrad-Adenauer-Platzes und Revitalisierung des Bahnhofsumfeldes in Düsseldorf

ein 2. Preis / Ideenteil

Preisgeld: 8.448 EUR

foundation 5+ architekten landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Ingenieurbüro Kühnert, Inh. Dipl.-Ing. Christian Duksa

Verkehrsplanung

ISR Innovative Stadt- und Raumplanung GmbH

Stadtplanung / Städtebau

netzwerkarchitekten GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Bahnhofsgalerie und Mobilitätshalle
Der Düsseldorfer Hauptbahnhof mit seinem hohen Passagieraufkommen ist durch die räumliche Enge und Passagen mit niedriger Deckenhöhe geprägt. Begleitet werden die Passanten von einem dichten Retail- u. Gastronomieangebot ohne echte Aufenthaltsqualität. Eine zeitgemäße Architektur, die räum-liche Orientierung fördert und die Qualität des Bahnreisens mit `Comfort- Zonen´ und Verweil- u. War-tebereichen unterstützt, ist über die Jahre ins Hintertreffen geraten.
Gleichsam bietet das denkmalgeschützte Ensemble des Bahnhofs in seiner Grundstruktur das Poten-tial, den Bahnhof als Entree zur Stadt zurückzugewinnen. Wir schlagen hierzu vor, die historische Bahnhofshalle um eine Bahnhofsgalerie und eine Mobilitätshalle zum Konrad- Adenauer- Platz hin zu erweitern. Die Mobilitätshalle im Südwesten wird zum übergeordneten `Mobilitäts- Hub´ als Anlauf-punkt für Fragen zur Multimodalität im Personenverkehr und verbundübergreifendem Fahren. Die Halle erhält hierzu ein großzügiges Fahrradparkhaus, um den zukünftig wachsenden Bedürfnissen der mobi-len Gesellschaft zeitgemäß Rechnung zu tragen. Das über eine Rampenstruktur befahrbare Parkhaus fügt sich geschickt in die historische Substanz ein und verfügt sowohl über einen Ladebereich für E- Bikes, als auch über eine Fahrradreparaturwerkstatt. Die Pendler werden über ein gläsernes Atrium in den Bahnhof geleitet. Im Erdgeschoss liegt der `Mobilitäts-Hub-Infopoint´ und das neue DB- Reiszent-rum, ergänzt mit einer Café-Bar, die sich zum Platz hin öffnet. Im Obergeschoss fügt sich die neue DB-Lounge mit dem Angebot für `Bahn-Comfort´-Kunden in die historische Substanz. Über die Trep-pen- und Aufzugsanlagen ist die Halle unmittelbar an die Carsharing-Tiefgarage angebunden.
Im Nordosten erstreckt sich die neue Bahnhofsgalerie bis zum Nordzugang mit einem großzügigem Gastronomiebereich und dem zentral gelegenen `Bookshop´. Die Gastronomie öffnet sich zum Platz hin und ermöglicht eine neue urbane Qualität, flankierend zur Kulturachse. In den Obergeschossen fügt sich der Konferenzbereich des neuen `DB-Tower´. Die Galerie erhält ebenfalls eine gläserne Überdachung und schafft so einen lichtdurchfluteten Raum.
Die Umbaumaßnahmen ermöglichen es in Synergie zur historischen Substanz, den Hauptbahnhof wieder zum zeitgemäßen Entree der Metropole Düsseldorf und zum Bahnhof der Zukunft zu transfor-mieren.

DB-Tower
Das neue Hochhaus am Konrad-Adenauer-Platz fügt sich in die Fuge zwischen Bahnhofsgebäude und Kino-Center. Baulich schließt ein perforierter Klinkerschirm die Lücke zwischen beiden Gebäuden und bildet die Sockelzone für den neuen `DB-Tower´. Die Lobby des Towers im Erdgeschoss erhält einen großzügigen Aufenthaltsbereich mit Bar und öffnet sich sowohl zur Bahnhofsgalerie als auch zum Kino-Center. Das Kino-Center erhält einen zusätzlichen Zugang parallel zur Platzfläche.
Das Hochhaus mit 27 Geschossen enthält einen Office- und einen Hotelbereich, die über eine markan-te, horizontale Zäsur auch stadträumlich voneinander getrennt sind. Im Bereich dieser zweigeschossi-gen, begrünten Fuge befindet sich ein Restaurantbereich mit Bar und Außenterrasse, sowie in dem anschließenden Obergeschoss ein Fitnessclub mit vielfältigen Synergien zur Office und Hotelnutzung.
Das Tragwerk des Hochhauses ist als Stahlbetonskelettbau konzipiert und gliedert sich im Wesentli-chen in drei Teile: Die Regelgeschosse mit Hotel- und Büronutzung, die Sonderflächen in der Mitte und die Abfangebene über dem Gebäuderücksprung. Die Geschossdecken des Hochhauses sind im Regelbereich als punktgestützte Flachdecken mit 25 cm Dicke und einer unterzugsfreien Untersicht zur kollisionsfreien Integration der Haustechnik und flexibler Anordnung von Trennwänden ausgebildet. Die Decken liegen auf dem umlaufend angeordneten Stahlbetonstützenkranz und den zentralen Kern-wänden mit Einspannung auf. Die Abfangung über dem Fassadenrücksprung erfolgt über den U-förmig umlaufenden zweigeschossigen Fachwerkkranz als Stahlverbundkonstruktion.
Der neue `DB-Tower´ bildet den stadträumlichen Bezugspunkt am Konrad-Adenauer-Platz und stärkt im Zusammenhang mit den Arrondierungsmaßnahmen des Immermannhofes die axiale Verbindung des Bahnhofes mit der Innenstadt über die verlängerte Allee entlang der Immermannstraße. Die Reali-sierung des Hochhauses kann unabhängig von der Neustrukturierung des Bahnhofes erfolgen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurfsbeitrag schafft eine gute Balance aus eigenständiger, selbstbewusster Lösung, Würdigung und Weiterentwicklung des Bestandes sowie Aktivieren des städtischen Umfeldes.

Den Reisenden empfängt ein „aufgeräumter“, großzügig und offen wirkender Platzraum, der über zwei Inseln aus langgezogenen Bänken und hoch aufgewachsenen Kiefern einprägsam und attraktiv akzentuiert ist. Im Halbschatten der Bäume kann man verschnaufen, sich treffen oder dem städtischen Geschehen zuschauen. Die Kiefer ist als Baumart durchaus geeignet. Großbaumpflanzungen bedeuten zwar nicht unerhebliche Investitionen in Erstellung und auch gerade Unterhalt – die Stadt gewinnt allerdings an diesem wichtigen Ort eine ganzjährig wirksame Qualität der besonderen Art. Die winkelförmigen Bänke vermeiden eine starre Sitzordnung und lenken die Bewegungsströme.

Der Platzbesucher wird sich auf diesem Platz im Wesentlichen gut orientieren können. Die Beziehungen in den angrenzenden Stadtraum sind gut erkennbar, insofern ist die Anordnung der Kurzzeit-Stellplätze Richtung Busbahnhof – zu Gunsten einer frei bespielbaren Platzfläche – möglich. Das Baum-Bank-Motiv findet seine Fortsetzung im Knotenpunkt Immermannstraße und leitet den Passanten recht selbstverständlich Richtung Berliner Allee.

Als richtig wird die Anordnung einer Baumreihe entlang der Platzwestseite angesehen, um hier einen Filter vor die nur eingeschränkt überzeugenden Platzfassaden einzufügen. Brandschutzbelange wären hier noch zu integrieren.

Die Arbeit zeichnet sich auch in einem städtebaulichen Maßstab dadurch aus, dass sie sich in der Stadt verankert. Die Einordnung in ein Hochhauskonzept entlang der Immermannstraße führt folgerichtig zur dargestellten baulichen Entwicklung des Immermannhofes mit einem weiteren Hochpunkt, dessen genaue Lage noch diskussionswürdig ist. Dadurch stellt sich das neue Hochhaus an der Bahn, als einer von mehreren Hochpunkten und Endpunkt einer wichtigen städtischen Linie dar und vermeidet, auch durch seine deutlich kontrastierende, zeitgenössische Architektursprache ein allzu ungleiches Duo mit dem alten Uhrenturm.

Die bis an die Platzkanten aufgezogene neue Belagsfläche bindet alle Objekte ein und hält den Platz wirksam zusammen. Das gewählte großformatige Muster und die leicht changierende Farbgebung der Felder erzeugt gleichzeitig ausreichend Diversität, um die große Platzfläche nicht monoton erscheinen zu lassen. Die leichten Topografieunterschiede, z.B. für die Anrampungen der Gleise, dürften dabei interessante Verzerrungen erzeugen. Der Platzbelag erscheint ausreichend robust für die vielfältigen funktionalen Ansprüche und alltägliche Herausforderungen eines stark frequentierten Freiraumes, wie z.B. Entwässerungsrinnen, taktile Leitstreifen, notwendige Reparaturen oder Verschmutzungen. Auch ein Wechsel der Oberfläche innerhalb der Gleise wirkt wenig störend, wenn hier wie angedeutet die Farbe des Asphaltes im Farbkanon mitspielt. Aus Sicherheitsaspekten ist dies im Bereich der querenden Fußgängerströme sogar durchaus wünschenswert. Ähnlich verhält es sich mit den Bus-Haltezonen und -fahrspuren, die aus funktionalen Gründen in Beton ausgebildet werden müssten.

Als unverständlich und unnötig wird die Anordnung von Mittelbahnsteigen für die Straßenbahn beurteilt. Dieser Wechsel gegenüber den Auslobungsgrundlagen erzeugt vergleichsweise geringfügige Vorteile, jedoch große Probleme – komplexe Kreuzungen und viele Weichen, eine dann notwenige Signalisierung, eine Reduzierung der Bahnfrequenz durch Wartezeiten, weit auseinandergezogenen Haltepunkten und vor allem eine deutlich größere Gefahrensituation in der Querung Richtung Friedrich-Ebert-Straße.

Auch im Süden an der Einmündung Graf-Adolf-Straße ergeben sich durch die Gleiskreuzungen (Zufahrt Tiefgarage, E-Mobility, Car-Sharing, Taxivorfahrt) Konflikte. Die Anordnung von Tiefgaragenabfahrten an beiden Platzenden erzeugt mehr von Fahrverkehr beeinträchtigte Platzflächen und ist dem Grundgedanken des von allen Seiten frei zugänglichen Platzraumes abträglich. Kritisch anzumerken ist, dass für die Tiefgarage ein Abriss des Bunkers notwenig wäre.

Im Ideenteil Hochhaus weisen die Verfasser nach, dass es möglich ist, Neubau und altes Empfangsgebäude miteinander zu verzahnen ohne dem historischen Gebäude zu sehr wertvolle Substanz und Daseinsberechtigung zu rauben. Auch wenn im Erdgeschoss noch Optimierungsmöglichkeiten erkennbar sind, kann die grundsätzliche Haltung im Bestand sowohl räumliche Qualität, gute Orientierung, sinnvoll positionierte und zukunftsorientierte Serviceangebote und eine effektive Vernetzung mit anderen Verkehrsmitteln anzubieten, nachvollzogen und befürwortet werden. Über eine längsorientierte, natürlich belichtete Passage wird der Nordeingang und das Hochhausfoyer sinnfällig angeschlossen. Im südlichen Gebäudeteil erreicht man die sogenannte Mobilitätshalle u. a. mit einem dreigeschossigen Fahrradparkhaus mit Serviceeinrichtungen. Insgesamt scheinen die Verkehrsflächen minimierbar und auch ist der Nutzungsmix und auch die Nutzungsintensität hinsichtlich erzielbarer Mieteinnahmen zu optimieren. Wünschenswert wäre zudem mehr platzbelebende Gastronomie entlang der Platzfront.

Das Konzept kann in Bezug auf die Denkmalpflege überzeugen: Die Nordecke des Gebäudes wird durch den stark zurückspringenden Hochhaussockel wirksam freigestellt. Auch die zu den Gleisen orientierte Ostfassade bleibt erlebbar. Die Eingriffe in noch erhaltene wertvolle Substanz halten sich im Rahmen – hier wünscht man sich lediglich eine Reduzierung der bodentiefen Fenster in der Platzfassade. Die aufgezeigten Öffnungen der Dachfläche zur Belichtung des EG werden – da es sich hier ohnehin um Bereiche handelt, die kriegszerstört waren – als unkritisch gesehen.

Die Dreigliederung des Hochhauses in Foyersockel, der die Traufhöhe des Bahnhofes übernimmt Bahnhof, Bürogeschosse und ein im oberen Bereich positioniertes Hotel ist wenig überraschend, jedoch als Grundtypus vorstellbar, wenngleich die Gebäudeproportion noch nicht überzeugt. Für den in Klinker angedachten Sockel würde sich die Jury mehr Eigenständigkeit gegenüber dem Altbau wünschen.

Insgesamt entsteht ein wertvoller Diskussionsbeitrag für die Zukunft des Konrad-Adenauer-Platzes und des Bahnhofsumfeldes, der insbesondere im zur Realisierung anstehenden Platzfreiraum große Qualitäten aufweist.